Das Schankmädchen und sein Gegenüber schienen sich wohl schon angefreundet zu haben. Ein Sport, für den er schon seit längerem den Sinn verloren hatte.
"Möge Bacchus uns hold sein, aber Du trinkst mit einem alten Mann, viel vertrage ich so oder so nicht mehr. Das ist löblich, als Soldat sollte man stets einen klaren Kopf haben. Zumindest wenn man Gefahr nicht ausschließen kann. Dieses Glück hatte ich ja grade erst mit Dir und unserem jungen Freund eben!"
Geminus nahm den Becher in Empfang.
"Ich danke Dir. Das wünsche ich mir auch. Wobei Du hier einen Politiker erwischt hast und möglicherweise könntest Du dem Zuhören bald überdrüssig werden. Prosit!"
Sprachs, lachte und trank.
"Der Wein ist ganz gut. Scheint mir ein junger Caecuber oder Lucaner zu sein. Genau, in der Truppe bewährt sich das System des Befehlshabers sein unendlichen Zeiten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis dies auf den Staat als ganzes überging, wenn Du mich fragst. Es gibt einige große Vorteile in diesem System. Einer entshceidet, wie Du sagst, man muss nur einen überzeugen oder nur auf einen hören. Was dieser sagt gilt und kann sofort umgesetzt werden. Man verliert nicht unnötig Zeit. daher ist es im Heer ja so, man braucht schnelle Order, nicht lange Diskussion. Warum sollte der Staat diese Zeit haben? Und nicht ebenso schnell und effizient funktionieren. Ein Mann, ein Wort, das ist der Kernvorteil."
Geminus entschied sich, vielleicht sich durch den Wein auf Milde berufbarmachend, zu dem spitzen Gegenpart.
"... jedoch bringt dies auch Probleme mit sich. Der Staat funktioniert vortrefflich, wenn der Lenker an der Spitze der beste Mann ist. Keine Zeit geht verloren und seine heilsamen Entscheidungen kommen ungebrochen zur Geltung. Doch wie finde ich diesen Mann? Und wer sollte das Recht dazu haben, diesen zu finden und zu küren? Wäre es noch der beste Mann, wenn es eine Institution gäbe, die dies dürfte? Sie ständen unter kolossalem Druck von außen und innen und welche Kriterien auch gefunden wären, es wäre schwer für sie, diese neutral anzuwenden. Um nicht zu sagen unmöglich. Und was wäre, wenn der Mann an der Spitze nicht mehr der beste Mann wäre, sonderen es einen bessseren gäbe? Wäre der Aktuelle mit all seiner Macht je bereit den Neuen zuzulassen und seinen Platz zu räumen? Diese Stärke, so es eine wäre, hätten nicht viele. Und was wäre, wenn, wie auch immer, jemand diese Stelle erlangt hätte, der ungeeignet dafür ist? Fragt sich wieder, wer und wie man das wieder ändern könnte."
Geminus trank erneut, sah den Gardisten unauffällig über den Becherrand aber genau an. So konnte er im besten Fall gleich zwei Fragen klären. Zum einen, ob der Iulier blinder Befehlsempfänger war, denn Titus Worte waren waren äußerst kühn gewesen, oder ob er grundsätzlich einen freien Geist hatte. Weiter
erfuhr er eventuell etwas über die Loyalitäten des Mannes. Stand er loyal zum Kaiser, wer immer das war und wie er dazu kam, oder hatte er ein Gewissen.
"Wie dem auch sei, Du siehst, dass in einem solchen, zwar denkbaren Ablauf, viel zu viele Ungewissheiten und gar einige Unmöglichkeiten stecken. Daher ist unser System wohl noch das aussichtsreichste. Wir haben einen Kaiser, der uns gut regiert und überlassen diesem bewiesenermaßen guten Anführer selbst die Wahl des nächsten nach ihm und den Zeitpunkt, wann dies soweit ist. Ob er diesen nun selber zeugt und in seinem Geiste erzieht oder von außen erwählt."
Waffen erhalten den Frieden, dem war so. Waffen konnten aber auch den Willen erhalten. Dessen, der sie hatte und kontrollierte.