Beiträge von Tiberia Claudia

    Obwohl sie nun völlig irritiert war, verriet ihr Gesichtsausdruck nichts davon und sie schaute noch genauso lächelnd, wie bereits seit Beginn der Kutschfahrt.


    "Es tut mir leid, wenn ich dich gekränkt haben sollte. Das ich deine Entscheidung nicht hinterfragte, war kein Ausdruck von Desinteresse, zumindest war es nicht so beabsichtigt. Vielmehr wollte ich dir dadurch zeigen, dass ich grosses Vertrauen in dich und deine Entscheidungen habe."

    "Ich mag das Meer nicht sonderlich. Es ist meist gefährlich es zu bereisen und Rom war stets ein Landreich." sagte sie.


    Sie lauschte seinem Vortrag und nickte lächelnd.


    "Nein, das wusste ich noch nicht." sagte sie daraufhin. Sein jugendlicher Überschwang erfreute sie immer wieder und sie hörte ihm gerne zu, wenn er versuchte sie mit seinem Wissen zu beeindrucken, so wie es kleine Jungen bei ihrer Mutter taten.


    "Nun, ich dachte mir, dass du schon weisst was du tust und das es auch deinem Wunsch entspricht. Daher wollte ich deine Entscheidung nicht hinterfragen."

    "Das klingt nach einer sehr vernünftigen Planung." sagte sie. Sie war zwar etwas verwundert, dass die Flavier in Ostia lediglich eine Casa besassen, aber störte sich daran nicht weiter.


    "Warum hast du dich eigentlich für eine Schiffsreise entschieden?" fragte sie.

    Claudia betrachtete die Kutsche von aussen etwas skeptisch, doch als sie einen Blick hinein werfen konnte, war sie durchaus erfreut. An der Hand ihres Verlobten, stieg sie in die Kutsche. Sie setzte sich und begann es sich bequem zu machen.

    Claudia hatte den Weg von der Villa hierher nicht wirklich genossen, da durch den Regen die Vorhänge langsam feucht geworden waren und das ständige Trommeln auf dem Dach an ihren Nerven zerrte. Es war eine grosse Erleichterung, als der Regen endlich aufhörte und ausser den Schritten auf dem Pflaster waren nur noch Stimmen zu hören.


    Als die Sänfte anhielt und Furianus die Vorhänge beiseite schob, erschien ein Lächeln in ihrem Gesicht. Sie ergriff seine Hand und entstieg langsam der Sänfte.


    "Salve Lucius. Eine lange Begrüssung an der Porta wäre bei diesem Wetter auch nicht unbedingt angenehm gewesen."


    Sie schaute sich ein wenig um.

    Nur wenig später kam Claudia mit ihrer Gepäcksklavin zur Porta. Dort liess sie sich zum Schutz vor dem leichten Regen ein Tuch geben, dass sie über ihrem Kopf ausbreitete und wartete dann darauf, dass sie zur Sänfte geführt wurde.

    Sie hatte den Brief in der Hand und las ihn nun bereits zum ungezähltem Male. Am nächsten Morgen sollte es soweit sein und sie würde endlich dieser engen Villa entfliehen können.


    Um sie herum wuselten mehrere Sklavinnen, die damit beschäftigt waren die letzten Vorbereitungen zu treffen. Sie packten hauptsächlich einige Kleidungsstücke ein und waren daher recht schnell fertig.
    Sie schickte sie nach abgeschlossener Arbeit hinaus und widmete sich dann erneut dem Brief, bevor sie sich für die Nacht bereit machte.

    "Ja, ich bin Claudia, Tocher des Marcus und der Livilla." sagte sie freundlich und noch immer mit gedämpfter Stimme.


    "Bei uns war dies auch immer so, aber heute." sagte sie und deutete darauf, dass sonst niemand anwesend war.

    Sie brachte ihr Gebet zu Ende und schaute dann den Mann, der sein Gebet scheinbar ebenfalls beendet hatte an.


    "Es ist gut zu wissen, dass auch andere den Tag der Minerva nutzen um zu ihr zu beten." sagte sie leise.

    Für Claudia war Minerva mehr als nur die Schutzgöttin ihrer Familie, schliesslich war sie einst ihre höchste Priesterin und fühlte sich ihr noch immer sehr verbunden. So kam auch sie an diesem Festtag zum Lararium, wo sie einen Mann vorfand, der vermutlich zur Familie gehörte aber den sie beim besten Willen nicht zuordnen konnte. Sie wollte ihn nicht in seinem Gebet stören und so verhielt sie sich ruhig, während auch sie sich in ein kleines Gebet vertiefte.

    Seit Stunden sass sie nun schon hier draussen auf dem Balkon. Sie war am Morgen aufgestanden, hatte ein kleines Frühstück zu sich genommen und es sich dann, nach einer kurzen Wäsche, in einem Korbsessel hier draussen gemütlich gemacht. Ihr Blick wanderte immer wieder langsam über das Peristylium aber sie nahm nichts von dessen Schönheit war.


    Ihr Kopf war leer und sie wusste nichts mit ihrer Zeit anzufangen. Bisher war sie erst einmal in ihrem Leben in der Situation gewesen, dass sie an ein Haus gebunden war statt einer konstruktiven Arbeit nachzugehen. Doch damals war es anders, denn es gab Kinder um die sie sich kümmern konnte. Aber jetzt? Was hatte sie denn schon zu tun? Das Haus war voller Menschen, doch kannte sie davon kaum jemanden und wollte dies auch nicht unbedingt ändern.


    Sie sehnte sich nach ihrer Schwester, nach Maximus, nach Minervina, nach Helena, nach ihrer Arbeit und vor allem nach ihrem Verlobten, den sie seit ihrem Gespräch im Atrium nicht mehr gesehen hatte. Sie freute sich auf ihr kommendes neues Leben, fern von dieser Villa und auch von dieser stinkenden Stadt, doch zweifelte sie immer wieder daran, dass dies eintreffen würde, denn seit Lucius wieder in Rom war hörte sie weniger von ihm als in der Zeit die er in Hispania verbrachte. Sie wartete schon seit Tagen sehnsüchtig auf die Nachricht, wann die Reise nach Misenum anstand, war dies doch endlich mal eine Gelegenheit länger als nur ein paar Stunden mit ihm allein zu sein und ihn näher kennenzulernen.


    So sass sie da, gedankenverloren aufs Peristylium blickend und liess die Zeit an sich vorbeiziehen.