Ad
Tiberius Iulius Drusus
Legio II Germanica
Mogontiacum
Provincia Germania
Salve Drusus!
Endlich komme ich dazu, Dir einmal wieder zu schreiben. Danke für Deine Zeilen, ich habe mich wirklich sehr darüber gefreut! Ach, ihr Jungs fehlt mir wirklich sehr. Auch wenn es inzwischen schon etwas besser geworden ist mit der Kameradschaft hier. Doch so richtige Freunde, wie ihr sie mir geworden seid, habe ich hier noch nicht gefunden. Vermutlich liegt das daran, dass unsere Aufgaben so unterschiedlich sind und wir nur sehr selten Seite an Seite stehen, wenn wir unsere Pflichten erfüllen. Von unserer alten Centurie sind zwar noch ein paar Mann bei den Praetorianern aufgenommen worden, aber sie sind anderen Einheiten zugeteilt als ich, so dass ich sie kaum zu Gesicht bekomme. Was sehr schade ist, denn mit ihnen würde ich mich gewiß sehr schnell näher anfreunden. Nun, ich hoffe immer noch, dass es hier auch bald kameradschaftlicher wird.
Wie ich gehört habe, hat Flava Mogontiacum schon wieder verlassen? Das finde ich wirklich sehr schade. Nun ist Valentina also ganz allein. Ich bin froh, dass es ihr soweit gut geht und ich habe auch von ihr vor einiger Zeit einen Brief erhalten. Danke noch mal an dieser Stelle, dass Du Dich um sie kümmerst! Das ist mir eine große Beruhigung Sie überlegt ja, nach Rom zu übersiedeln, hat sich aber noch nicht entschieden. Zumindest hat sie sich in ihrem Brief so ausgedrückt. Für mich wäre es natürlich eine Freude, wenn sie nach Rom kommen würde. Allerdings würde ich mich hier auch kaum um sie kümmern können, da wir nur sehr selten Ausgang erhalten.
Würdest Du das tun? Ihr ein wenig Geld zur Verfügung stellen, damit sie entweder den Umzug bezahlen kann oder aber sich in Mogontiacum ordentlich versorgen kann? Natürlich bekommst Du es so bald wie möglich zurück. Sicher wird mal wieder einer der Praetorianer mit Botschaften zu euch geschickt werden, dem gebe ich es dann mit. Ich bin sicher, dass dies möglich sein wird. Wie groß die Summe sein soll? Ich weiß nicht recht. Vielleicht 200 Sesterzen? Das sollte wirklich reichen, egal, wie sie sich entscheidet.
Du wolltest wisse, wie mein Centurio so ist. Naja, er ist mir irgendwie noch sehr fremd. Herumbrüllen kann er ganz gut, aber an Artorius kommt er nicht heran. Bisher kommt er mir fair vor, jedoch scheint er wenig Interesse daran zu haben, seine Männer persönlich kennenzulernen. Vielleicht liegt es auch daran, dass er erst kurz aus Parthien wieder da ist. Niemand spricht so genau darüber, was in Parthien geschehen ist. Ich glaube, sie fragen sich alle, wie sie es hätten verhindern können, dass der Kaiser getroffen wurde. Aber ich bin sicher, sie haben alles menschenmögliche getan. Diese Männer sind unglaublich gute Kämpfer! Wenn Du dachtest, bei der Legio II wird hart trainiert, dann musst Du mal hier das Training mitmachen. Und die Männer sind dem Kaiser treu ergeben. Dem neuen genauso wie dem alten. Es kann sie keine Schuld treffen! Naja, wie gesagt: sie sind alle ziemlich still und in sich gekehrt, die Männer, die dabei waren. Und so eben auch der Centurio.
Na, das mit Primus war ja zu erwarten. Er hat wirklich ein falsches Bild von den Praetorianern. Zumindest habe ich bisher nichts von dem feststellen können, von dem er gesprochen hat. Aber ich sage Dir: Diese Politiker sind eine wahre Pest! Wir sind ja verpflichtet, die Besucher, die den Palast betreten dürfen, nach Waffen zu untersuchen. Und Senator Tiberius hat einen unglaublichen Aufstand deswegen gemacht. Das glaubst Du nicht! Erst hat er mit mir eine Diskussion anfangen wollen, weil er doch so ein toller Senator ist und schon so viel für Rom gemacht hat, könne ich ihm ja wohl nicht unterstellen, ein potentieller Mörder zu sein. Sowas! Befehl ist Befehl und mein Befehl lautete: Alle durchsuchen. Was gibt’s da schon zu diskutieren?
Na, dann wollte er zu meinem Vorgesetzten, weil ich mich nicht drauf eingelassen hab. Und er sagte das gleiche wie ich: Befehl ist Befehl und er könne sich ja an höherer Stelle entsprechend beschweren. Na. Und dann hat der sich seine Toga vom Leib gerissen und ganz theatralisch gefragt, ob er die Tunika auch noch ausziehen müsste. Na, der Centurio und ich habe nur noch Blicke getauscht. Echt, wie kann man sich nur so entblöden! Dann musste ich natürlich einen Palastdiener auftreiben, weil der Senator seine Toga ja nicht einfach so wieder anlegen konnte. Aber sein ganzes Theater hat ihm nichts genützt. Er wird auch weiterhin durchsucht, wie jeder andere Besucher auch.
Und nun das beste! Stell Dir vor, meine Kohorte war ausersehen, dem Kaiser entgegen zu ziehen und ihn in die Stadt zu geleiten! Was für eine Ehre! Ich sage Dir, das war ein großartiges Gefühl! Und natürlich auch eine große Verantwortung! Als er dann seine Rede hielt, standen wir natürlich nahe genug, um wirklich jedes Wort verstehen zu können. Sehr lang war seine Rede nicht. Aber das finde ich auch eher gut. Lange Reden werden schnell langweilig.
Er sah sehr müde und erschöpft aus. Und man sieht ihm an, dass er sehr krank war. Doch ich glaube, er ist auf dem Weg der Genesung. Denn todkrank sah er eigentlich nicht aus. Nicht dass ich ein Arzt wäre. Aber ein todkranker Mann hätte diesen Tag sicherlich nicht so durchgestanden. Bestimmt ist er bald wieder ganz gesund und dann werden sich die Herren und Damen, die schon jetzt mit seinem Tod handeln, ganz schön umgucken!
Ich finde ihn großartig! Und bin stolz, dass ich dazu beitragen darf, sein Leben zu schützen! Und richtig nett ist sein Bruder, Aelius Quarto. Der Mann hat noch nicht den Blick für die kleinen Leute verloren, wie zum Beispiel dieser Tiberier. Als Aelius Quarto ankam, war er höflich und freundlich zu mir, der ich gerade am Palasttor als Wache eingeteilt war. Obwohl er das echt nicht gemusst hätte, immerhin ist er nicht irgendwer. Und wie er nach seinem Bruder fragte… ich glaube, er hat ihn wirklich gern. Das ist in solchen Kreisen schließlich auch nicht selbstverständlich.
Achja, Du wolltest wissen, was wir so machen bei den Praetorianern. Ja, wir patrouillieren durch die Stadt, aber eigentlich mehr im Bereich des Forums und des Palastes. Den Rest überlassen wir den Cohortes Urbanae, auch wenn wir natürlich mit zugreifen, wenn es um die wirklich wichtigen Dinge wie die Sicherheit des Kaisers, seiner Familie oder die Staatssicherheit geht. Ansonsten halten wir in und um den Palast Wache. Inzwischen kenne ich mich im Palast auch schon ganz gut aus. Nur im Familientrakt noch nicht so, den kenne ich bisher nur vom Plan. Am Tor habe ich schon mehrfach Wache gehalten. Naja, hab ja oben schon beschrieben, was da so los ist. Und die Besucher müssen natürlich hereingeführt werden. Zum einen, weil die meisten sich sonst sicher verlaufen würden, zum anderen, damit sie halt nicht überall herumlaufen können. Desweiteren arbeiten die Praetorianer natürlich auch verdeckt. Als Spione quasi. Aber dafür gibt es natürlich spezielle Leute. Und Reitertruppen haben wir auch, so wie der, der uns abgeholt hat.
Und der derzeitige Etappenhase ist nicht nur in Ordnung, sondern auch noch halbwegs fähig? Meine Güte! Sowas gleich zwei mal hintereinander! Immerhin war Sedulus ja auch echt in Ordnung. Was ist denn mit Sabinus? Ist er versetzt worden? Schade, die ganze Zimmergemeinschaft scheint auseinander zu fallen. Aber ich freue mich für Lupus, das seine Grundausbildung beendet ist. Richte ihm doch bitte meine Glückwünsche aus! Und Probus, wenn er soweit ist, auch. Dem schreibe ich gleich aber auch noch selbst.
Bitte schreibe mir doch bald, wie es Dir so ergeht. Macht Dir der Posten als Optio noch Spaß oder ist es einsam auf dieser Stelle? Gibt es Aussicht auf eine Beförderung zum Centurio?
Paß gut auf Dich auf, mein Freund! Mögen die Götter Dir stets beistehen!
Vale bene,
Valerian
Mogontiacum, ANTE DIEM XV KAL IUN DCCCLVIII A.U.C. (18.5.2008/105 n.Chr.)