Der Tag im Regen war elend langsam vorübergegangen. Eine einzige Schriftrolle ist Bestandteil der Reisekiste in ihrer Kabine und diese war schon am frühen Mittag zur genüge gelesen. Avarus indessen hatte sich nicht sehen lassen und auf ihre Nachfrage hin schüttelte Paulus nur den Kopf und erwähnte etwas von rauher See und landfesten Germanen.
Irgendwann dann hatte Lucilla Ambrosius an der Reling vorgefunden und seine Gesichtsfarbe wechselte beständig zwischen Grün, Gelb und Rot, so, als wolle er der Prototyp für die fast zwei Jahrtausende später erfundene Ampel werden. 
Daraufhin hat Lucilla das halbe Schiff in Bewegung versetzt, zumindest diejenigen, die noch nicht in Bewegung waren. Die Angehörigen des Cursus Publicus halfen mit allerlei guten Ratschlägen, die sie jedoch nur vom Hören-Sagen kannten, als Tabellarius musste man schließlich seefest sein. Irgendwann schafften sie es jedoch, den armen Ambrosius soweit zu beruhigen, dass er sich nicht mehr ständig übergeben musste.
Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Lucilla bereits wieder in ihre Kabine zurückgezogen. Weder der prasselnde Regen noch die Enge unter Deck luden zum Verweilen ein. Erst als sich die Wolken gegen Nachmittag verzogen, ließ sich Lucilla wieder an Deck blicken und folgte begeistert dem Blick des Kapitäns zum afrikanischen Land hin. Aufgeregt lauschte sie bis zum Abend dem Kapitän, der ihr, nun da die Seefahrt wieder einfacher war, gerne etwas Seemannsgarn über die afrikanische Küste, Piraten und Seeungeheuer erzählte.
Die Aufregung des Tages ließ sie am Abend müde in ihr Bett fallen, nichteinmal über den mangelnden Komfort machte sie sich noch Gedanken und war längst in einen tiefen Schlaf gefallen, als in der Nebenkabine der Germane anfing seine Wälder zu roden.
Als Avarus am nächsten Tag mit seinen morgendlichen Vorbereitungen beginnt ist Lucilla schon längst auf den Beinen. Da es in den beengten Verhältnissen jedoch etwas länger dauert, sich ausgiebig zu waschen und frisch zu machen, ist sie gerade noch am Versuch ihr Haar zu bändigen, als Paulus klopft.
"Ich bin gleich da!" ruft sie freudig, begnügt sich schließlich damit, das Haar nur fest zusammenzubinden und tritt dann hinaus in den sonnigen Morgen und zum gedeckten Tisch hin.
"Unglaublich dieses Wetter!" Sie begrüßt ihren Verlobten mit einem Küsschen und setzt sich an den Tisch. "Wie geht es dir? Hast du gut geschlafen?" Sie mustert ihn kritisch, doch da nicht zu erkennen ist, dass er sich nicht gut fühlen würde blickt sie zur Seite des Schiffes und deutet zum entfernten Land hin. "Schau, da ist schon Numidia! Wir segeln jetzt immer nur noch an der Küste entlang. Das ist ziemlich praktisch, so kann man sich auch nicht verirren."
Sie wendet sich strahlend zu Avarus. "Leider verpassen wir so auch die Chance, eine Seeschlange zu sehen. Ist das nicht ein fantastisches Abenteuer, so eine Schiffsfahrt? Ich habe mich gestern mit dem Kapitän unterhalten, also was da nicht alles passieren kann! Das Wetter gestern war noch harmlos, und das, obwohl einmal fast eine Welle bis übers Schiff geschlagen wäre! Zum Glück waren wir auf dem offenen Meer, hat der Kapitän gesagt, sonst hängt man ganz schnell auf einem Riff drauf und dann kann man nur noch hoffen, dass eine Meerjungfrau in der Nähe ist und einen errettet. Der Kapitän hat schon mal eine gesehen, mit einem grünen Fischschwanz, aber das war in der Nähe von Achaia. Vor der Küste Africas hat er nur mal eine riesige Krake gesichtet, aber Seeschlangen gibt es leider nur auf dem offenen Meer."
Mit strahlenden Augen greift Lucilla zum Brot, bricht sich ein Stück ab und schiebt es sich in den Mund.