Beiträge von Decima Valeria

    Valeria hörte entfernte Schritte, die die Treppe herunter kamen, doch sie wandte sich nicht um. Noch nicht. Dann verstummten die Schritte plötzlich und ein dumpfes Geräusch erklang, gefolgt von einem Kleiderrascheln und einer gemurmelten Entschuldigung. Nun konnte sie nicht anders, sie musste sich herumdrehen. Allerdings sah sie dort niemanden und diese verdammte Kapuze schränkte ihr Sichtfeld nicht unerheblich ein, also drehte sie den Kopf zur Treppe und sah hinauf. Dadurch, dass Maximian höher stand als sie und sie zu ihm aufsehen musste, konnte er natürlich ihr Gesicht sehen. Valeria brachte ein gequältes Lächeln zustande und streifte einfach die Kapuze ab. Es brachte nichts, wenn sie sie jetzt noch auf dem Kopf behielt. Danach faltete sie die Hände umständlich vor dem Körper und sah vorsichtig zu Maximian auf.


    "Salve", sagte sie leise, ja beinahe im Flüsterton. Selbst bei diesem einen Wort zitterte ihre Stimme mindestens genauso deutlich wie ihre Hände, was sie durch das Falten auf Schoßhöhe etwas zu verbergen suchte.

    Mit wild klopfendem Herzen und zitternden Händen trat Valeria ins Atrium. Kurz sah sie sich um und entdeckte einen Platz, der sich wunderbar für das Mosaik eignete, dass Livianus und sie Meridius geschenkt hatten. Wenn er sich mit Severa auf ein Motiv geeinigt hätte, würde der Meister es auch legen können.


    Valeria seufzte und korrigierte noch einmal den Sitz ihrer Kapuze. Kein Haar lugte hervor und erst jetzt fragte sie sich, wie Marcus sie überhaupt erkannt hatte. Nun, es war aber auch egal. Valeria ging zum Impluvium und stand damit mit dem Rücken zum Vestibulum und den angrenzenden Räumlichkeiten. Entfernt konnte sie den Hortus sehen. Nachdenklich starrte sie ins Wasser herunter.

    Valeria kannte Marcus noch von der Hochzeit und trat ein.
    "Salve, Marcus. Ich möchte mit Decimus Maximian sprechen. Aber bitte sage ihm nicht, wer mit ihm sprechen möchte. Es ist...eine Überraschung. Und es wäre vielleicht gut, wenn wir ungestört bleiben könnten und etwas Wasser da wäre. Keinen Wein, er trübt die Sinne nur. Wenn du das organisieren könntest, bist du der beste Ianitor des Imperiums", sprach Valeria leise und gezwungen ruhig.

    Genau fünfzehn Tage waren vergangen, seitdem Maximian in Colonia gewesen war. Dreizehn Tage hatte Valeria gebraucht, um sich dazu durchzuringen, nach Mogontiacum zu reisen. Sie hatte sich in Colonia abgemeldet und war ansonsten inkognito gereist, mit einem dunkelblauen Umhang mit Kapuze. Sie hatte keine Lust auf irgendwelche Leute, die sie kannten und ansprachen. Dazu war sie nicht in der Stimmung, dazu war ihr Herz zu schwer und der Verstand zu aufgewühlt.


    Nun lungerte sie seit einer halben Stunde in der Nähe der Regia herum und suchte Ausflüchte und Ausreden, um nicht hineingehen zu müssen, obwohl sie einhundertachzig Meilen gereist war, um mit Maximian zu reden. Freilich hatte sie sich dabei allerhand Worte ausgedacht. Trotzdem schien ihr Kopf nun leer zu sein. Wie fortgeweht im Sturm, der heute über Mogontiacum fegte und an ihren Kleidern zerrrte. Schließlich hatte sie die Wache passiert und war zum Domus gegangen. Wieder hatte sie etliche Minuten gebraucht, um den Türklopfer zu betätigen. Die Wachen kannten sie ja bereits und fragten nicht lange, warum Valeria wieder einmal hier war.


    So hatte sie dreimal geklopft. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen und die blonden Haare verdeckt, wartete sie darauf, dass der Ianitor öffnete.

    Ein Glück, dachte Valeria, dass sie den Pontifex hatte besuchen wollen, wie er es gern gehabt hätte. Ein Unglück allerdings, dass sie dabei wie durch Zufall die offenstehenden Türflügel des Marstempels bemerkt hatte - und das am frühen Morgen, noch bevor der Tempel offiziell geöffnet hatte. Sie war der Sache nachgegangen, hatte aber im wahrsten Sinne des Wortes nichts vorgefunden. Wie auch, denn Opferschalen, Schüsseln, Krüge, ja sogar Kultstatuen waren verschwunden! Kurzum: alles von Wert.


    Valeria hatte einen Discipulus ausfindig gemacht, der sich verschreckt gab und erzählte, dass er fest geschlafen hatte, als das passiert war. Hier hatte Valeria nichts weiter ausrichten können. Der patrizische Pontifex, der so sehr Wert auf Kommunikation legte, schien es nicht für nötig gehabt zu haben, sich abzumelden, sondern war einfach verschwunden. Nach Rom, wie sie später erfahren sollte, um sich zu beschweren.


    Doch nun war es ersteinmal wichtig, jemanden in Kenntnis darüber zu setzen, was hier geschehen war. So begab sie sich direkt zu Meridius, obwohl sie ihn eigentlich erst morgen hatte aufsuchen wollen...

    Valeria nickte.
    "Danke, Meridius. Das war alles."


    Sim-Off:

    Hatte extra geschrieben, dass Max erst noch kommen wird (siehe Vestibulum)... :P
    Wegen Max wird sie eh noch mal antanzen. :D

    Valeria sah Meridius verdutzt an.
    "Ich werde wieder nach Colonia reisen... Und ich denke, dass ich wohl die letzte Person sein werde, der er in Kenntnis darüber setzen wird, dass er zurück aus Rom ist. Und um ehrlich zu sein, hege ich den Verdacht, dass er sich persönlich beim Collegium beschweren will. Davor habe ich keine Angst, denn ich habe mir nichts vorzuwerfen. Was mir momenatan mehr Kopfzerbrechen bereitet ist, dass Mogontiacum ohne ihn keinen ranghohen Priester hat, der sich um die Belange der Tempel kümmert. Was dann passiert, zeigt das kürzliche Ereignis. Wenn er mich nur gefragt hätte, ob ich kurzzeitig den Dienst hier fortführen könnte, ich hätte es getan. Aber so..."
    Valeria zuckte mit den Schultern.

    Valeria schüttelte betroffen den Kopf.
    "Soweit ich weiß nicht. Du weißt ja wie das ist: alle reden darüber, aber niemand unternimmt etwas. Deswegen bin ich heute schon hergekommen, denn die Untersuchung dieses Falls duldet keinen Aufschub und ich wollte, dass du darüber Bescheid weißt. Eigentlich wollte ich erst morgen herkommen."


    Valeria schwieg und ging langsam weiter den Gang herunter.
    "Das Problem ist die Machtausübung bestimmter Personen, ausgelöst durch mein Versetzungsgesuch", begann sie.
    "Ich ersuchte bei Imperiosus um Versetzung nach Colonia, doch er wies mich ab und sagte mir, dass all meine Beweggründe gelogen und falsch seien. Allein das war für mich schon ein Grund, sein Urteilsvermögen nicht ernst zu nehmen. Also schrieb ich einen Brief nach Rom an das Collegium pontificium, das dem Gesuch stattgab. Zu dem Zeitpunkt, als der Brief eintraf, war ich bereits auf dem Weg nach Colonia, um mein Kind zu gebären. Ich wollte da sein, weil ich dachte, dass Lucius noch rechtzeitig.... Naja. Jedenfalls erfuhr ich durch einen Boten von der Bewilligung des Versetzungsgesuchs. Einige Zeit später suchte mich die Sacerdos Aurelia Antonia in Colonia auf, die ich zuvor noch nie in Ausübung ihres Dienstes gesehen hatte, und teilte mir mit, dass Imperiosus mich unverzüglich zu sehen wünsche, am besten sollte ich sofort aufbrechen und alles stehen und liegen lassen. Da ist allerdings rechtmäßig in Colonia war, verband ich den Besuch bei ihm mit deiner Hochzeit. Allerdings musste ich feststellen, dass er abgereist war. Niemand wusste Bescheid, wo er sich aufhielt, bis ich einen jungen Popa fand, der irgendetwas von einem zornentbrannten Pontifex und seiner Abreise nach Rom erzählte. Und nun stehe ich hier."

    Valeria zuckte mit den Schultern und erwiderte:
    "Von mir aus auch gern in einer Woche."


    Einen Moment standen sie schweigend beieinander, dann räusperte sich Valeria und kam auf das zu sprechen, was sicherlich nicht sehr angenehm war.
    "Meridius, ich habe Probleme im Cultus Deorum. Um genau zu sein mit dem Pontifex Imperiosus und der Sacerdos Aurelis Antonia. Hier herrschen in letzter Zeit sowieso Zustände, die... nun ja, sagen wir, unter jedweder Akzeptanz liegen. Der Pontifex ist nach Rom gereist, ohne eine Nachricht zu hinterlassen und ohne jemanden zu beauftragen, der sich während seiner Abwesenheit um die Tempel kümmert. Dies mag auch der Grund sein, aus dem im Marstempel eingebrochen wurde, wie ich erst durch Zufall auf dem Forum vom Gerede der Leute erfuhr. Ich eilte sofort hin, doch weder war jemand zugegen, noch konnte mir jemand etwas über den Einbruch sagen. Derzeit hält sich nur ein Discipulus im Marstempel auf und der hat fest geschlafen, als die Diebe die Opferschalen und anderes Wertvolles mitgenommen haben."


    Valeria sah Meridius ernst an, denn die Götter zu bestehlen (oder in diesem Falle Mars) war sicherlich keine Tat, über die man einfach so hinwegsehen konnte. Und sie war auch wichtiger als ihre Streitigkeiten mit besagten Mitgliedern des CD.

    Valeria lächelte freudig. Sie machte gern Überraschungen, gleich wem. Und dass Meridius und sie im Streit auseinander gegangen waren, ließ das Gefühl gleich noch intensiver erscheinen.


    "Natürlich. Ich werde mit Flavius Carius reden, er ist für den Vertrieb in Mogontiacum zuständig und nimmt die Aufträge für den Mosaikenleger entgegen. Ich werde ihn euch schicken, sagen wir...in drei Tagen?"
    Bis dahin sollten sie sich sicherlich geeinigt haben, dachte sie sich.

    Großzügig, wie Meridius war, hatte er sich sofort Zeit genommen, um Valeria ím Laufen zwischen den Gängen abzufertigen. Das, was sie zu sagen hatte, war allerdings nicht wirklich zwischen Tür und Angel abzuklären, aber das würde sicherlich auch Meridius noch auffallen...


    "Ja, wo soll ich anfangen", sprach sie zu sich.
    "Zuerst einmal den angenehmeren Teil. Wie du weißt, steht unser Hochzeitsgeschenk noch aus. Wir möchten dir und Severa gern ein Mosaik legen lassen. Dazu bedarf es eines Termins. Und der Mosaikenleger müsste auch wissen, was er überhaupt legen soll und wohin."

    Valeria war überrascht, als Meridius plötzlich direkt vor ihr stand. Das brachte sie irgendwie aus dem Komzept und für einen Moment hatte sie glatt vergessen, was sie eigentlich hier wollte. Dann setzte sie ein Lächeln auf und sprach.


    "Salve Meridius! Was du tun kannst? Verschiedenes, aber in erster Linie zuhören. Es gibt ein paar Dinge, die ich mit dir besprechen muss, geschäftlicher wie privater Natur."

    Nach kurzem Weg gelangte Valeria am Eingang des Domus an. Dass nur wenige Tage später Maximian in Mogontiacum auftauchen sollte, davon wusste sie freilich noch nichts. Vor dem Domus standen ebenfalls Wachen. Sie nannte Namen und Anliegen und wartete, dass man ihr Zutritt gewährte und den Legaten über ihre Anwesenheit in Kenntnis setzte.

    Anderthalb Wochen nach der Hochzeit waren Livianus und Valeria noch immer in Mogontiacum, Urlaub, sozusagen. ;)
    Valeria wollte dies nutzen und außer der Terminvereinbarung mit Meridius und Severa noch mit dem Legaten sprechen. Zudem hattesich etwas zugetragen, das nicht wünschenswert war. So begab sie sich zur Regia und sprach die Wache dort an.


    "Salve, Decima Valeria. ich möchte bitte zu Senator Meridius."

    Valeria nickte und winkte einen Sklaven herbei, der gerade vorbei kam.
    "Callidus, hole bitte Miriam. Es ist ein Soldat hier, der gern mit ihr sprechen würde."
    Der Sklave nickte und verschwand, und Valeria wandte sich an den Soldaten.
    "Kann ich dir sonst noch irgendwie behilflich sein?"

    Ein Blitz zuckte über den Himmel, dicht gefolgt von schepperndem Donnergrollen. Die Katze zeigte sich davon ziemlich unbeeindruckt und blinzelte nur schnurrend in den Sturm, der nun aufkam und an Valerias Haaren zerrte.


    Sie kam sich schäbig und egoistisch vor. Wenn Max doch nur geschrieben hatte, was los gewesen war. Wenn er sie doch nur hatte wissen lassen, dass Romanus und er mit dem Leben kämpften und er deswegen nicht hatte hier sein können! Es wäre alles anders gewesen, es wäre....


    Wäre es wirklich anders gewesen? Valeria und Livianus wären sich vielleicht nie nahe gekommen, weil Valeria weiterhin darauf gehofft hätte, dass Maximian das Fieber überstehen und zu ihr zurückkommen würde. Und was sollte sie nun tun? Glücklicherweise war Livianus mometan nicht anwesend, sondern bei irgendeiner wichtigen Besprechung. So würde er ersteinmal nicht merken, wenn Valeria sich grübelnd und nachdenklich zurück zog und mit sich selbst allein sein wollte.


    Sie seufzte herzerweichend und fragte sich, was sie nun zum Henker tun sollte. Maximian würde sicherlich nicht mit ihr sprechen wollen, war sicherlich schon aus der Stadt und bereits auf dem Heimweg. Und Valeria fühlte sich auch gerade nicht in der Lge dazu, überhaupt mit ihm zu reden. Sie hätte ja nicht einmal gewusst, was sie sagen sollte. Verteidigen wollte sie sich nicht, rechtfertigen konnte sie sich nicht. Und 'es ist einfach so passiert' war so ziemlich die dümmste Ausrede, die sie gebrauchen konnte. Sie seufzte tief und wischte die Tränen fort. Dann erhob sie sich. Es brachte nichts, wenn sie nun die ganze Nacht hier saß und über ihre eigene Dummheit sinnierte. Da konnte sie genauso gut heim gehen und sich dort einen Kopf machen, wie es nun weiter ging.


    Denn eines war klar: So, wie Maximian und Valeria auseinander gegangen waren, konnte es nicht bleiben. Also ging sie nach Hause.

    Valeria sah den Soldaten etwas hilflos an.
    "Nein, tut mir leid. Ich kenne sie nicht einmal annähernd so gut wie ich es gern täte. Aber ich kann dir jemanden schicken, der dir sicherlich etwas erzählen kann: Marius", sagte sie, ohne zu ahnen, dass ebendieser bereits befragt worden war oder aber sich gerade jetzt im Officium aufhielt und verhört wurde.
    "Bisher war sie eigentlich immer zuverlässig. Ich konnte nie klagen. Dass nun so etwas passiert, verwundert mich ehrlich gesagt."