Als Lucilla wiederkommt und nach Proximus sehen will, kommt ihr Gallus eilig aus dem Zimmer entgegen. Sie versteht in seinem Gerede nur 'Fieber' und 'kalte Umschläge' und betritt voller Sorge das Cubiculum.
Am Bett ihres Onkels erkennt sie, dass kleine Schweißperlen seine Stirn bedecken. Sie setzt sich zu ihm und streicht über seine Wange.
"Es wird gleich besser, Onkel Proximus. Gallus holt schon etwas zum Kühlen."
Sie zwingt sich zu einem Lächeln, auch wenn sie nicht weiß, ob dieser Blick überhaupt vor ihr halt macht oder nicht einfach durch sie hindurchgeht. Mit jedem Atemzug, den Proximus Körper mühsam tut, verkrampft sich Lucillas Herz mehr und mehr. Sie ist sich sicher, dass die Götter einen Grund für das haben, was sie tun, doch Lucilla kann diesen Sinn in Proximus Leid nicht erkennen, so sehr sie sich auch anstengt. Nichts ist mehr geblieben von dem lebensfrohen, kraftvollen Mann, der einst ihr Onkel war, nur eine eingefallene Hülle, in der vielleicht noch irgendwo sein Geist steckt, vielleicht aber auch nicht.
Obwohl alles in ihr danach schreit das Zimmer zu verlassen, ihren Onkel so in Erinnerung zu behalten, wie er einst war, bleibt sie sitzen und nimmt seine Hand in ihre Hände.
"Ich war heute bei der Sacerdos Tiberia Claudia. Kennst du sie? Sie ist noch nicht ganz so lange in Hispania, aber vielleicht hast du sie ja schon gesehen. Sie dient dem Merkur und hat momentan die Aufgaben des Pontifex Hispania übernommen, da dieser nicht in Tarraco weilt. Wir haben die Einweihung des Merkur-Tempels und der neuen Bibliothek besprochen. Ich glaube, sie ist eine ziemlich gute Priesterin. Sie wird die Weihe des Tempels selbst ausführen. Für die Bibliothek wird ein Apollo-Priester kommen. Ich bin schon so aufgeregt, hoffentlich geht das alles gut. Du weißt ja, dass ich momentan für die Bibliothek verantwortlich bin, weil es immer noch keine neuen Magisträte gibt. Und nun muss ich mich auch noch um den Tempel kümmern, sozusagen als offizielle Vertreterin der Aurata. Siehst du, da ist doch noch was aus mir geworden."
Sie lächelt weiter, obwohl sie viel lieber weinen würde. Wo bleibt nur Gallus mit den Umschlägen...