Beiträge von Narrator Italiae

    Recht erfolgreich halten die immernoch anwesenden Vigiles das neugierige Volk zurück, welches dem Zug des Tieres bis hierher gefolgt war. Doch die Nachricht von dem seltsamen grauen Tier breitet sich in den Gassen, Straßen und Plätzen um die Casa Germanica aus wie ein Lauffeuer. Den meisten Erwachsenen wird es allerdings bald zu langweilig, nachdem das Tier nicht mehr zu sehen ist. Unzählige Kinder sind hartnäckiger und skandieren mit vielen fröhlich durcheinander fliegenden hohen Stimmen immer wieder den Namen des Tieres oder zumindest das, was sie für den Namen halten.


    Hi-po-ta-mus
    Hi-to-pa-mus
    Ha-pi-to-mus
    Hi-po-ta-mus

    Noch einige zustimmende Verlautbarungen kamen im Collegium auf, denn jeder der Pontifices hoffte, über seine Kontakte zu dem ein oder anderen Auguren eine Entscheidung zu seinen Gunsten herbeizuführen.


    So erhob sich der Rex Sacrorum schließlich und stellte fest.


    "Auch ich schließe mich Tiberius an. Welchen Magistraten beauftragen wir damit? Es wäre wohl am ehesten die Sache der Consuln, nicht wahr?"


    Er sah hinüber zu dem Tiberier, der im Prinzip ebenfalls in der Lage war, kraft seines Amtes Auspicia maiora. Aber die Consuln waren andererseits die Staatspberhäupter und somit war es ihre Sache? Oder war es doch eher Sache des Cultus Deorum und man sollte Tiberius die Sache überlassen? Einen Augenblick spielte Antistes mit dem Gedanken, seinen Scriba in die Archive zu schicken und einen Präzendenzfall zu suchen...




    Ebenso wie die Pontifices hatte der Haruspex die Opferung schweigend verfolgt und auf seinen Einsatz gewartet. Da er aber ein sehr maßvoller Mensch war, hatte er die Saturnalien eher gesittet begonnen und höchstens ein paar kleinere Würfelspiele gespielt.


    Kaum war die Ziege ausgeblutet, kamen Opfermetzger herbei und begannen, das Tier aufzuschneiden. Zuerst entnahmen sie die Leber, dann die übrigen inneren Organe und legten sie in eine Schale mit Wasser - so wurden die Innereien ein wenig gesäubert und der Haruspex hatte leichteres Spiel.


    Kaum hatte dieser dann die Schüssel erhalten, begann er sorgsam, die Organe zu drehen und zu wenden. Besonders der Leber maß er dabei große Bedeutung zu, obwohl auch das Herz hohe Beachtung fand.


    Was würden die Götter von diesem Opfer halten?




    Der Flamen Quirinalis, ein älterer, aber immer noch agiler Mann, betrachtete schweigend den foculus, der das Voropfer aufnehmen würde. Nach einer ganzen Weile blickte er nach rechts und ließ sich Weihrauch reichen. Langsam ließ er ihn auf die glühenden Kohlen fallen, sodass er unter einem zischenden Geräusch in die Lüfte ging. Es folgte ein kurzes Gebet, dann kam der Wein an die Reihe. Vorsichtig nahm der Flamen die patera entgegen, dann goss er den sicherlich sehr teuren Wein (wenn ihn kein minister gegen etwas minderwertigeren ausgetauscht und den guten für seine Saturnalien-Feier verwendet hatte) in die Glut.


    "Acca Larentia, durch diesen Wein mögest Du geehrt werden!"


    Nun folgte die precatio, mit der das Hauptopfer eingeleitet wurde. Mit geöffneten Handflächen begann er laut zu beten.


    "Acca Larentia, weil es recht ist, an Deiner ewigen Heimstätte für dieses Fest zu opfern, mögest Du geehrt werden durch dieses Festopfer!"


    Endlich zerrte ein minister eine Ziege herbei. Als traditionelles Opfer für die Toten hatten die Urväter auch hier auf den bewährten Vierbeiner zurückgegriffen. So gingen die rituellen Vorbereitungen vor sich:
    Zuerst stand die Entkleidung an, die der Flamen selbst vollführte, ebenso wie er das Opfer einmal umging und mit Wein und mola salsa besprengte. Die Ziege ließ dies nicht ganz freiwillig über sich ergehen, sodass der minister die Leine festhalten musste.


    Doch es gab kein Entrinnen. Kaum hatte der minister mit einem "Agone?" um eine Vollstreckung gebeten, da antwortete der Flamen nur


    "Age!"


    und die Kehle des Tieres wurde geöffnet. Blut schoss hervor und nur ein zweiter Opferdiener konnte dafür sorgen, dass nicht alles auf den Boden, sondern in eine Schüssel ging, sodass es später für Acca Larenta verbrannt werden konnte. Während die Ziege nun verblutete, zuckte sie mehrmals. Doch unerbittlich beendete der Flamen das Opfer mit den Worten


    "Acca Larentia, mögest du durch dieses Festopfer geehrt werden, mögest du geehrt werden durch den vorherigen Wein."


    Dann wandte er sich nach rechts und beendete das Gebet und das Opfer auch mit dem ganzen Körper.




    Zwischen das summende Stimmengewirr, das fröhliche Lachen und noch immer freudige Saturnaliengrüßen mischte sich ein weiteres Geräusch in tausendfacher Ausführung - jenes leise, klandestine Krachen, welches ein knuspriger Keks verursachte, sobald er gebrochen wurde, wie das Aufbranden der Wellen gegen den schroffen Fels einer Steilklippe, wie das Zerbröckeln eines Palastes, welcher in sich zusammen stürzte, nur viel leiser, viel harmonischer, und in den Ohren jener, welche auf ihn lauschten, verlockend und verheißungsvoll erklingend, da er eine süße, delektable Gaumenfreude in Aussicht stellte. Nur eine einzige Emotion war in diesen Augenblicken kostbarer als die Partizipation an dem kollektiven Hochgenuss - das unbändige Aufwallen überwältigender Erkenntnis in Verbindung mit urplötzlich emporsteigender, extatischer Entzückung beim Anblick einer im Alltag beinahe wertlosen Münze, welche dazu gereichte, das Klanginferno des knackfrischen Kekses in sich zu absorbieren.


    In manchen Jahren, so auch in diesem, versteckte sich die Münze jedoch in einem Keks, dessen Verzehrer keineswegs sich am brechenden Klang zu delektieren vermochte, welcher den Keks nicht einmal brach, um ihn zu teilen, sondern wohlgemut in ihn hinein- und sich am harten Metall beinahe einen Zahn ausbiss.
    "Perbacco! Ich hab' sie! Ich hab' sie!"
    Dutzende Augenpaare richteten sich auf den alten Anaxamander, langjähriger Sklave aus dem Haushalt eines mehr oder minder bedeutenden Eques, und beobachteten, wie er den halben Keks mit dem darin steckenden Metallstück aus seinem Munde zog.
    "Mehercule! Er hat sie! Er hat sie! Saturnalicius princeps! Saturnalicius princeps!"
    Augenblicklich zogen und drängten, schoben und zerrten unzählige Händen den Sklaven zu den aufgestellten Tischen und Bänken, an welchen der Saturnalienfürst das Mahl eröffnete. Ein wenig überfordert ob dieser Aufgabe sprach jener nur wenige Worte, bevor er bereits damit beschäftigt war, den ausgeschenkten Wein zu bemessen und den ihm dargereichten zu trinken.

    Hundert-, womöglich gar tausendfach schallten die dreimaligen Saturnalien-Rufe über das Forum hinweg, tauchten den Platz in ein undurchsichtiges Stimmengewirr. Unbeeindruckt ob dessen schickte Saufeius Massa sich an, die Zeremonie fort zu führen, denn es standen bereits zahlreiche Mitglieder des Cultus Deorum bereit, um die frischen Saturnalienkekse zu verteilen, welche bereits seit Tagen zuvor in gewaltiger Menge waren gebacken worden. Zum Altar jedoch traten drei kleine ministri, welche in ihren Händen eine Schale mit Erde, eine mit Korn und eine Kanne voll Wein hielten.


    "Seht das Geschenk des Saturnus! Seht sein Werk!
    Kommt nun und kostet von seinem Werk,
    dem Geschenk des Saturnus und seiner Schwester Ops.
    Aber teilt es mit den Menschen neben euch,
    so war das Gesetz in Saturnus' Goldenem Zeitalter!"


    Der Sacerdos berührte Erde und Korn, sodann goss er von dem Wein in einen Becher und hob ihn zum Volk hin.


    "Möget ihr immer genügend besitzen und es mit anderen teilen!
    Möget ihr niemals durstig und hungrig sein!
    Bona Saturnalia!"


    Die Gaben wurden auf den Altar gestellt, noch einmal berührte Galeo Saufeius Massa die Geldkassette, die Erde, das Korn und den Becher voll Wein.


    "Ihr noblen Götter, Saturnus, Ops und Consus,
    nehmt unseren Dank und schaut auf uns mit Liebe!
    Laßt uns nun alle gemeinsam feiern
    und etwas von Saturnus' Goldenem Zeitalter kosten
    und glücklich sein über seine Rückkehr!


    Io Saturnalia!"


    Mit den Schüsseln von Saturnalienkeksen zogen die Mitglieder des Cultus Deorum aus, verteilten sich als weißfarbene Punkte unter die bunte Menge und versorgten alle Anwesenden mit einem Keks. In einem jener Kekse war eine Münze eingebacken und derjenige, welcher sie in dem seinen würde finden, würde an diesem Tage zum Saturnalienfürst gekrönt und beim an das Opfer anschließede Fest als König gefeiert.



    Zielstrebig wie der Sensenmann durch das Kornfeld arbeiteten sich die Bediensteten des Cultus Deorum durch die Menge, hielten einem jeden Anwesenden ihre Kisten dar. Obgleich zumeist nur Münzen von kleinem Wert dort eingeworfen wurden, so war es doch die Masse, welche letztlich einen guten Opferschnitt gab. Bald kehrten die ersten Sammler vor den Altar am Tempel zurück und stellten repräsentativ für die gefüllten Truhen die ihren zu Füßen der Götterstatuen ab. Galeo Saufeius Massa schloss sie mit Deckeln und verkündete der Menge:


    "Euer Schatz und euer Korn ist nun sicher!
    In der Dunkelheit muss es liegen bis zu der Zeit
    wenn die Sonne zurückkehrt und die Saat zum Leben erweckt.
    So schläft auch Saturnus, die Zeit erwartend
    wenn er erweckt und gerufen wird,
    seine Insel zu verlassen und seine Geschenke uns zu bringen."


    Jene Helfer des Cultus, welche eben erst die Münzen hatten eingesammelt, traten nun erneut vor die Menschen, diesmalig jedoch, um sie mit den traditionellen Saturnalien-Geschenken zu bedenken. Sie verteilten in den vorderen Reihen sigillaria, kleine, tönerne Figuren, und cerei, goldfarbene Kerzen. Währenddessen trugen zwei minister je eine dicke Kerze an den Altar und stellten sie neben der Staute des Saturnus auf.


    "Laßt alle Kinder ihre Geschenke dem Gott darbringen.
    Seit alten Zeiten haben diese Gaben ihre Bedeutung:
    Die Kerzen, sie sind kleine Sonnen,
    und die Sigillaria Symbole unserer Seelen.
    Nun gebt die Sigillaria einem Kind, welchem ihr auch wollt,
    aber wacht darüber, dass jedes Kind unter euch eines erhält.
    Die Kerzen aber bewahrt bei euch,
    entzündet sie heute Abend zu Ehren des Saturnus."


    Der Sacerdos reichte eine kleine Tonfigur an einen Jungen an vorderster Front, welchem bereits an den freudig strahlenden Augen anzusehen war, dass er eigens für diese Aufgabe war ausgesucht worden. Sodann entzündete er eine schmale Kerze an der noch immer brennenden Öllampe und hielt die Flamme dieser an die Kerzen zu Füßen des Saturnus.


    "Nun, wenn die Sonne um die Erde kreist,
    entzünden wir dieses Licht,
    und jedes Jahr kehrt die Sonne zu uns zurück,
    so wie auch jedes Jahr das Licht dieser Kerzen.
    Das Licht erinnert uns an Saturnus,
    der uns aus einer dunklen Zeit ins Licht führte
    und uns befreite von Dunkelheit und Hunger und Gewalt."


    Zwei ministri begannen, die Wollbinden von den Füßen der Saturnus-Statue zu lösen.


    "Saturnus, ehrwürdiger Vater, erhöre unser Gebet!
    Da wir Deine Fesseln lösen für dieses Jahr,
    so schütze unsere Saat und schenke ihr Fruchtbarkeit
    und bringe Dein Goldenes Zeitalter zurück zur Erde!"


    Hinter dem Sacerdos glitten die wollenen Stränge auf den steinernen Boden des Forum Romanum, Saturnus war befreit, um auch in diesem Jahr das Fest zu seinen Ehren empfangen zu können. Galeo Saufeius Massa hob die Arme nach vorn, die Handflächen zum Himmel gewandt.


    "Nun ehrt mit mir Vater Saturn und ruft drei mal:


    Io Saturnalia!
    Io Saturnalia!
    Io Saturnalia!"



    Schwungvoll drehte der Sacerdos sich zur Seite hin und nahm von einem Gehilfen eine silberne Kanne entgegen, mit welcher er schließlich vor die Füße des Saturnus trat und Öl in die vor ihm auf dem errichteten Altar bereitstehende Lampe goss.


    "Als Saturnus herrschte, war alles ein Kreislauf
    und alle Dinge kehrten sich um.
    Nur einmal jedes Jahr füllen wir diese Lampe mit Öl.
    Sie ist sonst leer, weil Saturnus schlafend liegt.
    Wir nähren ihn mit dem Öl des Getreides,
    dem goldenen Nektar der Körner.
    Trinke tief, oh Saturnus, von diesem goldenen Öl!
    Erwidere unser Geschenk und segne unsere heilige Erde!"


    Umsichtig schirmte ein kleiner minister mit einer Hand die Flamme einer Kerze, welche er in der anderen Hand trug, vor dem Wind ab, und reichte sie Saufeius Massa, welcher damit das Feuer der Öllampe entzündete. Der nächste kleine Helfer stand schon bereit, um dem Sacerdos eine Schale mit Geldmünzen anzureichen. Der Priester entnahm ein As daraus und legte dieses in eine Schatulle, welche ebenfalls auf dem Altar stand, und über welche der flackernde, goldfarbene Schein der Lampe einen hellen Fleck tanzen ließ.


    "Saturnus hat einen Gehilfen, den Gott des Ackerbaus
    der die Saat bewacht, Consus ist sein Name,
    er bewahrt die Dinge tief in der Erde
    und beschützt die Saat.
    Von allem was wir ernten bewahren wir einen Teil,
    um es erneut in die Erde zu legen.


    Auch einen Teil unseres hart erarbeiteten Geldes bewahren wir auf,
    um es an einem anderen Tag zu benutzen.
    Und selbst unsere besten Gedanken verbergen wir,
    um sie später ans Licht zu bringen,
    wenn sie wachsen und gedeihen können.


    All das und mehr ist verborgen in der Erde
    anvertraut der Sorgfalt von Mutter Ops.
    Erinnert euch allen Reichtums den ihr besitzt und
    entscheidet weise, was davon zu bewahren ist.
    Gebt einiges von dem, was ihr besitzt, und bittet:


    Saturnus, bewahre das Korn für die Saat
    und mache es fruchtbar für die Ernte!"


    Bedienstete des Cultus Deorum, erkennbar an ihren weißfarbenen, langen Tuniken und den grünfarbenen Kränzen auf ihren Köpfen, strömten vom Tempel des Saturnus aus zwischen die Menschen. In ihren Händen hielten sie einfache, hölzerne Kistchen, in welchen sie die Spenden des Volkes sammelten. Überall wurden kleine Münzen, zumeist aus Kupfer, aus den Beuteln gekramt, um sie mit einer kurzen Bitte um den Segen des Saturnus in die Holzkistchen fallen zu lassen.



    Zaghaft hatten die Strahlen der Wintersonne sich über die Dächer Roms erhoben, suchten den kühlen Wintertag mit ihrem Schein zu benetzen und ihn in einen dem Anlass angemessenen güldenen Glanz zu hüllen. Gleichsam hätte der Tag ebenso gut von dunklen Regenwolken überzogen und in das stete Prasseln des himmlischen Nass getaucht sein können, die Menschen Roms hätte dies kaum nur gestört, denn es war der erste Tag der Saturnalia, jenes freudigen Festes, an welchem die Welt wurde karnevalisiert, die Menschen, selbst Sklaven von gleichem Recht und gleichem Stande waren. Standesabzeichen waren ob dessen verpönt an diesem Fest, darum trugen selbst Senatoren und Magistrate keine Togen, sondern nur Pallia oder Paenulae über ihren Tuniken, Patrizier verzichteten auf den güldenen Halbmond an ihren Schuhen und kein Sklave trug ein Schild oder Halsreif, welcher ihn als solchen würde ausweisen, und auch jene, welche die Brandmarkung ihrer Herren kennzeichnete, durften diese unter Hüten und Tüchern verbergen. Ein prächtiges Farbenspiel zeigte sich in den Straßen der Stadt und insbesondere auf dem Forum, denn nicht nur die Bürger Roms trugen ihre leuchtend bunten Gewänder, auch die Sklaven, welche sonst eher in unscheinbarer Couleur mussten verharren, trugen bunte Stoffe aus den Schränken ihrer Herren und Herrinnen. Zudem konnte man allerorten die pillei entdecken, jene Filzkappen, welche sonstig Freigelassene als Symbol ihrer Freiheit trugen, nicht nur aus Filz, in Form auch ebenso aus altem Pergament gefaltet. Bereits zu dieser Zeit herrschte ausgelassene Stimmung, die Menschen vergaßen für eine Weile nicht nur ihren Stand, sondern gleichsam ihre Sorgen, fieberten bereits den familiären Mählern im trauten Heim oder den um so ungezügelteren Festen und Gelagen in den Gasthäusern und Spelunken der Stadt entgegen.


    Vor all dem losgelösten Feiern jedoch stand die Zeremonie, den Saturnus zu ehren, König des goldenen Zeitalters, welchem all das Treiben überhaupt nur zu Ehren war. Die Tore seines Tempels waren weit geöffnet, die große Statue des altehrwürdigen Gottes aus ihrem Inneren vor das Gebäude geschafft, in prächtige Gewänder gekleidet, mit einem grünfarbenen Kranz aus Lorbeer bekrönt und ihre Füße mit wollenen Binden umwunden, um jene Ketten zu symbolisieren, welche das Jahr hindurch ihn banden. Zu seiner Seite standen Ops, die Erdenmutter und Gemahlin des Saturnus, und Consus, Wächter über Getreide und Gehilfe des Götterpaares, ebenfalls beide in prächtige, bunte Gewänder gekleidet.


    Obgleich die halbe Priesterschaft Roms jedes Jahr am Fest der Saturnalia mitwirkte, so fiel es stets einem einzigen Sacerods zu, die Zeremonie zu leiten. In diesem Jahre war dies Galeo Saufeius Massa, welcher auch das Jahr über hauptverantwortlich für das reibungslose Wirken im Tempel des Saturnus am Forum Romanum war. Als das Spiel der Tibicines einsetzte und kleine Wolken aus Weihrauch um die Statuen herum gen Himmel empor stiegen, rückte Saufeius sein pilleus auf dem Kopfe zurecht und erhob, als der Anschein von Ruhe eingekehrt war, seine Stimme, um die Menge mit der traditionellen Saturnalienansprache zu begrüßen.


    "Willkommen zu den Saturnalia!


    Der Kreis des Jahres teilt sich in vier Teile,
    und in den Ländern unserer Heimat und unserer Provinzen
    ist die dunkle Zeit von der Sommersonnenwende
    zur Wintersonnenwende die Zeit zu pflügen
    und den Boden zu bestellen und den Samen auszustreuen.
    Wenn dies getan ist ruhen die Menschen aus
    in der Winterzeit, bis zur Rückkehr der Sonne.
    Drei alte Götter werden in dieser Zeit geehrt:
    Saturnus, Ops und Consus sind ihre Namen.


    Nun hört den Mythos von Saturnus' Herrschaft:
    Bevor die mächtigen Götter, die die Erde
    Von des Olympus schneebdeckten Gipfeln beherrschten, geboren wurden,
    war Saturnus der König aller Götter
    und Ops, seine Schwester, war seine Frau und Königin.
    Aber als die Zeit kam und er seinen Thron abgeben sollte
    an einen jungen Gott, seinen Sohn Iuppiter,
    wollte Vater Saturnus nicht beiseite treten.
    Ein Kampf entbrannte zwischen Alt und Jung,
    bis Iuppiter siegte und Saturnus aus dem Himmel auf die Erde verbannte.
    Saturnus stürzte auf die Erde, und mit seiner Frau
    baute er ein Schiff und segelte hierher, in unser Land.


    Er brachte den Menschen nützliche Künste,
    er lehrte sie die Saat zu bewahren und in den Boden zu säen,
    so dass wir nicht mehr mühsam nach Nahrung suchen mussten.
    Er zeigte uns die Tiere zu jagen und zu braten,
    so dass wir allezeit ihr Fleisch und Fell hatten,
    er zeigte uns die Tiere zu zähmen und mit ihnen die fruchtbare Erde zu pflügen.
    Saturnus lehrte die Menschen Münzen zu schlagen
    von schimmerndem Silber, glänzendem Gold und Bronze.
    Er lehrte uns das Geld zu bewahren und anzuwenden.
    In diesen und anderen Dingen machte Saturnus
    unsere Leben viel einfacher und frei.


    Seine glückliche Herrschaft wurde das Goldene Zeitalter genannt,
    als genug Nahrung war für jedermann
    und die Menschen den Reichtum teilten, den sie besaßen,
    und keiner jemals stahl oder kämpfte oder log.
    Aber als das Ende der Herrschaft Saturnus' kam,
    entschied er weise, seine Krone beiseite zu legen.
    Er segelte mit dem Wind weit gen Norden,
    nach Hyperborea, wo er jetzt schläft,
    in einem versteckten Eiland am Ende der Welt,
    wo er auf ein anderes Goldenes Zeitalter wartet.


    Aber bis diese glückliche Zeit kommt,
    in dieser, der kältesten Zeit des Jahres,
    begeben wir uns in Gedanken in Saturnus' kaltes Reich
    um zu erwecken den alten freundlichen König,
    und ihn zu bitten, erneut mit uns zu gehen
    und für diese kurze Zeit mit uns zu leben,
    und mit uns zu feiern und zu Ehren das Goldene Zeitalter.


    Ich wünsche Euch
    Bona Saturnalia!"



    Quintus Nonius Balbus stammte aus einer ehrwürdigen und reichen Familie. Er selbst hatte, wie schon sein Vater zuvor, die Ritterwürde durch den Kaiser erhalten und war durch treue Dienste und hervorragende Arbeit an den Palast berufen worden, wo er in der Ämterlaufbahn bis zum Prokurator ab epistulis aufgestiegen war. Der recht hagere Mann nahm das Schreiben des praefectus Aegypti entgegen und las es aufmerksam durch. Ihn erreichten viele dieser Gesuche und Schreiben, die von den Magistraten oder hohen Militärs aus den Provinzen eintrafen. Nonius Balbus legte das Schreiben des Präfekten von Ägypten beiseite, er würde sich bald um die Erledigung der Akten kümmern und das Antwortschreiben verfassen.

    Einige der Probati in der Stube schauten sich an und erhoben sich dann schnell, um den Raum zu verlassen. Es waren dies die Männer der seemännischen Abteilung.


    Die schiffstechnischen Probati und auch diejenigen der Marineinfanterie blieben sitzen oder liegen und richteten weiter ihre Plätze ein.


    Schon wenig später jedoch erschien ein weiterer Soldat in der Tür:


    Probati der Marineinfanterie! Auf den Exerzierplatz, mit voller Grundausrüstung! JETZT!

    Während die zeternde Frau die Aufmerksamkeit der Vigiles auf sich selbst zog, konnte der Dieb, der sich ihrer wenigen Münzen bemächtigt sich. Vor allem war sie wohl so aufgeregt weil er das vor den Augen der Vigiles hatte machen können und jetzt hatte er schon einen guten Vorsprung vor den Feuerwehrmänner. Sicherlich hätte er einen so dreisten Diebstahl vor den Augen einer Patroullie der Cohortes Urbanae nicht gewagt, also musste er jetzt nur noch aufpassen denen nicht in die Hände zu laufen.

    Als hätten die Pfiffe dem Fahrer des Speer-Wagens gezeigt, was von ihm nun erwartet wurde, versuchte er, an den ihm voraus eilenden Schild-Wagen heran zu kommen, aber noch bot sich ihm für den Ansatz eines Überholmanövers keine Chance. Die Wagen bretterten um die Kurve und auf der ersten Länge gab der Schild-Wagen sein Bestes, den Vorsprung weiter auszubauen, der durch den Fehler des Speer-Wagens geschehen war. Mit weit nach vorn gereckten Köpfen rasten die Pferde die Bahn entlang und wirbelten eine große Menge Staub auf, der zumindest den Zuschauern nahe an der Bahn zuerst einmal das Atmen schwer machte. An diesem Abend würden wohl einige Römer mit einst weißen und hellen Tuniken in staubgrau nach Hause gehen, aber das war die Sache allemal wert, nahe bei einem Wagenrennen dabei gewesen zu sein. Die Tiere des Schild-Wagens zogen kräftig an, und als die zweite Kurve in Sicht kam, schien es, als würde der Schild-Wagen seinem Verfolger weiter davon fahren können, eng an dem Kurvenpfosten kam der Schild-Wagen auf die Länge, während frenetischer Jubel der Schild-Unterstützer ihren Wagen begrüßte.


    Schon sah man die kleine Peitsche des Fahrers auf dem Speer-Wagen sich in die Höhe erheben - nicht, dass er die Pferde geschlagen hätte, es reichte, die Peitsche nahe der Pferde knallen zu lassen, um sie anzutreiben - und mit gewaltigem Schwung nahm auch der Speer-Wagen die Kurve, gewagt eng ein zweites Mal, aber nicht zu eng, um die Pferde unsicher zu machen. Und nun holte der Speer-Wagen auf, der Fahrer hatte sich in seinen Wagen geduckt, um möglichst wenig im Wind zu stehen, und dirigierte sein Gespann mit dem Wagemut eines Mannes ohne Angst. Entweder würde dieser Mann einmal als großer Fahrer enden, oder eines schrecklichen Todes bei einem Unfall sterben, soviel war sicher. Die Anhänger des Speer-Wagens jedoch begrüßten die Fahrweise ihres Favoriten laut johlend und bemühten sich redlich, die anderen Zuschauer zu übertönen.

    Der Vorsitzende applaudierte und so taten es dann auch alle anwesenden Decuriones und als der Beifall beendet war und der Vorsitzende noch kurz einige Worte mit dem Curator Rei Publicae gewechselt hatte, kam die Stunde des magistratus Aelius Pulcher.


    "Und nun hören wir..." Er öffnete schnell eine Schriftrolle, denn da hatte er wohl den Namen des nächsten Redners vergessen. "PUBLIUS AELIUS PULCHER!"

    Der Vorsitzende dankte dem Curator für die Meldung und bat nun die zahlreichen Decuriones Platz zu nehmen und zu schweigen.


    "Werte Decuriones ich bitte um Ruhe und bitte setzt euch." Als dies einigermaßen getan wurde, eröffnete er die Sitzung. "Die Sitzung des Stadtsenats von Ostia ist somit eröffnet. Zuerst möchte ich jedoch den Curator Rei Publicae von Italia begrüßen, der uns mit seiner Anwesenheit heute beehrt. Vielleicht möchte der Senator einige Worte an uns richten?" Fragend sah nun der Vorsitzende den Octavius an...

    ...versammelten sich die hundert angehörigen des Ordo Decurionum im Sitzungssaal des Stadtsenats, um wieder mal über allerhand zu diskutieren. Und unter den Anwesenden erblickte man heute ausnahmsweise sogar den Curator Rei Publicae Octavius Detritus persönlich und nicht wie gewöhnlich einen Vertreter, dies freute die ehrwürdigen Decuriones umso mehr.


    Der Vorsitzende wartete auch auf einige geladene Gäste, wie zum Beispiel den magistratus Publius Aelius Pulcher, Bruder des Rectors Aelius Callidus, deshalb zog er es vor noch etwas zu warten und den Beginn der Versammlung etwas zu verzögern.

    Noch geraume Zeit diskutierte das Collegium und entschied sich schließlich für eine ältere Priesterin namens Quinta Ocellina, die durch ihren langjährigen Dienst und ihre große Treue und Tüchtigkeit zur Pontifex Minor gemacht werden sollte. Man beschloss, diesen Punkt weiter dem Imperator zu überlassen und ging zum nächsten über.

    Sim-Off:

    Hat sich ja erledigt


    Als nächstes trug der Rex Sacrorum eine ebenfalls bedeutende Sache vor.


    "Als weiteres haben wir die Sanierung des Tempel des Mars Ultor auf dem Forum Augustum auf der Tagesordnung. Neben großzügigen Spenden - unter anderem von der Gens Octavia - haben wir nun endlich auch einen Architekten gefunden. Medicus Germanicus Avarus ist vorstellig geworden. Aber Caius Volturnius Leto kann sicher mehr dazu sagen."


    Er deutete auf den Pontifex Minor, der unter anderem für die Cura Aedium Sacrarum zuständig war. Dieser erhob sich und begann mit schnarrender Stimme


    "Der Tempel des Mars Ultor benötigt seit Monaten und Jahren eine ordentliche Sanierung. Er wurde zuletzt vor Jahren renoviert und wer sich den Tempel in letzter Zeit angesehen hat, wird feststellen, dass es einigen Renovierungsbedarf gibt. Unter anderem zeigen sich Abnutzungserscheinungen an der Fassade und die einem Pferd der Quadriga des göttlichen Augustus auf dem Vorplatz fehlt ein Ohr.


    Das Collegium hat ja bereits einen Architekten ausgeschrieben und einzig der allseits bekannte Medicus Germanicus Avarus, Magister Architecturae, hat sich bereit erklärt, die Renovierung zu übernehmen. Er würde sich sogar für eine unentgeltliche Arbeit bereit erklären, wenn er im Gegenzug eine Ehreninschrift über dem Tempeleingang erhält. Dafür müsste eine Eingabe an den Senat gemacht werden.
    Alternativ würde ein Gehalt von zwei- bis viertausend Sesterzen verlangen."


    Er nahm wieder Platz und hüstelte. Währenddessen erhob sich der Rex Sacrorum erneut und sah in die Runde.


    "Meinungen?"




    In der Tat, die Tage vor den Wahlen waren wohl immer die stressigsten, sowohl bei den Magistraten als auch bei den Kandidaten.


    "Dann wünsche ich dir viel Glück, Flavius Aquilius. Wir werden uns bald im Senat sehen."


    Hiermit verabschiedete er den jungen Patrizier und ließ ihn noch zur Tür geleiten.

    Zitat

    Original von Aulus Octavius Avitus


    "Nein ich habe ansonsten kein Anliegen.", Avitus erhob sich also und bedankte sich angemessen um dann auch das Anwesen wieder zu verlassen.


    Auch der Consul verabschiedete sich natürlich von seinem Besucher und ließ ihn noch bis zur Tür geleiten.