Beiträge von Rediviva Minervina

    Fände ich auch gar nicht mal so entsetzlich schlecht. Oder eben wirklich hochgediente Leute im Pleb, die dadurch die Chance erhalten, aus ihrer Familie etwas zu machen.


    Aber wer 'Niemande' wählt ist meist auch selbst schuld. ;) Ich persönlich mache es jedenfalls in den seltensten Fällen.

    Minervina hatte sich zum Speisen hin dicht bei ihrem Onkel gehalten und sich auf eine kleine in seiner direkten Nähe niedergelassen: Neben ihn. Sie fühlte sich in der Nähe von Vitamalacus am ehesten behütet und da sie die meiste Zeit in einer Welt, fern der Realität verweilte, traf sich das ganz gut. Verschiedene Szenarien spielten sich in ihren Gedanken durch und keines der hierdurch entstandenen Bilder hellten ihre Stimmung auf. Gedankenverloren schob sie sich ein paar Trauben in den Mund. Sie nahm nichts von den Gesprächen um sie herum war und hoffte mittlerweile auf einen raschen Verlauf des Abends. Sie sehnte sich nach ihrem Bett und Ruhe. Sie fühlte sich zwischen all den munteren Gästen deplaziert und das gefiel ihr kein bisschen. Sie alle wirkten so wunderbar fröhlich und sie? Sie saß hier mit einem trüben Blick auf der Kline und beobachtete die Wellen in ihrem Weinbecher, die durch die kreisenden Bewegungen ihrer Hand entstanden.


    Sim-Off:

    Durch lange Abwesenheit etwas aus dem Konzept geraten, aber sehr erfreut wenn mir jemand wieder reinhelfen könnte ;)

    Die Frau, die doch eher an ein Mädchen erinnerte, hielt den Blick noch eine kurze Weile auf die Sklavin gerichtet, ehe sie ihre volle Aufmerksamkeit dem Händler zuwndte. Dessen Stimme nahm allmählich einen beschwörenden Klang an und wirkte nicht mehr so sehr um Vergebung suchend wie zu Beginn dieser Konversation. Und je mehr sich die Stimme veränderte, desto zurückhaltender wurde die Position der jungen Minervina. Sie konnte nicht verstehen wie der Händler nun auf die Idee kam, die Ware so provokativ anzubieten, wo sie doch genau an dieser Stelle einen Tod hatte beobachten müssen. Den Tod der Nubierin die Vitamalacus damals für sie erwerben wollte. gerade wollte sie sich umdrehen und den Mann einfach stehen lassen, als ihr Blick wieder die Sklavin traf.


    Sie hätte sich beinahe übergeben. In genau diesem Moment stürzte die Nubiern vom Podest und Minervina fühlte sich unsicher werden. Ihre Beine fühlten sich mit einem Mal so weich an und der Sturz der Sklavin schien ganz langsam zu verlaufen. So quälend langsam dass es lange dauerte bis sie endlich blutend auf dem Boden lag. Tot. In genau diesem Moment schaltete sich Minervinas Denken aus und sie stürzte nach hinten.


    Es dauerte einige Augenblicke, da sie die Augen wieder aufschlug. Der Händler hatte sie eben so auffangen können und sie festgehalten. Sie schätzte ihre Ohnmacht auf einige Stunden, doch hatte sie in Wirklichkeit nur wenige Sekunden angedauert. Noch nicht einmal bis zum Boden hatte sie angedauert. Mit todesbleichem Gesicht musterte sie die Sklavin, die sich rasch wieder erhoben hatte. Ihr Leib zitterte und sie brachte es nicht über sich, wieder zu stehen oder etwas zu sagen. Stumm blickte sie die Sklavin an und nur Panik stand in ihren Augen.

    Etwas gespalten hörte sie Lana nur halbherzig zu. Die absurdesten Gedanken suchten ihren Weg durch den jungen Kopf. Gedanken, die in diesem Alter noch kein Thema sein sollten und weniger von Sonnenstrahlen durchzogen waren. Doch sie stieß unsanft den Trübsinn fort und versuchte, sich wieder auf Lanas Worte zu konzentrieren. "Das tut mir leid." sagte sie knapp. Also hatte auch Lana ihren Vater früh verloren - und die Mutter. Aber wäre Minervina das nicht sogar lieber, beide zu verlieren? Vermutlich schon. Dann würsste sie ihre Mutter in den sicheren Armen des Patriziers und nicht in denen eines weichen Senatorensohnes.


    "Ja, ich erinnere mich. Das hat ziemlich gut getan." antwortete Minervina lächelnd auf Lanas Worte. Die Massage die sehr überrascht hat und mit anfänglichen Widerwillen gestattet wurde. Sachte verlangsamte Minervina ihren Gang um Lana nun doch etwas besser im Blick halten zu können. Auf dem Markt war wahnsinnig viel Betrieb und sie wollte ihre Sklavin nicht zwischen den Menschen verlieren. Sie glaubte nicht daran, dass Lana fliehen würde, aber dass man den Kontakt verlor, konnte hier nur zu gut geschehen.


    Minervinas Augen brannten und zeitweilig war ihre ganze Aufmerksamkeit dem Gedanken zugewandt, ob sie noch nach Tränen aussah. Sie würde liebend gern die Palla bis über das Gesicht ziehen, aber damit wäre wohl jeder Anstand verletzt und sie würde nicht zuletzt auch nichts mehr sehen. "Hast du Hunger?"

    Auch als die Sklavin Minervinas Blick auffing, wandte sie den Ihrigen nicht ab. Es mochte nichts besonderes sein, dass die Sklavin dort stand, wo sich damals auch die andere Nubierin aufgehalten hat. Vermutlich war es sogar völlig normal um Ordnung in seiner Ware zu halten. Für sie aber wirkte es wie ein schlechter Scherz. Sie ähnelten sich, zumindest aus ihrer Sicht. Aber dunkelhäutige Menschen sahen ohnehin meistens gleich aus, fand sie. Dann endlich konnte sie ihren Blick lösen und sah auf ihre Hände hinab. Sie zitterten.


    Schon jetzt, noch bevor sie Namen, Alter und Preis kannte, wusste sie, dass sie die Sklavin erwerben würde. Es war ihr Gewissen, dass sie dazu zwingen würde. Sie hatte sich immer ein wenig die Schuld am Tod der anderen Sklavin gegeben, als diese von dem Stand dort gestürzt war. Langsam schritt sie auf den Händler zu, der sie mit großen Augen anstarrte. Er schien sie zu erkennen und huschte direkt auf sie zu. Zwar war er natürlich noch immer auf den größtmöglichen Profit aus, aber das Mädchen tat ihm gewissermaßen auch leid. "Salve" hörte sie ihn sprechen und nickte zur Begrüßung nur. Mit einer Hand deutete sie auf die nubische Sklavin.


    "Merit." hörte sie ihn erklären. "Sie ist eine Nubierin. Wurde erst vor kurzem nach Rom gebracht und hat noch die ganze Frische ihrer Heimat in ihrem Blut. Natürlich muss sie noch etwas gezähmt werden, aber ich denke nicht, dass sie ein schlechter Mensch ist. Dann würde sie nicht hier stehen." erklärte er. Vermutlich war er verunsichert, wenn er an die letzten Ereignisse dachte.

    Mit gerader Körperhaltung schritt Minervina an Lana vorbei und aus ihrem Cubiculum hinaus. Ob sie ihr von Marcus erzählen sollte? Von den Umständen unter denen sie sich kennengelernt hatten und dass er sich nun wieder gemeldet hatte? Von ihren wirren Gefühlen? Und vor Allem auch von ihrem Vater? Nachdenklich ging sie voran und wandte sich dem Atrium zu um von dort aus letztlich auf die Straße zu gelangen.


    "Eine entspannende Überraschung." schmunzelte sie. "Mehr kann ich dir nicht verraten, denn sonst wäre es ja keine Überraschung mehr." ließ sie verlautbaren, während sie die Schwelle der Villa überschritten und sich dem großen Roma zuwandten. Diese riesige Stadt die auch für Minervina noch mehr Geheimnisse als bekannte Gegenden hatte.

    Endlich wieder einmal die Villa verlassend, schenderte Minervina eines unbekannten Weges. Ihre Palla lag um ihre Schulter und ließ den Kopf frei. Lana hielt sich wie meistens ein kleines Stück hinter ihr. Das gab Minervina die Möglichkeit, ihre Maske ein wenig fallen zu lassen. Sie mochte die Sklavin gern. Sie schien sehr warmherzig zu sein. Nur ob sie wirklich treu war, das mochte Minervina noch nicht beurteilen. Dafür hatte sie zu wenig mit ihr zu tun gehabt. Das Wetter war nicht besonders freundlich, denn Wolken verhingen den sonst so schönen italischen Himmel. Nur manchmal stahl sich die Sonne noch durch den dichten Schleier, was aber immer seltener vorkam.


    "Erzähl mir ein wenig von dir. Ich denke, es schadet nicht, wenn wir uns ein wenig besser kennenlernen." schlug sie vor und wandte ihren Blick zu Lana. Dabei musste sie zwar den Kopf unbequem verdrehen, aber der Abstand sollte dann doch gewahrt werden, wenn sie gemeinsam unterwegs waren. "Zum Beispiel von deinen Eltern. Wie sie waren." unterbreitete sie Lana einen Vorschlag um das Gespräch ein wenig leichter zu gestalten.

    Das anfangs noch eher matte Lächeln nahm wärmere Züge an, als sie Lanas Züge beobachtete. Vielleicht war es verwerflich, aber ein wenig genoss sie auch die Überlegenheit, die sie über einen Menschen ausüben konnte. Die Unterwürigkeit von Lana würde ihrer Mutter sicherlich seltsam aufstoßen. Minervina war froh, dass sie dieses Verhalten als normal annehmen konnte. Das zeigte doch sehr, wie unähnlich sie ihrer Mutter war. "Ja, ich mag die Saturnalia auch. Auch, wenn die Ehrung des Saturns eher zu deinen als zu meinen Gunsten verlaufen wird." sagte sie freundlich.


    Dann erhob Minervina sich wieder und rieb sich die Unterarme, fast, als ob sie fröstelte. "Dann komm. Wollen wir uns ein wenig draußen bewegen und im Anschluss habe ich noch eine kleine Überraschung für dich." Ihr Gesicht drückte beinahe schon Güte aus, doch diese Regung überspielte sie rasch mit einem Lachen. Sie wollte Disziplin und Adel ausstrahlen. Vor der Sklavin war auch Schwäche gerade so akzeptabel - aber keine Schwäche die von ihr ausgenutzt werden könnte.

    "Ich kann mir Zeit nehmen, wenn ich sie nicht habe." schloss Minervina mit ernstem Blick das Thema ab und nickte. Eigentlich wusste Minervina überhaupt nichts über ihre Leibsklavin. Sie wusste dass sie von ausgesprochen hübscher Natur war - was letztlich auch ihren Status bedeutete. Eine schöne Leibsklavin zeigte einen guten Stand, denn gerade Gesundheit und Aussehen ließen den Preis für einen Sklaven rasch in die Höhe schnellen. Und dieser Gedanke ließ ihn ihr auch einen waghalsigen Gedanken heranreifen.


    "Lana. Du magst doch sicherlich auch die Saturnalia, nicht?" fragte sie, statt auf die Bitte der Sklavin zu antworten. Minervina sollte das nicht tun, was sie in Erwaägung zog, aber es würde Lana sicherlich freuen und war wohl auch recht interessant.

    Minervina hatte es nach längerer Zeit einmal wieder auf die Straßen geschafft. Genauer gesagt: Auf die Märkte. Sie war noch von einigen Ängsten geplagt gewesen, da bei ihrem letzten Besuch der Kauf einer nubischen Sklavin anstand. Und genau besagte Sklavin war an jenem Tag gestorben. Es hatte ihr Schmerz bereitet dem Tod so direkt in die Augen sehen zu müssen. Viele Fragen waren aufgekommen, Fragen über die Umstände vom Tod ihres Vaters.


    Nun war der Tag gekommen da sie sich ein Herz gefasst hatte. Sie wollte nun nicht mehr davonlaufen, sondern sich ihren Ängsten stellen. Nicht mehr davonlaufen. Ihre Haltung war aufrecht. Heute hatte sie sich der Anweisung ihres Onkels widersetzt und war allein losgezogen. Sie musste etwas mit sich ausmachen und das könnte sie nur allein. Immer näher rückte der Tatort, von dem sie bis zum heutigen Tage beinahe jede Nacht geträumt hatte und schon bald rückte er in Sichtweite.


    Wie erstarrt blieb sie anfangs stehen und betrachtete den hohen Stand. Dort hatte sie gelegen. Sie schloss kurz die Augen. Und sie vergaß beinahe sie wieder zu öffnen. Erst als sie unfreundlich angerempelt wurde, erwachte sie aus ihrem Tagtraum und setzte sich wieder in Bewegung. Es war wie damals. Der Händler tigerte wie eine Raubkatze auf dem Podest um seine Köder herum, auf der Suche nach einem Opfer. Und auch dieses Mal war wieder eine dunkelhäutige Frau dabei. Mit leicht geöffnetem Mund starrte sie die Frau an. der Blick voller Unglauben.

    Nachdenklich betrachtete Minervina Lana. Sie merkte wie gefährlich ihre Zuneigung für Sklaven werden konnte. Sie durfte nicht zulassen, dass sie in ihnen mehr als nur einen geldlichen Wert sah. Aber das war schwierig, wenn man sich gegenüber saß und sich ganz normal unterhielt. Zudem fühlte sie sich erschöpft und durch Lana getröstet. Allein nicht mehr einsam in diesem Raum zu sitzen und über qualvollste Gedanken zu brüten half schon. "Du bist meine Leibsklavin und stehst direkt an meiner Seite. Wenn es also irgendwelche Probleme geben sollte, dann wende dich ruhig an mich. Jede andere hätte ich nun hinaus geschickt, aber ich erkenne dir diesen Status an." schmunzelte sie sacht.


    Ganz war sie noch nicht 'geheilt' von ihren trübsinnigen Gedanken. Dafür müssten sie vermutlich ausgesprochen werden. Doch sie konnte nicht darüber sprechen. Es würde sie ins Grab bringen. Und würde sie selbst das Messer ergreifen. "Hast du gerade zu etwas Bestimmten Lust?" fragte sie mit freundlicher Stimme.

    "Das freut mich." sagte sie und meinte es auch ehrlich. Ob sie nun wollte oder nicht, das Interesse an ihr, von einer anderen Person ausgehend, tat ihr gewissermaßen gut. Sie lebte in höchsten Graden bei ihrer Familie, doch dabei kam manchmal das menschliche ebenso kurz wie in der Familie ihrer Mutter. Manchmal fragte sie sich, ob Menschen überhaupt in der Lage waren, einander zu lieben oder ob es ein abgekatertes Spiel war. Verlangen und Lust. Der einzige Mensch dessen Zuneigung sie sich absolut sicher war, war ihre Tante Claudia.


    "Meistens gibt es ja Schwierigkeiten wenn jemand neues in eine bereits bestehende Gruppe kommt. Wie nannte mein alter Lehrer das noch mal? Ich glaube Hackordnung. Die Ränge müssen neu aufgeteilt werden." Sie ließ ein mattes Lächeln erkennen und ließ sich ebenfalls auf den Boden gleiten. Eine Herrin setzte sich nicht zu ihrer Sklavin, aber Lana würde das nicht wie ein Hund als Zeichen der Gleichwertigkeit deuten, dessen war Minervina sich sicher.

    Sie nahm unwillig die Berührungen der Sklavin wahr. Es war anmaßend von ihr, dass sie einfach mit dem Streicheln begonnen hatte. Doch den größten Widerwillen löste die Tatsache aus, dass ihr diese Zärtlichkeit der etwa gleichaltigren Sklavin ganz gut gefiel. Es beruhigte sie und vor Allem wirkte es entspannend. "Nein, ich wüsste nicht was." entgegnete sie mit verschlossener Stimme und etwas schroffer, als es eigentlich sein sollte. Doch sie entschuldigte sich nicht. Zum Einen würde Lana dies gewiss verstehen und zum Anderen war sie eine Sklavin.


    Ihre Augen weiteten sich bei dem Angebot der Sklavin allerdings ein wenig. Sie war überrascht. Das war ein Angebot, dass eigentlich von einer Freundin kommen sollte, nicht von der Leibsklavin. Wie oft hatte man in Geschichten von der erzählfreudigen Sklavin gehört, die die intimsten Geheimnisse der Herrin immer an über diese herrschende Personen weiter erzählt haben um die eigene Stellung zu verbessern. "Mir geht es nicht schlecht." hörte sie sich selbst sprechen. Und diese Lüge klangen noch mehr nach Schlechtergehen, als hätte sie die Wahrheit gesprochen. Minervina wandte ihr Gesicht zu Lana und sah sie ernst an. "Hast du dich eigentlich gut eingelebt? Wir hatten selten die Möglichkeit allein zu sprechen."

    Minervina schrak heftig zusammen, als sie das Klopfen hörte. Die Schritte hatten nicht einmal ihr Unterbewusstsein erreicht, sodass sie völlig unerwartet nur dieses unsägliche Geräusch vernahm. Deshalb unsäglich, weil sie in einer Lage war, die sie anderen nur äußerst ungern zeigte. Eine schwache Lage. Beinahe reflexartig wischte sie sich rasch die Tränen von den Wangen und holte einmal tief Luft, um sich wieder etwas zu besinnen. Noch wusste sie nicht, wer dort stand. Und sie rechnete schon beinahe mit ihrem Onkel, der zwar verständnisvoll auf ihre Tränen reagieren würde, sie aber auch über den Grund ausquetschen würde. Und dieser hatte wiederum mit Schwäche zu tun. Und, nein, verdammt nochmal, sie war nicht schwach.


    Als dann Lanas warme Stimme erklang, atmete sie beinahe erleichtert auf. Sie zwang sich zu einem trüben Lächeln und bildete sich ein, dass ihre Augen nicht rotgeweint waren. "Komm nur herein!" rief sie mit erstaunlich gefasster Stimme, was ihr wiederum etwas mehr Selbstvertrauen gab.