Beiträge von Narrator Aegypti

    Hier entwickelte sich offensichtlich kein flüssiges Gespräch, weswegen sich der Gymnasiarchos darauf beschränkte, seine notwendigste Arbeit zu tun. Die Rhomäer konnte er allesamt eigentlich eher weniger leiden, aber man musste eben mit ihnen auskommen. Auch wenn sie sich nicht einmal Mühe gaben, sondern wie immer so... so... knapp waren. Zackig. Militärisch. Barbarisch.
    Kapaneos vermerkte also die Namen auf einer Tabula, um sie später ins Archiv übertragen zu können.
    “Gut, dann sei dir hiermit die Ehrenbürgerschaft der Stadt Alexandria verliehen, die dich dazu berechtigt, in der Ekklesia zu sprechen, dich wählen zu lassen und am Museion zu studieren. Eine entsprechende Urkunde werde ich anfertigen lassen.“

    http://imperiumromanum.net/ima…/ava_galerie/General7.jpgEs dauerte nicht lange, da hatte sich der Stab der Legio XXII Deiotariana im Officium ihres Praefectus Castrorum zusammengefunden. Schnell war beschlossen, dass keiner der Offiziere eigenständig das Kommando über die komplette Legion übernehmen wollte oder durfte. Deshalb wandte man sich schließlich an den Praefectus der Legio XXIII Cyrenaica Servius Icilius Receptus. Dieser war bestürzt über den Tod seines Kollegen, erkannte das Problem jedoch sofort und erklärte sich auch sogleich bereit das Kommando interimistisch zu übernehmen. Allerdings würde er ein Kom mu ni qué an den Praefectus Aegypti schicken, um weitere Anweisungen zu erbitten.


    "Meine Herren, wir sind uns also einig. Geht zurück an eure Arbeit. Sobald der Leichnam der Artoriers hier eingetroffen ist, wird die XXII. zu seinem letzten Appell antreten."


    Damit war die kurze Zusammenkunft auch gleich wieder beendet. Nachdem noch einige organisatorische Fragen geklärt wurden, gingen die Offiziere zurück auf ihre Posten, um den Männern die Todesnachricht zu verkünden.


    Bereits orange gefärbt stand die Sonne tief im Westen. Glitzern spiegelte sich ihr Licht auf den Wellenkämmen der See. Eine schlanke Trireme durchschnitt das dunkle Wasser in schneller Fahrt. Es war die „Alexander“, dass stolze Flaggschiff der Classis Alexandrina. Ein frischer Wind aus Nordost blähte ihre beiden Segel und 170 Ruderer stemmten sich in die Riemen.
    Sie kam aus Raphia im südlichen Iudaea. Eine Patrouillenfahrt entlang der Küste hatte sie dorthin geführt. Doch jetzt befand sich das Schiff auf der Heimreise nach Alexandria, zum Stützpunkt der Classis. Kaum 15 Meilen waren es noch bis dorthin, doch die Nacht kam rasch und schneller als selbst die „Alexander“ fahren konnte.
    Ihr Befehlshaber, der Nauarchus, ärgerte sich, hatte er doch mit der Abendsonne an der Navalia im Megas Limen, dem Großen Hafen von Alexandria festmachen wollen. Das wäre ein feines Stück Seemannskunst gewesen, so zeitig von dieser Fahrt zurück zu sein.
    Das war misslungen. In der Dunkelheit konnte kein Schiff diese tückischen Gewässer befahren. Also befahl er, den Hafen von Herakleion an der Mündung des kanopischen Nilarms anzulaufen. Er kannte die Einfahrt, wusste um die Gefahren, die kleinen Inseln, die hier aus dem Meer ragten. Er wusste von den Untiefen. Der mächtige Nilus schwemmte an dieser Stelle Unmengen von Sand und Schlamm ins Meer. Wo am einen Tag noch freies Fahrwasser war, konnte am nächsten schon der geriffelte, von Wellen umspülte Rücken einer Sandbank lauern.
    Aber er kannte den Weg, war schon unzählige Male in Herakleion eingelaufen und konnte vor sich bereits die alte Hafenstadt erkennen, sah, wie sie sich, auf mehrere Inseln verteilt, aus dem Abenddunst herausschälte.
    Es drängte ihn, die Schmach der verpassten, pünktlichen Rückkehr vergessen zu machen. Er ließ weder die Segel einholen, noch den Takt der Ruder verringern. Er kannte die Gewässer doch und hatte er nicht einen Mann am Bug postiert, der mit lautem Ruf vor seichten Stellen warnen sollte?
    Doch die Sonne stand tief im Westen und glitzern spiegelte sich ihr Licht auf den Wellenkämmen der See. Als der Mann rief, war es schon zu spät. Ein Knirschen kündigte das Unheil an, ein Ruck, der durch das ganze Schiff lief, machte es gewiss.
    Den Nauarchus traf der plötzliche Schlag unvorbereitet. Er stolperte nach vorn, stürzte, rappelte sich wieder auf und war umso beschämter, als er in das fassungslose Gesicht des Gubernators blickte.
    Er sah auf das Deck vor sich. Ein heilloses Durcheinander war ausgebrochen. Warum tat denn niemand etwas? Alles lief wild durcheinander. Endlich fasste er sich und brüllte seine Befehle. Die Segel einholen – schnell! Die Ruder: zurückstoßen! Aber kaum gerufen, fing das große Rahsegel auch schon eine Bö ein, die das Schiff weiter nach vorn schob. Wieder knirschte es und diesmal kam ein Bersten und Brechen hinzu, als die Planken unter dem gewaltigen Druck nachgaben, dass Holz brach und die Fugen aufplatzten.
    Das Schiff lag fest. Unten drang Wasser ein. Die Ruderer mühten sich, doch es bewegte sich keine Handbreit.
    Warum waren die Segel noch immer nicht eingeholt? Wieder ein Windstoß der die „Alexander“ diesmal backbords auf die Seite drückte. Ruder brachen und manch armer Nauta wurde vom zurückschnellenden Riemen hart getroffen. Diesmal barsten nicht nur Planken sondern auch Knochen und in das eindringende Wasser mischte sich das Rot von Blut.
    Schmerzensschreie gellten, panische Rufe, die Ersten hielt es nicht mehr auf ihren Posten. Die Öffnungen der tiefsten Ruderreihe lagen an Backbord unter der Wasserlinie. Die See drang unerbittlich ein, dass Schiff lief voll.
    Immer zahlreicher sprangen die Männer von Bord. Glücklich die, die schwimmen konnten, unglücklich die anderen. In stummen Entsetzen starrte der Nauarchus auf das Chaos, unfähig, auch nur einen Schritt zu tun. Es war der Gubernator, der ihn schließlich am Ärmel fasste und vom Schiff zerrte, das unrettbar verloren war.
    Manch guten Mann holte Neptunus an diesem Tag in sein nasses Reich. Doch viele schafften es ans nahe, ans rettende Ufer. Der Nauarchus auch.
    Als die Sonne am nächsten Morgen im Osten wiederkehrte und sich ihr Licht diesmal fahl auf den Wellenkämmen der See spiegelte, konnte er von dort aus sein Schiff sehen. Der große Mast war gefallen, der Rumpf lag noch weiter auf der Seite. Schon bald würden Wind und Wellen die Reste der einst stolzen Trireme gänzlich in Stücke reißen und zermalen. Dann blieb nichts von der „Alexander“, nur eine dunkel schwärende Erinnerung.

    Sim-Off:

    Entschuldige die lange Wartezeit


    Gänzlich generös winkte Kapaneos den Dank selbstverständlich freundlich ab. “Mit gebildeten Menschen in gebildeter Sprache zu parlieren ist stets Freude und niemals Zeitverschwendung.“


    Daraufhin lehnte er sich auf seinem Stuhl bequem zurück, faltete gar die Hände leicht väterlich über dem Bauch und hörte sich die Ausführungen des Verginius an, nickte bisweilen zu dem ein oder anderen Wort oder zeigte mit seinem Gesichtsausdruck ehrliches Interesse. Er machte bei weitem nicht den Eindruck, als würde er diese Unterhaltung nicht zu schätzen wissen. Vor allem, dass es einen neuen Basileos geben sollte, machte ihn hierbei neugierig.
    “Dergleichen ist noch nicht zu mir vorgedrungen, aber es lässt hoffen, dass der Hafen baldigst wieder geöffnet werden wird und wir so unsere Freundschaft mit Rom durch unsere Handelstätigkeiten erneut beweisen können.“ Es würde vieles in der Stadt definitiv vereinfachen, wenn der Handel wieder gänzlich lief.
    “Solch ein freudiges Ereignis wird dann sicherlich ähnlich wie das Neujahrsfest zur Nilschwemme begrüßt werden. Und wohl ebenso freudig und kunstreich.
    Du könntest, sollte es bis dahin noch nicht von sich aus beschlossen sein und so sich die Gerüchte tatsächlich bewahrheiten, als neuer Bürger diesbezüglich natürlich auch nützlich machen und selbigen Vorschlag dem Pyrthaneion und der Ekklesia antragen. Denn ja, dies ist eine deiner Pflichten: Zu wählen und durch die freie Demokratie dieser Stadt zu ihrer Größe zu verhelfen, ihre Freiheit und Unabhängigkeit zu verteidigen und durch freie Rede und Vergrößerung des Wissens dem Gemeinwohl zu dienen. Wenn du also deine Fähigkeiten einsetzt, um eine solche Feier auf mehr Schultern zu verteilen und deine Fähigkeiten entsprechend einsetzt, dienst du damit dem Ruhm dieser Stadt und der Erneuerung unserer Freundschaft mit dem göttlichen Basileos.


    Du siehst, deine Pflichten können sich in vielfältiger Weise zeigen. Allerdings muss ich dir hierfür die nötigen Rechte noch verleihen.
    Um dies zu tun benötige ich den Namen deiner Eltern für unsere Bürgerlisten, ebenso wie deinen Wohnort innerhalb Alexandrias. Nach der Eintragung hast du dann das recht, vor der Volksversammlung zu sprechen, dich wählen zu lassen, und am Museion zu studieren.“


    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    Hiermit ernenne ich den Civis
    AULUS HELVETIUS TURPIO
    mit Wirkung vom
    ANTE DIEM VIII KAL IUL DCCCLXIII A.U.C.
    (24.6.2013/110 n.Chr.)
    zum
    TIRO
    der
    LEGIO XXII DEIOTARIANA


    TIBERIUS CRITONIUS PLANTA

    Na, das war doch mal jemand, der sich wie ein gebildeter Mensch auszudrücken vermochte! Der Gesichtsausdruck des Gymnasiarchos wurde gleich etwas weniger angestrengt und schon beinahe als huldvoll zu bezeichnen.
    “Chaire. Mein Name ist Kapaneos Thebaios. Setz dich doch, während wir über die Proxenie dieser unserer höchstverehrten Stadt sprechen und deinen Möglichkeiten, hierzu etwas beizutragen“, antwortete er also auch ein wenig ausschweifender und räumte die letzten Tafeln noch ein wenig mehr beiseite.
    “In seiner göttlichen Weisheit hat der Basileos verfügt, dass die Ehrenbürgerschaft Alexandrias allen Bürgern des rhomäischen Reiches zugestanden werden soll. Auch wenn wir noch auf seine nächste, göttliche Inkarnation warten, haben seine Gebote für uns selbstverständlich weiterhin ihren Bestand. Ich hoffe, du bist dir der Pflichten, die mit diesem Stand als Bürger dieser Stadt einhergehen, ebenso gewahr wie der Rechte, die die Proxenie für dich beinhaltet?“

    Sim-Off:

    Huch, übersehen


    Irgendwie hatte Kapaneos sich das ganze ruhiger vorgestellt, aber im Moment wurden die Tabula-Türme auf seinem Tisch immer höher. Und er war noch immer nicht ganz durch die Unterlagen seines Vorgängers durchgestiegen.
    Und so saß er etwas verloren über seine Listen gebeugt, als es erneut anklopfte. Geräuschvoll atmete er einmal aus, ließ die Luft mit einem langgezogenen Puuuuuh aus seinen Lungen strömen und legte eine ihm doch sehr kryptisch erscheinende Liste mit Männern, die nicht einmal ansatzweise die Ephebia abgelegt hatten, beiseite.
    “Empros!“ bat er also den Klopfer herein und hoffte, dass der ihm weniger Kopfschmerzen verursachen würde.

    “Und ich bin Kapaneos Thebaios. Setz dich doch, Flavios Dekster“ antwortete der Mann freundlich in einem deutlich vom Koine beeinflussten Attisch und kramte in seinen Listen herum.
    “Der göttliche Basileos hat vor langer Zeit verfügt, dass alle römischen Bürger in Alexandria Ehrenbürgerrechte erhalten sollen. Ich entnehme deinen Worten, dass du römischer Bürger bist?“ Kapaneos hatte keine Ahnung, wer oder was die Flavier waren. Vor einiger Zeit hatte mal ein kranker Mann in der Nähe von Alexandria gewohnt, der soweit der Gymnasiarchos sich erinnerte, ebenfalls diesen Namen getragen hatte und der vom damaligen Kosmetes Anthimos Bantotakis gesund gepflegt worden war. Aber vielleicht verwechselte er da auch etwas, daher fragte er lieber einmal nach.
    “Wenn ja, bräuchte ich für die Liste einmal den Namen deines Vaters und deinen Wohnort innerhalb von Alexandria. Danach erhältst du dann das Recht eines alexandrinischen Bürgers. Das heißt, du darfst dich auf deine rechte als Bürger der Stadt berufen und in der Volksversammlung sprechen. Solltest du das Vertrauen der Menschen hier gewinnen, kannst du auch eines Tages ein Amt bekleiden. Oder eben im Museion studieren.“

    Nach den kürzlich erfolgten Neuwahlen hatte der neu gewählte Gymnasiarchos Kapaneos Thebaios kurzerhand die Stege seines Vorgängers so übernommen und sich soweit häuslich darin eingerichtet, dass er arbeiten konnte. Viel zu tun war noch nicht gewesen. Bislang hatte er sich fast hauptsächlich darauf beschränkt, die Listen seines Vorgängers zu sichten und zu kontrollieren und sich mit den Eltern des einen oder anderen jungen Burschen zu unterhalten, der hier am Gymnasion die wichtigsten Grundsätze der Polis lernen sollte.


    Also hatte er auch gerade doch recht viel Zeit, als es an seiner Türe klopfte, und er mit einem lauten “Empros“ herein bat. Einer seiner Schreiberlinge steckte auch schon den Kopf herein und meinte, ein Rhomäer wolle ihn wegen der Proxenie sprechen. “Dann bring ihn herein“, meinte Kapaneos noch zu dem kleinen Angestellten und harrte der Dinge, die da kommen mochten.

    So nach und nach meldeten sich Männer stellten sich für höhere oder auch niedrigere Ämter vor oder wurden von ihren Anhängern unter tosendem Applaus von der einen, mürrischem Gemurmel von der anderen Hälfte des Saales vorgeschlagen. Der Eponminatorgraphos versuchte noch, so weit als Möglich die Ordnung in das Chaos zu bringen, die Reihenfolge für die Ämter festzulegen, die gewählt wurden, damit die Bürger nicht gleich beim höchsten Amt anfingen, ehe die niedrigeren besetzt waren.
    Sehr zu seinem Unmut schaffte es der junge und bereits bei den letzten Sitzungen auffällig gewordene Philetos Chatidakis es, sich zum Eutheniarchos der Stadt wählen zu lassen. Seine Anhänger hatten ihn zwar als Strategos vorgeschlagen, aber auf einen geschickten, kleinen Wink hin hatte einer der Anhänger des Eponminatographos dafür gesorgt, das abzuschmettern. Da aber klar war, dass der junge Unruhestifter in irgend ein Amt gewählt worden wäre, schaffte der Mann es, dass man Philetos Chatidakis dieses etwas weniger Unruhe-Potential beinhaltende Amt zuzuschustern.
    Schließlich waren alle Ämter gewählt worden, der Eponminatographos in seinem sogar bestätigt worden, so dass er im Grunde hätte zufrieden sein können. Würde er sich nicht in sämtlichen Pyrtanie-Sitzungen nun mit diesem einen Querkopf rumschlagen müssen!
    Aber gut, so war das Leben eben in Alexandria. Nun konnten sie die weiteren Punkte besprechen, die den Bürgern auf dem Herzen lagen, allen Voran natürlich der ausbleibende Handel und die Schwierigkeiten, die die Karawanen auf dem Landweg zu bewältigen hatten.

    Nach und nach füllte sich das Theatron, als die Ekklesia der Stadt Alexandria zusammentrat. Jeder stimmberechtigte Bürger durfte hier erscheinen und später seine Stimme abgeben, und so waren nach nicht langer Zeit die besten Plätze auch schon vergeben. Natürlich hielt man für die Ehrenbürger, die hohe Ämter in der Stadt innegehabt hatten, die vorderen Reihen frei, aber dahinter gab es schon bald ein dichtes Drängen und Quetschen, lautes Stimmengewirr und die ein oder andere deftige Beleidigung, wenn wieder jemand einem Nachbarn auf den Chiton getreten war.


    [Blockierte Grafik: http://img96.imageshack.us/img96/8744/epinmitanographos.png]


    “Ruhe bitte. Bitte... setzt euch und seid ruhig“ versuchte der Eponminatographos wieder Ordnung in das Chaos zu bringen, aber wie jedes Mal blieb er ungehört, bis einer der Nubier mit einem lauten ““Der Eponminatographos fordert RUHE!“ über die viele Stimmen hinwegbrüllte und sich nach und nach alle setzten.


    “Danke“ begann also der alte Eponminatographos damit die Ekklesia. “Wir haben heute einige Punkte wieder zu besprechen und zu beschließen, wovon der Erste...“
    “WAHLEN!“
    “Ja, auch Wahlen, aber geduldet euch erst noch. Also, wir werden nach den Sitten und Gebräuchen unserer Vorväter auch Wahlen abhalten, die alten Amtsinhaber aus ihren Ämtern entlassen und die neuen begrüßen, auf dass sie dann beim Eparchos der Römer unser Bündnis mit dem heiligen Basileos erneuern.
    Aber zunächst gibt es noch Neuigkeiten zu verkünden! Offenbar war unser geliebter Basileos bislang siegreich und ist in Italia gelandet. Es ist also nur mehr eine frage der Zeit, bis die Blockade um unsere geliebte Stadt aufgehoben werden wird und der Handel wieder zu seiner alten Größe erblühen kann. Daher bitte ich euch, bei eurer Entscheidung nicht zu voreilig zu sein und eure von den Göttern gegebene Vernunft zu benutzen. Seid geduldig, meine Mitbürger, und vor allen Dingen besonnen.“

    Das aufkeimende Gemurmel ließ nicht unbedingt darauf schließen, dass die Bürger der Stadt besonnen sein würden. Man hatte genug vom Krieg und der Belagerung. Viele Stimmen waren laut geworden, dass man doch einfach einen eigenen Frieden schließen solle mit den Belagerern, so dass der Handel wieder vonstatten gehen konnte und die Märkte sich neu füllten. Und es gab auch mehr und mehr Stimmen, die sich ganz vom Römischen Reich lossagen wollte und den Handel damit im Osten weiter aufnehmen wollte, mit dem großen Partherreich, und später auch mit den Römern, aber als wieder eigenständige Nation. Und je länger dieser Krieg und der damit verbundene Unmut andauerte, umso größer wurde diese Partei in der Bevölkerung.


    Bevor also jene Gruppen ihre Stimmen jetzt erheben konnten, fuhr der Eponminatographos auch schon fort. “Desweiteren ist der hochverehrte Sosimos von Korinth gestorben. Seine Beisetzung wird feierlich mit allen Ehrungen dieser Stadt in vier Tagen stattfinden. Er hat keine Familie, die er hinterlässt, Kondolenz ist an das Museion zu richten, das er stets als seine Familie gesehen hat. Wir betrauern alle den Verlust eines so großen Mannes und haben daher noch als letzte Amtshandlung beschlossen, an seiner Beerdigung ein großes Opfer zu bringen an die Götter der Unterwelt, sofern die Ekklesia dem zustimmt.“
    Hierfür die Zustimmung zu erhalten war nicht weiter schwierig. Sosimos hatte lange Jahre der Stadt tadellos gedient, war beliebt gewesen und nicht zuletzt war sein Alter so hoch, dass es schon fast ein wunder war und wirklich jeder Bürger den alten Philosophen kannte.


    Nachdem die Frage der Beerdigung dann geklärt war, folgte auch danach die Abstimmung über neue Magistrate, zu der der Eponminatographos dann aufrief. “Wer sich berufen fühlt, ein Amt auszuüben, der möge sich jetzt hierfür vorstellen und zur Wahl stellen!“


    Hört, Alexandriner!


    Im Namen des alexandrinischen Volkes wird verkündet: Alle Bürger der Stadt Alexandria sind aufgerufen sich am
    ANTE DIEM III ID MAI DCCCLXIII A.U.C. (13.5.2013/110 n.Chr.) im Theatron zur


    EKKLESIA


    zu versammeln um nach alter hellenischer Sitte und Brauch in Autarkie, Autonomie und Demokratie über die Geschicke ihrer Polis zu entscheiden. Insbesondere sind Neuwahlen angesetzt.


    Das Prytaneion.


    Wie bereits festgestellt, war Alexandria eine Handelsstadt. Die sehr darunter litt, dass der Seehandel, der den größten Teil des gesamten Handelsgeschäftes ausmachte, vollständig ausblieb. Die Speicher der Stadt barsten bald vor Korn und sein Preis fiel ins Bodenlose, die Karawanen aus dem Süden und dem Osten konnten ihre Sachen hier bestenfalls in den Lagerhäusern unterbringen, aber nicht wie gewohnt weiterverkaufen, so dass auch diese nach einiger Zeit gefüllt waren. Alexandria hatte im wahrsten Sinne des Wortes Luxusprobleme.
    Auf der anderen Seite war es so auch nichts ungewöhnliches, wenn dennoch Karawanen nach wie vor ankamen. Sie kamen einfach IMMER an. Jeden Tag. Und auch diese hier wurde nur – natürlich in Koine – knapp bei der rudimentären Durchsuchung mitgeteilt, dass die Speicher der Stadt voll waren und große Geschäfte momentan nicht zu erwarten waren, ehe man sie durchwinkte.

    Den morgendlichen Andrang an Leuten konnte man kaum so genau kontrollieren, wie es eigentlich dieser Zeit nötig wäre. Die Wachen der Stadt Alexandria pickten zwar immer wieder mal jemanden aus der Menge heraus, um ihn genauer zu untersuchen, fragten den einen oder anderen, woher er kam und was er wollte, aber angesichts der Menge an Leuten war das für alle schlicht nicht durchzusetzen.
    Da brachte es die angesprochene Stadtwache fast ein wenig aus dem Konzept, dass sie von jemandem mitten in diesem Gewirr an Menschen angesprochen wurde, anstatt dass der Mann froh war, nicht rausgepickt worden zu sein. Die meisten Leute, vornehmlich Händler, wollten nur möglichst rasch in die Stadt gelangen.
    “Keinen Bekannten, bei dem du schlafen kannst?“ Immerhin war das die durchaus üblichste Art, in einer fremden Stadt unterzukommen. “Wenn's billig sein soll, such irgendwas in Rhakotis, in der nähe des Serapistempels. Da haben die meisten Gastwirte noch ein bisschen Anstand. Am Hafen oder im Delta würd ich nicht schlafen. Wenn's ein bisschen sicherer sein soll, geh den Meson Pedion einfach grade runter bis nach dem Gymnasion, und frag da dann nochmal nach dem Kapeleion Archaon, das gehört dem Gymnasiarchos.“ Der auch mal der Strategos war und dafür gesorgt hatte, dass die Stadtwache seinerzeit vergrößert wurde, weshalb dieser spezielle Wachmann heute hier stehen und Tipps verteilen konnte. Und in dem Fall natürlich dem Mann gedachte, der ihn eingestellt hatte.

    Das Castellum der Cohors II Cornelia Aegyptorum ist ein Produkt der Befestigung des Nildeltas, die im Zuge des herannahenden Bürgerkrieges im Jahr 109 n.Chr. von den Führenden Männern der Provinz Aegyptus in Gang gesetzt worden war.


    Das Castellum liegt nur wenige Stadien nördlich von der freien griechischen Polis Saïs entfernt. Das Lager ist nach römischem Standardmuster errichtet und weist keinerlei Besonderheiten auf. Entlang zweier befestigter Kieswege erstrecken sich von hier aus Wachtürme in regelmäßigen Abstränden bis zur Küste, so dass bei Feindsichtung schnellstmöglich Meldung ans Castell gemacht werden kann. Zu diesem Zweck werden nicht nur Meldereiter losgeschickt, sondern es kann auch per Lichtsignal Alarm geschlagen werden, wie es auch am germanischen oder mauretanischen Limes der Fall ist.


    Einige Stadien östlich von hier befindet sich im Übrigen das ebenfalls neu errichtete Standlager der Cohors III Annaea Aegyptorum.

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    "Achja, altklug bist du also auch noch", stellte Gelon etwas milder fest. Dass der Miles jetzt tatsächlich freiwillig seine Rechnung und den Dirnenlohn beglich und dazu auch noch was drauflegte, stimmte den Wirt wieder fröhlich. "Na gut, ich hoffe trotzdem es hat dir gefallen, ja? Komm doch demnächst öfter vorbei, Iotape freut sich schon auf deinen nächsten Besuch." Genau wie mein Geldbeutel, dachte Gelon und grinste feist. "Wie heißt du eigentlich, Miles?" Er hatte den jungen Burschen mittlerweile losgelassen, war ja nun egal ob er weglief oder nicht. Gezahlt ist gezahlt.

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    "HE BURSCHE", brüllte Gelon, als der Eques sich plötzlich aus dem Staub machen wollte. Er wetzte hinter dem jungen Mann her und packte ihn mit seiner Pranke am Schlaffitchen. "Ich krieg' noch Kohle von dir, schon vergessen?" Gelon hatte den Zechpreller argwöhnisch fixiert. Der kam ihm so schnell nicht davon.

    http://imperiumromanum.net/ima…/ava_galerie/General7.jpg
    Auch der Praefectus Legionis der XXIII Cyrenaica Servius Icilius Receptus erreichte mit seinem Gefolge den Campus und betrat ein Podest, auf dem bereits Artorius Reatinus und einige andere Offiziere ihren Platz eingenommen hatten. Der Kommandeur nickte den anderen Männern zu, warf einen stolzen Blick über die versammelten Legionen und nickte dann dem Artorius noch einmal gesondert zu zum Zeichen dafür, dass dieser nun seine Worte an die Milites richten konnte.