Beiträge von Ein Praetorianer

    Und tatsächlich hatte Nonius unverschämtes Glück* (ein Umstand, den er später in seinem Bericht freilich nicht erwähnen würde), denn nach einer Weile erblickte er die Gestalt der Alten in ihrem schäbigen Mantel aus einer Gasse auftauchend, die wie ein kleiner Bach in den Fluß in die große Straße mündete. Gekonnt heftete er sich wieder an ihre Fersen und verfolgte sie auf ihrem weiteren Weg. Sie ging wohl davon aus, ihn abgeschüttelt zu haben, zumindest schlug sie keine weiteren Haken. Der Geruch von fauligem Wasser kündigte schon den Tiber an, dann ging es ein Stück am Ufer entlang.....



    *simoff: abgesprochen ;)

    Nach einer sachlichen Durchsuchung führte der Prätorianer Tiberia Stella vom Palasttor in den Trakt der kaiserlichen Verwaltung.
    Er lieferte sie im Vorraum der dem Procurator a libellis unterstellten Kanzleischreiber inmitten einer großen Menge von Wartenden ab. Stadtbürger, feingemachte Gesandschaften aus exotischen Winkeln des Reiches, dazwischen verzweifelte Menschen mit Bittbriefen an den Kaiser bildeten ein buntes Sammelsurium. Resignation, ja, Lethargie lag über dem Raum, nur wenn hin und wieder ein Schreiber mit Tunnelblick durch das Zimmer huschte, erwachte kurz vergeblich die Hoffnung, oder wenn sich gar eine der Türen öffnete und einer der Wartenden eintreten durfte, folgten ihm alle Blicke. Wenn dann einer mit hängenden Schultern zurückkam ebenso.
    Der Prätorianer nannte einem gelangweilten Palastdiener ihren Namen: "Tiberia Stella, unangekündigt.", was dieser mit einem Stylus in eine Wachstafel als weiteren Punkt einer langen Liste schrieb. Darauf nickte der Miles der jungen Dame knapp zu und kehrte zum Tor zurück.

    Die Wächter am Tor des Palastes erlebten Tag für Tag so einiges, und so blieben die Milites recht ungerührt, auch als die junge Dame feuchte Augen bekam. Etwas passte nicht zusammen: der hoheitsvolle Auftritt und das Unwissen über die Etikette des Palatin, die verführerisch rotleuchtenden Lippen und der rasche Umschlag in mädchenhafte Hilflosigkeit.
    "Den Procurator a libellis erreichen täglich Anfragen aus aller Welt, selbstverständlich empfängt auch er nur mit Einladung." erklärte der erste Soldat bereits etwas schroffer. "Bei unserem Imperator kannst du keinen 'Termin machen' wie... wie bei einem Zahnreißer, Tiberia. Du kannst allenfalls versuchen, einen der Notarii des Procurator a libellis zu sprechen, um dein Anliegen vorzubringen, jedoch rate ich dir davon ab, denn es wartet in deren Vorzimmer bereits eine Vielzahl von Bittst... Besuchern aus dem gesamten Imperium, so dass es unwahrscheinlich ist, dass einer der Notarii heute noch Zeit für dich finden wird."
    Manche, die weder über Fürsprecher noch über Bestechungstalent verfügten, antechambrierten bereits seit Tagen! Doch sollte die junge Dame tatsächlich darauf bestehen, würde die Torwache sich davon überzeugen, dass sie keinerlei Waffen bei sich trug und sie ins überfüllte Vorzimmer der Kanzleischreiber geleiten...

    "Salve wertes Fräulein." antwortete der vorderste der angesprochenen Milites, verwundert über die ungewöhnliche, fast konspirative Ansprache. Er kannte, ausser dem Philosophen, keinen Plato von Bedeutung und dieser würde sicherlich niemandem ad hoc den Weg zum mächtigsten Mann der Welt bahnen. Er blickte über die Schulter der jungen Dame, unwillkürlich erwartend dass ein Gefolge sich zu ihr gesellen würde. Es kam aber keines.
    Der Miles erklärte höflich: "Wenn du eine kaiserliche Audienz wünscht, dann mußt du einen Brief an die kaiserliche Kanzlei schicken, in dem du darum bittest, dass dir der Imperator diese Ehre erweist. Richte ihn am besten an den Procurator a libellis, er regelt den privaten Audienzverkehr bei Hofe."

    Zitat

    Original von 'Binah'
    Eines Abends, als die kleinen Kinder schon schlafen, lässt Binah sie in Obhut der älteren zurück. Sie schlingt ihre Palla aus grobem Leinen um sich. Tritt hinaus auf die Gasse und eilt im Schatten der grauen Mauern in Richtung der Via Ardeatina. Binah ist als junges Mädchen frischvermählt mit ihrem Mann in dieses Viertel gezogen. Nun ist sie eine alte Witwe. Sie kennt jeden Winkel auf dem Aventin.
    Binah hat zwar niemanden zu Gesicht bekommen. Doch sie fürchtet, dass die Prätorianer noch immer wie Geier über ihrem Haus kreisen. Darum wählt sie Schleichwege. Sie betritt eine Insula, gelangt durch deren Hinterhof in die benachbarte, durch diese auf eine Seitenstraße. Ausser Atem eilt sie eine Stiege den Hügel hinauf. Dann verweilt sie in der Werkstatt eines Schneiders, und beobachtet durch ein Fenster die Straße, bis sie sich sicher ist, dass ihr niemand auf den Fersen ist.
    Erst dann lenkt sie ihre Schritte zur Casa Didia. Es ist an der Zeit, ein ernstes Wort mit den jungen Leuten zu sprechen!


    "Warum bei Orcus, verhaften wir die alte Wachtel nicht endlich und prügeln ihr die Scheiße aus dem Leib?"
    Miles Nonius war angeödet von seinem Auftrag. Dazu war er nicht unter die Besten der Besten erwählt worden, hatte trainiert bis zum Umfallen, sich zuletzt sogar für die sagenumwobenen Speculatores qualifiziert, um hier alte Weiber und ihre Gören auszuspionieren. Gelangweilt fläzte er sich auf der maroden Kline, die das Haupteinrichtungsstück des noch maroderen Insulazimmers bildete, in dem er seit einigen Tagen, als Tagelöhner getarnt, mit seinem Co-Miles Carvilius hauste.
    Dieser war auf seinem Posten am Fenster, der besten Blick auf das Waisenhaus bot
    "Warte..." Carvilius spähte durch den löchrigen Vorhang. "Sie geht raus."
    "Wahrscheinlich wieder Gemüse kaufen."
    "Um diese Zeit? Wohl kaum. Los geht’s."


    Die beiden verließen das Haus, sahen die Hebräerin noch am Ende der Gasse. Sie hefteten sich an ihre Fersen, um sie zu beschatten, zuerst Nonius, in gebührendem Abstand Carvilius.
    Doch kurz darauf war die Alte in einer Insula abgetaucht. Bis die beiden den verwinkelten Übergang zur nächsten gefunden hatten, war bereits einige Zeit vergangen. Carvilius blieb zurück, um die Gebäude zu observieren, falls Binah eine der Wohnungen betreten hatte, Nonius schlug sich durch das labyrinthische Gassengewirr des Aventin, das sich dahinter entfaltete, doch musste er sich bald eingestehen, dass er die Spur der raffinierten alten Wachtel verloren hatte. Zuletzt postierte er sich an der Kreuzung von Via Ardeatina und Via Appia, wo er Ausschau hielt, ob sie vielleicht an diesem Hauptverkehrsweg vorbeikäme. Es hieß ja, dass die Christianer (wie auch sonst allerlei lichtscheues Gesindel) eine besondere Affinität zu den Katakomben an der Via Appia hatten.

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Dives / Saras


    "Salve Senator."
    Die Prätorianer nahmen die Einladung in Augenschein und glichen sie mit der Liste der erwarteten Besucher ab. Daraufhin wurde der Scriba durchsucht und tatsächlich konfiszierte ein eifriger Miles einen der Styli, dessen Metallspitze er offenbar für nicht vertretbar hielt. Darauf hielt er sich bereit, um den Senator und seinen Sekretär, die bereits vom brandneuen Scriba personalis des Imperators in Empfang genommen wurden, zum Domus Augustana zu geleiten.

    Die Prätorianer, die für die Wache am Palasteingang eingeteilt waren, schienen nichts von der schillernden Vergangenheit des Besuchers zu wissen, während sie ihn kontrollierten. Auch als sie den Namen mit der Liste der angemeldeten Besucher verglichen, schien kein Sesterz zu fallen. Stattdessen führten sie höflich und korrekt, aber zügig und ohne übertriebene Gründlichkeit die vorgeschriebene Kontrolle durch und wünschten dem Besucher dann noch freundlich einen angenehmen Aufenthalt im Palast.

    Äußerlich unbeeindruckt nahm der Wachsoldat das Einladungsschreiben entgegen. Er verglich es mit der Liste, denn auch wenn er meinte, den arroganten Schnösel wieder zu erkennen wurde hier gründlich gearbeitet.
    Der Name war auf der Liste, also wurde ein weiterer junger Soldat abgestellt, der nun den zweiten priesterlichen Besucher gleichfalls an den Ort der Besprechung führen würde.


    "Der Haruspex und Senator kann passieren!" kam die emotionslose Feststellung und jene Soldaten die den Weg versperrt gehalten ahtten traten beiseite.

    <<<<<<<<<<< Italia


    Der Tross des neuen Statthalters von Germania Superior und der mit ihm reisenden Kaiserin erreichte nach dem langen und für die marschierenden Soldaten teilweise beschwerlichen Weg über die Alpen endlich die Grenzen Germaniens. Auch wenn die Prätorianer gut im Kampf trainiert waren, so war dieser Ausflug in den Norden doch ein alles andere als alltäglicher Gewaltmarsch gewesen und alle freuten sich bereits darauf einige Wochen hier in der Provinz verschnaufen zu können, ehe die Kaiserin alleine ihre geplante Reise durch die nördlichen Provinzen fortsetzte. Im gemächlichen Marschtempo zog sich die Kolonne wie eine lange Schlange aus Mensch, Tier und Wagen über die gepflasterte Legions-Straße in Richtung ihrer nächsten Station Vindonissa, wo eine längere Pause geplant war und bereits die ersten Meldereiter in Richtung Mogontiacum ausgeschickt werden sollten, welche von der Ankunft des Statthalters und der Kaiserin in der Provinz berichten konnten. Bis zur eigentlichen Ankunft in der Hauptstadt dieser Provinz würden bei ihrem aktuellen Tempo noch gut und gern ein paar Wochen vergehen, sofern sich die hochrangige Reisegesellschaft nicht kurzfristig dazu entschloss, bei den auf ihrem Weg liegenden Städten eine längere Pause einzulegen. Dann würde sich das Ganze noch mehr verzögern. Aber zumindest hatte man den schwierigsten und beschwerlichsten Teil der Reise hinter sich gelassen und nun schon das Ziel ein wenig mehr vor Augen.

    Nachdem alle ihre Plätze bezogen und die Reisewagen bestiegen hatte, ließ der kommandierende Tribun auch seine Truppe lautstark zum Abmarsch bereit machen.


    "Milites vasa conclamate! parate vos ad iter!"


    Mit lautem Gerassel und teilweise auch angestrengten Gesichtern hievten sich die Soldaten ihr Marschgepäck auf die Schultern und nahmen ihre Waffen und sonstige Habseligkeiten auf, die sie bisher neben sich stehen hatten. Kaum war dies erledigt und wieder einigermaßen Ruhe eingekehrt, hallte die kommandogewohnte Stimme des Tribuns wieder über den Platz.


    "Milites state! ad sinistram! aequatis passibus....pergite!"


    Im Gleichschritt setzte sich der stattliche Zug aus Menschen, Reitern und Wagen fast zeitgleich in Bewegung. Und so nahm die Reise nach Germanien ihren Anfang.



    Der decanus staunte nicht schlecht. Diese Geschichte war so dreist, dass er zynisch schmunzeln musste. War heute der Tag der Forderungen und Wünsche? Er blickte zu seinem Kameraden und nickte diesem zu. "Du hast mich nicht verstanden?" Der decanus baute sich vor dem Sklaven auf und richtete seine Hasta quer, um die Person mit einem Stoß zurückzudrängen. "100 Schritte in diese Richtung," deutete er mit einem Kopfstoß in die entsprechende Richtung an. "Deine letzte Gelegenheit, ansonsten werden wir dich wegen Widerstand in den carcer bringen," war die offene Drohung. "Gib' ab!" - schrie er den armen Sklaven an. Dem decanus war völlig egal, was diese Frau einst gewesen war, oder was dieser Sklave mit einem dahergekritzelten Schreiben wollte. Niemand betrat den Palatin oder noch schlimmer die privaten Gemächer ohne exakte Bestätigung aus dem Palast selbst.





    ATV

    Die beiden Wachen blickten überrascht herab. "Eine Medica? Hat der Kaiser eine persönliche Ärztin?" - fragte der Soldaten seinen Wachpartner, der auch die Schultern hochzog. "Es gab mal eine vor Jahren," meinte der Dienstältere und blickte dann nachdenklich zum Sklaven, als dieser eine Tafel zeigte. Der decanus nahm die Tafel in die Hand, um diese zu überfliegen. Der Name kam ihm nicht bekannt vor. "Dieser Name ist mir nicht bekannt. Da könnte ja jeder kommen und einfach behaupten, mal irgendwas hier gewesen zu sein," sagte der Soldat. "Ich werde dich nicht einlassen, solange diese Frau nicht akkreditiert ist," erklärte der decanus ernstlich. "Und nun verschwinde, hundert Schritte in diese Richtung," forderte er den Sklaven auf und deutete mit einem Fingerzeige in die ausgewiesene Richtung, bevor er dem Sklaven seine Tafel zurückgab. Die andere Wache verschränkte symbolisch die Arme vor dem Oberkörper, um eine abweisende Position einzunehmen.

    ... doch bevor der junge Sklave mit seinem Pferd aufbrechen konnte, traf den Oberkörper der Stoß eines Lanzenendes, so dass der Sklave vom Pferd fallen musste. Zwei Prätorianer hatten sich aufgemacht und machten von ihrer Amtsgewalt gebrauch. "Sklaven reiten nicht," meinte der decanus und hatte die feste Absicht mit der nun mehr wieder umgerichteten Lanze auf den Sklaven zu deuten. "Und in Rom reitet man generell nicht ohne Erlaubnis, Bursche," schimpfte er noch. "Lucius," lachte er auf. "Die Sklaven werden auch immer aufsässiger. Jetzt reiten sie schon!" Lucius, der zweite Mann richtete seine gefärbte Toga und stellte seine Lanze an einem Marktstand, welcher direkt am Tor lag, ab. Der Betreiber des kleinen Snackladens schien verärgert aber schwieg. "Ab jetzt zu Fuß weiter und das Pferd wird eingezogen. Das kann deine Besitzerin abholen," meinte der decanus und ließ den Mann dann ziehen. Schließlich warf man der Urbanerwache einen bösen Blick zu. Schon wieder hatten die Urbaner das Reitverbot nicht durchgesetzt. Manchmal fragte sich der altgediente decanus, warum man ihn hier einteilte aber inzwischen war es ihm klar. Die Disziplin wieder herzustellen. Das konnte er gut.