Der Lärm der Caligae auf dem Pflaster hallte im Rhythmus des Marsches durch die Gassen. Die Hufe meines Pferdes klapperten. Wie lange war es her! Und, obgleich der Anlass so grimmig war - was war es für eine Lust, endlich wieder Rüstungen aufblitzen, Helmbüsche flattern, Befehle zackig ausgeführt, das Skorpionensignum hoch aufragen zu sehen. Allerdings sah man von den Rüstungen leider nur recht wenig, denn die Männer trugen, aus Rücksicht auf die Sensibilitäten der Senatoren, und mit Blick auf die Traditionen, die Toga über Rüstung und Waffen. Das alte Symbol dafür dass wir, obgleich unter Kriegsrecht stehend, uns doch der Heiligkeit des Pomeriums bewusst waren.
Auf dem Forum Romanum, da wo zuvor die Urbaner die Stellung gehalten hatten, da zogen nun wir auf. Am Morgen, bevor der Senat zu seiner nächsten Sitzung zusammenkommen würde, genau so wie mein Vater der Stadtpräfekt es am Vortag beschlossen hatte. (Offiziell kam die Weisung natürlich vom Gardepräfekten, doch dieser Mann war so unscheinbar und führungsschwach, dass man für gewöhnlich dazu neigte zu vergessen dass er überhaupt existierte.)
So schwer die Garde auch noch immer in Mitleidenschaft gezogen war, so wenig sah man das den vorneweg aufmarschierenden Männern an, denn dies hier war ja nicht irgendein Auftrag, nein, hier ging es ums Ganze, um Schutz und Machtdemonstration zugleich, um Repräsentation und Respekt und so weiter und so fort, und darum hatte ich für diesen Einsatz zum ganz vorne marschieren die erste Centurie der ersten Kohorte ausgewählt! Beziehungsweise die erste Hälfte dieser Doppelcenturie. (Die andere Hälfte verstärkte die Palastwache oben auf dem Palatin, so dass sie gleich parat wäre, im Handumdrehen hier eintreffen könnte falls es Tumulte gäbe.) Allesamt waren es gestandene Krieger, prachtvolle Söhne des Mars. Und groß waren sie, die Männer der Ersten der Ersten. Ich war froh um mein hohes Ross, denn unter diesen langen Kerls hätte ich, mit meiner ganz stinknormalen Durchschnittsgröße, ziemlich klein ausgesehen.
Ihnen folgte dann die sechste Centurie der zweiten Kohorte, etwas weniger imposant von Statur, aber durch den fähigen Hastatus posterior auch nach den langen harten Zeiten immer noch verhältnismäßig gut in Form, (und zur Feier des Tages vorübergehend aufgefüllt durch Soldaten anderer Centurien.)
Vor der Curia Iulia ließ der Trecenarius die Männer mit abgezirkelter Präzision Stellung beziehen, so dass sie das Gebäude zu beiden Seiten der Eingangstufen beschirmten und flankierten (aber nicht abriegelten, die Senatoren mussten ja unbehelligt rein und raus können.)
"Militeees!" wandte ich mich markig an die Soldaten,
"Wir sind die Leibgarde des Kaisers..." (Unter anderem.) "...und haben doch keinen Kaiser zum Beschützen. Wem sollen wir also dienen, in dieser stürmischen Zeit?
Wir dienen ROM - und wir dienen ROM am besten, indem wir alles tun, damit das Reich bald, sehr bald, endlich wieder einen guten Kaiser hat, den guten Kaiser, den es schon seit so langer Zeit so schmerzlich vermisst, und den es nun um so dringender braucht!
Und darum, Milites, werden wir nun die bewachen, die uns diesen neuen Kaiser geben werden! Wir werden die Senatoren Roms beschützen, bewachen und beschirmen, damit sie sicher und unbesorgt ihrer Arbeit nachgehen können!
Denn es hat bereits Tumulte gegeben. Es wurden Senatoren attackiert. Ja, es gibt unverantwortliche Subjekte hier in der Stadt, die nichts besseres zu tun haben, als zu zündeln und den Aufruhr zu schüren. Werden wir das zulassen? - Nein!
Hier vor den Hallen des Senates steht unsere Wacht! Auf dass die Senatoren Roms sicher ihrer edlen Aufgabe nachkommen können, auf dass sie ihrer Verantwortung Rechnung tragen können, und zügig ihre Pflicht tun, dem Reich aus ihrer Mitte einen guten neuen Kaiser zu bestimmen!"
Und auf dass sie nur aus ihrer Halle zu gucken brachten, um daran erinnert zu werden, dass sie sich verdammt nochmal flott auf einen Kandidaten einigen sollten, anstatt so lange um Formalitäten und ihre persöhnlichen Pfründe und Profilierungen zu streiten bis der nächste Usurpator ins Machtvakuum sprang und uns Palma-gleich den nächsten Bürgerkrieg bescherte.
"Auf dass wir, Milites, auf dass wir alle, Römer," – hier sprach ich auch zu all den lauschenden Zivilisten auf dem Forum, bezog sie mit einer weiten Armbewegung mit ein - "sehr bald wieder einen Kaiser haben, der die Zügel des Reiches wieder fest in die Hand nimmt, so wie einst der vergöttlichte Divus Ulpius Iulianus!
Einen Kaiser, der diesem kriegszerrütteten Reich Eintracht schenkt und Frieden bewahrt. Durch wahre Stärke!"
Damit meinte ich natürlich: durch die Unterstützung der Soldaten Roms. (Was sonst?)
Einige Männer stiessen die Schäfte der Hastae gegen die ovalen Schilde, andere fielen ein, es dröhnte dumpf wie Donnergrollen über das Forum, wurde wieder still. Und so standen wir und so wachten wir.