Nicht als einer der Ersten hatte sich Avarus aufgemacht zum Circus zu gehen, aber als der erste Tribünenbetreter kam er dort an. Noch fegten die Circussklaven die Rennbahn in ein gleichmäßiges Muster. Noch füllte man die Stände auf, deren Besitzer sich einen regen Verkaufstag erhofften. Noch putzte man die Senatorenhocker sauber und steckte Inforöllchen an die reservierten Plätze.
Er wollte eigentlich noch in die Boxen gehen, sah den Zeitpunkt aber als zu spät an. Außerdem und das war wohl der entscheidendere Punkt sollte es ein Rennen aller Ställe werden und da war etwas Unvoreingenommenheit ganz gut zur Schau zu tragen. Was wenn man ihn aus der blauen Box kommen sah und jene Gespanne dann auch noch siegten? Also blieb Avarus dort wo er war und schickte nur seine Boten durch den Circus, um zu koordinieren.
Wenn man sonst zu zeitig kam, dauerte es immer ewig, bis die Warterei ein Ende hatte. War man der Ausrichter ging es meist ganz schnell. So auch diesmal. Langsam aber beständig füllten sich die Ränge. Da der Circus Maximus ganz ähnlich wie ein Theater oder das Colloseum aufgebaut war, ging es wie auf einem Armeisenhaufen zu. Aus allerlei Gängen, von Treppen und Pforten strömten Gäste ins Stadium und nahmen wie selbstverständlich Platz. Dabei war die Ordnung ziemlich eindeutig. Die Senatoren saßen in einer Art Loge -zumindest ersteinmal-, der große Anteil Menschen stand in den Factiokurven und wurde strikt voneinander getrennt. Nicht selten mußten sich besonders verfeindete Gruppierungen besonders laut zuschreien, was derb und angriffslustig formuliert war. Welcher Rennstall zu welcher Tribune kam, wurde am Anfang ausgelost. Immerhin gab es besonders begehrte Plätze und dann solche von wo man sich im Zusehen benachteiligt fühlte. Trotz diesem Umstandes dauerte es nie lang, bis der Circus Maximus zu beben begann. Nichtmal die Pferde und schweren Wagen waren es, die dieses rythmische Trampeln verursachten, sondern die Fankurven, die sich zu einem gegenseitigen Übertreffungswettbewerb aufschaukelten.
Da die Ränge immer voller wurden und nicht wenige Besucher der Rennen ihre Verpflegung auf der Tribüne einzunehmen pflegten, begannen die Verteiler die gesponserten Brot und Weingaben des Aedilen unters Volk zu bringen. Das würde die ganzen Rennenlängen so weiter gehen.
Ein Bote kam auf den Senator zu und lispelte ihn Worte ins Ohr. Die Nachrichten schienen gut zu sein. Ein Wink und ein anderer junger Diener machte sich auf, um ein Bescheid weiterzugeben. All das sah recht routiniert aus und doch waren es die ersten Rennen im Namen des Senators Germanicus Avarus. Viel Zeit hatte die Vorbereitung gekostet. Von den eingesetzten Sesterzen ganz abgesehen. Doch die Unterhaltung, die auf Roms Einwohner wartete, wog diese Mühen schnell wieder auf.
Die Tore der Boxengasse wurden aufgeschoben und unter lauten Fanfaren, mit Blumen und Blüten geschmückt und von Goldkettchen umrahmt, begann die Prozession den rot eingefärbten Stier zur Spina zu geleiten.
Zu Ehren des Kriegsgottes Mars wurden die Wagenrennen abgehalten. Um sich dessen Aufmerksamkeit zu sichern ein edler, starker und hoffentlich reiner Stier geopfert. Ein Part, den ein sacerdos des Marskultes ausführen würde. Mit dem Eintreffen des Opferzuges zog auch im Circus langsam Stille ein. Gespannt richteten sich tausende Augenpaare auf die kultischen Handlungen und kaum jemand wagte ein Wort zu sprechen. Die Worte des Priesters waren nicht weit zu hören, die Gesten aber ringsum erkennbar.
Dem Schweigen der Massen folgte der Ritus und alle warteten auf die Annahme des Opfertiers durch Mars Ultor...