Beiträge von Herius Claudius Menecrates

    Vesuvianus nickte unmerklich, als der Aurelier auf ihn zutrat. An die übrigen Anwesenden gewandt, sagte er:


    "Bitte, Herrschaften, lasst euch in nichts aufhalten. Das - wie angekündigt - kurze Gespräch wird nur mir Aufklärung bieten und ist für niemand anderen sonst von Interesse."


    Daraufhin verließ Claudius den Saal. Er schlug einen Spaziergang im Freien vor, der geeignet sein sollte, den Kopf freizubekommen.

    Claudius kam ohne Umschweife zur Sache.


    "Ich suche in diesem Gespräch Antworten für mich, denn ich beabsichtige nicht nur meine Stimme für den Princeps, sondern auch für den Vicarius abzugeben und ich bin derzeit noch unentschlossen", leitete der Offizier sein Anliegen ein.


    "Um es kurz zu machen… Normalerweise hätte dein nomen gentile ausgereicht, um dir meine Wahlstimme zu sichern, denn ich stehe in engem und in gutem Kontakt gleich zu einer gewissen Anzahl von Aureliern, die mir allesamt vorbildlich in ihren Ansichten und in ihrem Auftreten bekannt sind. Für mich ist ein Aurelier gleichbedeutend mit einem Konservativem, aber ich gestehe… bei dir bin ich ins Zweifeln gekommen. Verzeih die direkte Frage, aber in der Curia geht es neuerdings um politische Ränkespiele statt um die Qualitäten eines Mannes, daher die Frage: Trügt der Schein oder ist auf deiner Seite tatsächliche eine Affinität zu den Liberalen vorhanden?"


    Langsam schritt er den Säulengang entlang. Er würde sich einiges anhören, aber sicher nicht überstürzt Entscheidungen treffen.

    An einem neuen Sitzungstag brachte Claudius ein Thema auf den Tisch, dass nach seinem Geschmack auch schon viel zu lange unbeachtet geblieben war.


    "Es ist eine - von vielen hier empfundene - lästige Angewohnheit von mir, mich für andere Leute einzusetzen. Heute ist das wieder der Fall.
    Ich möchte anregen, den ausgeschiedenen Magistratus Didius Albinus, der seine Kandidatur zum Duumvir ja auch leider versäumt hat, von dem mir aber zugetragen wurde, dass er dies nicht bewusst getan, sondern ihm aus Gründen der Verhinderung "passiert ist", nachträglich zum zweiten Duumvir Mantuas zu ernennen."


    Mal sehen, welche Sperrfristen dafür vom Comes erfunden werden würden oder ob er endlich einmal - und anders als bei den Kandidaten zur Curia Italica - zum Wohle der Provinz unbürokratisch entscheiden würde.


    Claudius nickte zustimmend.


    "Ja, ich habe auch immer gerne mit dir gearbeitet. Wir haben etliches erreicht und es gab nie Kollisionen wie unter Callidus’ Führung. Ich danke dir für deine Hilfsbereitschaft, aber sie würde auch nur negativ ausgelegt werden. Das Arbeitsklima ist vergiftet, da kann man nichts mehr machen. Es bräuchte einen Mann an der Spitze der Curia, der Callidus Paroli bieten kann."


    Diesen Gedanken spülte der Offizier mit einem kräftigen Schluck Wein hinunter.


    "Das Thema Löhne wurde bisher noch nicht wieder aufgegriffen. Bist du in dieser Sache denn noch immer dem Senat gegenüber verpflichtet?"


    Nach ein paar Oliven wendete sich Claudius dem privaten Thema zu.


    "Aussehen und Alter sollten nicht die entscheidende Rolle bei der Partnerwahl spielen. Wichtig ist doch allein, ob man einen ehrenwerten Mann vor sich hat und eine ebenso vorbildliche Frau. Ich kenne Decima Livia nicht, wünsche dir aber, dass sie eine solche ist. Und, Detritus, spiele deinen Wert nicht herunter, das hast du nicht nötig. Werte wie Ehrlichkeit und Anstand sind unbezahlbar und heutzutage kaum noch anzutreffen."


    Claudius dachte nur einen Augenblick über die Frage nach den neuen Ämtern nach, dann antwortete er schmunzelnd:


    "Wenn diese zivilen Ämter die Frauen anziehen und gleichzeitig davon abhalten, in die Politik zu gehen, halte ich sie für nicht mal so übel, aber insgesamt erscheint mir das Angebot im Gegensatz zur Nachfrage etwas groß zu sein. Die Unterbesetzung wichtiger Ämter ist auch heute noch ein Thema."


    Wieder nahm Claudius einen Schluck, stellte dann jedoch seinen Becher schnell ab, als Detritus mit dem Angebot der Bittüberbringung kam.


    "Bei den Göttern, nein! Deswegen bin ich nicht hier! Weder um deine Hilfe zu bitten noch um mich bei dir zu erleichtern. Mich abzulenken, wäre wohl die passende Erklärung für meinen Besuch. Und mir war natürlich nach der Gesellschaft eines mir angenehmen Mannes und nicht diverser Leute, die die Curia zu einem Schlachtfeld für politische Tendenzen machen wollen."


    Die Oliven waren eine hervorragende Idee und der Offizier griff dankbar zu. Bedächtig nickte er, als Detritus über seiner Vermutung die Frauen betreffend sprach.


    "Den Eindruck habe ich auch. Die Frauen denken neuerdings - weil sie ja dazu ermutigt werden - mehr über ihre Karriere als über ihre Pflicht als zukünftige Mütter Roms nach. Anscheinend ist das ja so gewollt.


    Das ist natürlich ein Übel, wenn man lange auf eine so entscheidende Antwort warten muss. Bist du sicher, dass es die richtige Frau ist, die du gefragt hast?"

    Was musste diesen Callidus doch für eine Sorge treiben ... Zuerst verhinderte er das dritte Mitglied aus Mantua, jetzt wollte er selbst private Gespräche unterbinden. Wenn Vesuvianus wollte, lag Dio ohnehin vorn oder zumindest nicht zurück.


    "Das denke ich auch, aber es geht gar nicht um ihn", bemerkte Claudius ungerührt und wartete auf die Reaktion des Aureliers.

    Claudius zuckte mit den Achseln und hob ratlos die Unterarme.


    "Ich habe nichts mehr von Subdolus gehört. Um ehrlich zu sein, würde es mich nicht überraschen, wenn er sich langsam aufgegeben hat. Er hat seine Strafe abgebüßt und aus meiner Sicht wäre eine zweite Chance längst überfällig, aber sie wird ihm offensichtlich dauerhaft verwehrt."


    Auch ein Thema, das den Centurio unzufrieden machte, obwohl es ihn nicht selbst betraf. Vielleicht verband ihn gerade deswegen, weil er wie Subdolus mehr an andere als an sich dachte, etwas mit diesem Soldaten. Schwerfällig ließ sich Claudius auf den Stuhl fallen. Er nickte dankbar, als Detritus mit dem Wein kam.


    "Callidus hat seine Zustimmung zur Berufung des dritten Mannes, sofern ich ihn da richtig verstanden habe, gegeben, aber erst NACHDEM der neue Princeps gewählt wurde. Das ist im Übrigen noch nicht geschehen. Ich habe mich für die rechtzeitige Berufung des Mantuaners eingesetzt, habe Callidus nach dessen Abschmetterung seine sämtlichen Fehlentscheidungen vor Augen gehalten und danach hat er mir das Rederecht entzogen."


    Der Centurio ärgerte sich keineswegs darüber. Er konnte nur den Kopf schütteln.


    "Deswegen habe ich die Zeit genutzt und dich besucht, um mal wieder ein sympathisches Gesicht zu sehen."


    Er hob den Becher und stieß mit Detritus an.


    "Acht Stunden sind ein billiger Vorwand, um den Mann nach Wunsch an die Spitze der Curie zu befördern, der mit dem dritten Mann aus Mantua keine Chance hätte. Zum Wohl, Detritus."


    Claudius trank erneut.


    "Du meinst die Frau aus Ostia? Sie hat reichlich mitgemischt, spinnt äußerst feine Fäden …
    Für den Princeps hat sie sich nicht aufgestellt, aber als Frau spielt sie für mich ohnehin keine Rolle.


    Hm, dabei fällt mir auf, dass ich gar nicht weiß, wie du über Frauen in Ämtern denkst. Bisher war es ja auch völlig egal, welche Gesinnung das einzelne Mitglied hatte. Seit kurzem dreht sich in der Curia alles um die politische Einstellung."

    "Vor der Abgabe meiner Stimme bitte ich um ein kurzes Gespräch unter vier Augen mit Aurelius Corvinus. Ich bin der Meinung, da gibt es etwas zu klären."


    Claudius nickte dem jungen Aurelier freundlich zu und machte eine einladende Geste Richtung Tür.

    Claudius winkte unzufrieden ab und machte ein paar Schritte in den Raum hinein, bevor er sich umdrehte.


    "Ich stoße mich an so manchem Verhalten unseres Comes. Das fing schon bei der damaligen Wahl zum Princeps an, ging über seine Ansichten bezüglich Subdolus - du erinnerst dich? -, ihn interessieren keine in der Legion vorherrschenden Befehle und die Krönung ist die Abweisung eines dritten Mannes aus Mantua, der zwar von der Stadt entsandt werden will, aber von Callidus so lange abgelehnt wird, bis die Wahl zum neuen Princeps unter Dach und Fach ist. Um acht Stunden wurde die Kandidatur zu spät bekannt gegeben und er nutzt es aus. Er will die Curia bzw. die Wahl des Princeps manipulieren, ist ja klar. So ein falscher Fuffziger! Bei dir herrschte Eintracht und vor allem Gerechtigkeit in der Curia. Tja, das vermisse ich gerade."

    Vesuvianus nickte freundlich zurück, trat ein und legte dem Octavier die Hand auf die Schulter.


    "Detritus, es ist ein Jammer, dass du dein Amt gewechselt hast. Die Zeiten mit dir an der Spitze der Curia waren noch immer die besten! Was, bei den Göttern, hat dich eigentlich zu diesem Schritt bewogen?"

    Der Centurio hatte die Arbeiten an allen drei Treppenabschnitten zugleich beginnen lassen und pendelte aus diesem Grund zwischen den einzelnen Arbeitsgruppen hin und her. Während unter Priscus’ Leitung kaum Schwierigkeiten auftraten, musste Claudius den anderen beiden Trupps des Öfteren hilfreich zur Seite stehen. Die Fertigung der Treppenabschnitte ging zudem nur partweise, denn erst nach dem Anziehen des Betons konnte in ausreichendem Maße angearbeitet werden. So ganz ideal fand der Centurio diese Treppenbauweise nicht und er machte sich daher sogleich Gedanken, wie der letzte Abschnitt im kommenden Geschoss besser zu machen war. Auf jeden Fall musste er sich auch langsam mit den späterhin zu montierenden Sitzreihen befassen.


    Ein weiterer Bautrupp errichtete derweil schon die Außenwände für das dritte Geschoss …

    Claudius erhob sich nicht erst, als er noch etwas anfügen wollte.


    "Ach ja, und ich möchte an dieser Stelle allen in Erinnerung rufen, dass Crassus nur Beisitzer ist. Seine Erfahrungen als Beisitzer sind zudem relativ knapp bemessen, um den Entwicklungsverlauf des Klimas in dieser Einrichtung ausreichend gut beurteilen zu können. Ich habe hier diverse Besetzungen in gutem Miteinander erlebt. Im Übrigen kommt es ihm nicht zu, Vollmitgliedern der Curia das Wort zu verbieten.
    Das wollte ich vorhin schon sagen, habe es aber aus Gründen einer angestrebten Deeskalation zunächst vermieden - merke aber im Nachhinein, dass ich kein Meister im diplomatischen Verschlucken von Wahrheiten bin."

    Claudius zeigte sich wenig beeindruckt, erhob sich vom Stuhl und machte eine sachliche Äußerung.


    "Als ältestes Mitglied dieser Curie kann ich getrost behaupten, dass es leicht nachprüfbar ist, seit wann Streit und Lagerbildung Einzug in die Curia gehalten haben. Dennoch - wir sollten wirklich langsam zu konstruktivem Schaffen übergehen."


    Der Centurio nahm wieder Platz und folgte der weiteren Diskussion.

    "Die Götter mögen uns davor bewahren", entfuhr es Claudius spontan und er lachte dabei. An Glabrio gewandt meinte er:


    "Sicherlich ist es tugendhaft, sein Gewissen zu erforschen und Fehler zugeben zu können, doch vielleicht solltest du erst dann nach Ämtern streben, wenn deine Forschungsarbeit abgeschlossen ist."


    Claudius zumindest fand seine Sichtweise zum Lachen komisch und grinste entsprechend.


    "Einer der Gründe, warum ich nicht kandidiere, ist der, dass ich es vorziehe, mich nicht verbiegen zu müssen, denn ein Princeps muss bei allem Respekt für seine Gesinnung, eine möglichst neutrale Position einnehmen, um derlei Entgleisungen, wie sie unser Comes derzeit ständig provoziert, zukünftig zu vermeiden. Zudem sollte er von eher ruhigem oder besser ausgeglichenem Gemüt sein."


    Der Centurio betrachtete sich die derzeit Anwesenden unter dieser Maßgabe ...

    "Das ist er. Ich würde außerdem Absprachen mit dem Duumvir Mantuas anraten, zumindest was die Mosaike betrifft. Halte mich über deine Recherchen und die Ergebnisse auf dem Laufenden. Eine kurze Notiz auf meinem Schreibtisch reicht mir dann schon."


    Weitere Aufgaben lagen momentan nicht an. Sollte sich das ändern, konnte der Centurio ein weiteres Gespräch anberaumen.


    "Noch irgendwelche Fragen?"