Mit einer Mischung aus Neugierde und Überraschung schaute ich den Fremden mit dem überaus amüsanten Dialekt an.
"Ich soll zum Exercitus? Nein, das ist nichts für mich. Ich will zwar kämpfen, aber nicht für Rom."
Mit einer Mischung aus Neugierde und Überraschung schaute ich den Fremden mit dem überaus amüsanten Dialekt an.
"Ich soll zum Exercitus? Nein, das ist nichts für mich. Ich will zwar kämpfen, aber nicht für Rom."
Der vertraute Geruch einer heruntergekommenen Taverne voller besoffener Nichtsnutze stieg mir in die Nase. Bei weitem nicht so penetrant wie in der Subura, aber immerhin.
Ich kramte in einer meiner Taschen, holte einige Münzen hervor und legte sie auf die Theke.
"Wirt, ich brauche zweierlei. Wein, um meinen Durst zu löschen, und Arbeit um mir weiteren Wein leisten zu können."
Angekommen. Endlich.
Feige floh ich von Rom, floh von meiner Verantwortung, meiner Familie die bereit war mich aufzunehmen. Ich ließ all dies hinter mir, ich war nicht bereit ein Leben in Rom zu führen, schon gar nicht unter Patriziern. Ich würde nie dazu bereit sein, das war mir mittlerweile bewusst. Ständig floh ich von aller Verantwortung, hatte immer Angst um das was ich verloren könne.
Nun war ich hier in Hispania. Ein Peregrinus, weiter nichts.
In der Acta Diurna war zu lesen, daß hier eine Gladiatorenschule eröffnen würde.
Eine Chance?
Keine Ahnung, auf alle Fälle war das Klima hier besser. Weitaus weniger Klingen die auf mich zufliegen könnten...
Ich packte meine Siebensachen und machte mich auf den Weg in die Stadt.
Auf dem Weg (nicht gerade direkten) Weg zum Forum Romanum schnappte ich die heftige Debatte am Pantheon auf. Neugierig näherte ich mich und hörte, daß von Christen die Rede war. Christen.. Pater Trebax, ein geselliger Mann der gern eins über den Durst trank, hatte mir einst von ihnen erzählt. Sie sind den seinen ähnlich, sagte er. Allerdings bestanden sie vornehmlich aus Plebejern und hegten Groll gegen die Aktivität von Trebax. Sie verleumdeten ihn und seine Anhänger, er trinke Stierblut und ähnliches.
Und nun verhielten sich Römer nicht anders als Christen. Sie verleumden sie, wie die es mit Trebax taten. Das könnte eine Gelegenheit sein, dem alten Schwerenöter auf dem Weg zu einem friedlichen Nebeneinander zu helfen. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht als ich mir Pater Trebax vor Augen führte, wie er betrunken eine Geschichte nach der anderen zum Besten gab...
"Ich glaube, Probatus, Eure Sinne waren getrübt durch eine der berühmten Zechtouren die die Probatii der Legio I hier in Rom unternehmen. Aus welchem Grunde sollten sie auch sonst in die Stadt?
Das Blut, das Ihr saht, war sicher nur Wein. Und der Menschenkörper vielleicht nur ein Stück Brot.."
Ohja, diese Christen zelebrierten nur das, was Trebax und seine Gleichgesinnten von ihren Vorgängern und deren Vorgängern übernommen haben.
Ich zog mich in eine Ecke zurück um über das Gehörte nachzudenken. Ich hielt immer noch an meinem Plan fest, um Aufnahme bei den Flavien zu bitten. Nur kam ich offensichtlich zu einem ungünstigen Zeitpunkt, die Villa war brechend voll von Familienangehörigen, Bittstellern und Sklaven. In diesem Trubel konnte ich niemals ein ernsthaftes Gespräch mit Catus führen.
Also beschloß ich zu gehen und mein Glück tags darauf zu versuchen. Es fiel mir nicht schwer angesichts der plötzlich aufkeimenden Begeisterung fürs Baden mich unbemerkt aus dem Atrium zu schleichen. Schnell und sicheren Schrittes eilte ich in Richtung Forum Romanum..
"Lucidus? Der Pater der Tiberier? Der? Das kann doch nicht dein ernst sein."
"Ich wurde nie anerkannt von meinem Vater, einem Bruder des dir sicher bekannten Vespasianus. Ich erfuhr nie seinen Namen, nur eben, daß er mit dem ehemaligen Praefectus Urbi verwandt sei. Dieser wies Jahre später meine Gesuche um Aufnahme in die Familie zurück, er wollte nichts von mir wissen... Damit schwanden auch meine Träume, endlich dem Mann Aug in Aug gegenüberzustehen, der meine Mutter und mich so demütigte.
Und nun kam ich hierher, nichtsahnend welche Überraschungen sich mir hier bieten würden.. Ja, wir müssen reden."
Meine Gedanken wurden klarer, allmählich wurde ich der vielen Leute im Atrium gewahr.
"Ist.. ist das üblich, daß hier so viele Leute sind?"
"DU!?" Ich spürte wie die Farbe aus meinem Gesicht wich.. Nein, das konnte doch nicht sein.
"Du bist ein Flavier? Wie... aber wieso... Was um alles in der Welt machst du.." blitzartig wurde mir bewußt, daß die anderen Anwesenden nicht unbedingt wissen mußten wo sich ihr Pater umtrieb "..dort.. wo du gewesen bist..."
Ich mußte das Gehörte erst verarbeiten. Flavius Felix ist nicht mehr der Pater Familias? Das war wie ein Schock für mich, er war der Grund warum ich mich überhaupt entschloß noch einen Anlauf zu wagen. Und nun nahm sein Sohn die Geschicke der Familie in die Hand? Unglaubliches bekam ich hier zu hören, vor allem weil mir nie davon erzählt wurde, daß Felix einen Sohn hätte..
Ich wendete mich von Messalina ab und beobachtete gedankenverloren das plötzlich rege Treiben im Atrium. Was sollte ich machen? Wegrennen? Dafür war es zu spät...
Außerdem wollte ich diesen... Kerl sehen. Wahrscheinlich war er ein Bastard wie ich es einer bin. Gezeugt und verleugnet vom Bruder des großen Flavius Vespasianus. Nur hatte der hier mehr Glück.. Ich kochte vor Neid..
Die Verlobte? Meine Quellen sind miserabel, dachte ich mir. Mir wurde gesagt, Felix hätte eine Frau. Verschwunden zwar, aber verheiratet war er. Und nun stellt sich mir hier seine Verlobte vor. Ich war überaus verwirrt, was geht hier bloß vor sich?
".... D.. Die Verlobte? ... Also, eigentlich nicht.. Ich muß den Pater Familias sprechen."
Eine weibliche Stimme riß mich aus meinen Träumereien. Als ich sie erblickte verschlug es mir die Sprache. Ich hatte lange keine so schöne Frau mehr gesehen, ich konnte mich gar nicht erinnern jemals...
Ich schluckte und rang um Fassung.
"Meine Verehrung, edle Dame. Ich denke nicht, daß wir uns schon kennen. Mein Name ist Decimus F...", gewöhne dich daran den Namen mit Stolz, nicht mit Furcht auszusprechen dachte ich während meines kurzen Zögerns, "Flavius Verus."
Ich wurde eingelassen, mein Herz hüpfte vor Freude. Nur undeutlich hörte ich die Worte der Wache.
Erst als ich auf dem Weg ins Atrium war, fiel mir ein, daß die den Namen Catus erwähnte. Doch nicht..? Nein, so einen Zufall kann es einfach nicht geben. Obwohl er von edler Herkunft schien.. Nein, schnell verdrängte ich den Gedanken, es ist nicht an der Zeit um Trübsal zu blasen. Ich war hier, hier in der Villa meiner Familie die mich so lange nicht anerkannte. Ich genoß jeden Augenblick in diesen Hallen und folgte verträumt dem Sklaven...
"Ich will zu deinem Herrn und Meister, dem Pater Familias der Gens Flavia Secundus Flavius Felix. Sage ihm, Decimus Flavius Verus wartet auf ihn."
Ich hatte mich eilig gesäubert, vom Blut war nun nichts mehr zu sehen. Dennoch gab ich immer noch eine jämmerliche Gestalt ab. Mit etwas Glück aber würde am Abend alles anders sein.
Mein Herz pochte mir bis zum Hals als ich mit feuchten Händen an die Eingangstüre des Domus pochte. Mich wunderte zwar, daß keine Wachen abgestellt waren, war doch der neue Pater Families der Flottenpräfekt Flavius Felix höchstselbst (so zumindest wurde es mir erzählt), dachte mir aber nichts weiter dabei...
Nun stand ich also da, angespannt bis in die letzte Faser und wild entschlossen mich diesesmal nicht so einfach abspeisen zu lassen...
Stimmen schreckten mich auf.. Da war doch jemand? Ich betrachtete meine blutverschmierten Hände und entschloß schleunigst zu verschwinden. Ich durfte mich nicht sehen lassen, unbequeme Fragen wären wohl die logische Folge gewesen.
Also eilte ich weiter, vorbei an diesem neuen Tempel und tauchte ein in die kürzer werdenden Schatten Roms.
... Ich rannte noch immer, mittlerweile schon lange aus der Subura raus. Meine Schritte verlangsamten sich, keuchend kam ich zum Stillstand. Wo war ich? Als ich mich umblickte, sah einen Tempel den ich nie zuvor gesehen habe. Völlig außer Atem stolperte ich auf ihn zu, stütze mich an der Mauer ab und setzte mich.
Der Morgen graute schon.. was für eine Nacht...
... Im letzten Moment wurde ich der drohenden Gefahr gewahr. Ich wandte mich um, wich dem Angriff aus und versuchte an mein Pugio zu gelangen. Doch kaum war ich wenige Fuß vom zusammengesackten ersten Angreifer entfernt rappelte sich der zweite schon wieder auf.
Ich entschloß mich um mein Leben zu rennen. Und so rannte ich fort von dem Ort des Geschehens, gerade noch bemerkend, daß sich der Mann dem ich zuvor das Leben rettete aufrappelte.
Ich rannte so schnell ich konnte, nur raus aus der Subura. Und rannte und rannte...
Die Gestalt, die sich als Mann entpuppte wurde urplötzlich von Wegelagerern angegriffen und in einen Kampf verwickelt. Ich zögerte ob ich nun eingreifen sollte, bis sich das Kampfesglück zugunsten der Räuber zu wenden schien.
Ich preschte voran, zog im Laufe mein Pugio und stach dem eben Angreifenden in die Seite. Oh, ich Narr, was tat ich da. So hatte ich mir die Aufgabe eines Lebens in der Suburba nicht vorgestellt. Verstört über die von mir begangene Tat bemerkte ich nicht wie sich der zweite üble Geselle näherte...
Monate waren vergangen seit meiner schicksalshaften Begegnung mit den Praetorianern und jenem Catus. Sogar in ein kurzes Gespräch mit ihm wurde ich verwickelt.. Ein Priester.. Die Vorstellung, daß ein Priester so verschlagen sein konnte wie ich es von Catus annahm entlockte mir ein verstohlenes Grinsen. Ich bildete mir da nur was ein.
Aber nun war es wieder an der Zeit in Aktion zu treten. Die Gens Flavia hatte seit einiger Zeit einen neuen Pater, ich hoffte daß nun dieser meine Zugehörigkeit zu den Flaviern erkannte und mich aufnahm. Mein Leben als Heimatloser mußte enden.
Gedankenverloren verließ ich die Spelunke in der ich mir die letzten Vorbehalte meines Unternehmens mit Mulsum wegspülte und suchte den Weg zu meiner Schlafstätte für diese Nacht. Ganz meiner Gewohnheit folgend bewegte ich mich so lautlos als möglich voran. Bloß nicht auffallen war die Devise in jüngster Zeit.
Ich beachtete die Gestalt vor mir nicht weiter, bis diese ruckartig stehenblieb und ihren Kopf drehte..
Wie versteinert blieb ich stehen, als ich die vertraute Stimme nach mir rufen hörte. Es war in der Tat Gaius, der mir nun gegenüberstand, gewandet in der Kleidung eines Priesters oder ähnlichem. Ich scherte mich nie besonders um die Religion, daher konnte ich nicht seinen Rang identifizieren..
Und dann kam auch noch Vinus. Natürlich nannte er mich bei dem Namen, den er für den meinigen hielt.. Ich fluchte innerlich, das hier kann kein gutes... nunja, zumindest kein profitables Ende für mich nehmen.
Er schlug mir ein anderes Geschäft vor, irgendwas mit Falerner. Ich konnte nicht erwidern, in dem Moment begann er mit Gai.. dem Priester zu sprechen. Dieser gab sich als redseliger Mann des Geistes aus, wie mir schein. So kannte ich ihn nicht, der Mann in der Taverne war ein völlig anderer gewesen.
Krieg? Sagtet Ihr Krieg? Das ist doch nicht etwa der Grund für das Manöver der Legion?
Plötzliches Interesse überkam mich... Vielleicht konnte ich hier noch Verwendbares erfahren.
Seltsam ist es schon, daß die Cohortes Urbanae den Drill wieder aufnahmen, als wollten sie die Präsenz der Prätorianer in der Stadt übernehmen.. Das könnte doch.. oder? Nein, das könnte ja bedeuten, daß einige Prätorianerkohorten abgezogen würden? Und das wiederum bedeutet die Beteiligung des Imperators... Aber was rede ich da, das kann doch alles nicht sein.
Gegen wen sollte Rom schon Krieg führen wollen? Sind nicht bereits alle bekannten, fruchtbaren Lande unter der Kontrolle des Imperiums?