Ad Aulus Iunius Avianus
Domus Iunia
Roma, Italia
Werter Vetter Freund Bruder,
es freut mich endlich von dir zu hören! In Wahrheit freut es mich so sehr, dass ich dich nicht einmal für deine lange Stille tadeln will, umso weniger ob der vielen Nachrichten, welche du mir von zuhause bringst.
Ich beklage Vitulus, auch wenn ich ihn nicht wirklich kannte, so habe ich die Götter doch gebeten ihm wohlgesonnen zu sein, auf das er mit all unseren Ahnen vereint werde.
Umso mehr freut mich die Kunde von Agricola, Studien können nie schaden, doch bitte mache ihm klar, dass Iunier Macher sind, und wir die Dinge anpacken und verändern, anstatt nur vollendete Tatsachen zu untersuchen, und dieses Wissen zu verinnerlichen. Hat er schon Pläne für seine Zukunft? Plant er zu den Truppen zu gehen?
Deine Frau aus dem Hause zu schicken war eine gute Entscheidung. Nach all dem was du berichtet hast, wird ihr die Pause gut tun, und dein Junge wird sich sicherlich auch ohne seine Mutter prächtig entwickeln, vielleicht hilft ihm ihre temporäre Abwesenheit ja sogar, doch wer bin ich aus der Ferne Ratschläge zu erteilen wenn meine eigene Familie ebenfalls nicht gerade die Traditionen und römische Tugenden verkörpert?
Silana ist noch keine Iunia, jedoch wird sie bald eine werden, so langsam entwickelt sie sich zu einem aufgeweckten Mädchen, und das Mündel meines alten Kameraden Iulius Licinus, Praefectus Castrorum bei der II. spielt regelmäßig mit ihr auf unserem Gut. Doch die Ereignisse in der Provinz ließen uns wenig Luft zum Atmen und zum Verschnaufen. Seiana arbeitet noch immer an ihren kommenden Projekten bezüglich der Bildungsinitiative des Statthalters, und wenn es nicht gerade schneit, oder die Flüsse über die Ufer treten, haben wir Probleme mit marodierenden Kleinbanden, welche vermutlich über den Rhenus kommen um unschuldige Bürger zu überfallen, und die Gegend somit in Unruhe versetzen.
Da wir vermuten, dass diese Männer aus den Gegenden jenseits der Grenze kommen, der Winter wird auch sie nicht verschont haben, werde ich bald mit einigen Männern zu den verbündeten Stämmen in Germania Magna aufbrechen, um Informationen zu erhalten, und eventuell Hilfe vor Ort leisten zu können, sodass diese Raubzüge ein Ende haben.
Seiana lässt dich Grüßen, und Silana weiß nicht wer du bist, doch sie kennt all deine Geschichten, und fragt stets wann du uns mal besuchen kommst. Ich fürchte dass du ihr Quengeln bald auch in Rom nicht mehr ignorieren kannst, und unser Gästezimmer ist bereits für 'Onkel Avianus' reserviert, ein Umstand der mich stets ein wenig Schmunzeln lässt.
Nun was lässt sich noch aus Germanien berichten?
Wir werden bald die Ernte einholen, und bevor du nun lachst sei dir versichert, dass nicht ich auf den Feldern stehe, sondern sich diese lediglich auf meinem Grundstück befinden. Darüber hinaus verbringen wir die Tage hier mit Ausbesserungen in der gesamten Provinz, abgesehen von den Banden also nichts dramatisches.
Oh, mir fällt ein, dass ich vergessen habe dir von einer aberwitzigen Begegnung zu berichten: Ich traf den Offizier der dir einst bei Vicetia deinen hässlichen Zinken brach! Er war noch immer ein Offizier der Mannschaften und ich natürlich Praefectus, was das peinliche Schweigen natürlich nicht besser machte, doch ich lud ihn natürlich zu einem Wein ein und dankte ihm dafür, dass er dein Gesicht einigermaßen hingebogen hat!
Es ist gut zu hören dass meine alte Truppe in einem guten Zustand ist. Grüße die Männer die mich noch kennen, auch bei den Prätorianern! Und wenn du Decimus Livianus triffst, richte ihm auch die besten Grüße von uns aus.
Ich hoffe dich bald einmal wiederzusehen, doch bis dahin freue ich mich über jede geschriebene Zeile von dir,
mögen die Götter deine Familie beschützen,
Seneca