Beiträge von Herius Claudius Menecrates

    Claudius traute sich nicht mitzusingen. Er kannte den Text anders und summte das Lied deswegen nur mit. Im Kopf drängten sich unaufhörlich die bekannten Zeilen vor und vermischten sich mit dem Gesang der anderen.


    Es ist so schön Soldat zu sein,
    nicht jeder Tag bringt Sonnenschein...


    Die Gesangsausbildung war in seiner Zeit als Probat eindeutig zu kurz gekommen… :D
    Nachdem die Strophe des Optios geendet hatte, begann Claudius mit anderen Reimen. Das Lager kam in Sichtweite.


    "Mars mit euch ihr Legionäre,
    Salve tönts von Berg und Tal.
    Nehmt die Schwerter, nehmt die Speere,
    folgt dem Signum überall."

    Claudius bemerkte die Annäherung des Legaten und ordnete eine kurzzeitige Unterbrechung der Geländevorbereitungen an. Als er der Ansicht war, die beiden Contubernia mit der Betreuung der kleineren Brandherde allein lassen zu können, trat er zum LL.
    Der verantwortliche Offizier für den Truppenteil war zwar der Centurio Aurelius Sophus, verantwortlich für diesen Ausbildungsabschnitt war jedoch der Optio. Also fühlte sich Claudius angesprochen.


    Der Optio erbrachte einen korrekten militärischen Gruß. "Salve Legat!“

    Nach der Rückkehr zur Ausgangsstelle und dem Anlegen der Ausrüstung warten wir auf die weiteren Anordnungen des Optios. Ohne Zweifel würde dieser Ausbildungstag allen in ewiger Erinnerung bleiben.

    Selten hatte Claudius schlechte Laune, heute war so ein Tag. Es kam einfach zu viel zusammen. Der verdorbene Abend in der Taverne, die *** Reaktion des Schreiberlings im Officium und nun noch der saumäßige Gestank von halbverdautem Wein, der von seinen vollgespritzten Militärsandalen aufstieg.


    Claudius war froh als alles geklärt schien. Er musste heute Abend raus aus diesem Lager. Zunächst würde er sich aber noch die Lagepläne im Officium abholen. Mit grimmigem Gesicht machte er sich auf den Weg.

    "Gut erkannt, Soldat.“ Claudius nickte bei den Gedanken des Legionärs.


    "Im unmittelbaren Umfeld des Lagers ist die Umgebung ja zudem geebnet und gelichtet. Aber es ist richtig, wir müssen bei allen Übungen beachten, dass wir mit den eigenen Materialien umgehen und an eigenen Plätzen trainieren. Ich habe auch schon einmal diese Tatsache vergessen und eine Ladung legionseigener Ausrüstung im Mincio versenkt.“


    Der Optio konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Kommt eben vor in der Hitze des Gefechts.



    "Das Lager und seine Umwehrung darf natürlich nicht zu Schaden kommen. Deswegen, Soldaten, muss das Feuer unter Kontrolle bleiben. Ihr bewaffnet euch mit Erde gefüllten Körben und erstickt das Feuer dort, wo Bedarf besteht.
    Dennoch muss die Vegetation restlos abbrennen, denn sie gefährdet sonst die Stabilität der Rampe.“

    "Consistite!“, rief der Optio bei Erreichen der Porta decumana.


    "Ihr könnt euch rühren. Wenn ihr euch umdreht, erkennt ihr an diesem Hintertor des Lagers eine massive Steinmauer. Diese wird Dreh- und Angelpunkt unserer Aktivitäten der nächsten Tage sein. Geplant ist, einige Möglichkeiten zur Einnahme von Festungen kennenzulernen. Beginnen wollen wir mit der Handhabung von Türmen, was auch Hauptaugenmerk während dieses Ausbildungsteils sein soll. Türme wurden bereits vor Jahrhunderten als Belagerungstechnik eingesetzt. Sie bieten allerlei Möglichkeiten, wie: Mauern zum Einsturz zu bringen, Mannschaften abzusetzen und einiges mehr. Wie das im Einzelnen geschieht, sehen wir später.


    Unser Turm wird annähernd der Größe der Mauer angepasst sein, also keine überdimensionalen Ausmaße aufweisen. Ebensowenig wird er mit Eisenplatten verstärkt sein, weil sich das zusätzliche Gewicht als nachteilig erwiesen hat. Um ihn überhaupt einsetzen zu können, muss eine Rampe erstellt werden. Ihr seht das Gelände ist mehr als uneben hier. Also Soldaten, Spaten und Körbe besorgen und dann geht es los. Zunächst aber wird die Vegetation abgebrannt, die hier als hinderlich im Weg steht. Anschließend schleppt ihr Schutt und Erde heran, was in einer ansteigenden Bahn bis zur Mauer hin aufgehäuft und festgestampft wird. Die Seiten müssen mit Holz stabilisiert werden. Macht das ordentlich und denkt nicht, dass ihr damit schnell fertig werdet. Zwar wird unsere Rampe verhältnismäßig klein ausfallen, dennoch muss sie schätzungsweise sechs Doppelschritt hoch und das Vierfache an Länge aufweisen. Die Breite ist jeweils abhängig von dem Vorhaben. Da wir nur die Benutzung eines Turmes üben wollen, können wir gut und gerne auf eine breitflächige Rampe verzichten. Unterschätzt dennoch den Materialaufwand, die Arbeit und den Zeitaufwand dabei nicht.


    Ich und sicherlich auch der Centurio werden die Arbeiten beaufsichtigen und bei Bedarf Hinweise für die Ausführung geben. Los geht es.“

    Claudius nickte. Er würde dann für diese Arbeiten wohl die Casa seiner Familie bevorzugen.


    "Meinen Centurio dürfte das weniger interessieren, denn die Betreffenden gehören nicht zu unserem Truppenteil."


    Claudius grüßte schlaksig und ging. Zukünftig würde ihn der Eindruck, den Soldaten der Ersten in der Öffentlichkeit machten, nicht mehr jucken. Es sei den, es handelte sich um seinen Truppenteil.

    Claudius holte tief Luft.


    "Wenn ich das richtig verstanden habe, was nicht unbedingt leicht bei dem Gelalle ist, heißt der Soldat Amulius Salvius Grobius und er dient in der zweiten Cohorte, dort die dritte Centurie. Angegriffen und zusammengeschlagen wurde zunächst ein Legionär.“


    Claudius suchte den Blick von Vitulus. Er wusste nicht, wo dieser Soldat abgeblieben war. Der Freund vielleicht?
    "Der Name dieses Soldaten ist mir unbekannt, doch ich denke, er wird sich herausfinden lassen. Abgespielt hat sich alles in der Taverne nahe dem Marktplatz. Sachbeschädigungen gab es keine...“ Wenn ich mal von meiner besudelten Tunika absehe, vervollständigte Claudius in Gedanken den Satz.


    "Es gab noch einen weiteren Randalierer, der uns leider entwischt ist. Dieser hat Vitulus angegriffen und am Kopf verletzt.“ Claudius wies auf seinen Freund und ihm fiel ein, dass er sich noch nicht einmal nach seinem Befinden erkundigt hatte.


    "Ich selbst wurde ebenfalls von den beiden Soldaten angegriffen, konnte dem aber jedes Mal rechtzeitig begegnen.“

    Nach der Meldung im Officium der Principia kehrte Claudius zum Haupttor zurück. Annähernd zeitgleich mit dem Centurio traf er dort ein.


    "Ich glaube, ich kann das besser erklären als die Wache.“ Claudius hatte Aurelius' Worte gehört und reagierte vor dem Wachsoldaten.


    "Dieser Soldat ist während seiner dienstfreien Zeit negativ aufgefallen. Um genau zu sein, griff er mehrere Kameraden tätlich an und auch hier hat er sich offenbar nicht unter Kontrolle.“

    Claudius musste grinsen.


    "Hat jemand gesagt, dass es nur einen Abend Zeit in Anspruch nehmen wird? Danke für die Nachricht."


    Dieser Optio, dachte Claudius bei sich und musste mit dem Kopf schütteln. Anschließend ging er sich seinen Sold abholen. Heute war Zahltag. Eigentlich ein Grund, um in das Gasthaus einzukehren, aber auf solche Ausflüge musste er wohl in der nächsten Zeit verzichten.

    "Zunächst eine persönliche Anfrage, die sich schnell erledigen lässt. Die andere Angelegenheit ist aufwändiger. Mir wäre für die Ausarbeitung der Bauunterlagen für das geplante Amphitheater Mantuas sehr geholfen, wenn sich in der Principia ein ungenutztes Büro finden ließe. Ich bitte das als Anfrage mit entsprechender Klärung zu betrachten.


    Die zweite Angelegenheit ist komplizierter. Zwei Legionäre unserer Einheit haben sich in der Öffentlichkeit undiszipliniert verhalten, um das mal vorsichtig auszudrücken. Sie haben in volltrunkenem Zustand in einer Taverne randaliert und einen Eques und einen Unteroffizier tätlich angegriffen. Einer der beiden konnten flüchten, der andere befindet sich derzeit von Soldaten gesichert am Haupttor. Diese Meldung wollte ich machen.“

    Claudius wartete geduldig, bis auch der letzte Probat das hiesige Ufer wieder erreicht hatte. Mit der gebildeten Reihe zeigte er sich zufrieden.


    "Milites, Lauf- und Schwimmtraining waren zum Aufwärmen gedacht. Die eigentliche Ausbildung am heutigen Tage beginnt jetzt.“


    Mit auf dem Rücken verschränkten Armen lief der Optio vor der Reihe auf und ab, während er sprach. Plötzlich blieb er stehen und sah die Soldaten an.


    "Nach reiflicher Überlegung habe ich mich dazu entschlossen, heute etwas Ungewöhnliches mit euch zu üben. Formationstraining, Waffenübungen und Übungskämpfe können jederzeit auch während eines Übungsmarsches trainiert werden. Was ich heute mit euch vorhabe, wird etwas gänzlich anderes sein und es wird sich erst während der Ausführung als zweckmäßig oder ungeeignet für die Ausbildung von Probati erweisen. Nehmen wir es als beiderseitige Chance, daraus zu lernen.


    Zunächst geht es zurück zum Lager. Ad sinistram! Aequatis passibus pergite!“

    Claudius betrat das Officium. Er hatte eine Meldung zu machen und wollte zudem eine Anfrage starten.


    Die meisten der Schreiberlinge arbeiteten emsig. Interessiert blickten sie bei seinem Eintreten auf. Scheinbar gab es wenig Abwechslung in diesen Räumen und da war jeder Besucher willkommen.
    Claudius trat jedoch an den Tisch, wo ein Schreiberling saß, der unverändert weiterarbeitete. Er machte einen diensteifrigen Eindruck. Genau das, was Claudius jetzt brauchte.


    "Salve, Soldat. Ich habe mehrere Anliegen."

    "Ah, das trifft sich gut. Gerade findet kein Übungsmarsch statt und ich habe am Abend Zeit für diese Arbeiten."


    Wo er diese allerdings ausführen sollte, darüber hatte sich Claudius noch keine Gedanken gemacht. Die Pläne waren umfänglich, er würde ausreichend Platz benötigt werden.


    "Der Gedanke, nach einem Raum in der Principia zu fragen, ist gut! Mal sehen, ob die dort ein unbenutzes Büro zur Verfügung haben. Ich nehme an, die Pläne befinden sich ebenfalls dort."


    Halb Frage, halb Felststellung drückten die letzten Worte aus.

    Erneut begaben sich die Soldaten auf die Suche, die inzwischen bei den zwei Helmen einer Suche nach der bewussten Stecknadel glich. Einer der Helme, der seitlich abgetriebene, wurde relativ schnell gefunden. Die Suche nach dem anderen gestaltete sich als äußerst zeitaufwändig.


    "Wir suchen nur in der Mitte und zwar diesmal weiter stromab als bisher. Die Strömung ist enorm, er könnte gleich eine rollenden Kugel fortwährend weiter stromab getrieben werden.
    Also los!“


    Nach einem Stadium war noch immer nichts gefunden. Weiter ging es im Fluß, der nicht besonders temperiertes Wasser führte. Lippen färbten sich bläulich, manch einer zitterte, viele fluchten.

    Offenbar sah sich jeder der Legionäre und Probati in der Lage zu schwimmen.


    "Gut, Kampfausrüstung ablegen. Bis Hüfttiefe laufen, ab dann wird der Mincio schwimmend überquert. Die Strömung wird euch weit ostwärts abtreiben. Am anderen Ufer geht ihr Stromauf bis ihr an dieser Stelle genau gegenüber anlangt. Dort begebt ihr euch erneut in den Fluss und überquert ihn ein zweites Mal. Anschließend wieder flussauf im Fußmarsch und bei mir antreten.


    Los geht’s“

    "Ein Architekt? Hm, nie was von gehört. Vesuvius Claudius kennen wir aber. Er gehört zur vierten. Dort drüben."
    Der Legionär wies auf einen Block unweit der Via Praetoria.


    Nachdem der Optio Priscus zunächst in den Unterkunftsblock der vierten Centurie geschickt worden war, traf er auch recht bald auf den gesuchten Soldaten. Dieser erkannte ihn sofort.


    "Ah, der Vermessungsspezialist. Salve!“