Beiträge von Ein Urbaner

    Der Medicus nahm die Tabula in die Hand und begann mit dem Griffel den Namen in das Wachs zu kratzen.

    Tauglichkeitsprüfung von:
    Aulus Iunius Seneca


    Krankheiten



    Körperlicher Zustand



    Gehör



    Augen



    hier mit erklärt ich den Aspiranten für





    „Nun mach die Tür zu, dann zieh dich aus, hattest du in letzt Zeit irgend welch Krankheiten oder beschwerden?"

    “Tribun die Therma ist leer kein einziger zu finden. Ich denke wir können in Richtung Viminal zur Therma des Nereus aufbrechen. Die anderen haben sie sicher schon umstellt.”


    Meldete er nach dem er mit den zwei Contubernia durchsucht hatte. Was ja schnell ging da ja eh keiner da war. Wehr sie voller Menschen gewesen wie normalerweise wehre das deutlich langsamer von statten gegangen. Aber ein leerstehendes Haus war ziemlich einfach.

    [Blockierte Grafik: http://img27.imageshack.us/img27/2835/princepspriorava.jpg] | Princeps Prior Spurius Seppius Avidus


    Als sich der Horizont im Osten ein klein wenig heller färbte, ein Anflug von Morgengrauen zu erahnen war, füllte sich die Gasse mit den Stadtsoldaten, die der Aedil zu seiner Unterstützung angefordert hatte. Es war die vierte Centurie der ersten Kohorte, vollständig angetreten mitsamt einiger Capsarii. Nur einer fehlte, das war der Centurio, der war nämlich überraschend nach Ägypten versetzt worden und bereits abgereist. Übergangsweise führte darum der Princeps Prior Spurius Seppius Avidus die Centurie, er war ein altgedienter Urbaner, der unter den Soldaten dafür bekannt war, dass er es mit der Disziplin nicht immer ganz so genau nahm und auch mal fünfe gerade sein ließ – vorausgesetzt man steckte ihm ordentlich was zu.
    "N' Morgen Aedil" grüßte Seppidus den Magistraten. Er kannte den Mann von einer kurzen Besprechung zwei Tage zuvor, als er ihn über die veränderte Besetzung informiert hatte. Modestus' Begleitern schenkte der Urbaner keine besondere Aufmerksamkeit. "Dann woll'n wir den Betrügern mal'n kräftigen Arschtritt verpassen, was?" Gutgelaunt zeigt der Princeps Prior sein charakteristisches, windiges Grinsen, wandte sich dann der Truppe zu.
    "Milites! Der Aedil führt uns jetzt zum Lagerhaus. Dort angelangt umstellen wir's zackzack, und vor allem ohne einen Mucks! Dann geht die erste Gruppe unter meiner Führung von vorn rein, die zweite unter Princeps Prior Sergius' Führung von hinten durchs große Tor rein, die andern bleiben draussen und schauen dass keiner türmt. Verstanden?!
    Drinn schnappen wir uns den Vilicus, Molon, den ihr an der Glatze und der reichen Kleidung erkennt. Also, jeder, der ne Glatze hat, wird erst mal festgenommen. Ausserdem packen wir Unterlagen und Siegel ein, und 'n paar Säcke Getreide."

    Der Princeps Prior hob die Hand und zählte es nochmal deutlich für alle zum Einprägen an den Fingern ab:
    "Erstens: Molon mit der Glatze. Zweitens: die Unterlagen. Drittens: die Siegel. Viertens: 'n paar Getreidesäcke. Das ganze zackzack.Merkt euch das, Männer.
    Ausserdem wichtig: es sind auch Bürger da drinn. Also beherrscht euch. Die Schwerter werden nicht gezogen! Wenn euch einer blöd kommt, nehmt die Holzknüppel, die ich vorhin ausgegeben habe. Nochmal: nehmt die Knüppel, nicht die Schwerter. Wer Bürgerblut vergießt, der lernt mich vonner fiesen Seite kennen."

    Nach dieser herzhaften Ansprache drehte Seppius sich wieder zum Initiator der Sache. "Sonst noch was, Aedil?"





    FDS

    [Blockierte Grafik: http://img504.imageshack.us/img504/857/mileslupercuskm3.jpg| Miles Catius Lupercus


    Das stank zum Himmel. Die Anspannung der Männer, die ihre Hände unter den Gewändern verborgen hielten. Die geknebelte Frau, deren tränenfeuchtes Gesicht einen Augenblick lang im Licht der Laterne sichtbar war. Miles Lupercus war nicht besonders feige. Aber auch nicht besonders tollkühn. Es mit dreien von dem Gesindel, um das es sich hier offenkundig handelte, auf einmal aufzunehmen, das war ihm viel zu riskant, zumal die Burschen beritten waren. Er hätte der Frau ja gerne geholfen, aber bis seine Kameraden aus der Wachstube hier angelangt waren, könnte es für ihn selbst zu spät sein, ausserdem waren die anderen mittlerweile wahrscheinlich stockbesoffen. Verdammte Saturnalien, alle Welt spielte verrückt... Man konnte doch nicht ernsthaft von ihm verlangen, für so einen lumpigen Sold sein Leben auf Spiel zu setzen, für eine Fremde... So ein kleines Bestechungsgeld hingegen, das könnte er gut gebrauchen. Und wenn wirklich ein Cornelier dahinterstecken sollte, dann wäre es sowieso unklug für einen kleinen Stadtsoldaten, ihm einen Strich durch die Rechnung zu machen.
    Als hätte er nichts gesehen, liess Lupercus den Laternenschein einfach weiterwandern, beleuchtete kurz den letzten im Bunde, Chimerion.
    "Fünf."
    Des Miles Stimme gab nichts preis, von diesen Überlegungen. Lediglich, dass sein Griff um die Hasta etwas fester wurde, seine Schultern etwas angespannter. Er liess die Laterne sinken, trat einen Schritt zurück, und wandte sich wieder an den Mann, der sich als Rufus vorgestellt hatte, jedoch ohne dabei die anderen aus den Augen zu lassen.
    "Macht fünfzehn Denarii."




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    [Blockierte Grafik: http://img504.imageshack.us/img504/857/mileslupercuskm3.jpg| Miles Catius Lupercus



    Was war denn das? Ein erstickter Laut liess den Stadtwächter aufhorchen. Er hatte eine Laterne neben sich stehen, die einen Kreis von Licht auf das Pflaster zu seinen Füssen warf, so war es um so schwieriger etwas ausserhalb des Lichtscheins zu erkennen - aber dass da Bewegung, eine Art Gezappel auf einem der Pferderücken war, dann langes Getuschel, das entging ihm nicht. Lupercus hob die Laterne, und leuchtete dem Sprecher, der auf ihn zukam, ins Gesicht, hörte sich dessen Erklärung an, und folgte mit den Augen der Geste zum Beutel.
    "Aha, hm... du bist dir schon bewusst, Rufus, dass Reiten innerhalb der Stadtmauern ein Bußgeld nach sich zieht? Ein sehr hohes Bussgeld, bei so vielen Personen...", bemerkte der Soldat listig, und ging mit der Laterne in der Hand auf das Grüppchen zu. Zwei Schritt davor blieb er stehen. Die Hasta trug er in der Rechten, das Scutum stand an den Torbogen gelehnt.
    "Eins", zählte Lupercus, mit Blick auf Hannibal, dann schwankte der Schein der Laterne, entriss zuerst Pferdebeine dem Dunkelheit, legte sich daraufhin blendend auf das Gesicht Didos.
    "Zwei...", zählte der Soldat mit melancholischer Miene - so jung, und schon eine Lupa, das Mädchen war ja kaum älter als seine kleine Tochter... wobei er diese lang nicht mehr gesehen hatte, ihre Mutter war dagegen, sie meinte immer nur er solle mehr zahlen, aber das sollte mal einer vormachen bei dem Hungerlohn.
    Der Laternenschein strich jetzt über einen Pferdehals, eine Decke, und "Drei, vier..." zählte der Miles schon, als das Licht sich dem Gesicht Epicharis, und zugleich auch dem Cassims näherte - noch hatte es sie nicht erreicht, aber es zeichnete sich ab, dass sie beide im nächsten Augenblick deutlich sichtbar sein würden.



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    [Blockierte Grafik: http://img504.imageshack.us/img504/857/mileslupercuskm3.jpg| Miles Catius Lupercus


    Fair war das nicht - die ganze Stadt feierte und vergnügte sich, war völlig ausser Rand und Band, nur die Urbaner schoben Dienst. Lupercus, ein gestandener Soldat, nicht mehr der Jüngste, hielt mit zwei Kameraden hier am Tor die Stellung. Während die anderen in der Wachstube unter der Mauer sassen, wo sie es warm und einigermassen bequem hatten, hatte Lupercus beim Losen den kürzeren gezogen, und stand nun draussen, unter dem Torbogen, eingehüllt in seine Paenula und gestützt auf seine Hasta. Die Torflügel standen offen, da von Zeit zu Zeit Karren in die Stadt hinein- oder hinausfuhren. Sie wurden von den Soldaten flüchtig untersucht, in dieser Nacht hielt sich der Diensteifer in Grenzen.
    Bei diesem Wetter fühlte Lupercus wieder dieses Ziehen und Stechen in seinem Knöchel - er hatte ihn sich vor langer Zeit gebrochen, als er auf der Treppe zum Wehrgang gestolpert war, behauptete aber gerne, es sei im Kampf geschehen, als er einen gefährlichen Bandenführer dingfest gemacht hatte. Dem Stechen nach zu urteilen, würde das Wetter noch kälter werden. Vielleicht würde es sogar schneien. Lupercus seufzte, zog die Paenula um sich, und erwog gerade, in die Wachstube zu gehen, und einen der anderen rauszuschicken - als Hufschlag an sein Ohr drang. Er wandte den Blick stadteinwärts, und sah eine Gruppe von Reitern auf das Tor zukommen. Na so was, dabei war das Reiten innerhalb der Stadtmauern doch verboten - es sei denn man gehörte zu den ganz elitären Equites Singulares. Lupercus trat in die Mitte des Torbogens und sah zu den Reitern, viel konnte er auf die Entfernung nicht erkennen, aber Prätorianer schienen es nicht zu sein. Sobald sie näherkamen, rief er sie an:
    "Wer da?"





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    [Blockierte Grafik: http://img261.imageshack.us/img261/8988/graniusgalliodb4.jpg| Gaius Granius Gallio



    Es trug bei Gallio tatsächlich prompt seine Früchte, denn der Veteran und Offizier fühlte sich dadurch in seiner Position vom PU bestärkt, egal, wie sehr oder eher weniger er tatsächlich ein Entscheidungsträger war, das wußte der ältere Mann natürlich nicht. Doch so konnte er zufrieden sein und er nickte auch dementsprechend. Natürlich hatte er noch eine Liste für all jene Beförderungen vorbereitet, die in den diversen Zenturien anstanden, schließlich konnte man das gut in einem Abwasch erledigen. Er griff nach der Rolle, sicherlich würde der PU sich nicht jeden Namen einzeln anschaun, schließlich waren das eher 'unwichtige' Beförderungen.
    "In der Tat, praefectus, sind da noch diverse Beförderungsvorschläge, die ich unterbreiten möchte. Ich habe sie genau auf dieser Liste aufgeführt. Es handelt sich jedoch um keinen centurio, einige optiones und immunes, praefectus."
    Er reichte die Liste weiter und nahm wieder Haltung an.



    [Blockierte Grafik: http://img261.imageshack.us/img261/8988/graniusgalliodb4.jpg| Gaius Granius Gallio



    Steif als hätte Gallio einen Stock verschluckt stand er im Raum, Haltung war für den centurio schon immer wichtig gewesen und diese mußte man zu jeder Tageszeit beweisen, alles andere zeugte von Disziplinslosigkeit. Aus seiner ganzen Persönlichkeit Gallio mußte der Soldat niemals Respekt heucheln, er empfand ihn auch für seine Vorgesetzten – mal von den senatorischen Tribuni abgesehen.
    „Optio Decimus Serapio, derzeitig optio der vierten centuria, erste cohors. Er dient seit einiger Zeit in den cohortes urbanae mit Fleiß und großem Durchsetzungsvermögen. Er hat vorher in der Kriegszeit in der Prima seinen Dienst versehen und dort mehrere Auszeichnungen für seine Tapferkeit erhalten. Die Männer kennen ihn und er sie, somit wäre ein reibungsloser Ablauf garantiert, wenn er das Kommando übernimmt.“
    Einige Dinge konnte der Soldat selber beurteilen, er behielt die Soldaten in der ersten cohors besonders im Augen, gerade die centuriones, aber auch die optiones, manche Dinge hatte er sich an diesem Tag noch sagen laßen müßen.



    [Blockierte Grafik: http://img261.imageshack.us/img261/8988/graniusgalliodb4.jpg| Gaius Granius Gallio



    Er war schon ein alter Veteran und diente lange in den cohortes urbanae, der erste centurio der ersten cohors von den cohortes. Eisern und hoch aufgerichtet waren die Schritte, mit denen er über die Lagerstraßen lief und auf die principia zu strebte, denn er hatte den PU zu sprechen. In Angelegenheiten, die er nicht alleine entscheiden konnte – selbst wenn seine Befugnisse im Gegensatz zum normalen centurio schon bedeutend größer waren. Doch es ging um die Ernennung eines centurio und die Besetzung eines vakanten Posten, der heute frei geworden war. Gallio trat in das Verwaltungsgebäude und klemmte sich den centuriostab unter den rechten Arm. Reservierten und kalten Ausdruckes und mit seiner direkten Art marschierte er auf einen Schreiber zu, ließ sich mit seinem Anliegen anmelden und trat er dann in das officium des PU ein, wo er immer noch so präzise wie schon vor zwanzig Jahren salutierte.
    „Ave, praefectus!“
    , grüßte der Granier seinen Vorgesetzten, mit dem er nun schon öfters seit deßen Ernennung zu tun hatte.
    „Ich will Dich nicht lange stören, praefectus! Aber es geht darum, daß die vierte centuria seit heute – wie Du sicherlich selber weißt – ohne Zenturio ist. Wenn Du mir erlaubst, würde ich gerne einen Vorschlag für die Besetzung jenes Posten machen.“
    Da Granius Gallio eben ein alter Veteranenknochen war, hielt er sich nicht mit langen blumigen Vorreden auf. Wozu auch, wenn man es doch zügig erledigen konnte?



    Die kräftigen Augenbrauen von Bibulus gingen in die Höhe; niemanden hatte der optio also angegriffen? Das hatte ihm Sedulus aber ganz anders geschildert, der natürliche Mißtrauen, der Bibulus eben von seiner Dienstzeit her zu eigen war, fand dadurch noch etwas mehr an Nahrung. Aber die Sache war ihm wirklich zuwider, sehr sogar. Er hätte sich damit gar nicht aufgehalten, wenn es seine Dienstpflicht nicht von ihm verlangen würde. Bibulus seufzte und verschränkt grimmig schweigend die Arme vor der Brust. Was sollte er nur tun? Natürlich sagte eine Stimme in ihm, er solle es am Besten gleich dem Büro des PU melden, damit die dort zuständigen sich darum kümmern konnten. Andere sprachen sich jedoch dagegen aus. Aber letztendlich hatte er den Decimer sprechen wollen, weil er erstmal den schweren Weg nicht angehen wollte.
    „Wende Dich an Deinen centurio und berichte ihm von der Angelegenheit. Wenn Du das bis zur nächsten Mondwende erledigt hast und er eine Lösung dafür gefunden hat, werde ich nichts weiter unternehmen. Solltest Du es nicht tun, und ich werde das von Deinem Vorgesetzten erfahren, dann wende ich mich an höhere Stelle und werde die Angelegenheit höheren Dienstgraden überlaßen.“
    Bibulus stand auf.
    „So, wenn Du mich dann jetzt entschuldigst? Ich habe schon den Vormittag mit deiner Sache verbringen müßen, ich muß auf den campus. Vale, optio!“
    Bibulus nickte ihm kalt und säuerliche zu, ehe er seinen optiostab nahm und aus der Tür hinaus stapfte. Die armen probati, die den Soldaten ertragen mußten heute.

    Ungerührt verfolgte Bibulus die Regungen in dem Gesicht des jungen optio; ein wenig tat es ihm schon Leid mit der ganzen Angelegenheit, aber hauptsächlich, weil es ihn ärgerte, in eine solche Situation gebracht zu werden. Eine Lüge bei der Aufnahme in die Legion war etwas schwer wiegendes, gegen einen guten Soldaten deswegen vor gehen zu müßen, eine sehr unschöne Sache. Bibulus lehnte sich zurück als das Geständnis aus dem Decimer heraus sprudelte. Immerhin gab er es endlich zu und begann keine peinliche Lügerei und Leugnung der Tatsachen. Aber selbst wenn Bibulus das anerkennen konnte – selbst wenn die Wahrheitsliebe des anderen Soldaten ein wenig zu spät kam – so würde er dennoch das Ganze melden müßen, es blieb ihm keine andere Wahl. Und bestechlich war Bibulus in solchen Dingen nicht, wenn es um die Wacheinteilung ging, Strafarbeiten und ähnliche Lapallien, ja, dann ging es auch bei ihm, aber nicht, wenn er die Grundfesten des Soldatentums angekratzt sehen würde.


    „Das mag schon stimme, optio, daß Du kein schlechter Soldat bist und es schwierig werden könnte, Dich zu ersetzen, wenn auch nicht unmöglich und mit Sicherheit auch in baldiger Zeit. Mir geht das Ganze auch gegen den Strich. Wenn es nach mir als Privatmann und einfachen Kameraden gehen würde, könnte ich das ruhen laßen und ignorieren. Aber ich bin nun mal mit meinem Rang der CU verpflichtet und kann so etwas nicht durch gehen laßen. Wie das Ganze jedoch endet und ob in einer unehrenhaften Entlaßung oder nicht, das liegt immer noch auch in Deinen Händen, Decimus. Vielleicht hast Du ja einen Vorschlag, wie wir weiter vor gehen könnten?“

    Dämmrig düster war es in der Unterkunft von Bibulus, der stets seine Fensterläden geschloßen hielt und seinen Raum nur mit Öllampen erleuchtete. Die Flammen tanzten als Serapio den Raum betrat und spielten mit den Schatten im Raum. Bibulus war immer noch über einer langen Schriftrolle gebeugt und hatte seine Augen verengt, denn in letzter Zeit hatte er arge Not manches Mal die kleine Schrift zu entziffern. Als er die Schritte hörte, sah Bibulus auf und nickte dem Decimer ernst und – wie immer – reserviert zu.
    „Salve, Decimus, nimm' doch bitte Platz! Miles...“
    , sprach er an den Soldaten, der noch im Raum verharrte.
    „Du kannst gehen und schließe bitte die Tür!“
    Der Soldat nickte ernst und ging hinaus. Bibulus griff nach einem Krug und schüttete von dem Essiggemisch in einen Becher, was er Serapio reichte.
    „Es ist nicht wegen den verdorbenen Vorräten, Decimus, darum habe ich Dich nicht zu mir gebeten.“
    Bibulus haßte die ganze Angelegenheit jetzt schon, er hatte keine Lust, sich darum zu kümmern, aber sein Pflichtbewußtsein hielt ihn dazu an.
    „Wir kennen uns noch nicht sonderlich gut, Decimus, aber ich habe schon einige Dinge von Dir gehört. Bei der Prima hast Du Deinen Dienst vorbildlich absolviert, Du wurdest während des Krieges zweimal ausgezeichnet wegen Tapferkeit und herausragendem Einsatz. Deswegen ist mir das Ganze mehr oder minder unangenehm, aber leider sind da einige Unstimmigkeiten bezüglich Deiner Vergangenheit aufgetaucht, Decimus. Dinge, die ich nicht ignorieren kann. Laut den Aufzeichnungen vom Rekrutierungsbüro, die ich von der Prima entnehmen konnte, hast Du dort angegegeben, Dich keines Verbrechen schuldig gemacht zu haben. Ich habe mittlerweile jedoch andere Informationen, insbesondere alte Protokolle von den Cohortes Urbanae. Möchtest Du mir vielleicht dazu etwas sagen, Decimus?“

    Grübelnd saß Bibulus schon den ganzen Vormittag über Schriftrollen und über Archivaufzeichnungen, die er sich sogar von einer anderen Legion hatte schicken laßen. Denn gleichwohl einige Zeit vergangen war, seitdem Sedulus zu Besuch war, so hatte Bibulus jene Angelegenheit immer noch nicht vergeßen und hatte heute vor, nachdem endlich die Schriftrollen eingetroffen waren, sich mit dem kleinen Problem zu befaßen. Sein Kopf schmerzte schon vom ganzen Durchrechnen und Überprüfen, doch er war nicht viel weiter gekommen. Sicherlich, es gab die eine oder andere Unstimmigkeit, aber das waren minimale Beträge und nicht der Rede wert, wahrscheinlich das übliche Wegstecken oder einfach verrechnet. Nichts, was ihn sonderlich besorgt hätte. Seine eigenen Rechnungen waren nicht immer ganz koscher. Jetzt wollte er den nächsten Schritt gehen in seinen Nachforschungen: Die direkte Konfrontation. In seinem eigenen Stüblein der ersten centuria sitzend sah Bibulus auf und zu dem Soldaten, der ihm schon den Vormittag lang geholfen hatte.
    „Lauf' zur Baracke der Vierten und suche nach princeps prior Decimus. Richte ihm aus, ich wäre sehr verbunden, wenn er etwas Zeit erübrigen könnte und mal hier vorbei schauen könnte.“
    Der Soldat stand auf und verließ den Raum, um den Auftrag auszuführen. Er eilte durch den Gang, durch die castra und schließlich zur vierten Zenturie. Nach einigem Durchfragen hatte er schließlich auch den Gesuchten ausgemacht, vor dem er brav salutierte.
    „Princeps prior, princeps prior Peltrasius erfragt, ob Du etwas Zeit übrig könntest. Er würde gerne eine Unterredung mit Dir im Quartier der Ersten führen!“

    Abgesehen davon, daß Bibulus sich ein Leben außerhalb des Militärs nicht vorstellen konnte, die Arbeit hier war nun mal sein Leben und wahrscheinlich würde er tot umfallen, sobald er als Zivilist die castra für immer verlaßen sollte, aber er hätte wohl tatsächlich so wie Sedulus gehandelt, immer an das Wohl der CU – sein Leben eben – denkend, darum nickte Bibulus langsam, immer noch in Gedanken mit jenem – mehr unliebsamen – kleinen Problem, was nun in sein Leben getreten war und das er von nun an erst mal nicht ignorieren konnte – oder gar wollte!
    „Da hast Du schon Recht, Germanicus!“
    , pflichtete Bibulus seinem ehemaligem Kameraden bei. Ein dunkles und abgehacktes Lachen konnte sich Bibulus nicht erwehren bei der Vorstellung, die Sedulus beschwor, ja, die CU als letzter Platz von den Straßenkämpfen von den vielen Banden, das wäre war und wohl der Untergang Roms, zumindest in Bibulus' Gedanken.
    „Naja, noch können wir das verhindern, wollen wir mal hoffen, daß das bei dem Gesindel nicht noch Schule macht!“
    Bibulus grinste kurz und nickte zustimmend, ja, er mußte langsam mit seiner Arbeit weiter machen, es galt noch einige Speicher zu kontrollieren, zudem mußte er noch einen langen Bericht danach verfaßen, schließlich eilte es doch, wenn noch mehr Vorräte verdorben waren.
    „Na, dann wünsche ich Dir viel Erfolg, Germanicus, und wenn Du im Senat landest, dann denk an uns arme Soldaten, wenn Du über unsere Angelegenheiten abstimmst!“
    Ob der Senat da jedoch noch was zu sagen hatte, das wagte Bibulus zu bezweifeln, der Kaiser entschied oder seine rechte Hand, ihr neuer Kommandant, den Senatoren wurde doch letztendlich nur noch Sand in die Augen gestreut, wenn sie glaubten, noch etwas mit ihren Stimmen bewirken zu können.
    „Wer weiß, die Götter treiben manchmal ein seltsames Spiel mit uns. Vale, Germanicus!“
    Der Becher war eh leer, so daß Bibulus ihn zur Seite stellte und sich erhob, um auch Sedulus noch die Hand zum Abschied zu reichen. Er nickte noch mal Sedulus zu und marschierte zu dem nächsten Vorratsspeicher, einen kleinen Troß an Soldaten hinter sich.

    Von einem politischen Amt leben können? Bibulus beäugte Sedulus mit einem scheelen Blick und zuckte mit der Schulter, womöglich meinte Sedulus auch was ganz anderes, nämlich den Dienst in der Verwaltung, wo man – wie man immer wieder hörte – wahrhaft Unsummen an Geldern und dann noch mal so viel an Bestechung erhielt, aber als Ritter hatte man da es wohl einfacher.
    „Hmh!“
    , murmelte Bibulus leise in sich hinein. Denn er wollte Sedulus auch nicht in den Schilderungen bezüglich des Decimers unterbrechen, der alte Soldat nickte immer mal wieder und seine Stirn erhielt nach jedem Satz immer mehr an Falten und Runzeln.
    „Diebstahl...hmh...“
    Unschön für einen CUler, aber noch nichts, was sonderlich weltbewegend war, aber auch das würde Bibulus überprüfen müssen.
    „Ein Messer...hm...“
    Das war natürlich nicht gut, auch nicht, daß er einen Soldaten angegriffen hatte. Bibulus tippte nachdenklich mit seinen Fingerspitzen auf das Holz des Tisches und nickte zustimmend, ja, wenn alles seinen rechten Gang gegangen wäre – obwohl Bibulus nicht wußte, ob dem so geschehen war oder nicht – dann hätte das Böse für den Decimer enden können.
    „Hm, unschön, unschön...“
    , murmelte Bibulus und überschlug in Gedanken sein weiteres Vorgehen in dieser Sache, es einfach ignorieren, wäre schön einfach, aber es war nicht Bibulus' Art, der mehr ein Soldat der gründlichen und doch soliden Art war. Er sah auf und war dabei recht ernsthaft.
    „Ich danke Dir, Germanicus, ich werde das mal genauer verfolgen und sehen, was da zu tun ist!“
    Zuerst würde er wohl mal einen Blick in die Akten werfen, dann...würde sich das schon zeigen. Langsam hob sich Bibulus' rechter Mundwinkel und seine Schultern zuckten kurz, eines innerlichen Lachens wegen.
    „Weißt Du, wäre doch im Grunde auch mal was anderes, wenn das Diebesgesindel selbst zur CU kommt, eine ganz neue Art der Verbrechensbekämpfung...wenn sie alle dann ihren Dienst so verrichten wie der Decimer, also ohne Beanstandung...“
    ...zumindest wie Bibulus bisher gehört hatte, aber er würde auch noch mal einen Blick in bestimmte Bücher schauen, um zu sehen, ob der Decimer auf andere Weise sich nun betätigte.

    „Am Ende wünschst Du Dir sehnlichst ein Amt herbei, um nicht zu viel zu Hause sein zu müßen!“
    Bibulus grinste kurz und schlürfte weiter von dem verdünnten Wein. Ein guter Soldat? Bibulus ließ den Becher etwas sinken und drehte ihn zwischen seinen von Schwielen rauhen Händen, die schon seit langer, langer Zeit das Schwert und die hasta zu führen wußten. Bibulus dachte einige Herzschläge lang über die Frage nach und war...überfragt, er hatte mit dem Decimer so gut wie kaum etwas zu tun gehabt. Doch gerade als Bibulus die paßende Antwort formulieren wollte, eröffnete Sedulus auch schon den Grund, warum er so beharrlich nach jenem Soldaten gefragt hatte. Bibulus sah ihn schweigend an, das Grinsen von vorhin war verschwunden und eine nachdenkliche Falte bildete sich auf der sonnengebräunten Stirn des älteren Soldaten.
    „Der Caecilier...“
    Bibulus nickte knapp, ja, Minor hatte er durchaus noch in Erinnerung. Aber das, was er gerade gehört hatte über den Decimer, das gefiel Bibulus gar nicht, sollte es stimmen, was den Verdacht anging, nicht, daß Bibulus seinem ehemaligen Kameraden nicht glauben würde – im Gegenteil, er glaubte ihm jedes Wort-, aber dieser schien sich nicht ganz sicher zu sein, oder formulierte Sedulus es nur vorsichtig? Bibulus hob die Hand und fuhr sich nachdenklich über sein Kinn.
    „Kein Verhandlung? Hm, das klingt ganz danach, daß da politische Mauscheleien dahinter stecken.“
    Bibulus wußte ja, daß genug Decimer Senatoren waren und eine Krähe hackte ja nicht der Anderen das Auge aus, wie man bekanntermaßen wußte – was natürlich auch für Soldaten galt.
    „Das ist natürlich nicht erfreulich...was hat er denn damals verbrochen?“

    „Ja, wer will schon nach Ostia?!“
    Bibulus nickte zustimmend, er diente gerne in Rom und wollte auch hier bleiben, aber die Gefahr, woanders hin versetzt zu werden, schien nicht mehr zu bestehen, Bibulus hatte sich mittlerweile in manchen Bereichen als unentbehrlich erwiesen, sehr zu seiner Zufriedenheit und immer noch princeps prior zu sein, störte ihn auch nicht, im Gegenteil.
    „Ein kleiner Wonneproppen? Dann noch mal meinen Glückwunsch dazu. Sie schreit wahrscheinlich die ganze Zeit, hm? Kleine Kinder machen das ja gerne!“
    Da hörte auch schon die Erfahrung von Bibulus bezüglich Kindern auf, worüber er manchmal ganz froh war, dann wiederum auch wehmütig.
    „War Deine Frau dann die ganze Zeit hier in Rom oder ist sie Dir nach Germania gefolgt?“
    Eine treu sorgende Ehefrau tat das wohl – so zumindest in dem bescheidenen Weltbild von Bibulus – aber Römerinnen waren dann wiederum doch sehr eigen, besonders was die Provinzen anging.


    „Wie er sich so macht...?“
    Bibulus hob die Hand und kratzte sich am Kinn, grübelnd über jene Frage von Sedulus bezüglich des Decimers. Der Soldat zuckte ratlos mit der Schulter.
    „Ich denke mal, ganz passabel. Ich habe zumindest noch nichts Schlechtes über ihn gehört, hat wohl ein paar Auszeichnungen im Krieg bekommen, wie viele von der Prima. Aber ansonsten...ja, er tut seinen Dienst, wie alle hier!“
    Bibulus musterte Sedulus doch nachdenklich.
    „Aber warum fragst Du das? Sollte ich vielleicht besorgt sein, Sedulus?“

    „Auf die cohortes urbanae!“
    Auch Bibubulus hob den Becher, ebenso nickten einige Männer, die daneben herum lümelten oder standen, beifällig bei jenem Trinkspruch, denn viele von ihnen gaben viel darauf, bei den CU zu dienen und waren sehr stolz auf ihre Arbeit – wie auch Bibulus, selbst wenn er an solchen Tagen wie heute, wo er die horreae kontrolliert hatte, mehr mißmutig war. Bibulus nickte verstehend bei der Erwähnung von vielen Sesterzen, Brotschenkungen, Senatorenbestechungen, schon im Vorfeld teuer, und dann erst das Ausrichten der Spiele, wo sich jeder Aedil von Jahr zu Jahr zu übertreffen suchte, was nicht vielen gelang, aber die Masse an Zuschauern durchaus befriedigte und ihnen bei den CU auch einige hektische Tage an Arbeit brachte. Leise brummend bestätigte Bibulus auch jene Worte über monotone Arbeiten, ja, als Handwerker, Bauer oder Verwaltungsmensch hatte man es mitunter auch nicht beßer, und an manchen Tagen war die Arbeit bei den CU sicherlich deutlich interessanter als die eines Politikers.
    „Ja, da magst Du Recht haben, Sedulus, außerdem will ich mich gar nicht beschweren, ich mache den Dienst bei den CU gerne.“


    Die grob verputzte Mauer der Speicher spürte Bibulus an seinem Rücken als er sich gemütlich zurück lehnte und – dafür daß er im Dienst war – einigermaßen entspannt den Wein schlürfte. Ein rauhes Lachen kam aus seiner Kehle als er das von der Nicht des Octaviers vernahm, ja, die säuerliche Miene des Mannes konnte sich Bibulus gut vorstellen, er hatte sie ja oft genug gesehen, als dieser hier das Kommando noch führte.
    „Dann meinen Glückwunsch dafür, Sedulus, scheint ja wirklich eine gute Partie zu sein. Und? Ist sie schon guter Hoffnung oder hast Du schon Nachwuchs sogar bekommen?“


    Abermals einen Schluck geschlürft und nachdenklich die Stirn gefaltet als Sedulus die Sprache auf einen dubiosen princeps prior brachte, Bibulus lauschte Sedulus' Worten und dachte einen Augenblick lang nach.
    „Von der Prima? Hm, also vor ein paar Wochen – glaube ich – ist eine ganze Handvoll von den Soldaten zu uns gekommen, sind alle in der vierten centuria der ersten cohors.“
    Die Bibulus, da er der ersten centuria dieser Kohorte angehörte, auch recht gut kannte, zumindest vom Sehen her oder den Musterrollen.
    „Hm, naja, von früher her hatten wir schon Zulauf von der Prima, das war jedoch noch vor dem Krieg, aber, wenn ich so darüber nachdenke, vielleicht war das der Decimer, Decimus Supus oder Seropus....Serapio, ja, genau, Decimus Serapio.“
    Fragend sah Bibulus zu Sedulus.
    „Und was soll merkwürdig an dem sein? Jung vielleicht, aber das waren wir alle mal, Germanicus. Ansonsten kommt er doch aus einer respektablen Familie.“

    „Fisch und Lamm!“
    „Nein.“
    „Ach, komm, schon, Asinus, wir haben sowieso nichts zu tun!“
    Das waren die Stimmen, die aus dem Rekrutierungsbüro drangen, als man die Tür öffnete; zwei Männer saßen in dem Raum an einem breiten Tisch, einer, der rundlich, wenn nicht sogar dick war, und ein hagerer, groß gewachsener Mann ihm gegenüber. Verkniffen starrte der Hagere auf zwei Würfel, die aus Knochen geschnitzt waren und auf dem Tisch lagen. Mehr unwillig, aber dann etwas weniger verstimmt wollte besagter Asinus dann doch nach den Würfeln greifen als jedoch die Stimme des Iuliers zu vernehmen war. Beide Männer sahen auf und zu dem Iulier.
    Salve, Iulius!“,
    grüßte der Dicke von den Beiden – der auch Porcus genannt wurde.
    „Trete hinein und schließe die Tür hinter Dir! Hat er geklopft?“
    Die Frage stellte Porcus an Asinus, der mit den Achseln zuckte; das hatten beide nicht gehört.
    „Egal...also, den cohortes möchtest Du beitreten? Als Iulier bist Du bestimmt ein Bürger des römischen Reiches, oder? Bist Du verheiratet oder ledig?“