Kurz darauf betrat ein Wachsoldat das Vorzimmer des Legaten. Er reichte dem Scriba einen Brief, der bei der Wache abgegeben wurde.
"Für den Legaten."
Daraufhin verschwand er wieder.
Kurz darauf betrat ein Wachsoldat das Vorzimmer des Legaten. Er reichte dem Scriba einen Brief, der bei der Wache abgegeben wurde.
"Für den Legaten."
Daraufhin verschwand er wieder.
Der Soldat im Meldebüro kam zum Vorzimmer des Legaten, grüßte und legte dem Scriba die Akte eines neuen Probati auf den Tisch.
"An den Legatus weiterleiten. Eine Ernennung."
Anschließend verließ er wieder den Raum.
Nach und nach legte der Soldat die Ausrüstungsgegenstände darauf. Zunächst eine Lorica segmentata, dann Galea (Helm), Tunica, die Caligae, den Palium, Halstuch, eine Feldflasche, ein Topf, Cingulum (Gürtel) und Sarcina. Zuletzt noch Gladius und zwei Pila.
"So, jetzt passt es. Lauf vorsichtig und bezieh zunächst die Stube. Such dir ein Bett und kleide dich um. Dein erster Gang wird ins Sacellum sein, wo du den Fahneneid ablegen musst. Dein Vorgesetzter wird dich anschließend aus den Quartieren zur Ausbildung holen.“
"Ja, ich kenne ihn. Jeder kennt ihn, aber ich musste bei Aushändigung dieses Schreibens zusagen, dass ich seinen Namen nicht preisgeben werde. Möglich, dass er sich eines Tages zu Erkennen gibt. Vermutlich aber eher nicht. Die Angelegenheit war und ist äußerst delikat."
Auch Vesuvianus war noch höchst beeindruckt von der Entwicklung der letzten Wochen und den aufgedeckten Zusammenhängen, seine und Vitulus' Verwandtschaft betreffend.
Der Soldat in der Rüstkammer nickte. Es war also ein Missverständnis.
Er ging wie immer in den hinteren Teil der Rüstkammer. Dort waren die Schilde untergebracht. Mit einem Scutum kam er zurück und reichte es dem Probatus.
"Mit der gewölbten Seite nach unten und auf beide Arme nehmen."
Der Soldat in der Rüstkammer eilte bereits fort, als ihm ein Gedanke kam. Er stoppte und kehrte zu dem Probatus zurück.
"Was hast du gerade für einen Namen genannt?"
Dieser Name hatte in der LEGIO I bereits Geschichte geschrieben.
Zuerst wollte Vesuvianus den Brief wortlos reichen, doch dann besann er sich eines Besseren. Nur wer die Zusammenhänge kannte, würde verstehen, warum der Brief überhaupt geschrieben wurde.
"Der Brief ist an meiner Cousine gerichtet. Wie sich allerdings herausgestellt hat, bin ich nun gar nicht mit ihr blutsverwandt. Ein einflussreicher Senator klärte sie damals auf, als sie nach langem Aufenthalt in Griechenland zurück nach Rom kehrte und über die mysteriösen Verstrickungen unseres Vaters stolperte.
Julia Vesuvia Pulchra ist meine Mutter, die von Vitulus ist Julia Claudia Pulchra. Beides ist dieselbe Person. So sieht es auch bei unserem Vater aus. Ich kenne ihn unter dem Namen Marcellus Vesuvius Macrinius, Vitulus kennt ihn als Marcellus Claudius Macrinius. Bitte, lies.“
Claudius reichte Antonia den Brief.
Ich versuch Dich aufzuklären.
Marcellus Claudius Macrinius, Praetorianerpraefect heiratete Julia Claudia Pulchra. Marcellus war einer der einflussreichsten Männer im Imperium, Verbündeter des Caesar (Adoptivsohn des Imperators).
Nach verschiedenen politischen Ränkespielen wechselte er von der Factio Veneta zur Aurata und von dort zur Albata, ließ sich gar von deinem Vater VVV adoptieren. Warum weiß keiner. Seine Frau begleitete ihn.
Marcellus Vesuvius Macrinius, wie er fortan hieß, trieb allerdings eines Tags mit dem Kopf nach unten im Tiber und war tot. Caesar verstarb dubioserweise in den nächsten Tagen und auch dein Vater VVV nahm sich das Leben. Über die Zusammenhänge kann ich dir nichts sagen.
Claudia Vesuvia Pulchra war Witwe. Das Vermögen erbte jedoch [...]
So: jetzt noch was spannendes.
Marcellus Vesuvius Macrinius war nicht tot, hatte seinen Tod nur fingiert um als PP eine Verschwörung aufzudecken, da er jedoch offiziell beerdigt wurde, tummelt er sich heute wieder als Marcellus Claudius Macrinius im Senat. Seine Frau allerdings hat er augenscheinlich vergessen und nicht wieder zurückgeholt, weswegen sich diese seit dem Tag in der Casa Vesuvia verborgen hält und die Menschheit meidet. Aus verständlichen Gründen.
Begeistert über eine der besten Anweisungen, die den Soldaten jemals gemacht wurde, stoben die Männer davon. Sie kehrte alsbald mit Knüppeln und Wurfgeschossen aus Dreck und Stein zurück.
Zwei Legionäre trugen einen fetten Baumstamm, den sie den schwitzenden Formationssoldaten vor die Beine zu werfenbgedachten.
Der Soldat nahm die Tafel des Legionsarztes entgegen und studierte sie sorgfältig. Anschließend legte er sie in die bereits angelegte Akte. Freundlich sah er den Rekruten an, während er auf ihn zutrat.
"Deinem Dienstantritt steht nichts mehr im Weg, Marcus Prudentius Felix. Ich gratuliere dir, damit bist du offiziell als Probatus in die Legio I aufgenommen.
Als nächstes gehst du in die Rüstkammer. Dort wird dir deine Ausrüstung ausgehändigt."
Wieder zeigte der Schreiberling den Weg.
"Möchte jemand den Brief lesen? Er wurde von einem bekannten Senator geschrieben, dessen Name allerdings unerwähnt bleiben soll."
Fragend blickte Vesuvianus in die Runde.
"Kurze Pause, weggehen lohnt sich nicht. Die nächste Spezialformation übt Optio Priscus mit euch."
Leistungen und zu verzeichnende Erfolge notierte Claudius derweil auf einer Wachstafel. Der Bericht zum Übungsmarsch würde ein erheblicher werden.
Ein Offizier brachte dem leitenden Decurio die letzten Informationen für die Parade. Er wünschte gutes Gelingen und kehrte anschließend in das Lager zurück.
Leider konnten viele Soldaten der Legion weder am Stadtfest teilnehmen noch sich an der Parade ihrer Kameraden erfreuen, denn viele Centurien weilten außerhalb des Lagers. Manche noch immer in den Steinbrüchen, um die Materialien für den Bau des Amphitheaters abzubauen, andere absolvierten Übungsmärsche.
Schon besser, dachte sich der Centurio, als er die Formationen auf sich zukommen sah. Mit der Vitis wies er auf Mängel hin. Das Bemühen diese zu verbessern, registrierte er, auch wenn nicht alles auf Anhieb klappte.
"Rechter Cuneus, auf die Höhe der Schilde achten! Ich sehe mindestens drei Nasen!
Ihr da." Er wies auf den links mittig laufenden Keil. "Bei euch stimmen die Schrägen nicht. Der rechte Flügel ist weitaus schräger als der linke!
Beim Mars! Der Cuneus ganz links. Bei euch klaffen mannstarke Lücken. Merkt ihr noch, dass ihr nicht mal im Gleichschritt lauft?"
Bei Erreichen des Ausgangspunktes ließ Vesuvianus die Männer stoppen.
"Consistite! Das Ganze machen wir noch ein paar Mal, danach ist die nächste Spezialformation an der Reihe. Und keine Sorge, der Übungseinsatz dieser Taktiken wird auch nicht mehr lange auf sich warten lassen."
In der Folge hetzte der Centurio die Soldaten hin und her, bis er sich mit dem Ergebnis zufrieden zeigen konnte ...
Als die Unförmigkeiten zu groß wurden, stoppte Vesuvianus die Männer. Er war an Ort und Stelle geblieben, um nun beim Rücklauf die Formationen aus Sicht eines Verteidigers erleben zu können. Jede Fehlhaltung der Schilder würde er so erkennen.
Er hoffte nun, seine Stimme würde weit genug tragen. ![]()
"Consistite! Gladios condite! Duo acies formate! Retro!
Merkt euch für den Fall, wo ihr in eine Schlacht verwickelt seid, dass zuerst der Gladius gezogen bevor die Formation gebildet wird. Hier haben wir Gelegenheit zum üben und deswegen machen wir es schwerer als es später in der Praxis gehandhabt wird.
Milites, Cuneum formate! Cuneum perge!
Die kurzen Schritte sind dazu da, dass ihr die Formation halten könnt, während ihr euch in Bewegung setzt. Das muss natürlich bei der Beschleunigung so bleiben.“
Der Centurio zählte vor dem Kommando an.
"Gladios stringite! Unus - duo - tres - quartuor. Unus - duo - tres - quartuor. Milites, celerite!"
Der Centurio grinste. Der Probatus hatte Recht, aber es kam nicht auf dieselbe Schenkellänge, sondern vielmehr auf einen annähernd ähnlichen Winkel der beiden Schrägen an. Außerdem konnten ja weitere Soldaten inmitten des Keils laufen.
"Decius, gliedere dich am besten in einen der Flügel ein. Nur so kannst du die Bewegung innerhalb dieser Formation trainieren, sie wird euch einiges an Koordination abverlangen. Vor allem dann, wenn ihr aus der Bewegung heraus den Gladius ziehen sollt und genau das üben wir jetzt. Bei dem Kommando 'Cuneum perge!' setzt ihr euch mit kurzen Schritten in Bewegung. Die anderen Kommandos sind hoffentlich noch bekannt."
Claudius trat aus dem Weg. Er wartete bis jeder seinen Platz gefunden hatte, dann erteilte er die Kommandos.
"Cuneum perge! Gladios stringite! Celerite!"
Claudius hoffte nun, die Probati würden nicht komplett durcheinander stürzen oder sich beim Ziehen der Schwerter gegenseitig verletzen. Vielleicht hätte er die Holzschwerter auf den Marsch mitnehmen sollen. Tja, nun war es dafür zu spät.
Als der Centurio sah, dass es teilweise Schwierigkeiten gab, trat er an die noch jungen Männer heran.
"Der Keil wird realistischer und zudem schlagkräftiger, wenn ihr - wie vorhin beschrieben - zwei Contubernia für seinen Aufbau benutzt.
Der Mittelmann, also der an der Spitze steht, prüft am besten im Anschluss an den Aufbau die Gleichschenklichkeit eures Keils."
Der Schreiberling notierte sich die Angaben.
"So, deine Akte ist schon mal angelegt. Als nächstes ist die gesundheitliche Kontrolle dran. Die nimmt der Legionsarzt vor.“
Der Soldat trat mit dem Rekruten vor die Tür des Officium und wies ihm den Weg zum Lazarett.
Ah, entschuldige bitte! Ich habe dich übersehen. Wir sind gerade auf einem Übungsmarsch.
Peinlich berührt schreckte der Schreiberling aus seinem Halbschlaf. Er hatte den Rekruten nicht kommen hören.
"Ähem, ja, ..." Schnell griff er zu einer Wachstafel.
"Ich benötige Angaben über deinen Namen, dein Alter, den letzten Wohnort und den zuletzt ausgeübten Beruf."
Mit einem verlegenem Grinsen und gezücktem Griffel sah er den Rekruten an.
Der Centurio nickte und fuhr fort.
"Um die Wirkung eines solchen Keils, einen Cuneus, zu erhöhen, halten sich oft in seinem Innern Bogenschützen auf. Geschützt durch die annähernd geschlossene Deckung können sie ihre todbringenden Geschosse auf die gegnerischen Linien absetzen. So, und wir üben jetzt den Aufbau aus der Formation heraus. Ihr werdet sehen, das Formieren braucht seine Zeit und die Bewegung innerhalb einer solchen Spezialformation will geübt sein."
Claudius teilte zunächst die Centurie auf.
"Jeweils zwei Contubernia bilden einen Keil. Dazu begebt ihr euch in zwei Acies. Einer der beiden Gruppenältesten der Zeltgemeinschaften markiert die Spitze des Keils. Bei dem Kommando 'cuneum formate!' rückt die linke Hälfte links neben diesen Mann, die rechte Hälfte rechts neben ihn. Jeder steht immer eine halbe Schrittlänge weiter hinten seinem inneren Nebenmann. Schilde nach vorn und mit dem Nachbarn überlappen. Alles klar?
Also, aufteilen, den Mittelmann bilden und Cuneum formate!"
Ohne die Legionäre und Probati aus den Augen zu lassen, ging Claudius auf Priscus zu. Er verständigte sich mit ihm, was die Aufteilung der Aufgaben betraf. Die nächste Spezialformation würde sein Part sein.
Nein, nicht nötig. Es herrscht Kameradschaft in der LEGIO I, keine Ellenbogentaktik. Decimus wird es verkraften, wenn du es nochmals hervorhebst. Das war schon gut so.
Der Centurio führte die Hand an den Mund und überlegte.
"Furianus, wenn du die Angriffsfront in einer Linie wählst, greifst du auf breiter Fläche an. Damit verteilt sich zum einen die Wucht und du kannst die Linie der Verteidiger in Gänze zurückdrängen. Zum Durchbrechen eignet sich eine andere Taktik besser, nämlich die des Keils. Die Front der Verteidiger wird an einem Punkt massiv angegriffen. In der Regel kann man damit einen Durchbruch erzielen. Leuchtet das ein?"