Beiträge von IUPPITER

    Eine Schar Gläubige hatte sich versammelt, Ihr Anliegen war für sie von großer Bedeutung, so dass sie ihn um seine Meinung baten. Iuppiter selbst sprach nicht zu jenen Männern, die hier seine Antwort erhofften. Die wenigstens Götter wandten sich jemals selbst und persönlich an die Sterblichen. Die Boten seiner Worte waren gefiedert und ihre Handlungen waren zu deuten. Die Hühner pickten fleißig, die Körner schienen ihnen zu schmecken.


    Ein wohlwollendes, positives Zeichen. Mit ruckenden Köpfen und scharrenden Füßen verkündeten sie, dass sie dem Bau der Statio zustimmten. Mal scharrte das eine Huhn und schaute umher, dann pickte das andere. Haltung, Gestik, ja sogar wie und wohin die Hühner schauten, all dies wusste der Augur zu deuten. Er las in den Tieren, wie in einer Schriftrolle. Hochkonzentriert nahm der Mann jede noch so kleine Regung der heiligen Tiere wahr.


    Der Blick eines heiligen Huhns fiel auf Manius Flavius Gracchus Minor, ehe das Tier Herius Claudius Menecrates einen Blick zuwarf. Beide Männer schauten in die Augen des Vogels und sahen darin ein Wissen, dass ein Huhn nicht besitzen konnte. Der Blick war alt, uralt, das Wissen darin immens und sie spürten für den Hauch eines Augenblicks ein Bewusstsein jenseits ihrer Vorstellungskraft. Das Tier legte den Kopf schräg und musterte sie mit einer Intensität, die bis hinab auf ihre Seele zu schauen schien. Der Blick von etwas Unsterblichen fiel in diesem Moment auf sie und beide wussten, wem dieser Blick gehörte.


    Iupppiter war ihnen hold!

    Menecrates durfte die Statio erbauen und sie sollte innerhalb des Pomeriums liegen. Auf geheiligtem Grund durfte Menecrates seine Statio errichten und bewaffnete Truppen stationieren.


    Einen Wimpernschlag später pickte das Huhn wieder nach den Körner.


    "Die heiligen Tiere verkünden den Willen Iuppiters! Die Statio darf erbaut werden. Mehr noch, auf heiligem Grund und Boden dürfen die bewaffneten Truppen stationiert werden", sagte der Augur mit tragender Stimme.

    Für den Göttervater selbst stellte der Besuch dieses Tempels trotz seiner Lage keine andere Anstrengung dar als der Besuch jedes anderen Tempels, denn er musste glücklicherweise nicht den steilen Weg nehmen, den die Sterblichen zu erklimmen hatten. Das hieß aber nicht, dass er nicht um die Mühen des Aufstiegs wusste und umso wohlwollender blickte er auf jene, die diese Mühen auf sich nahmen. Da verzieh er dann auch, dass ihnen der steile Berg nicht nur den Atem, sondern auch die Kreativität geraubt hatte, denn Kopfbedeckungen waren schließlich wirklich leicht zu improvisieren. Aber der Göttervater wollte deshalb nicht gleich zürnen, zumal die Bitte eher leicht zu erfüllen war. So deuteten dann auch alle Anzeichen darauf hin, dass das Opfer angenommen wurde. Und der massive Muskelkater in den Oberschenkeln, der den armen Sterblichen am nächsten Tag heimsuchen würde, lag ganz gewiss nur am steilen Aufstieg und dem nicht minder anstrengenden Abstieg, während die weitere Reise tatsächlich unter dem Schutz des Göttervaters stand.

    Diesmal kam der Göttervater nicht zu spät zum Opfer. Zum einen war die Prozession zum Tempel kaum zu übersehen gewesen und zum anderen waren Opfer an diesem Ort zu dieser Zeit keine Überraschung. Auch das Anliegen war nicht unerwartet, denn göttliche Unterstützung im Wahlkampf wurde häufig erbeten. Umso genauer schaute der Göttervater hin, denn wenn er dem falschen Mann seine Unterstützung zukommen ließe bedeutete das später nur mehr Arbeit mit all denjenigen, die eben jenen Mann angesichts seines Erfolges oder seiner daraus resultierenden Macht zu verfluchen gedachten. Einen beliebten Kandidaten zu unterstützen brachte dagegen überblicherweise nur eine Menge weiterer, angenehmer Dankesopfer mit sich.


    Hier stand nun ein Mann, von dem der Göttervater wusste, dass er nicht unumstritten war. An seiner Pietas bestand dagegen kein Zweifel und auch das Opfer war fehlerfrei und das Opfertier optisch makellos gewesen. Gründe genug also für den Göttervater, die Bitte zu gewähren und das Opfer anzunehmen. Eine Weile spielte er dann noch mit dem Gedanken, dem Zeichendeuter aus Spaß ein besonders rätselhaftes Zeichen zu schicken, verzichtete dann jedoch darauf, um keine unnötigen Komplikationen zu verursachen. Es war schließlich viel los und auch wenn Götter nicht an Raum und Zeit gebunden waren, so konnten sie sich trotzdem nicht ewig mit einem Opfer aufhalten.

    Da man den Göttervater höchstselbst nicht herbeizitieren konnte wie einen schnöden Laufburschen, konnte es schon einmal etwas länger dauern, bis er ein Opfer bemerkte. Dass er diesmal allerdings so dermaßen spät dran war, war selbst Iuppiter etwas peinlich. Andererseits war er genauso wie alle anderen Bewohner des Pantheon weder an Raum noch an Zeit gebunden, so dass auch seine Verspätung göttlichen Ausmaßes für den opfernden Sterblichen bestenfalls einen Wimpernschlag an Wartezeit bedeutete.


    Das Opfer war jedoch jede Minute wert gewesen. Dankopfer waren Iuppiter ohnehin sehr lieb, denn sie waren mit wenig Arbeit verbunden und schmeichelten ihm. Hier war es zwar mit einer Bitte um weiteren Segen verbunden, aber den spendete der Göttervater gerne für jene, die im dankbar opferten. Der Widder würde sein Leben also nicht umsonst geben, sondern mit seinen Innereien die Gunst und Zufriedenheit des Göttervaters bezeugen.

    Der Göttervater erschien und hielt erst einmal inne, um das wohlgeformte Hinterteil der Venus zu betrachten. Hach, immer wieder ein schöner Anblick, dieser Po. Als Iuppiter sich endlich auf die Menschen konzentrierte, zeigte er sich positiv überrascht. Ein junger Tiberius wollte in den Senat einziehen. Das hieß der Göttervater ausdrücklich gut, denn es war bereits einige Zeit her, seit der letzte Tiberius diesen Schritt ernsthaft in Angriff genommen hatte. Erst recht beurteilte Iuppiter es positiv, dass der junge Mann zuvor den Willen der Götter nach uralter Tradition einholte.


    Die konkreten Fragen des Patriziers beantwortete Iuppiter denn auch mit göttlichen Zeichen. Das Streben in den Senat bedachte der Göttervater positiv. Ein Tribunat war ihm gleichgültig, also hinterließ er dazu auch keinerlei Botschaft auf der Leber. Sollte der Patrizier militärische Erfahrung sammeln oder nicht, das konnte Mars bewerten. Die letzte Frage betrachtete Iuppiter mit durchwachsenen Gefühlen. Einerseits mochte er die Gens Tiberia, weil aus ihr in der Vergangenheit viele geschichtsträchtige Männer erwachsen waren. Andererseits verwies Tiberius Caudex selbst deutlich auf diesen Tiberius Verus, der hinsichtlich patrizischer Traditionen bisweilen eine denkbar schlechte Figur abgab. Iuppiter entschied sich deshalb für ein sowohl-als-auch-Zeichen auf der Leber.


    "Also ich für meinen Teil wäre damit fertig", verlautbarte der Göttervater nun in Richtung seiner Mitgötter, die bisher recht unterschiedlich auf den Ruf des Haruspex reagiert hatten.

    "Verstehe.", brummte Iuppiter. Mars' Erklärung zu Victorias Verspätung klang plausibel. Sie alle hatten Verehrer überall in den Reichen der Sterblichen. Da konnte man schonmal vor lauter Anbetung etwas ins Schwitzen kommen. "Stimmt. Man sieht auch viel besser mit Sonnenschein.", schmunzelte der Göttervater dann, nachdem Mars ihn auf den anhaltenden Regen hingewiesen hatte.


    Mit einer beiläufigen Geste seiner Finger schwächte Iuppiter den Regen erst etwas ab und während die Opferschlachter die Tiere ausbluten ließen, brach sogar die Wolkendecke etwas auf. Vereinzelt zeigten sich Sonnenstrahlen, in deren Glanz die noch feuchte Luft glitzerte.


    Iuppiter wandte sich grinsend seinem Kollegen zu. "Zufrieden?"


    Und während der Haruspex unten zur Tat schritt, erschien Victoria an Iuppiters Seite. "Hach je, ist das heute ein Stress. Das Schaf ist meins, ja? Na, das sieht ja ganz ordentlich aus." Sie sah Mars und Iuppiter gut gelaunt an.

    Zitat

    Original von MARS
    "'Tschuldigung", murmelte er in Richtung des ebenfalls anwesenden Göttervaters. "Wo stehen wir? Ich habe noch nichts verpasst, oder?"


    "Ach, bemüßigt sich der Herr auch mal zu seinem eigenen Opfer?", fragte der Göttervater mit leicht kritischem Tonfall. Auf Mars' Frage hin deutete er dann aber gen Opferplatz und meinte schmunzelnd: "Allerdings hast du was verpasst. Nach dem Voropfer erdreistete sich so ein Menschlein, die Zeremonie zu stören. Hat wohl gestohlen und wurde erwischt. Aber der Tribun hat für Ordnung gesorgt."
    Iuppiter zuckte mit den Schultern. "Gerade stechen sie einen Widder zu unseren Ehren ab." Stirnrunzelnd sah er sich daraufhin um. "Hast du Victoria mitgebracht? Ihr ist das Tier ebenfalls geweiht."

    Der Göttervater hatte anfangs mit einer gewissen Neugierde die Anstrengungen der Opfernden Menschlein beobachtet. Bei diesem Nieselwetter war es gewiss eine besondere Herausforderung, göttliche Aufmerksamkeit mit Weihrauch auf sich zu lenken. Der Tribun der Cohortes Urbanae machte seine Sache insgesamt jedoch ordentlich, was Iuppiter mit Wohlwollen betrachtete. Das Voropfer gefiel ihm und auch der Widder, der ihm versprochen wurde, fand seine Zustimmung. Er war also schon kurz davor, die Wolkendecke aufzureißen und einen hoffnungsvollen Sonnenstrahl auf die Opferden herabzusenden.


    Dann allerdings geschah das Undenkbare. Es hatten sich respektlose Irdische in die Menge gemischt, die - ob beabsichtigt oder nicht - den Opferablauf störten. Der Göttervater runzelte erbost die Stirn. Was erdreisteten diese Sterblichen sich? Der Regen verstärkte sich nun wieder merklich. Aber Iuppiter war noch nicht geneigt, den Opferherrn für die Fehltritte dieser anderen Sterblichen zu bestrafen, da die Unruhestifter schnell ergriffen wurden. Wenn die Urbaner sich jetzt nicht ganz dämlich anstellten, wollte er womöglich doch noch die Opfergaben annehmen. Vorerst musste aber wieder Ruhe auf dem Platz einkehren, sonst würde dieser Widder umsonst sterben.

    Ein Opfer an die Trias, ausgeführt durch den Consul, konnte freilich nicht vergehen, ohne dass eben jene Trias anwesend war. Immerhin wurde hier um das Gehör der Götter gebeten, um ihre Gnade und um ihren Schutz. Allzu wortreich fiel diese Bitte allerdings nicht aus, aber der Göttervater kannte ja bereits das Versprechen, dass der Consul ein besonderes Auge auf die Pflicht der Menschen gegenüber den Göttern haben wollte. Da würde er dann genau hinhören, so wie es von ihm erbeten wurde.

    Auch wenn das Opfer nicht für ihn bestimmt war, schaute der Gottvater doch vorbei. Auch wenn er dieser Tage sehr gefragt war – irgendwie war das immer so wenn Wahlen hier in Rom anstanden – fand er dennoch Zeit und Muse um das Opfer zu verfolgen. Gut es war einfach gehalten, aber ihm war der Opferherr als frommer Mann bekannt und so sah er darüber hinweg, dass es hätten schöner ausgeschmückt werden können.


    Er nickte also der Concordia zu, die das Opfer nun auch wohlwollend annahm. Man würde natürlich keinen Makel an den Eingeweiden finden. Und ein leichter Luftzug streichelte die Wange des Senators. Er konnte sich des Wohlwollens der Göttin sicher sein.



    So zogen nun die Götter wieder ihrer Wege...

    Der Göttervater konnte sich über mangelnde Aufmerksamkeit in diesen Tagen wahrlich nicht beklagen. Wenn in Rom die Wahlen vor der Tür standen, wurden eine Menge Männer plötzlich sehr fromm. Wobei einige durchaus auch vorher schon sehr fromm waren und nun Gesellschaft bekamen von jenen, die es sonst eher weniger waren. Der Göttervater betrachtete sie gleichermaßen, denn es war nicht seine Aufgaben darüber zu richten, sondern es war die Aufgabe der Menschen, zu geben, damit ihnen gegeben wurde. Hier wurden ihm und anderen einige Tiere geopfert und Wettkämpfe geweiht. Das war ordentlich dafür, dass er im Gegenzug über sie wachen sollte. Das machte er sowieso mit einem seiner vielen Aspekte, denn als Gott hatte man den Vorzug, nicht nur verschiedene Seiten zu haben, sondern auch viele verschiedenen Aufgaben gleichzeitig erledigen zu können. Und so konnte er dieses Opfer annehmen, während er gleichzeitig woanders schon das nächste verfolgte.

    Dankesopfer nach einer Wahl waren keine Seltenheit, aber deswegen für den Göttervater trotzdem noch lange keine Selbstverständlichkeit. Tatsächlich interessierte er sich sehr dafür, wer seinen politischen Erfolg ganz für sich beanspruchte und wer ihn mit den Göttern teilte. Dass die Claudier heute mit der ganzen Familie zum Opfer erschienen, erregte dabei zusätzlich sein Wohlwollen, denn er wusste nur zu gut, wie schwierig es war, die Familie zusammen zu halten. Die kleineren Fehltritte der jüngeren weiblichen Mitglieder übersah er dabei gnädig, aber ohne besondere Interesse oder Mitgefühl. Sowas war eher Iunos Sache und wenn sie daraus noch etwas machen wollte, dann würde sie das schon tun. Der Göttervater kümmerte sich lieber um das Opfertier und nahm das Opfer an.

    Das Wesen des Göttlichen war so andersartig als die Welt der Sterblichen, dass es für jene praktisch unmöglich war nachzuvollziehen, was genau passierte, nachdem der Herr der Unterwelt den Weg freigegeben hatte, so dass der verstorbene Kaiser in die Reihen der Vergöttlichten aufgenommen werden konnte.


    Man konnte es sich natürlich so vorstellen, dass in einem großen Triclinium der Göttervater selbst gemeinsam mit den Divi Augusti auf bequemen Speisesofas lag und speiste, und nun eben in diesem Augenblick ein weiterer Gast dieses ewigen göttlichen Gastmals den Raum betrat und freudig begrüßt wurde.


    Aber ganz so war es nicht, auch wenn in diesem Augenblick tatsächlich Götter und vergöttlichte Kaiser wohlwollend und freudig auf das Opfer blickten und den Wünschen der Sterblichen Erfüllung gewährten.

    Der Göttervater war im Allgemeinen viel beschäftigt und gefragt, so dass er seine Aufmerksamkeit für verschiedene Opfer und Anliegen durchaus ein wenig einteilen musste und nicht allen gleich viel Aufmerksamkeit schenken konnte. Zwar bedeutete das nicht, dass er nicht auf eine göttliche Art und Weise bei jedem Opfer dabei war, egal zu welcher Zeit und an welchem Ort er dargebracht wurde, aber andererseits erwarteten wohl tausende römische Hausherren beim morgentlichen Opfer am Hausaltar gar nicht dieselbe Aufmerksamkeit wie es ein Magistrat bei einem Staatsopfer tat. Aber neben solchen Angelegenheiten gab es dann auch wieder welche, die der Göttervater besonders gerne beobachtete und eine solche hatte er heute entdeckt. Eine junge Frau hatte sich von ihm leiten lassen, hatte ihre Zeit als Discipula bestanden und gelobte nun, als Aeditua für seinen Tempel sorgen zu wollen. Da war das göttliche Wohlwollen geradezu in der Luft zu greifen, während die Eingeweide betrachtet wurden und der Göttervater sich schon auf einen weiteren gut gepflegten Tempel freute.

    So gefiel es dem Göttervater! Ein Mann zeigte sich in demütiger Dankbarkeit erkenntlich für den bisherigen Schutz durch den höchsten aller Götter, bat um weiter anhaltende Unterstützung und opferte dafür ein weißes Lamm. So geziemte es sich für einen frommen Römer und im Gegenzug für das Versprechen weiterer Opfer gewährte er gerne weiter seinen Schutz. Folglich ließen alle Zeichen nur den Schluss zu, dass er dieses Opfer angenommen hatte.

    Ein göttliches Zeichen wurde verlangt und der Wichtigkeit des Anliegens entsprechend war es der Göttervater persönlich, der dieses zu geben gedachte. Dass der Magister Augurum nicht nur gebrechlich, sondern dem Alter entsprechend auch von getrübter Sehkraft war, machte jene Sache nicht einfacher. Aber der Vogel, der von der gewünschten Seite kommend in Richtung des Palatin flog, war wohl kaum zu übersehen.

    Nicht nur für die Menschen in Rom war es eine ehrenvolle Pflicht, diesem Staatsopfer bezuwohnen. Auch der Göttervater selbst schaute ganz selbstverständlich in Erfüllung seiner vornehmsten Pflicht mit der nötigen Würde und Ernsthaftigkeit auf das Tun an seinen Altären. Denn in der Tat geschah nichts in Rom gegen seinen Willen und niemand änderte den Lauf der Dinge ohne seine Hilfe. Wer es doch tat, dem war kein langer Erfolg und ein bitteres Ende beschieden - so lautete das göttliche Gesetz, das in vielen vergangenen Jahrhunderten in mannigfaltiger Form zu irdischen Gesetzen geworden war, die genau dies sicherstellen sollten.


    Doch während sich die meisten damit begnügten, diesen Gesetzen Folge zu leisten und einige sich anschickten, sie mehr oder weniger weise zu ändern, gab es auch einige, die sich darum bemühten, die Sprache der Götter zu verstehen und jedes Vorhaben darauf zu prüfen, ob es wirklich im Einklang mit dem Willen der Götter stand. Der Göttervater war froh, dass der neue Kaiser offenbar weise genug war, sich der Hilfe eines solchen Gelehrten zu bedienen. So würde sicher weder die spürbar harte Stelle auf der negativen Seite der Leber übersehen oder falsch interpretiert werden, noch der leicht metallische Schimmer auf der gegenüberliegenden Seite, den man nur sah, wenn das Licht richtig fiel. Was der Kaiser aus diesen Botschaften machen würde, würde dann wohl die Zeit zeigen müssen.

    Der Göttervater schaute diesem Opfer aufmerksam zu wie jedem anderen, auch wenn in letzter Zeit besonders viel geopfert wurde. Die Zeiten machten die Menschen wohl besonders opferwillig. Die einen Opfer waren leidenschaftlich vorgetragene Herzenswünsche, die anderen - so wie dieses hier zum Ende der Ludi Plebei - eher Standardopfer, bei denen sich jeder seinen Teil dazu denken konnte, wenn er wollte. Der Göttervater war sich sicher, dass ein Mitglied eines so hohen Collegiums bei anderen Anlässen auch noch zu größeren Leistungen fähig war und nahm das Opfer an.

    So gemütlich, wie es gerade eben ging, wenn das römische Volk Bürgerkrieg spielte und sich auf italischem Boden die Köpfe einschlagen wollte, verfolgte der Göttervater die Zeremonie. Immerhin formvollendet war sie, mit getragenen Worten und passenden Gesten, mit lobenden Hymnen und deutlichen Bitten. Und eben jenen wollte sich Iuppiter nicht verschließen, auch wenn er als Orakelgott tatsächlich weiter schauen konnte, als die Sterblichen es je können würden. So würde dann auch dieses Opfer für den Sterblichen nur mit guten Zeichen enden, denn die Welt hatte wahrlich schon genug Sorgen, um sie mit weiteren Zeichen nicht noch sorgenvoller machen zu müssen.

    Die Einlösung eines Versprechens und dazu gleich ein neues Gelübte - der Göttervater zeigte sich hocherfreut über die großzügige und pflichtbewusste Frömmigkeit dieses Römers. Zwei weiße Ochsen alleine zur Amtseinführung ließen große Erwartungen aufkommen, wie zukünftige Opfer wohl ausfallen würden. Zumindest diese hier waren tatsächlich mit guten Augen ausgesucht und fehlerfrei.