Beiträge von Iustinus Apologeta

    Es klopfte an der Tür. Außer mir war keiner der Brüder im Haus. So ging ich zur Tür und öffnete sie.


    Beinahe hätte ich sie wieder zu geschlagen, doch die Vernunft war größer als die Angst, die mir dieser Prätorianer einflößte, so dass ich ihn begrüßte, indem ich sprach:


    "Salve! Was wünscht Ihr?"

    Heute kam es mir zum ersten Mal zu den Schwestern und Brüdern eine Stelle aus den Schriften zu deuten. Man gab mir eine der Preisungen Davids, in der es heißt: Der Herr ist mein Hirte. Ich war natürlich aufgeregt. Eine Diskussion über die Philosophen war eine Sache, dies aber eine andere. Ich versuchte still zu werden und mich auf die Schrift zu konzentrieren. Dann erhob ich mich und sagte mit langsam immer fester werdender Stimme:


    "Brüder! Wir sind heute, am ersten Tag der Woche hier zusammengekommen, um den Tod und die Auferstehung Jesu des Herrn zu feiern, in die wir alle durch die Taufe mithineingenommen sind. Warum aber ist der Herr diesen Weg gegangen? Für uns und unsere Erlösung, denn er war nicht der angedungene Knecht, der beim ersten Heulen eines Wolfes die Herde verlässt, sondern er war und ist der gute Hirt, von dem schon David schreibt, er lässt uns ruhen auf grünen Auen. Er gibt sein Leben hin für die Schafe und gibt ihne grüne Auen als Weide. Diese Weide aber ist das Brot, das wir miteinander teilen - sein Leib, den er uns anvertraut - und der Wein, den wir trinken - sein kostbares Blut. Er selbst ist die Tür durch die wir eintreten in den Ruheplätze am Wasser, das die Taufe ist. Er labt uns und wir müssen uns nicht mehr fürchten, denn Er ist bei uns. Er deckt uns immer wieder diesen Tisch, sind wir auch umzingelt von unseren Feinden und lässt und im Hause seines und unseres Vater wohnen für lange Zeit. Amen, ja: Amen."

    Sim-Off:

    Meine Thesen sind übrigens zeitgenössisch von der Transzendenz des Göttlichen, wie sie u.a. im Mittelplatonismus vertreten wird, her zu sehen.


    "Meine Frage ist vielmehr was Religion ist, aber es ist mir nicht erlaubt diese so direkt zu diskutieren, daher ist die Frage zu bevorzugen, ob sich das, was man gemeinhin die Idee des Guten nennt in einem Satz mit solchen Vergnüglichkeiten wie den Rennen - was ich noch nicht absolut verneinen möchte - und noch mehr mit factio-politischen Ambitionen vereinbaren lässt. Letzteres scheint mir doch sehr schwierig. Womit ich mich nicht gegen die politischen Dinge oder Verhältnisse äußern möchte, sondern nur dagegen, dass hier Ambitionen betrieben werden.

    "Du scheinst zu vergessen, dass eben gerade das Gute in der Urbild-Abbild-Entsprechung der Dinge zu seine Idee liegt. Verhält sich ein Mensch konform zur Idee des Menschseins handelt er gut, wenn nicht dann handelt er schlecht. Die Idee des Menschen ist nun aber die Idee des Guten zu erkennen. Gerechtigkeit aber ist nur das jeder so behandelt wird, wie es ihm zusteht, also eine von der Idee des Guten abgeleitete Idee, welche nämlich die höchste und fundamentalste aller Ideen ist."

    "Für mich ist es vielmehr deutlich, dass das Gute das Gerechte ist. Logisch vorgängig zur Gerechtigkeit muss das Gute sein, denn schließlich streckt der Mensch sich ja nach der Glückseligkeit aus, die aber durch ein gerechtes Leben nicht erreicht wird, sondern nur wenn wir das Gute tun. Das Gute schließt dabei das Gerechte im Letzten sogar mit ein, während wir Menschen sehen, die zwar allen Maßgaben der Gerechtigkeit nach handeln, aber dennoch nicht gut handeln. Also muss das Gute das Fundament der Moral sein!"

    So, so, dachte ich bei mir, hier scheint jemand zu sein, der mit wachen Augen durch Roma läuft. Daher erhob ich meine Stimme:


    "Was ist denn das fundamentum der Moral, die Du einforderst, verehrter griechischer Freund? Das Gute oder das Gerechte?"

    "Ich diskutiere nur über die Vernunft und nicht über den Glauben. Und da wird es wohl kein Gesetz geben, welches das verbietet.",


    sagte ich - nicht ohne Süffisanz und fuhr dann fort:


    "Aber wahrscheinlich habt Ihr recht ich solte mich nicht zu lange an diesem Ort aufhalten..",


    machte flugs eine kleine Andeutung einer Verneigung und wandte mich zum Gehen.

    Es trat noch jemand zu uns, den ich aufgrund seines Auftretens und der Autorität, die aus seiner Stimme sprach, als einen höheren Priester einschätzte. Vielleicht kein flamen, aber dennoch ein wichtiger Mann. Jetzt kam es darauf an...


    Werter Herr, ich erlaubte mir einen Eurer Priester anzusprechen und ihn zu fragen, ob es hier - wie in Athen - einen Tempel für den IGNOTO DEO gebe. Als er mir dies verneinte, habe ich wohl etwas vorlaut gesagt, dass ich Euch Römern diese Weisheit zu getraut hätte, dass Gott uns immer unbekannt ist, dass er von der Welt unendlich getrennt ist. Aber er wollte mich nicht anhören, sondern als ich nur sagte, dass ich geglaubt hatte, dass die Römer auf der Suche nach der Weisheit sind, wollte mir dieser die Zunge entfernen. Aber ich habe meine Zunge ja noch, dank sei Gott, so dass ich mit Euch sprechen kann.

    Es war wieder der erste Tag der Woche und wir kamen zusammen, um das Brot zu brechen und die Geschichte von unserem Herrn zu hören und seinen Tod und seine Auferstehung zu feiern.


    Wir hatten gehört, dass Evaristus der angesehenste Episkopos der Gemeinden hier in Roma nach einer Zeit, in der wir nichts von ihm gehört hatten wieder vor den Toren Roms steht. Dafür dankten wir dem Herrn.

    Bei mir denkend fiel mir auf, wenn schon solch geringe Bemerkungen ein Frevel an Apoll sind, dann wird es hier in Roma wohl keine Philosophen mehr geben, jedenfalls keine die noch ihre Zungen hätten. Wenn ich also die meinige noch behalten möchte - an der ich freilich nicht so sehr hänge, wie an meinem Herrn und Retter, auf den ich schaue - sollte ich besser etwas zurückrudern...hmmm... andererseits ist uns der Satz überliefert worden: Wir können ja nicht schweigen. Also fuhr ich fort, allerdings nicht mit gespielter oder echter Naivität, aber auch - bis auf weiteres jedenfalls - ohne Aggression



    "Ist es also Frevel zu sagen, dass ich den Römern eine große Weisheit zugetraut hatte bevor ich in diese Stadt kam und jetzt in die Schranken der Realität gewiesen worden bin, dass nämlich auch die großen Römer nur mit Wasser kochen?"

    "Was habe ich denn gesagt, Priester, dass Du mir die Zunge entfernen müsstest..?",


    sagte ich zu dem Priester, den ich angesprochen hatte. Dann wandte ich mich an die Frau, die wohl auch eine Priesterin war und sagte freundlich und fast etwas naiv tuend:


    "Ich wollte sicherlich Euch Römer nicht beleidigen, nur den werten Priester etwas aus der Reserve locken, was mir wohl auch gelungen ist. Ich frage mich nämlich eigentlich nur, ob die Vorstellungen, die Ihr von Euren Göttern nicht viel zu menschlich sind, mehr nicht. Und sich etwas fragen, wird doch wohl erlaubt sein, oder?

    Wir hatten die Heiligen Mysterien gefeiert und miteinander geteilt, was wir hatten. Brot, Wein, unseren Glauben und unser Leben. Wir erzählten uns, was wir von unserem Herrn gehört hatten und von seinen Boten und Verkündigern, von denen, die er zu Zeugen bestellt hatte.


    Dann kamen wir auf die Situation zu sprechen. Vom Wiedererstarken der alten Kulte. Von denen, die sich um Macht und Einfluß vom Licht abgewandt hatten und wieder in die Dunkelheit zurückgekehrt sind. Von den Nachrichten, die jüngst aus dem Osten kamen, dass uns die Juden aus ihrer Gemeinschaft ausgeschlossen hatten. Von alledem.


    So teilten wir unser Leben miteinander und hofften auf die Wiederkunft.

    Ich ging durch die Stadt und richtete meine Aufmerksamkeit auf die Tempel, in denen die Römer ihre Götter verehrten. Als ich vor einem Tempel eine Person traf, von der ich glaubte sie könnte diesen Göttern dienen, sprach ich sie an:


    "Salve! Gibt es hier einen Altar für den IGNOTO DEO, wie ihn die Athener verehren?"

    Ich klopfte an. Jemand öffnete und blickte mich erwartend und misstrauisch an. So malte ich in den Sand vor der Haustür einen Fisch und seine Züge erhellten sich. Er bat mich herein - nicht aber ohne sich noch einmal umzuschauen, ob uns niemand beobachtet, und nicht ohne den Fisch im Sand verschwinden zu lassen.


    "Wir müssen vorsichtig sein in diesen Tagen, der alte Unglaube ist wieder stärker geworden. Aber daher freuen wir uns umso mehr über jeden der zu uns stößt.", sagte er und führte mich zu den Brüdern. Alle freuten sich sehr mich zu sehen. Als es Abend wurde kamen alle Heiligen zusammen und wir brachen miteinander das Brot und es wurden unserer Gemeinschaft einige hinzugefügt, denn es war der Vorübergang des Herrn.

    Eine Garküche bot gebratenen Fisch feil, der köstlich roch. So beeilte ich mich eine Portion zu bestellen, zu bezahlen, in Empfang zu nehmen und genüsslich zu verspeisen. Da merkte ich, dass mich ein Mann in einer Uniform musterte. Glücklicherweise habe ich ja nichts zu verbergen. Denn nichts was verborgen ist, wird nicht offenbar werden. So schaute ich den Uniformierten an und lächelte ihn freundlich an, während ich in den köstlichen Fisch biss.