Beiträge von Herius Claudius Menecrates

    Nachdem am Vortag bei dem rückständigen Segment die zuvor geputzten Ziegel ein zweites Mal zu Gewölben eingebaut wurden und der Mörtel über Nacht eine gewisse Trockenheit - wenn auch noch keine Stabilität - erreicht hatte, begannen die Soldaten auf den mittels Lehren und Pfosten abgestützten Mauerwerkbögen erste Betonmischungen aufzubringen. Da der gemauerte Untergrund noch nicht betreten werden konnte, musste die Masse mittels langstieliger Besen und ähnlich brauchbarem Gerät verteilt werden.


    Schon bald wurden erste Drahtgeflechte zu diesem Bauabschnitt gebracht, mittels Seilzug nach oben gehievt und in einem komplizierten Balanceakt über den Abschnitt verteilt. Alle an den Arbeiten beteiligten Soldaten versuchten unter allen Umständen zu vermeiden, das frische Mauerwerk zu betreten - es hätte vermutlich der Punktbelastung nicht standgehalten und die Arbeiten wieder um Tage zurückgeworfen. Den Druck der zunehmenden Betonmasse hingegen, die sich großflächig verteilte, konnten die vor Ort belassenen Stützen und Lehren abfangen, auch wenn sich der eine oder andere Rinnsal bildete und durch Ziegel und Holzaufbau sickerte.


    Bereits am frühen Nachmittag konnte der Centurio den ausgebesserten Abschnitt abnehmen. Drei Tage musste nun der Beton ruhen, eventuell gegen das vorzeitige Austrocknen durch die Sonne geschützt werden, indem er mit Wasser besprengt wurde.


    Derweil nahm der zweite Bauabschnitt - die Errichtung des zweiten Geschosses - deutlich Gestalt an. Die Außenmauern standen bereits und einige Contubernia begannen mit der Errichtung der Säulen und Innenwände, die, weil jedes der Obergeschosse deutlich kleinflächiger als das jeweils darunter liegende ausfiel, sicherlich in naher Zeit fertiggestellt sein würden.

    Vesuvianus ließ die letzten Wochen Revue passieren. Seine und Vitulus' Einheiten hatten im Grunde keine Berührungspunkte. Es war Monate her, seit er seinen Bruder zuletzt im Lager getroffen hatte. Andere Soldaten konnten da sicher bessere Angaben machen.


    "Ich bedaure, Legatus. Auch hier kann ich keine zufrieden stellende Antwort geben, denn ich habe mit der Legionsreiterei nichts zu tun. Zuletzt traf ich meinen Bruder, wie gesagt, in Rom. Aber es gibt sicher andere Soldaten, die durch einen engeren Kontakt genauere Angaben machen können."

    Der Centurio trat ein und salutierte. Seinem unbeweglichen Gesichtsausdruck sah man nicht an, dass er sich bei dem heutigen Anliegen durchaus unwohl fühlte.


    "Legatus, ich bin von meinem Bruder, dem Eques Claudius Vitulus, gebeten worden, auszurichten, dass er in einer wichtigen Familienangelegenheit nach Germanien reisen musste."


    Jeglichen weiteren Kommentar sparte sich Vesuvianus, denn er kannte die Vorschriften.

    Aus Rom zurückgekehrt, musste Vesuvianus erneut den Legatus aufsuchen. Die organisatorischen Regelungen nahmen langsam überhand. Das Vorzimmer des Legaten kannte er inzwischen so gut wie sein eigenes und auch den Cornicularius grüßte er nunmehr nur noch nebenbei - man sah sich ja andauernd. Also wartete der Centurio auf die Vorsprache, die heute sicherlich etwas unangenehm verlaufen würde.

    Ein paar Neugierige und Freiwillige hatten sich eingefunden, also begann Claudius mit ungewohnt spaßiger Miene sein Vorhaben zu erklären.


    "Soldaten der LEGIO I, ich habe euch etwas aus der Academia Militaris mitgebracht, was euch "begeistern" wird. Es stammt von keinem Geringeren als unserem alten Legaten und war Bestandteil des Examen Secundum, das ich kürzlich abgelegt habe. Alle Offiziersanwärter wären also gut beraten, hier dran teilzunehmen, vor allem du, Priscus."


    Mit einem Grinsen im Gesicht bückte sich Claudius und hob eine Lederschlaufe auf, die vor seinen Füßen lag.

    "Eine Waffe, mit der man viel Spaß haben kann",
    begann er das ungewöhnliche Teil vorzustellen. "Sie ist nicht leicht zu handhaben, erfordert viel Übung, ist aber bei Beherrschen sehr effektiv und nicht zuletzt geht einem die Munition nie aus und auch die Waffe selbst ist jederzeit ohne Probleme verfügbar."


    Claudius sah in die Runde und betrachtete die Gesichter der Soldaten, bevor er fort fuhr.


    "Im Gegensatz zu unserem geschätzten Purgitius Macer werde ich euch aber ein paar Tipps für die Handhabung geben. Seht her! Die Lederschlaufe hat zwei Riemen. An einem dieser Riemen ist eine Schlaufe, die ihr euch um einen Finger binden müsst. Macht ihr das nicht, fliegt euch die Waffe samt Munition davon. Oder eben nichts von all dem."


    Claudius grinste erneut.


    "Als Munition könnt ihr Steine nehmen. Ich würde zu ovalen raten und sie sollten vom Gewicht her zwischen 20 und 50 Gramm liegen. Als Kriegswaffe wird sie natürlich vielmehr mit Bleigeschossen bestückt, aber die Zeiten ihres regelmäßigen Einsatzes sind lange vorbei. Jetzt schleudert ihr die gesamte Angelegenheit und Schleudern hat was mit Schnelligkeit zu tun. ;) Im rechten Moment wird dann der unbefestigte Riemen losgelassen. Es muss nicht erwähnt werden, dass der rechte Moment dann erreicht ist, wenn das Geschoss Richtung Ziel schleudert. :D Unser Feind ist der Holzpfahl dort hinten. Wer trifft, hat die Amphore gewonnen. Also, ran an den Feind."


    Claudius war gespannt, wer zuerst vortrat und wie die Ergebnisse ausfallen würden.

    Am nächsten Morgen kurz nach Sonnenaufgang erschien Claudius’ Centurie am Bauplatz und zwei Contubernia erhielten den Auftrag, die Soldaten bei der Arbeit am rückständigen Segment zu unterstützen. Die restlichen begannen bereits mit der Errichtung der Außenwände am zweiten Geschoss - dort, wo die Decke bereits fertig gestellt war.


    "Jetzt wird rangeklotzt, Männer. Heute Abend stelle ich eine Weinamphore in Aussicht, die ohne viel Mühe, aber nur mit etwas Geschick gewonnen werden kann." 'Und mit einigem Glück', fügte Claudius in Gedanken an.


    "Wir werden nach Dienstschluss und vollkommen auf freiwilliger Basis das Zieltreffen mit einer Schleuder üben. Da könnt ihr gleich mal sehen, was man als Student auf der Academia Militaris so alles lernt bzw. an Können braucht."


    Claudius grinste. Er malte sich bereits die Ergebnisse dieses Unterfangens aus. Sie würden wohl kaum besser als die seinen ausfallen. Vor allem auf den Einsatz seines Optios war Claudius gespannt.

    "Vale bene, viel Erfolg und den Schutz der Götter!"


    Auch Vesuvianus dachte an Aufbruch und erhob sich.


    "Wer mich erreichen will, findet mich in der LEGIO I. Immer dann, wenn ich in der Curia Italica zu tun habe, werde ich in der Villa vorbeischauen und sehen, ob etwas anliegt. Bis dahin ...


    Valete!"


    Vesuvianus nickte seinem Onkel nochmals zu, bevor er das Atrium und kurz darauf die Villa verließ. Der Zukunft sah er äußerst gespannt entgegen. Auf jeden Fall war er erstmals seit Monaten froh, weil sich endlich eine Besserung in der Gens abzeichnete. Dennoch gestand sich Claudius ein, dass er gewisse Zweifel an der Durchsetzungskraft seines Bruders hegte, doch schon mancher war über seinen Schatten gesprungen, wenn es darum ging, die Ehre wiederherzustellen.

    Endlich kam Vitulus mal in Gang und Vesuvianus nickte zufrieden.


    "Du sprichst also mit allen dreien, das ist gut. Nur, Vit ... jeder erwartet von dir, dass du nicht nur redest, sondern durchgreifst. Deine Qualitäten als Pater Gentis werden an deinen Erfolgen in Germanien gemessen. Wenn du das Vertrauen so mancher Familienmitglieder wiedergewinnen willst, muss der Erfolg ein hundertprozentiger sein. Wenn du nicht weißt, was bei Widerstand zu tun ist - ich wüsste es und ich wäre fähig hart durchzugreifen. Es ist zum Wohl der Gens, vergiss das nicht, also erweise dich als Pater Gentis würdig."


    Im Nachhinein fragte sich Vesuvianus, warum nur sein jüngerer Bruder so weich veranlagt war - sie hatten doch dieselben Eltern. Zwar waren sie unter anderen Umständen aufgewachsen - er selbst in der Zeit, als ihr Vater untergetaucht, vielleicht verbittert, aber in jedem Fall härter war, trotzdem erstaunte Vesuvianus der klaffende Unterschied. Ob das Vater wohl gefallen hätte?

    Es wurde Zeit, dass Claudius auf der Baustelle nach dem Rechten sah und so begab sich der Centurio am späten Nachmittag auf einen Kontrollgang. Er schritt zu Fuß die Baustraße nach oben und gestattete es sich, den Kopf einmal abzuschalten. Die beständigen Überlegungen und Planungen an diesem Bauprojekt und die Prüfung an der Academia verlangten nach einem Ausgleich und so genoss es Claudius, einmal denkfaul zu sein. Er betrachtete während des Laufens die sich am Horizont auftürmenden Wolkenhaufen, ließ seinen Blick über die Landschaft schweifen, spürte die milde Brise dieses schönen Maitages auf seiner Haut und lauschte amüsiert dem Gezänk zweier Vogelmännchen, die sich offenbar nicht über die Reviergrenze einigen konnten.


    Die Arbeiten hatten heute bereits ihren Abschluss gefunden, als Claudius auf der Baustelle eintraf. Der Centurio kümmerte sich nicht um die Soldaten, die letzte Aufräumarbeiten vornahmen oder sich auf die Nachtwache bei den Materiallagerstätten einrichteten, sondern strebte dem demontierten Bauabschnitt zu und kontrollierte das Ergebnis der Abrissarbeiten. Nach kurzem stand fest, dass es an der Ausführung nichts zu bemängeln gab. Nun galt es, die nachfolgenden Arbeitsschritte zu planen und Vorbereitungen zu treffen.


    "Hey, ihr da", rief Claudius einem Trupp Hilfsarbeiter zu, die mit dem Stapeln der abgeputzten Ziegeln beschäftigt waren. "Morgen früh müssen hier die Lehren für die Gewölbe bereitliegen und ebenso die Stützen dafür. Außerdem muss eine feinkörnige Mörtelmischung angesetzt und Ziegel bereitgestellt werden. Wenn alles reibungslos läuft, kann das Segment bis zum Mittag fertig sein. In der Zwischenzeit schafft ihr die Bewehrung - das sind die Gittergeflechte - heran. Schließlich brauchen wir höhere Gerüste, denn bereits am Nachmittag wird dort, wo die Decke längst gegossen und ausgehärtet ist, mit dem Mauern der Außenwände für das zweite Geschoss begonnen. Alles klar?"


    Claudius registrierte das Nicken der Männer und hoffte mal, dass die auch alles zur Zufriedenheit ausführen würden. Nach einem letzten Blick über den Baukomplex machte sich Vesuvianus auf den Rückweg zum Lager.

    Zuerst schaute Vesuvianus verblüfft, dann musste er grinsen und schließlich schüttelte er den Kopf.


    "Sag mal, Vit, bist du während deines Dienstes zu oft vom Pferd gefallen?" ;) :D


    Der Centurio beschloss, die Angelegenheit von der spaßigen Seite zu betrachten und lehnte sich entspannt zurück.


    "ES GEHT HIER NICHT UM EINE PERSON. Jetzt deutlich? Es geht um Caius Claudius Cunctator, der Probatus bei den Hilfstruppen ist. Der muss dort raus und zwar umgehend. Es geht um Titus Claudius Imperiosus Iulianus, der mit deiner Zustimmung in die Gens adoptiert werden durfte, was nun nicht wieder rückgängig machen kann, aber ein absoluter Einzelfall bleiben muss. Es geht um seine Vorliebe für Plebejer, weswegen auch du und nicht nur sein Adoptivvater mit ihm reden musst, denn entweder er lebt weiter den Lebensstil eines Plebejers - dann hätte er erst gar nicht um Adoption bitten brauchen - oder er lebt den Patrizier und dann sollte der Umgang und die Angebetete entsprechend sein. Ich votiere schon mal jetzt und vorbeugend gegen eine Verbindung jedweden Claudiers mit einer Plebejerin, selbst dann, wenn sie zum Zweck der Vermählung von einer anderen Patriziergens adoptiert wurde. Außerdem ist dieser Adoptierte Iulianus Klient einer anderen Patriziergens - das gehört rückgängig.
    Dass Claudia Arachnia Scriba ist, davon bin ich ebenfalls nicht begeistert. Es ist einfach lächerlich und es widerspricht den Traditionen unserer Familie.


    Als Peter Gentis, Vit, ist es deine Pflicht, wenigstens im Nachhinein für Ordnung zu sorgen und zwar durchgreifend und kompromisslos. Unser Ansehen ist in Rom bereits gewaltig gesunken, dem gilt es entgegenzuwirken. Arbiter ist meiner Information nach abgereist. Das ist ein tragischer Verlust für die Gens und für mich persönlich. Er war neben dir der einzige, zu dem ich eine Bindung hatte.


    Was also willst du als erstes unternehmen?"


    Sim-Off:

    Der Spieler des Arbiter hat das IR verlassen.

    "Da ich derjenige war, der sich gegen die Aufnahme der Helvetia unter der Begründung, sie bringe uns nichts, weil ihre Erfahrung als Magister Scriniorum im Gegensatz zu der eines Senators gering ist, ausgesprochen hat, äußere ich mich mal zuerst dazu."


    Vesuvianus musste grinsen, denn sein gerade gebauter Satz war ein Kunstwerk an Satzbau. Hoffentlich konnten die anderen folgen.


    "Zwischen der noch nicht lange in ihrem Amt befindlichen Helvetia und dem Tribun Sabbatius liegen Welten. Ich würde seiner Aufnahme zustimmen."

    Der Centurio freute sich über die Zustimmung und kam sogleich zum nächsten Anliegen.


    "Einer der zuverlässigsten und bereits am längsten dienenden Legionäre meiner Centurie ist gerade erwähnter Vesuvius Flavian. Er besitzt das Vertrauen seiner Kameraden und zeichnet sich durch vorbildliche Leistungen sowohl hier im Lager als auch auf Märschen aus. Zudem verfügt er über rechnerische Fähigkeiten. Da mein Signifer demnächst aus Altergründen die Legion verlassen wird, brauche ich jemand der nachrückt und da erscheint mir Flavian geeignet wie kein anderer. Ich wäre erfreut, wenn diese Erhebung deine Zustimmung finden würde."

    Nun entschloss sich Claudius doch zu antworten, bevor es andere taten.


    "Vitulus, Bruder, ruf dir einfach noch einmal die erste Aussage deines Onkels, meine Zustimmung und die Aufzählung des Donatus ins Gedächtnis. Es geht hier nicht um EINE Person, sondern es geht um die gesamte Gens, die nicht seit Wochen, sondern seit Monaten heruntergekommen ist.


    Vitulus, ich teile im Übrigen die Ansicht, dass ein Pater gentis die Verantwortung für die Gens trägt. Es ist an ihm - sofern ihm Fehlverhalten oder eine Fehlentwicklung der Gens auffallen und ihm an der Gens liegt - das Gespräch mit den Patres oder den freien Mitgliedern zu suchen."

    Seit längerem hatte Vesuvianus der Unterhaltung schweigend gefolgt. Er war kein Freund solcher Gespräche und verspürte den drängenden Wunsch, aufzustehen und sich in die Legion zu vergraben, aber einmal die Themen angesprochen, konnte er unmöglich gehen.

    Auch wusste er nicht, wie er sich weiter verhalten sollte.
    Da war Donatus. Er brachte die Kritikpunkte, die sich nur gegen Vitulus richteten, auf den Punkt. Seine Offenheit war bewundernswert, seine Kompromisslosigkeit weniger.
    Da war der Onkel. Er war hereingeschneit und hatte als Erster den Mund sehr weit aufgerissen. Annähernd jedes Familienmitglied inklusive Vitulus hatte er schwer beleidigt und hier vor Vitulus kroch er unterwürfig auf dem Boden. Vesuvianus verachtete solche Menschen.
    Und da war Vitulus. Er war nicht nur sein Bruder, sondern sie verband auch eine Freundschaft. Vesuvianus würde ihn nie vor den Ohren und Augen anderer angreifen, trotzdem waren Vitulus’ Schwächen als Pater nicht von der Hand zu weisen.


    Vesuvianus entschloss sich, weiter zuzuhören. Er konnte weder gehen, noch hielt er eine Wortmeldung derzeit für zweckmäßig.