Sie überlegte einen Moment.
"Ich wüsste derzeit niemanden, weiss aber ehrlich gesagt auch nicht, ob ich dazu wirklich in der Lage bin dies selbst zu tun. Andererseits werde ich dort vermutlich viel Zeit verbringen. Daher werde ich es selbst tun. Ich finde sicherlich jemanden, der mir mit Rat und Tat zur Seite stehen kann."
"So wie auch dir, ehrenwerter Rex Sacrorum." erwiderte sie und nach einer kurzen Verneigung verliess sie den Opferkönig wieder.
"Von meiner Seite nicht. Mir bleibt vorerst lediglich meinen Dank auszudrücken." sagte sie.
Claudia musste lachen.
"Solange es nicht daneben noch eine Mutter gibt, die sich aufopfert wie eine Ehefrau ist das eine durchaus schöne Vorstellung."
"Der Termin soll vorraussichtlich der PRIDIE KAL DEC DCCCLVI A.U.C. sein." sagte sie und hatte die folgenden Frage schon fast erwartet.
"Wir entschieden uns gegen die Confarreatio, weil sie uns beiden zum einen etwas überholt erscheint und auch wenn unsere Familien recht traditionsbewusst sind, so sehen wir sie doch wie die meisten eher als unpraktisch an."
Sie lächelte ebenfalls.
"Nun, in der Kurzfassung. Oidípous verliebte sich in seine Mutter, erschlug seinen Vater um sie zu heiraten und stürzt sich dadurch ins Unglück."
"Die Parallele wäre die Tatsache, dass du es scheinbar als Ideal ansiehst, in deiner Frau auch gleichzeitig eine Mutter zu sehen."
"Das waren sie sicherlich." sagte sie.
"Kennst du die Geschichte des Oidípous?"
"Ja, von diesem Opfer spreche ich." sagte sie. "Ich danke dir, kannst du mir ein Mitglied empfehlen?"
Sie hatte nicht vor das erstgenannte Thema weiterzuführen und so beantwortete sie seine Frage nach dem Grund für ihr Kommen.
"Meine Eheschliessung mit Flavius Furianus. Sowohl er, als auch ich würden uns geehrt fühlen, wenn die notwendigen Zeremonien entweder durch dich, ehrwürdiger Rex, oder durch ein Mitglied des Collegiums durchgeführt werden könnten."
"Das erinnert mich ein wenig an die Geschichte des Oidípous." sagte sie scherzend.
"Um ehrlich zu sein, ehrenwerter Rex, ist ein kleiner Grund auch ein etwas gekränkter Stolz. Ich diente den Göttern und den Reich über Jahre als Sacerdos, Flaminca und Pontifex und als Dank erhalte ich nichts weiter als den Auftrag wieder auf der untersten Stufe des Cultus zu beginnen."
"Nun, Erwähnung fanden mein Verlobter und die vom Orakel vorhergesagten zahlreichen Nachkommen, denen in Zukunft meine volle Aufmerksamkeit zukommen solle."
"Du könntest doch fast mein Sohn sein." sagte sie scherzhaft.
Warum musste eigentlich alles immer so aufwendig sein? Sie hatte doch nur eine kleine Frage zu stellen. Aber nun gut.
"Nun, dies hat mehrere Gründe." begann sie.
"Wie du bereits sagtest, begann ich die Probatio abzulegen. Ich begann die Prüfungsfragen zu beantworten und währenddessen wuchs in mir ein ungutes Gefühl. Dies gipfelte darin, dass mir war als hörte ich eine Stimme, die mir sagte, dass der Cultus Deorum nicht mehr mein Weg sei."
Jetzt war sie schon irgendwie überrascht, hatte sie mit so etwas doch nicht gerechnet. Sie rang ein wenig um ihre Fassung und so kam zuerst kein Wort über ihre Lippen.
Doch dann fasste sie sich und antwortete: "Eigentlich, ehrwürdiger Rex Sacrorum, kam ich her mit einer Bitte. Doch wenn du wünschst, eine Erklärung zu hören, so werde ich mein möglichstes tun."
Claudia senkt ihren Blick, als sie hört, wie sich von innen jemand der Tür nähert. Sie hatte sich die Worte bereits vor Stunden zurechtgelegt und war auf diesen Moment vorbereitet.
"Ave ehrwürdiger Rex Sacrorum, bitte verzeih mir die Störung, doch kann ich dich um einen kleinen Moment deiner Zeit bitten." sagte sie mit leiser und leicht unterwürfiger Stimme, als der Rex die Tür passiert hatte.
Claudia erreichte das Heiligtum und blieb vor dessen Tür stehen darauf zu warten, dass der Rex Sacrorum sein Opfer beendet hatte.
"Ich werde den Weg allein finden, danke." sagte sie freundlich und machte sich auch schon auf den Weg.
"Tiberia Claudia, ehemalige Flaminca Minerva und Pontifex im Collegium Pontificium. Ich müsste ein Gespräch mit dem Rex Sacrorum führen, sofern dieser etwas Zeit aufbringen kann."
"Ich hoffe du wirst es nicht bereuen." sagte sie und grinste leicht.
"Schliesslich lässt du dich auf eine ältere Frau ein."
