Beiträge von Marcus Vinicius Hungaricus

    Och, über meine Abberufung bin ich gar nicht mal so unglücklich. versicherte er seinem Bruder. Die Umstände könnten natürlich glücklicher sein, das ist klar. Der Brief netter formuliert und mit ein bissl mehr Danke und sowas. Aber angesichts der Querelen mit dem Kaiserhof war er schon froh, daß er von seiner Abberufung überhaupt erfahren hatte.


    Und was genau stellt ihr euch so vor? Einfach zack und dann schaun was so kommt? Ein leicht skeptischer Unterton war herauszuhören.

    Daß man an eine diplomatische Lösung nicht mehr glaubt? Hungis Stirn legte sich in Falten. Er konnte sich überdeutlich vorstellen, was Lucianus damit sagen wollte. Und er hatte bereits in Mogontiacum mitbekommen, daß der Vescularius ziemlich kaisergleich agierte.


    So weit ist es also schon gekommen? Vom ruhigen Mogontiacum auf das glatteste politische Parkett auf dieser Erde: Rom. Irgendwie hatte er sich diesen Übergang sanfter vorgestellt. Wie sind die Kräfteverhältnisse? Wer steht auf welcher Seite und wieviel hat wer hinter sich?

    Wieder eine Aurelia? Hungi war etwas überrascht. Tiberius, man möchte meinen, daß von dort die schönsten Frauen in Rom herkämen. Er musste lachen.


    Aber du sagst vermutlich und gleich danach, daß ihr euch verloben werdet? Wie darf ich das verstehen?

    Adoptionen waren nichts Ungewöhnliches und ein gutes Mittel, Familienbanden zu stärken und politisches wie finanzielles Erbe aufzubauen. Sehr gut. Ich gehe davon aus, den jungen Mann eines Tages kennen zu lernen? Es zählte ja auch zu den Pflichten eines Patrons, über die Familie des Klienten Bescheid zu wissen.


    Das tut mir aber leid für dich. bemerkte er zum Verlust der Ehefrau. Dennoch ist es unerlässlich, so schnell wie möglich wieder zu heiraten. Du hast schon eine Frau im Auge?

    Wie es ihm in Germania ergangen ist... diese Frage hatte er dieser Tage oft gehört und er würde sie vermutlich noch viel öfter hören. Wie es einem halt so geht. Arbeitsreich, aber wenigstens konnte ich eine Rundreise durch die Provinz machen. Ich fühlte mich dabei des öfteren an meine Kindheit erinnert.


    In der Tat, sie ist schwanger, du bist gut informiert. Wobei solche Nachrichten ja wirklich fix verbreitet wurden. Es wird wohl im März soweit sein. Wie geht es deiner Familie?

    Die lange Schlange war tatsächlich enorm. Zuerst ließ er die wegschicken, die nur pflichthalber kamen und eigentlich nichts von ihrem Patron wollten. Natürlich nicht ohne zahlreicher Worte des Danks, daß sie alle gekommen waren und wie sehr er sich freute, daß er wieder hier war und so weiter. Und natürlich nicht ohne ihnen eine Kleinigkeit mitgeben zu lassen. Dann ließ er die wegschicken, die zwar was von ihm wollten, deren Anliegen aber nicht dringend war, natürlich nicht, ohne ihnen mitzuteilen, daß er in den nächsten Tagen sich um ihre Fragen und Wünsche kümmern würde. Und natürlich nicht, ohne ihnen einen Kleinigkeit mitgeben zu lassen. Und schon war die Schlange äußerst überschaubar von gerade einmal 5 Männern und zwei Frauen. Der Tiberius war der erste, der empfangen wurde. Seinem Rang als Consular gemäß.


    Tiberius, lange ist es her. begrüßte er seinen Senatskollegen. Danke, die Reise war äußerst angenehm. War sie nicht, dafür hatte seine schwangere Frau gesorgt. Dann sah er sich seinen Klienten etwas genauer an. Wir werden alle nicht jünger, hm? Setz dich. Mit einem Wink befahl er einem der Sklaven im Hintergrund, einen Stuhl näher zu rücken. Also Tiberius... du hättest nicht extra herkommen müssen. Wir hätten uns ja ohnehin im Senat getroffen.

    Wow. Mich wunderts, daß es so lange gedauert hat, bis die Frage gekommen ist.


    Zitat

    Original von Ferros Atticos
    Kann man bei diesem Verein auch Mitglied werden, wenn man den unterstützen möchte?


    Nein. Mitglieder sind nur die Spielleiter.


    Zitat

    Und wird dieser Verein auch anfangen, demnächst Landflächen zu kaufen, um darauf den römischen Staat wiederzuerrichten? :D


    Und - surprise, surprise - nein.


    Außerdem noch ein kleiner Hinweis, der euch vermutlich eh net interessiert und auch net weiter von Belang ist: das Kürzel "e.V." gibts in Österreich nicht, alle Vereine sind bei uns eingetragene Vereine.

    Es dauerte nicht lange bis zur ersten Wortmeldung einer seiner Senatskollegen. Nur schade, daß es keiner seiner Feinde war, denn Hungi war gerade in einer herrlichen Stimmung zum Poltern. Aber was nicht war, konnte ja noch werden.


    Aber Tiberius! In der ganzen Lex geht es nirgends um öffentliche Pflichten, sondern immer um private Rechtsbeziehungen. Und dann so mittendrin und vor allem ohne irgendeinen Hinweis, daß doch etwas anderes gemeint ist, gehts um eben jenes andere? Das widerspricht doch jeglicher Systematik! Und außerdem... welche Teilnahme zu welchen Wahlen? Ich habe nicht gehört, daß irgendwelches Weibsvolk irgendwo kandidieren wollte. Zum Cursus Honorum können sie es ja ohnehin nicht.


    Zum Einwurf des Consuls bemerkte er trocken: Ich habe nichts dagegen.

    Rechtzeitig zum Abendessen traf Hungi im kleinen Triclinium ein. Stunden zuvor hatte er seine Frau zu seinem Schwiegervater begleitet, der äußerst erfreut über den Zustand seiner Tochter war. Weniger erfreut war dieser über die Tatsache, daß sein Schwiegersohn nicht zum Abendessen bleiben wollte, doch wurde er damit versöhnt, daß seine Tochter dafür über Nacht bliebe.


    Etwas müde ließ er sich auf eine der Klinen nieder, richtete seine Tunika und steckte sich eine der dargebotenen Oliven in den Mund. Und wartete auf seinen Bruder.

    Und wieder fand er sich im Mittelpunkt des Geschehens wieder. Dieses Mal hingegen war es ihm ein persönliches Bedürfnis, vor den Senatoren zu treten.


    Patres conscripti! begann er mit der üblichen Begrüßung seine Rede. Im Jahr des Consulats des Tarquinius Pyrgensis hat der Senat die besagte Lex Flavia de operositas beschlossen. Zu diesem Zeitpunkt war ich in Germania und habe von dieser Lex aus der Acta Diurna erfahren und sogleich meine Gedanken zu dieser Lex dem Senat mittels eines Briefes mitgeteilt. Zu meinem Bedauern habe ich keine Antwort bekommen.


    Es liegt mir fern, mich als einen großen Juristen aufspielen zu wollen, denn es gibt viele, die mit den Gesetzen und den Normen weit besser umgehen können als ich selbst mit ständiger Übung je dazu imstande wäre. Das war der bescheidene Teil. Jetzt kam der andere.


    Jedoch wie es scheint, sind jene, die es können, nicht hier im Senat. Oder sie sind eure Speichellecker. Oder beides. Etwas anderes kann ich mir beim besten Willen nicht erklären. Sein bisher immer bewährtes stilistisches Mittel des Aufweckens.


    Angeblich wurde mein Brief hier im Senat vorgelesen. Ich weiß es nicht, ich war nicht dabei. Wie gesagt, eine Antwort habe ich auch keine bekommen. Anscheinend war ich in dem Brief viel zu nett. Daher werde ich in aller Klarheit folgendes beantragen: Nichts weniger als die Aufhebung dieser Lex!


    Eine kleine Pause folgte seinen Worten.


    Schon alleine Paragraph 2 ist solch kompletter Nonsens, daß ich mich kaum getraue auszudrücken, was ich davon halte. Frauen komplett aus dem Geschäftsleben rauszureißen! Wer auch immer diesen Schmarrn verzapft hat, war wohl noch nie auf einem Markt einkaufen! Und jeder unter euch, der seit Inkrafttreten dieser Lex etwas von einer Frau gekauft hat, der möge sich freuen, dieses Geschäft ist dank dieser unsäglichen Lex ungültig und sein Geld ist futsch, seine Ware weg. Warum? Weil die Frau - da sie Rechte haben darf - die Leistung des Gegenübers annehmen kann, da sie jedoch keine Pflichten trägt, nicht verpflichtet ist, das Geld wieder herauszugeben. Was für eine Idiotie...


    Mit einem absolut genüsslichen und überheblichen Grinser auf seinem Gesicht blickte er sich ein wenig um.


    Ich hab noch einiges anderes in meinem Brief beanstandet, doch den wichtigsten Part habe ich hiermit angesprochen. Und mit diesen Worten gab er die Bühne frei für die hoffentlich bald anstehende Diskussion.

    Es gab Stimmen, die hatte er schon weitaus öfter gehört als diese. Und wenn er auch nur einen Funken Zweifel hatte vom Urheber dieser Frage, diese wurden nach nur einem Moment ausgeräumt, da er den Vescularier erblickt hatte. Natürlich hatte Hungi gewußt, daß der Praefectus Urbi hier war. Und als dieser Salinator seine Frage, die eigentlich viel mehr ein Vorwurf war, gestellt hatte, ahnte Hungi, daß die Beziehungen zwischen ihm und dem direkten Stellvertreter des Kaisers in diesem Leben wohl nicht mehr zu retten waren. Er hätte vielleicht wirklich vorher zu Salinator gehen sollen. Aber er hatte nicht daran gedacht. Jetzt musste er mit seinem Versäumnis leben.


    Kapitulieren brauchte er hingegen auf keinen Fall. Doch wie formulieren, ohne daß gleich ein Tumult entstünde? Ich hatte ohnehin vor, demnächst nach Misenum zu reisen. antwortete er mit fester Stimme. Und wie er diesen Satz ausgesprochen hatte, wusste er, daß das nicht die beste Idee seines Lebens war. Es raste in seinem Kopf, es kam ihm endlos lang vor, und doch waren es nur zwei oder drei kurze Momente. Dann hatte er die Ausrede, die er benötigte.


    Doch wollte ich zuerst dir und dem Senat berichten, wie die Lage in Germania aussieht. Ich dachte, auf die Art könnte ich etwas Zeit sparen. Na, ob er diese Kurve gekratzt hatte?

    Sicher, sicher. Aber jetzt lass uns erst einmal richtig ankommen. sprach er, während seine Frau einmal die Begrüßung ihres Schwagers erwiderte, sich jedoch dann los riss um ihren Pflichten als Hausherrin nachzugehen.


    Zuerst möchte ich ein Bad nehmen. Aber dann können wir uns gerne unterhalten bei einem guten Essen. Außerdem habe ich einen unglaublichen Gusto auf einen ordentlichen Spritzer. Um die Mittagszeit oder doch eher ein gemütliches Abendessen?

    Lange, sehr lange war es her, da er nun wieder in diesen Hallen schritt. Er traf viele Bekannte, etliche Feinde, vermisste mittlerweile Verstorbene und wunderte sich über manche Neuzugänge. In den letzten Tagen hatte er sich rudimentär auf den neuesten Stand der Politik bringen lassen, leider nur rudimentär "dank" seines "außerordentlich guten" Personengedächtnisses. Bis er alle verworrenen Linien übernosert hätte, würde es noch eine gute Zeit lang dauern. An diesem Tag saß er auf dem Platz, den ihm als Consular gebührte und wartete geduldig, bis er vom Consul das Wort erteilt bekam.


    Patres conscripti! erhob er seine Stimme, als er gleichsam seinen Körper erhob. All die Geschichten über ein wildes Germania, dunkel, ständig verregnet, voller Barbaren und mit ständigen Übergriffen über den Limes sind absoluter Nonsens. Das wird jeder bestätigen, der schon einmal in der Provinz war. Ich wußte, daß diese Geschichten nicht wahr waren, aber ich muß ehrlich sein, ich wußte nicht, daß meine Zeit so ruhig werden sollte. Was sich schon zu Beginn seiner Amtszeit abzeichnete. Jeder erklärte ihm damals, daß eh alles passt und alles super läuft.


    Lasst mich mit dem militärischen Part beginnen. Mein vorrangiges Ziel war die Sicherung des Limes. Es gab während meiner Amtszeit keine größeren Übergriffe von irgendwelchen germanischen Stämmen, lediglich kleinere Gruppen überschritten ab und an die Grenze, die meisten kriminelle Subjekte, die nur auf Goldstücke und Waren aus waren. Sicher gibt es Gerüchte, daß es Fürsten geben soll, die irgendwann einmal einen größeren Angriff planen, aber die gibt es immer und meine Informanten konnten nichts wirklich greifbares auftun. Es erschien mir daher viel wichtiger, die Beziehungen zu den romtreuen Stämmen zu vertiefen, vornehmlich auf wirtschaftlicher Ebene. Er machte keine kurze Pause, um seine Gedanken zu sortieren.


    Dies führt mich zu meinem nächsten Punkt: die Prosperität. Mir ist aufgefallen, daß in Landstrichen, deren Bewohner weitestgehend der germanischen Lebensweise anhängen, der überregionale Handel bei weitem nicht so stark entwickelt ist wie in jenen Gegenden, in denen die Einwohner wie gestandene Römer leben. Mir wurde erklärt, daß die Einheimischen jene Waren, die sie benötigen, vor allem selbst herstellen oder sie innerhalb der Familie oder Sippe tauschen. Nur wenige Waren wie Felle, Met oder Keramiken erlangen dort überregionale Bedeutung. Ich würde nicht pauschal sagen, daß solche Menschen arm sind, aber die Steuerleistung ist dort natürlich bedeutend niedriger. Dazu kamen noch andere Probleme: der Rhenus stieg während meiner Amtszeit mehrmals über die Ufern und brachte dabei Krankheiten mit sich. In anderen Landstrichen grassierte das Fieber. Wenn mir diese Bemerkung erlaubt sein darf: nicht gerade die besten Voraussetzungen für umfangreiche Handelsbeziehungen.


    Dann möchte ich jetzt zum letzten Punkt kommen. Wie die werten Kollegen wissen, wurde hier vor einiger Zeit die Provinzreform beschlossen. Eine durchaus sinnige Angelegenheit, die ich persönlich gutgeheißen habe. Die Umstellung wurde in der Provinz eingeleitet und sollte unter meinem Nachfolger Annaeus Modestus abgeschlossen werden. Der Beamtenapparat war durchaus gut organisiert, ich denke, mein Nachfolger wird diesbezüglich ebenso wenig Probleme haben, wie ich sie hatte.


    Ich stehe nun für Fragen zur Verfügung.

    Schön, daß wir endlich da sind. antwortete er seinem Bruder grinsend, ließ dann seine Frau los und ging zu ihm, um ihn ordentlich zu begrüßen.


    Na altes Haus? Lange nicht mehr gesehen, aber sofort wiedererkannt. Er lachte auf. An meine Frau erinnerst du dich sicher noch?