Beiträge von Medicus Germanicus Avarus

    "Ich habe mir für heute Abend nichts besonderes gewünscht, aber Du weißt ja wie die Küchenmagd so ist. Irgendwie ist der Tisch immer mit leckeren Speisen gefüllt."


    Ein paar Schritte und er war an der Tür...


    "Na dann bis später, Sedulus."


    ...und schon war Avarus hinaus und auf dem Weg in den Garten. Irgendwie zog es ihn auf eine Liege, um ein paar Dinge durch den Kopf gehen zu lassen.

    "Salve Decimus Livianus..." grüßte Germanicus Avarus förmlich als der Optio die Tür für ihn aufstieß. Als das Schloss zurück in die Halterung gefallen war und der Unteroffizier somit außer Hörweite war, fuhr er deutlich 'familiärer' fort: "...schön hast Du es hier. Wie ich hörte suchtest Du ein Gespräch mit mir. Tja hier bin ich."

    Mit den eigenen Füßen hatte der Senator Germanicus Avarus sich aufgemacht hin zu den Trajansthermen zu kommen. An diesem Morgen erfüllte er den Wunsch eines Termins mit dem Praefectus Urbi Decimus. Gut zu Fuß war die Strecke in einer knappen halben Stunde zu schaffen. Avarus ließ sich Zeit und brauchte so eine knappe Stunde, um das Thermenareal zu erreichen. Dort angekommen, schlurfte er er an den Räumlichkeiten der Curatoren vorbei und hielt am Officium des Sekretärs an, um sich anzumelden.


    Ein Klopfen und Klinken der Türamatur später stand der Senator auch schon im Raum.


    "Salve, ich bin Germanicus Avarus, Senator und komme, um einen heutigen [SIZE=7](morgigen)[/SIZE] Termin mit dem amtierenden Praefectus Urbi Decimus wahrzunehmen."


    Man wußte ja bestimmt Bescheid darüber. Gute Planung war alles.

    Die kleine Spitzzünglichkeit überhörte Avarus ohne eine Miene zu verziehen. Sicher gab es Momente im Leben, wo selbst der größte Optimist wankte, aber im Großen und Ganzen zählte er sich schon dazu. Man musste das ja nicht tag ein, tag aus auf breiter gesellschaftlicher Linie zeigen. Immerhin mit seiner Art war er zu etwas gekommen. Etwas mehr als die breite Masse wohlgemerkt.


    "Dann schreib es Dir auf, Neffe." Avarus grinste kurz, dann führte er das Wort fort: "Ich würde sie im familiären Ton verfassen. Nennen wir es ein Familienfest, denn genau das soll es sein. Eine Feier mit der Familie und all den guten Freunden, die sich über all die Jahre angesammelt haben. Ich will daraus keinen Staatsakt machen."


    Manch ein Zurückkommer tat gut daran sich in Bescheidenheit zu üben, denn war man einmal weg, blieb oft nicht viel vom eigenen Namen in den Gedächtnissen der Menschheit haften. Selbst große Persönlichkeiten kamen oft erst nach einer langen Pause aus den Archiven der zivilisierten Welt zurück ans Tageslicht. Wenn der Sohn des Subdolus nochmal was werden wollte, sollte er die Hand seines Patrons nicht ausschlagen, denn genau jene würde ihn Schritt für Schritt zurück ans Licht führen. Und wenn das zu Beginn der Posten eines Aquarius war, dann war Iustus gut, wenn er ihn mit Tatendrang und Einsatzwillen ausfüllte. Denn nur so kam er irgendwann wieder Stufe um Stufe empor.


    "Frag ihn doch erstmal. Mach ihn zu Deinem Beobachter, persönlichen Assistenten. Jeder hat doch so einen Dreh und Angelpunkt heutzutage. Er kann Dir zuarbeiten und die Basis der Behörde davon überzeugen, das der neue Curator besser als der Alte ist."

    "Solange das Gegenteil nicht bewiesen ist, gehe ich immer davon aus, das alles gut ist. Das zeichnet einen Optimisten doch aus, nicht wahr?!"


    Der Ältere nippte wieder. Viel trinken hatte der Medikus gesagt und Avarus versuchte sich zumindest daran zu halten.


    "Das ist ansich eine sehr gute Idee. Setze ihn einfach mit auf die Liste. Wenn man ihm rechtzeitig genug schreibt, wird er es bestimmt ermöglichen können nach Rom zu kommen. Da fällt mir ein... Lucilla sollten wir ebenso eine Einladung zukommen lassen."


    Wie sähe das sonst aus. Wenn sie ablehnt, dann war zumindest Avarus nicht Schuld.


    "Tribun soweit ich mich erinnern kann. Danach hat er doch in einer beispielhaften Aktion den Senator Decimus Livianus aus der Gefangenschaft befreit und ist im Anschluss dessen aus dem Licht der Öffentlichkeit getreten."


    Dann kam er auf den Sohn des Subdolus zurück.


    "Dann solltest Du ihm eine ordentliche Anstellung geben. Eine Arbeit zu haben, einer Aufgabe nachzugehen bringt die Menschen dazu wieder Hoffnung zu erleben. Wenn Du als Curator Aquarum vereidigt wurdest, ist es eh das Beste die nahesten Beamtenstühle mit zuverlässigem Personal zu besetzen."

    Alte Männer sollten sich erinnern, was vor zehn Jahren in diesen Hallen gesprochen wurde. Vielleicht noch was der Inhalt jenes "Gesetzes" war oder wer es in den Senat eingebracht hatte. Es dauerte einen Moment der Zuarbeit, dann konnte sich auch der ältere Senator der Gens Germanica eine Meinung dazu bilden. Hinsichtlich des dünnen Inhaltes mit vielen verworrenen Passagen und völlig übertriebenen altpatriziarischen Floskeln fand er, das man dazu nicht zuviel Spucke verlieren musste.


    Avarus gähnte mit vorgehaltener Hand vor dem Mund und hoffte das sich nicht irgendwelche Jungsenatoren profilieren mussten, um den augenscheinlich nicht vorhandenen Gesetzestext in seine Einzelteile zu zerpflücken. Jede noch so kleine Silbe umzudrehen, Für und Wider abzuwägen und am Ende nur ein zu Kosten... Lebenszeit.


    Wegen ihm konnte man gleich zur Abstimmung kommen.

    "Ich glaube es es muss ihn gut gehen, denn schon lange hab ich nichts mehr von ihm gehört. Soviel ich weiß, besitzt er dort Land, einen Hof und so weiter. Das schlechteste Einkommen hatte Subdolus in seiner aktiven Zeit zudem nie. Also ich gehe mal davon aus, das er gut über die Runden kommt."


    Mehr als das konnte Avarus auch nicht vermuten, denn wie gesagt, hatten sie ihre schriftlichen Kontakte einschlafen lassen. Was sollte man sich auch groß schreiben. Zumal Germanicus Avarus noch nie ein großer Freund von langen Briefen war. Ein Lied das auch seine eigene Familie nebst Weib und Bälker gut kannte.


    "Hört sich aber nicht sehr vielversprechend an. Ist er denn jetzt wenigstens wieder bei guter Gesundheit?"

    "Ahja das ist gut, denn es setzt eine Tradition fort, die wir mit der Familie der Hadrianii pflegen."


    Sein Becherchen war schon lange leer, leider wurde er nicht erneut gefüllt. Avarus tat es nun selbst und befleckte die leicht ausgetrockneten Lippen an. Dem zuständigen Tischsklaven würden später ein paar Stockhiebe gut tun. Doch darum musste er sich, den Göttern sei Dank, nicht selbst kümmern. Der ältere Senator im Raum des Sedulus fuhr fort...


    "...und nur weil mein Klient Subdolus nach Sicilia verzogen ist, bedeutet das nicht, das er nicht mehr als Klient in meiner Pflicht steht. So wie ich ihn nicht entlassen habe, kann er ebenso auf meine Unterstützung weiterhin bauen, so es denn Not tut."


    Er nippte und fragte dann nach:


    "Hat Iustus denn eine Anstellung oder was macht der Bube den lieben langen Tag lang?!"

    "Ja das sollten wir tun. Vielleicht ist es aber auch gut, wenn Du ein paar Namen hinzufügst, die gerade angesagt sind. Römer sozusagen, die man einladen sollte. Wir können über jene Gäste ja dann reden, wenn die Liste fertig ist."


    Er überlegte kurz. Doch am Ende dessen stand fest, Eile ist nicht geboten.


    "Am Ende des zehnten Monats, Sedulus."

    "Es hätte bedurft das alte Gemäuer abzureißen. Ich weiß nicht in welchem Umfang das die Götter erzürnt hätte und ich wollte das auch nicht heraus finden, Sedulus."


    Denn der Platz war nunmal von der alten flavischen Villa eingenommen. Zudem konnte man davon ausgehen, das ein kompletter Neubau doch noch einiges mehr gekostet hätte.


    "Ich würde nun vielleicht nicht unbedingt den Kaiser einladen, aber all jene die unsere Familie in schlechten wie in guten Tagen begleitet haben, also die Aelier zum Beispiel oder ein Teil der Decimer oder Hadrianii. Eben jene die nicht darauf aus sind uns durch ihren innerlichen Neid zu missbilligen."


    Der Zeitpunkt eine gute Frage... nicht zu knapp sollte es schon sein, damit die Arbeiten auch wirklich fertig wurden und die Gäste Zeit finden konnten...


    "Ich rechne damit, das das Fest im X. Monat stattfinden kann."

    Im schien so als trete er genau an das richtige Familienmitglied heran. Sedulus hatte eigentlich immer Zeit. Wie er das machte, wußte Avarus hinsichtlich der vielen Aufgaben, die sein Neffe wahr nahm auch nicht so genau, aber das war ihm so ziemlich egal, wenn es denn gut gemacht wurde. Jene neue Verrichtung bedurfte aber eben viel Hingabe, damit es am Ende ein wundervoller Tag wurde und zudem das Image der Familie nicht zu kurz kam. Bevor der Onkel zum Sprechen ansetzte, trank er erstmal den Becher aus.


    "Wie Du Dich erinnerst und auch die letzten Monate durch meine Reisen ins Umland von Rom mitbekommen haben dürftest, habe ich vor den Toren der Stadt, in Nachbarschaft sozusagen, eine Villa Rustica von den Flaviern gekauft. Seit dem sind viele Handwerker ein und aus gegangen und haben das Anwesen von Grund auf hergerichtet. Nichts sollte mehr an die Familiengeschichte der Vorgänger erinnern, dafür die Wände unsere Eigene tragen. Jetzt in der Blüte des Sommers nähert sich der Umbau dem Ende und ich bin der Meinung, das dies gebührend gefeiert werden sollte. Zum Einen, weil es kaum eine plebejische Senatorenfamilie mit Land und Haus im Umkreis von Rom gibt, wir stoßen da sozusagen in eine uradlige Nachbarschaft hinein und zum Anderen darf es auch jeder wissen, das die Gens Germanica jetzt neben diesem Haus in Rom in nahbarer Umgebung zur Stadt ein weiteres großes Haus unterhält."


    Volkstümlich wäre wohl am Einfachsten gesagt gewesen: Einfach mal auf die Kacke hauen. Das Who’s Who der römischen Gesellschaft in einen Karren laden und da raus kutschieren. Durch die Nacht episch feiern und am nächsten Tag die Ruhe der Stadt genießen, weil Rom den Kater ausschläft. Gut das war unheimlich übertrieben ausgedrückt, aber eben pebejisch.


    "Das Fest muss organisiert werden, die Einladungen verschickt und eine Gäste Liste ob der Zusagen erstellt. Dann braucht es noch eine Menge Zutaten zum Buffet und so weiter. Das ist einer Aufgabe die ich Cossus nicht zutrauen kann. Zumal es ein Scheitern oder irgendwelche Zwischenfälle nicht geben darf. Desswegen hab ich an Dich gedacht, Sedulus."

    Es war noch viel zu früh über Dank oder Gegengefallen nachzudenken. Zum Einen war sich Germanicus Avarus nichtmal sicher ob er nochmal ein Amt begleiten wollte und zum Anderen hatten da noch viele andere Gremien mitzureden bevor es soweit kommen würde, sollte er sich positiv entscheiden. Hier im Haus möge es mit den Monaten langweilig werden. Auch die Foren der Stadt oder die Curie bot da nur wenig mehr Abwechslung. Das Thema was er im Anschluss anschneiden wollte, aber schon viel mehr, denn es hatte diesen ehrwürdigen exklusiven Rahmen, der plebeiischen Senatorenfamilien normalerweise verschlossen blieb und in dem Sinne dazu führte auf all die Stress produzierenden Enzyme zu verzichten. Doch noch war da auch ein Funken Willen im Verhandlungstopf. Einmal Arbeitstier (Esel) immer Arbeitstier (Ochse).


    "Schade das hätte mir geholfen, ob das nun eine erstrebenswerte Arbeit sei oder ein Officium voller unsortierter oder überfüllter Bücher, die abgearbeitet werden müssen, wartet."


    Doch man sollte nie das schlechteste von denen denken, die das Amt aus welchen Grund auch immer abgaben. Vielleicht war es aber auch einer jener Senatoren, die sich mit dieser Aufgabe für ein Provinzposten empfohlen haben.


    "Vielleicht entsinnst Du Dich, das ich vor vielen Jahren auch eine Disertation zum Wasserbau abgehalten habe. Zu dieser Zeit ist auch unsere Bibliothek enorm gewachsen. Dort findest Du einen ganzen Schrank wertvollen Wissens zum Thema Aqua. So auch die Unterlagen zur de aquis pompeiorum. Wenn Du das gelesen hast, denke ich kann Dich jeder Vorarbeiter der Bautrupps nicht mehr fordern. Die Burschen denken ja immer sie müssen ihre Vorgesetzen prüfen. Egal ob es ihnen zusteht oder nicht."


    Avarus nippte erneut, dann fuhr er fort.


    "Schauen wir mal ob der Decimus uns einen Boten vorbeischickt. Er hat ja bestimmt auch noch paar eigene Klienten, die bedient werden wollen..."


    Noch ein Schlückchen.


    "Was hast Du in den nächsten Wochen sonst vor? Kann ich Dir noch eine wichtige Aufgabe anvertrauen oder bist Du zeitlich voll ausgelastet?"

    Für den Moment nippte der Senator am Becherrand und hörte seinem Neffen dennoch aufmerksam zu. Vielleicht war eine Aufgabe das Richtige, um Avarus aus seinem Tiefschlaf zu reißen. Auf der anderen Seite hatte er aber auch das süße Leben lieben gelernt. Ein Senator sollte aber nicht so denken,... richtig. Doch zu etwas drängen würde er sich auch nicht lassen. Wenn irgendwas nicht passte, dann blieb alles wie es war.


    "Wer hat die Bauwerke der Stadt denn in den letzten Jahren nach Deiner Abdankung betreut und warum intressierst Du Dich jetzt eher für die Wasserwege, wo Du doch als Curator operum publicorum die größere Erfahrung vorzuweisen hättest?!"


    Seine eigene Person ließ er dabei erstmal unbeachtet. Kommentierte das Angebot zum Gespräch mit dem Prafectus Urbi auch nicht. Noch nicht... das hatte Zeit.

    Rar gemacht war wohl etwas untertrieben, aber zumindest diplomatisch ausgedrückt, denn Avarus war schicht und ergreifend von der Bildfläche verschwunden gewesen und lebte sehr zurück gezogen... bis jetzt.


    "Geht so,man wird ja nicht mehr jünger. Aber neben den üblichen Alterserscheinungen komm ich zurecht."


    Etwas zum Befeuchten der Kehle war immer gut.


    "Ja sehr gern nehme ich eine Schorle."


    Dann konzentrierte er sich wieder auf das Gespräch und fuhr vorerst mit Geplänkel fort.


    "Gibts denn etwas Neues vom Forum zu berichten, das den Weg nicht an meiner Kammer vorbei gefunden hat?"


    Der Untertreiber hinsichtlich der eigenen fünfzig Wände unter dem Dach der Casa Germanica war er schon immer gewesen. Das kleinste Abteil davon, den Sandalenschrank konnte man vielleicht noch als Kammer durchgehen lassen....