Beiträge von Narrator Italiae


    Potitus Genucius Aventinensis


    Nachdem der germanicische Eques sich verabschiedet und seinen Besuch damit vorläufig beendet hatte, wartete Potitus zunächst lächelnd, bis der Curator das Officium verlassen hatte. Dann atmete er hörbar durch. "Also. Du hast den guten Mann gehört. Geh und kümmere dich um... das, was er da noch haben will.", wies er anschließend seinen Quaestor an und fuchtelte ein wenig mit seinen Händen umher. Mit einem verstehenden Nicken zog sich daraufhin der Angesprochene in sein eigenes Officium zurück, bevor sich Potitus gemütlich zurücklehnte und seine Acta-Ausgabe erneut aufnahm. "Geschichten aus Gesocribate...", murmelte er dabei in seinen nicht vorhandenen Bart. "Die hab' ich mir jetzt wirklich verdient."


    Am nächsten Tag dann, es war kurz vor der Mittagspause, erschien der ritterliche Beamte der italischen Verwaltung erneut. Ohne vorheriges Anklopfen oder sonstige Ankündigung trat er ein - und platzte damit mitten in eine Vorbesprechung des Duumvirn zur nächsten Sitzung des Ordo Decurionum. Zwei Mitarbeiter saßen, drei standen Potitus gegenüber. "Curator Germanicus! Salve!", unterbrach der Stadtoberste sein Gespräch, um den eingetretenen Eques zu begrüßen. "Das freut mich sehr, zu hören, dass hier alles zu deiner Zufriedenheit war - auch wenn ich natürlich von Beginn an nichts anderes erwartet habe.", bekundete er anschließend selbstzufrieden. "Die monatlichen Hafengebühren?", wiederholte er dann mit einem nachdenklichen Stirnrunzeln. "So aus dem Kopf heraus weiß ich das jetzt natürlich leider nicht, Curator." Da meldete sich einer der Mitarbeiter des Duumvirn zu Wort. "Germanicus? Genucius? Verzeiht, wenn ich mich einmische. Aber hängt die Höhe der monatlichen Hafengebühren nicht maßgeblich davon ab, wie viele Schiffe im Monat den Hafen anlaufen und wie lange sie im Hafen liegen, bevor sie ihn wieder verlassen?" Potitus war erst etwas überrascht, bevor er sein übliches Lächeln wiederfand. "Na ausgezeichnet! Dann besorg dem guten Curator eine Abschrift der Hafenordung. Okay?" Der auffordernde Blick des Stadtobersten ließ dessen Mitarbeiter sofort loseilen. "Gibt es darüber hinaus noch irgendetwas, das du wissen willst und womit ich dir weiterhelfen kann, ehrenwerter Curator?", wandte sich Potitus anschließend erneut lächelnd dem Germanicus zu.


    Sim-Off:

    Entschuldigung. Bitte verzeih die Verzögerung.


    Lucius Praetonius Chairedemos

    http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Scheinbar war seine Frage wieder zu schwer gewesen - der Philosoph wartete trotzdem eine ganze Weile, ob sich nicht jemand hervorwagte. Als das eisige Schweigen dann aber zu lang wurde, beantwortete er sie doch lieber selbst:
    "Der Grund ist sehr einfach: Der Selbstschutz vor Abhängigkeiten und die Vermeidung von Unannehmlichkeiten mit meinen Mitmenschen wird es am Ende weise erscheinen lassen, die vermeintlichen Tugenden auch zu beherzigen. Nicht, weil sie Tugenden sind, sondern weil sie pragmatisch unser Leben regeln.
    Denkt nur an den 34. Lehrsatz: Die Ungerechtigkeit ist kein Übel an sich, sondern nur aufgrund der misstrauischen Angst davor, dass sie von der Strafverfolgung nicht unentdeckt bleibt.
    Angst ist - wie bereits gesagt - aber nichts anderes als Schmerz, der sich auf die Zukunft bezieht. Folglich müssen wir auch so leben, dass wir Reue für die Zukunft vermeiden.


    Wie bei der Ungerechtigkeit ist es aber auch bei der Schamlosigkeit oder der Unvernunft. Diese Dinge werden bei nüchterner Betrachtung stets zu Schwierigkeiten oder deutlichem Schaden führen: Nur in geringfügigen Angelegenheiten überfällt den Weisen ein Zufall; die wichtigsten und bedeutendsten Dinge hat die Vernunft geordnet, ordnet sie im Lauf des Lebens und wird sie ordnen., 16. Lehrsatz.


    Was aber unterscheidet den wahren Epikureer dann in seiner Lebensführung von einem Stoiker oder einem Platoniker?"
    Er blickte fragend in die Runde.
    "Zum einen wie gesagt die Intention, warum er sich an die Normen der Gesellschaft hält. Denn für ihn sind sie keine Gesetze, die aus sich heraus Gültigkeit beanspruchen. Deshalb mahnt Epikur uns auch im 33. Lehrsatz: Niemals gab es absolute Gerechtigkeit, sondern nur einen Vertrag, der jeweils im gegenseitigen Austausch an beliebigen Orten darüber abgeschlossen wurde, niemanden zu schädigen oder sich schädigen zu lassen
    Daraus ergibt sich aber auch, dass eine Norm niemals absolute Gültigkeit beanspruchen kann. Wieder anhand der Gerechtigkeit lehrt uns der große Philosoph deshalb einen pragmatischen Umgang mit ihr: Alles, was als gerecht gilt, darf nur dann den Rang des Gerechten beanspruchen, wenn es nachweislich den Anforderungen des geregelten Umgangs miteinander entspricht, ob es nun für alle Menschen gleich oder nicht gleich ist. Wenn aber jemand ein Gesetz erlässt und es nicht der Regelung des Umgangs miteinander dienlich ist, dann hat es nicht mehr die natürliche Legitimation des Rechts. Und wenn sich der Nutzen, der vom Recht ausgeht, verändert, aber noch eine Zeit lang der ursprünglichen Vorstellung entspricht, dann war es nichtsdestoweniger zu jener Zeit gerecht für alle, die sich nicht durch leere Wort selbst verwirren, sondern einfach die Tatsachen im Auge behalten.


    Dies wäre also die erste Differenz. Eine weitere, überaus wichtige ist jedoch auch die Haltung Epikurs zum öffentlichen Leben.


    Einen Hinweis bietet hier der 14. Lehrsatz: Wenn auch die Sicherheit vor den Menschen bis zu einem gewissen Grad auf der Grundlage einer festgefügten Macht und auf der Grundlage guter wirtschaftlicher Verhältnisse gewährleistet ist, so erwächst doch die deutlichste Sicherheit aus der Ruhe und dem Rückzug vor den Leuten
    Was nun mag das bedeuten? Iulius?"

    Als Senator war dieser Teil der epikureischen Lehre für Dives sicherlich ein besonderer Affront - umso wichtiger war, dass der Berufspolitiker zu verstehen lernte, was dahinter steckte.

    Lucius Praetonius Chairedemos

    http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Auch diesmal konnte der Praetonier zufrieden hören, welche Schlüsse sein Schüler zog:
    "Ein treffendes Beispiel! Etwas allgemeiner gesagt gibt es also keine einfachen Gesetze, sondern wir müssen stets abwägen: Welche Begierde kann ich befriedigen? Wovon muss ich mich frei machen durch Übung, Askese und Selbsterziehung?
    Ein Beispiel wäre etwa: Kann ich mir etwa die Austern leisten, die ich so gerne esse? Dann soll ich sie genießen, denn ihr Genuss bereitet mir immer mehr Lust. Doch bin ich ein armer Schlucker, dann sollte ich mir klar machen, wie überflüssig Austern doch sind, muss mich vielleicht an ihre unangenehme Salzigkeit oder meinen Nachbarn erinnern, der sich an schlechten Austern vergiftete, bis ich die Begierde nicht mehr spüre.


    Ebenso gilt es im Auge zu behalten, dass Lust und Schmerz zwar die einzigen Alternativen, in ihrer Qualität aber durchaus unterschiedlich sind, wie uns die Erfahrung lehrt: Mancher Schmerz ist nicht physisch, sondern geistig und bezieht sich nicht auf die Gegenwart, sondern auf Vergangenheit - etwa die Reue - oder die Zukunft - wie die Furcht, die wir ja schon mit der Physik bekämpft haben.


    Auch die Ethik muss uns aber abwägen lehren, um Reue für die Zukunft zu vermeiden und langfristig Lust zu gewinnen. Denn schon der 9. Lehrsatz sagt uns: Wenn alle Lust in Hinsicht auf Umfang und Dauer zusammengefasst werden könnte und dies im ganzen Organismus oder wenigstens in den wichtigsten Teilen des menschlichen Körpers möglich wäre, dann unterschieden sich die Lustempfindungen niemals von einander.
    Doch leider ist dies nicht so. Verprassen wir heute unser gesamtes Geld, um uns den teuersten Falerner von ganz Italia zu leisten, dann werden wir womöglich diesen Abend größte Lust empfinden, der Morgen wird aber ein fades Erwachen bringen.


    An dieser Stelle möchte ich noch einmal auf unsere Diskussion über die Tugenden - vor allem die Gerechtigkeit zurückkommen. Philodemos hatte sie ja schon kurz als Beispiel für eine Tugend herangezogen und darauf hingewiesen, dass sie nicht viel mehr als eine Konvention ist. Trotzdem spricht Epikur:
    Es ist nicht möglich, lustvoll zu leben, ohne vernünftig, anständig und gerecht zu leben, und auch nicht vernünftig, anständig und gerecht, ohne lustvoll zu leben. Wem dies aber nicht möglich ist, der kann auch nicht lustvoll leben.
    Wenn wir das eben Gehörte über die Zukunft und Vergangenheit bedenken - hat jemand eine Idee, warum die Gerechtigkeit, der Anstand und die Vernunft am Ende doch wieder Geltung gewinnen, auch wenn wir sie nicht einfach befolgen müssen, weil sie Tugenden sind? Welchen Nutzen mögen diese Tugenden haben, wenn wir mit Epikur in erster Linie unsere eigenen Begierden und Schmerzen in den Blick nehmen?

    Lucius Praetonius Chairedemos

    http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Chairedemos lächelte zum Kommentar des Iuliers - natürlich die Wölfin mit ihrem Rudel! Aber wenn man richtig hörte, gab es ja durchaus auch die Möglichkeit für Nicht-Verwandte Wölfe zu einem bestehenden Rudel zu stoßen...


    Anstatt wieder etwas zu kommentieren, ließ er dann aber freie Bahn für die Überlegungen seiner Jünger(in), die durchaus vernünftig erschienen. Erst als beide offensichtlich wieder auf seine Bemerkungen warteten, setzte er an:
    "Wie ihr richtig erraten habt, müssen die natürlichen, notwendigen Bedürfnisse befriedigt werden. Bei den übrigen seid ihr beide aber rigoroser, als Epikur es uns rät. Am Ende empfiehlt er aber ein Lustkalkül: Das, was leicht zu befriedigen ist - und das bedeutet, dass vor allem jene unnatürlichen Begierden, die grenzenlos sind wie Macht und Reichtum, hier herausfallen - , können wir guten Gewissens befriedigen - solange wir uns nicht von ihnen abhängig machen. Denn stets besteht die Möglichkeit, dass uns die Möglichkeit genommen wird, eine bestimmte Begierde zu erfüllen, sodass wir statt Lust langfristig Schmerz daraus gewinnen, wenn wir zu sehr an ihr hängen.


    Damit ergibt sich natürlich die nächste Frage: Was sind leicht zu befriedigende, wenn auch nicht notwendige Begierden? Oder allgemeiner gefragt - denn wie Iulius schon treffend festgestellt hat, ist die Trennung an dieser Stelle gar nicht so zentral - welchen Begierden sollte ich dann nachgeben? Und welchen auf keinen Fall?"


    Potitus Genucius Aventinensis


    Als der Curator sich mit dieser ersten Auskunft noch nicht ganz zufrieden gab und weiter nachhakte, sah Potitus Hilfe suchend zu seinem Quaestor. Der jedoch reagierte nur vergleichsweise gelassen. "Es befinden sich derzeit keine eigenen Betriebe im Besitz der Stadt aus drei Gründen. Zum Einen hat die Stadt jetzt bereits seit längerem keine Erbschaft mehr erhalten, die auch einen Betrieb umfasst hätte. Es sind also auf diesem Weg keine neuen Betriebe in städtischen Besitz gelangt. Zweitens hat die Stadt sämtliche zuvor auf diesem Weg in ihren Besitz gelangten Betriebe mittlerweile verkauft und damit reprivatisiert.", lauteten die beiden offensichtlichsten Gründe. "Und zu guter Letzt entspricht es der Leitlinie meiner Amtsführung, die Lex Mercatus etwas enger auszulegen in dem Punkt, wo es darum geht, wer welche Betriebe besitzen darf und wer nicht." Dies war der unter Umständen nicht ganz so offensichtliche Grund. "Denn in diesem Paragraphen werden zwar ausführlich verschiedene Vorschriften für Personen gemacht - über jedwede Möglichkeit, auch als Stadt einen Betrieb nicht nur zu besitzen, sondern auch zu bewirtschaften und zu führen, schweigt sich die Lex Mercatus indes leider aus. Daher lautet meine Leitlinie, dass Ostia weder selbst neue Betriebe gründet, noch bestehende Betriebe ankauft, noch geerbte Betriebe zur eigenen Bewirtschaftung einbehält. Dabei orientieren wir uns, obgleich eine Stadt selbstredend kein Verein ist, auch an der Lex Communitatis, die den Vereinen jedes Führen von Gewerbe untersagt." Ferner und nicht zuletzt hatte niemand in Ostia ein Interesse daran, dass der Senat, der sich bereits über das germanische Mogontiacum unter diesem Aspekt teilweise kritisch geäußert hatte, diese kritischen Äußerungen womöglich am Ende auch auf die Colonia Ostia noch ausweiten würde.


    Die folgende Frage verneinte der Quaestor im Anschluss mit einem Kopfschütteln. "Nein, Curator. Die städtischen Finanzen werden natürlich nicht nur durch die Hafengebühr ausgeglichen. Dazu kommen auch gelegentliche Honorarien, hin und wieder Spenden von Privatpersonen sowie natürlich auch Zuwendungen aus Erbschaften.", beantwortete er. "Bitte entschuldige. Ich glaube, dass ich die Erbschaften in meiner ersten Aufzählung vergessen habe." Die Mundwinkel des weiterhin gelassen ruhigen Quaestors zuckten leicht und deuteten damit ein Lächeln an, während auf der anderen Seite des duumvirischen Schreibtischs Potitus unter angestrengtem Lächeln sich ein Rollen mit den Augen verkniff. "Er hat die Erbschaften vergessen. Hehe. Das kann ja mal vorkommen. Aber ansonsten achte ich stets und ständig sehr genau darauf, dass ihm solche unachtsamen Fehler nicht passieren.", beteuerte Potitus gegenüber dem ritterlichen Gast aus der italischen Verwaltung. Anschließend beantwortete der Quaestor auch noch die finale Frage des Curators. "Gerne kann ich dir meine Unterlagen zur Verfügung stellen, damit du dich selbst von der Richtigkeit meiner Aussagen überzeugen kannst.", bot der Quaestor an. "Ostia hat nichts zu verstecken. Denn ich... also wir haben hier alles ohne Grund zur Klage fest im Griff.", war es unter den beiden städtischen Beamten am Ende einmal mehr Potitus, der das letzte Wort mit einem schmeichlerischen Lächeln an sich riss.



    Lucius Praetonius Chairedemos

    http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Der Praetonier lächelte zufrieden, als endlich eine kleine Diskussion aufkam - darauf hatte er schon die ganze Zeit gehofft, aber die Ethik war wohl am besten dazu geeignet, die Schüler zur Positionsbestimmung zu zwingen. Deshalb war sie ja auch der Kern der epikureischen Philosophie, zu der die Erkenntnistheorie und Physik nur Hilfsmittel darstellten.
    Was der Iulier und die Plinia diskutierten, war aber auch höchst interessant - offensichtlich hatten sie schon eine Vermutung, inwiefern Epikur die Kategorien einordnete...
    "Eine sehr interessante Diskussion, sehr gut!"
    lobte Chairedemos deshalb zuerst einmal, bevor er sich inhaltlich einschaltete:
    "Die Frage, ob Sexualität notwendig ist, hängt wohl von unserem Begriff von Notwendigkeit ab. Halten wir es für notwendig, dass unsere Spezies existiert, dann dürfte sie wohl so beurteilt werden. Gehen wir aber - was der große Epikur ebenfalls tut - von der einzelnen Person aus, müssen wir Plinia wohl Recht geben: Schlaf, Nahrung, etwas zu trinken und vielleicht auch ein gewisses Maß an Sicherheit und natürlich Gesundheit."
    Er lächelte der Ärztin zu.
    "Dass Sexualität aber zumindest eine natürliche Begierde ist, wird wohl niemand bezweifeln. Ob das Bedürfnis nach Familie eine natürliche Begierde ist, wäre wiederum zu diskutieren. Wenn wir die Natur betrachten, gibt es immerhin sehr viele Tiere, die keine Familien bilden - denken wir etwa an vielen Katzen, die allein durch unsere Gassen streunen.
    Etwas allgemeiner gesprochen von einem Bedürfnis nach Gesellschaft ist aber wohl ganz sicher von einer natürlichen Begierde auszugehen. Aristoteles nennt den Menschen ein "zoon politikon", ein gemeinschaftsbildendes Tier. Auch wenn ich sonst gewisse Zweifel an Aristoteles habe, würde ich diese Meinung wohl teilen.
    Zu den natürlichen, nicht notwendigen Begierden zählt Epikur aber auch die Ausgestaltung der notwendigen Begierden - etwa das Bedürfnis nach einer bestimmten Art von Nahrung, nach einer bestimmten Menge von Schlaf, nach vollständiger Gesundheit und Unversehrtheit."

    Er seufzte.
    "Der gesamte Rest ist, wie ihr schon treffend erkannt habt, nicht natürlich und nicht notwendig. Epikur schreibt im 30. Lehrsatz: Die natürlichen Begierden, die keine Schmerzen verursachen, wenn sie nicht befriedigt werden, obwohl das angespannte Bemühen um Befriedigung erhalten bleibt, entstehen aus einer leeren Meinung; und wenn sie nicht beseitigt werden können, dann liegt es nicht an ihrer eigenen Natur, sondern an der Neigung des Menschen zu leeren Meinungen.
    Hier erkennen wir auch bereits einen Übergang von den natürlichen, nicht notwendigen zu den unnatürlichen Begierden. Denn was glaubt ihr, was uns Epikur angesichts dieser drei Kategorien von Begierden rät? Wie sollen wir wohl jeweils mit ihnen umgehen?"

    Hier kamen sie nun endlich zur zentralen Frage, die die Schüler selbst erarbeiten sollten - denn so lernte man am besten!

    Lucius Praetonius Chairedemos

    http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Scheinbar wollte niemand von den neuen Teilnehmern sich erbarmen, auf die Frage zu antworten. Deshalb erbarmte sich schließlich Pythokles:
    "Das, worauf ich Lust habe?"
    Chairedemos nickte zufrieden.
    "Korrekt, meine Begierden! Das mag verwirrend klingen, doch Epikur sagt genau das in seinem 25. Lehrsatz: Wenn du nicht in jeder Situation all dein Handeln auf das Ziel beziehst, das dir die Natur vorgibt, sondern vorher abweichst, indem du Ablehnung und Zustimmung auf etwas anderes beziehst, werden bei dir die Taten nicht den Worten entsprechen.
    Aber natürlich heißt dies nicht, immer einfach das Erstbeste zu tun, wonach mir gerade ist. Um aber zu klären, welchen Begierden wir folgen sollen, bietet Epikur uns eine kleine Hilfe an:
    Zuerst einmal müssen wir uns darüber klar werden, welche Bedeutung einzelne Begierden haben. Dazu nennt Epikur im 29. Lehrsatz drei Kategorien. Weiß jemand noch, welche dies waren? Und hat er oder sie auch gleich eine Idee, was jeweils ein Beispiel für diese Kategorien sein könnte?"

    Wieder wartete der Praetonier auf Meldungen.

    Lucius Praetonius Chairedemos

    http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Der Praetonier hörte den beiden Schülern aufmerksam zu. Die Plinia hatte manches offenbar noch nicht vollständig verstanden, dafür bewies Dives aber, dass seine kritischen Nachfragen ihm nun die rechte Einsicht bescherten. Das musste bestätigt werden:
    "Sehr richtig, Iulius."
    Dann wandte er sich an Chrysogona, die sich - wollte sie Epikurs Wegen folgen - noch manches ablegen musste, was ihr gelehrter Vater ihr vermutlich eingebläut hatte und das Helfen anderer zuerst einmal keinen Wert für sich hatte. Mit versöhnlicher Stimme führte er deshalb noch einmal aus:
    "Es ist sehr gut, wenn deine Profession dich erfüllt und wenn es dir Lust bereitet, anderen zu helfen und ihnen dabei auch Schmerz zu nehmen. Doch sollte die Lust der anderen kein Selbstzweck sein, wie Iulius schon richtig bemerkte.
    Den 21. Lehrsatz hast du aber sehr treffend erklärt: Manches lernt man erst zu schätzen, wenn man es verloren hat oder es zu verlieren droht."

    Sie war nicht ganz auf dem Holzweg - sie musste sich nur noch an den Gedanken gewöhnen, dass es in ihrem Leben zuerst um sie selbst ging. Für manchen mochte das beängstigend sein - für andere war es aber eine echte Befreiung.
    Um aber auch mit dem Stoff etwas vorwärts zu kommen, wiederholte er noch einmal seine Frage:
    "Doch was bleibt ohne Tugenden, wenn ich von den Anforderungen, die andere an mich herantragen, zuerst einmal absehe und nur auf mich höre?"


    Potitus Genucius Aventinensis


    Für einen kurzen Augenblick schaute Potitus etwas irritiert, als der Germanicer erst davon sprach, in Ostia ansässig zu sein, bevor er keine zwei Sätze später erklärte, seit nun doch schon längerer Zeit jetzt das erste Mal wieder hier zu sein. War der Curator also auf Reisen gewesen? Oder hatte er nicht im Gegenteil gesagt, dass Ostia die erste Station seiner Reise war? Potitus beschloss, diesem Gedanken nicht weiter nachzugehen, um seinen hohen Gast nicht zu verstimmen. "Das freut mich, dass die Übernahme deines Amtes von deinem Vorgänger so glatt verlaufen ist.", lächelte er stattdessen, bevor er sich den Gegenfragen des Eques widmete. "Ich bin seit Beginn dieses Amtsjahres im Amt und kümmere mich zusammen mit meinem Collega intensiv und fleißig um die Belange der Colonia." Er nickte bekräftigend. "Gerade heute zum Beispiel ist mein Kollege in einem Nachbarort unterwegs und setzt sich für Ostia ein, während ich... ihm den Rücken freihalte und mich hier um alles kümmere und alles fest im Griff habe.", stellte sich Potitus in einem möglichst guten Licht dar. Denn wenn er etwas beherrschte, dann war es die Fähigkeit, sich selbst aus der dümmsten Situation noch einigermaßen passabel herauszureden. Andernfalls hätte man ihn wohl gewiss auch nicht in sein heutiges Amt als Duumvir gewählt.


    In diesem Moment betrat noch kurzem Anklopfen der Quaestor Ostiensis den Raum. Er gehörte, wie man auf den ersten Blick an seinem Wohlstandsbauch erkennen konnte, zu den Genießern des Lebens und ließ sich nicht allzu schnell aus der Ruhe bringen, wie sein trotz hohen Besuchs unaufgeregtes Auftreten zeigte. "Salvete, die Herren.", grüßte er die Anwesenden nüchtern und nahm sodann vor dem Schreibtisch des Duumvirn neben dem Germanicus Platz. Kurz sah er zum Stadtobersten, anschließend zum ritterlichen Amtsträger der italischen Bezirksverwaltung. "Wie kann ich euch weiterhelfen?", erkundigte sich dann. "Curator, das ist der amtierende Quaestor Ostiensis. Quaestor, das ist der amtierende Curator Kalendarii Germanicus, der hier ist, um einen Blick in unsere städtischen Finanzen zu werfen.", machte der Duumvir die beiden Männer miteinander bekannt und erklärte zugleich den Anlass für den hohen Verwaltungsbesuch. Der Quaestor nickte und sah unaufgeregt zum Curator. "Wir haben einen Kassenstand von aktuell knapp über siebenundzwanzigeinhalb-tausend Sesterzen, gut mit Brotvorräten gefüllte Speicher und keinerlei in irgendwelchen Betrieben gebundenes Kapital. Der letzte derartige Betrieb wurde im Duumvirat des Iulius privatisiert. Deshalb hat die Colonia auch keinerlei Ausgaben in Form betrieblicher Erhaltungskosten zu bestreiten, während andererseits die Hafengebühr wieder für stetige Einnahmen sorgt, seit sich der Handel nach dem Bürgerkrieg wieder etwas normalisiert hat. Dazu kommt dann und wann die Zahlung eines Honorarium zum Eintritt in den Ordo Decurionum sowie gelegentlich die eine oder andere Spende von Privatpersonen, womit wir vor allem die größeren Bau- und Renovierungsprojekte hier sparsam und die Stadtkasse schonend realisieren können.", gab der Quaestor dem Germanicer einen kurzen Bericht. "Alles in allem ist Ostia meiner Ansicht nach also recht solide finanziell aufgestellt." Potitus lehnte sich zufrieden zurück. "Wie gesagt, ich habe hier auch ohne meinen Kollegen eigentlich alles soweit fest im Griff.", sonnte er sich in der Arbeit eines anderen.




    Potitus Genucius Aventinensis


    Der leicht verstimmte Gesichtsausdruck des Potitus wich schleunigst einem doch deutlich freundlicheren, nachdem sich der eintretende Gast als Curator Kalendarii vorstellte. "Natürlich, natürlich, Germanicus.", rutschte Potitus auf seinem Stuhl in eine aufrechtere Position und legte die Acta-Ausgabe geschwind beiseite. Die neuste Geschichte aus Gesocribate musste in Anbetracht dieses hohen Gastes natürlich warten. "Für den Curator Kalendarii habe ich doch immer Zeit.", betonte er dann. "Mein Name ist Potitus Genucius Aventinensis, Duumvir von Ostia, und ich möchte dir sagen, wie hocherfreut ich doch bin, dass ein Mitglied gerade deiner Gens sich als Curator für die Belange dieser Colonia einsetzt und engagiert!", schmierte Potitus dem Germanicer sogleich ein bisschen Honig ums Maul - jedoch nicht nur aus bloßer Berechnung. Denn die Verbundenheit der Germanicer mit Ostia war kaum zu leugnen. Einen ganzen Tempel hatten sie in Ostia gebaut - wennauch die Hafenstadt dereinst mächtig in die eigene Tasche dafür hatte greifen müssen... gar so tief am Ende, dass man sich für dessen Spende den damaligen Praefectus Urbi Vescularius zum Stadtpatron machen musste. Doch das war wieder ein anderes Thema.


    Mit einer einladenden Geste bot Potitus dem Germanicer einen Platz an. "Ich werde sogleich nach dem Quaestor schicken lassen, auf dass er dir betrefflich unserer städtischen Finanzen unverzüglich Rede und Antwort steht.", kündigte er an und rief sich auch gleich einen jungen Schreiberling herbei, der zum Officium des Quaestors gesandt wurde. "Ich hoffe, deine Amtsübernahme verlief reibungslos und die anderen Städte Italias geben dem Curator Rei Publicae und dir keinen Grund zur Klage.", begann er mit etwas Smalltalk die Wartezeit auf den Quaestor zu füllen. Dabei sprach Potitus natürlich bewusst nur von anderen Städten. Denn für ihn schien es doch vollkommen ausgeschlossen, dass jemand je über Ostia einen Grund zur Klage hätte.



    Lucius Praetonius Chairedemos

    http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Dives
    "Ist dies nicht folglich ein Schwachpunkt Epikurs? ...wenn ich selbst zwar freier und nur unter Freunden - unter Gleichgesinnten sozusagen - leben könnte, indes eine reine 'Welt der Freunde' sich dabei immer weiter entvölkerte?", stellte der Iulier letztlich fragend in den Raum und musste in diesem Zusammenhang nicht zuletzt auch daran denken, wie gerade die besten Familien Romas doch seit dem Ende Republik nahezu alle mit dem Aussterben zu kämpfen hatten - und wie bereits die eine oder andere traditionsreiche Familie - darunter exemplarisch die Iulii Caesares - diesen Kampf auch mittlerweile schon verloren hatte.


    "Nun, eine gute Frage - wobei Epikur wohl die Frage zurückgeben, was denn so schlimm daran wäre, wenn die Welt sich nach und nach entvölkert. Wenn wir die Physik Epikurs bzw. Demokrits ernst nehmen, ist die Fortexistenz der Menschheit weder gut, noch schlecht. Es gilt also unabhängig davon abzuwägen, ob eine Familie mehr Lust oder Schmerz bereitet."
    Er legte den Kopf schief.
    "Ich selbst habe mich schon früh dazu entschieden, mich nicht durch eine Familie aufzuhalten, insofern bleibt mir nur die Anschauung. Was ich dabei aber feststelle, ist, dass Ehepartner und Kinder recht viele Sorgen bereiten. Zumindest ist Epikur der Meinung, dass der Frust die Lust übertrifft."
    Er hob abwägend die Hände und lächelte.
    "Du musst aber letztlich selbst abwägen, wie die Bilanz für dich aussieht. Solltest du dich aber vor der Angst um das Schicksal nicht lösen können, kann ich dich möglicherweise damit beruhigen, dass es recht unwahrscheinlich ist, dass all die geistlosen Menschen dort draußen sich zur Weisheit Epikurs bekehren werden."
    Damit war die Frage hoffentlich beantwortet - womit wieder Raum für seine vorherige Frage war:
    "Aber zurück zu meiner Frage: Was bleibt, wenn wir diese Werte und Zwänge wie die Familie über Bord werfen, die uns bisher belasten?"


    Potitus Genucius Aventinensis


    Anders als sein zur Zeit auf Dienstreise in einem Nachbarort unterwegs befindlicher Kollege saß Potitus gerade bei einem guten Becher Wein und der neusten Ausgabe der Acta Diurna in seinem bequemen Amtssessel und las von den neusten Neuigkeiten aus dem Imperium: "Rhetorenwettstreit in Rom - ein großes Konsulat der Kunst und Kultur neigt sich dem Ende", titelte ein Artikel. "Die zehn: erfolgreichsten Wege für eine junge Frau von einem älteren Consular schwanger zu werden", hieß es in einem anderen, der gut und gerne auch auf die Augusta gemünzt sein konnte. Doch Potitus interessierte sich weder den einen noch den anderen. "Geschichten aus Gesocribate", hieß die Serie, welche Potitus seit Monaten mit großer Spannung verfolgte. In der dieswöchigen Ausgabe, so hatte er bereits gehört, würde sich die Bäckerstochter nach langem Hin und Her endlich entscheiden, welchen der beiden Fischerbrüder sie heiraten würde! Entsprechend euphorisch natürlich war Potitus, auch die dieswöchige Geschichte endlich zu lesen.


    So "überhörte" er also geflissentlich, dass jemand an die Tür seines Officiums geklopft hatte. Erst als der Klopfende anschließend auch eintrat, senkte Potitus missmutig seine Acta-Ausgabe. "Salve", grüßte er dann knapp zurück. "Was gibts?" Und viel wichtiger, wer störte ihn hier denn überhaupt gerade beim entspannten Zeitungslesen?!



    Lucius Praetonius Chairedemos

    http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg "Die Maximen deines Handelns sind also die Erhaltung der Traditionen, das Wohl und die Ehre deiner Familie und deines Vaterlandes."
    fasste Chairedemos die Antwort des Iuliers knapp zusammen.
    "Wie du schon sehr treffend erkannt hast, hätte Epikur vermutlich seine Bedenken. Wer kann mir sagen, wo er dazu spricht?"
    Er sah wieder in die erste Reihe der erfahreneren Jünger. Philodemos erbarmte sich schließlich:
    "Die Prinzipien von Iulius sind alles traditionelle Tugenden. Die Vierzig Lehrsätze äußern sich nicht zu allen Tugenden, aber beispielhaft haben wir die Gerechtigkeit:
    Alles, was als gerecht gilt ... darf nur dann den Rang des Gerechten beanspruchen, wenn es nachweislich den Anforderungen des geregelten Umgangs miteinander entspricht, ob es nun für alle Menschen gleich oder nicht gleich ist. Wenn aber jemand ein Gesetz erlässt und es nicht der Regelung des Umgangs miteinander dienlich ist, dann hat es nicht mehr die natürliche Legitimation des Rechts. Und wenn sich der Nutzen, der vom Recht ausgeht, verändert, aber noch eine Zeit lang der ursprünglichen Vorstellung entspricht, dann war es nichtsdestoweniger zu jener Zeit gerecht für alle, die sich nicht durch leere Wort selbst verwirren, sondern einfach die Tatsachen im Auge behalten.
    Ich würde sagen, dass das gleiche für andere Tugenden gilt. Wenn sie nützlich sind, sollte man sie verfolgen. Wenn nicht, sind sie überflüssig. Dazu fällt mir auch der 7. Lehrsatz ein:
    Berühmt und angesehen wollten manche Menschen werden, weil sie meinten, dass sie sich so die Sicherheit vor den Menschen verschaffen könnten. Wenn daher das Leben solcher Menschen sicher war, haben sie das natürliche Gut gewonnen. Wenn es aber nicht sicher war, besaßen sie nicht, wonach sie von Anfang an in Übereinstimmung mit ihrer eigenen Natur strebten.
    Politik ist insofern nur ein Versuch, Sicherheit zu gewinnen, ohne dass man sie tatsächlich gewinnt. Das Wohl der Familie wäre insofern vielleicht auf anderem Weg besser herzustellen. Würde ich sagen.

    Er sah entschuldigend zu Dives, dessen Prinzipien er ja in gewisser Weise beleidigt hatte. Doch der Lehrer nickte zufrieden.
    "Durchaus richtig, durchaus grundsätzlich richtig. Bezüglich der Ahnen haben wir ja bereits gehört, dass sie sich in winzige Elemente aufgelöst haben, denen ihre Ehre oder ihr Ansehen vermutlich reichlich gleichgültig ist. Aber Tugenden sind ebenfalls nur Konventionen, die dann ihre Berechtigung haben, wenn sie Lust oder Sicherheit bereiten. Es ist dann aber immer abzuwägen, ob sie nicht mehr Schmerz generieren als Lust."
    Diese wohl schwer zu verdauende Ansicht ließ der Praetonier erst einmal kurz setzen. Dann fuhr er fort:
    "Speziell zur Familie wäre vielleicht noch zu bemerken, dass Epikur eine andere Form der Gemeinschaft als sehr viel lustbringender einschätzt. Wo steht es?"
    Er blickte wieder in die Runde und Batis meldete sich verschämt.
    "Der 27. Lehrsatz: Vor allem, was die Weisheit für die Glückseligkeit des ganzen Lebens bereitstellt, ist der Gewinn der Freundschaft das bei weitem Wichtigste."
    Wieder nickte Chairedemos.
    "Die Freundschaft ist für Epikur und für uns der wichtigste Quell der Lust. Anders als bei Familienmitgliedern kann ich mir meine Freunde selbst auswählen und die, die mich dauerhaft enttäuschen, zurücklassen. Im übrigen besitzen sie alle Vorzüge, die auch die Familie bietet: Sie sind mir Gesellschaft, sie unterstützen mich in Notlagen, können mir Rat und Hilfe geben, was immer mich bewegt. Natürlich kann auch ein Familienmitglied mein Freund sein. Epikur warnt uns jedoch davor, uns auf Gedeih und Verderb an die zu ketten, die der Zufall des Schicksals durch das Blut mit uns verbunden hat."
    Er blickte noch einmal in die Runde.
    "Was könnte unser Handeln aber antreiben, wenn es nicht Tugenden und Traditionen sind? Denkt auch an euren Alltag, an die Dinge, die ihr jeden Tag tut."

    Lucius Praetonius Chairedemos

    http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg "Erinnere mich gerne daran, Iulius."
    bemerkte Chairedemos und legte dann kurz die Hände an seine Schläfen um sich zu besinnen. Die Ethik war ein weites Feld, sodass es ordentlich aufgebaut werden musste.
    "Lasst uns also nun noch einmal den Faden der Physik aufgreifen. Wie ich bereits sagte, hat die Physik eine konkrete Funktion in der Lehre des Epikur, nämlich die Aufhebung irrationaler Ängste - sowohl vor dem Tod, als auch vor den Göttern."
    Er blickte wieder zu Dives.
    "Mit einigen argumentativen Desideraten, aber zumindest mit einem Erklärungsmodell, das die Götter nicht benötigt. Trotz der Zufälligkeit des Menschen bleibt jedoch die Frage, wie wir uns in diesem zufälligen und endlichen Leben verhalten sollen. Die Antwort auf diese Frage bietet die Ethik, der Kern der Lehre des großen Epikur.
    Um uns diesem Feld zu nähern, wollen wir zuerst fragen, woran sich unser Handeln bisher orientiert - sofern wir nicht bereits den Lehren Epikurs folgen, selbstverständlich."

    Nachdenklich legte der Praetonier die Stirn in Falten.
    "Denkt einmal nach. Was tut ihr jeden Tag und warum tut ihr es? Was sind die Grundlagen eurer Entscheidungen, dieses oder jenes zu tun? Was sind die Prinzipien, von denen ihr ausgeht?"
    Wieder gab es Raum zum Nachdenken, sodass sich jeder äußern konnte. Immerhin wollte der Lehrer noch einmal versuchen, die Schüler ein wenig stärker einzubinden - wo war das sinnvoller als beim Block der Ethik, bei der man von der alltäglichen Erfahrung ausgehen konnte, sodass im Grunde jeder etwas sagen konnte?
    "Die, die es wagen wollen, dürfen auch eine Vermutung anstellen, was Epikur zu den Maximen ihres Handelns sagen würde."
    Diese Fragestellung hatte auch den Vorteil, dass er prüfen konnte, ob der bisherige Stoff etwas angekommen war - das ganze war bisher ja relativ abstrakt gewesen und bekam erst durch die Ethik ihre praktische Konkretion.

    Lucius Praetonius Chairedemos

    http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Der Praetonier hielt sofort inne, als Dives sich einschaltete und nickte erwartungsvoll, als er die physikalischen Grundaussagen Epikurs korrekt wiedergab. Als sich dann abzeichnete, worauf er tatsächlich hinauswollte, kam sogar ein Lächeln über sein Lippen - ein wunderbarer Ansatzpunkt!
    "Die Götter sind eine gute Anfrage, durchaus. Immerhin wurde den Schülern Epikurs immer wieder vorgeworfen, sie würden die Unsterblichen leugnen!"
    Er blickte wieder einmal kurz in die Runde seiner Schüler und legte nachdenklich den Zeigefinger auf die Lippen. Dann hob er ihn mahnend.
    "Das sind Verleumdungen böswilliger Leute! Denn Epikur leugnete niemals die Götter, ja er gab sogar eine recht einleuchtende Erklärung ab, wie ihre Ewigkeit trotz des Zerfalls aller Dinge gewährleistet wäre: Wie andere Dinge senden nämlich auch die Götter winzige Teilchen von sich in die Welt, die unsere Seelen erkennen können, sodass wir auf die Existenz der Götter schließen können. Dieser Verlust wird allerdings ausgeglichen, indem die Götter neue Atome in ihren Körper aufnehmen und in sich integrieren. Ähnlich wie wir, wenn wir essen und trinken - nur eben weitaus vollkommener.
    Epikur empfiehlt sogar die Verehrung der Götter, die uns Vorbilder sein können."

    Chairedemos lächelte erneut und legte die Hände ineinander.
    "Was er dagegen bestreitet, ist, dass die Unsterblichen Einfluss auf unser Leben nehmen. Warum dies der Fall ist, wird uns allerdings erst aus der Ethik Epikurs einsichtig werden, sodass wir diese Frage besser zu einem späteren Augenblick neu aufgreifen."

    Lucius Praetonius Chairedemos

    http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Der Philosoph blickte erfreut zu Plinia - er mochte es, wenn seine Schüler mitdachten! Und die Frage der Angst vor dem Schmerz war ja geradezu ein Klassiker der epikureischen Ethik.
    "Der Schmerz ist durchaus ein wichtiges Thema, denn wie ich bereits sagte, stellt er das Gegenteil zur Lust dar - wenn wir falsch mit ihm umgehen. Denn wir können über Götter, den Tod oder andere geistige Ängste diskutieren - der Schmerz ist zu real und vertraut, als dass er wegzudiskutieren wäre. Hier will uns der weise Epikur dennoch Trost spenden, um den Schmerz zu überwinden. In der von dir genannten Situation, deiner ärztlichen Tätigkeit, magst du an die Worte denken, die der Weise seinem Schüler Menoikeus schrieb:
    Ja, viele Schmerzen bewerten wir mitunter höher als Freuden, nämlich dann, wenn auf eine längere Schmerzenszeit eine umso größere Freude folgt. So bedeutet für uns also jede Freude, weil sie an sich etwas Angenehmes ist, zwar gewiss ein Gut, aber nicht jede Freude ist erstrebenswert, wie umgekehrt jeder Schmerz wohl ein Übel ist, aber darum doch nicht immer vermieden werden muss.
    Unsere Aufgabe ist es, durch Abwägen und Unterscheiden des Zuträglichen und Abträglichen immer alles richtig zu bewerten, denn manchmal bedienen wir uns des Guten gleich wie eines Übels und umgekehrt.*

    Ein wenig simpler ausgedrückt: Wir müssen stets abwägen, in welcher Situation es klüger ist, dem Schmerz zu entgehen, weil er sinnlos ist, oder wo wir ihn zu ertragen haben, weil wir uns damit trösten können, dass er notwendig ist, um einen größeren Schmerz oder ein größeres Übel zu vermeiden. Die Perspektive auf Heilung kann uns dann, wenn wir unser kurzsichtiges Denken überwunden haben, auch das Ertragen des Schmerzes erleichtern.


    Doch natürlich - und das dürfte gerade dir als Ärztin bekannt sein - gibt es auch Schmerzen, die ich weder vermeiden, noch ihnen Sinn abgewinnen kann. Hier Auch hier möchte Epikur uns Trost spenden mit einem Bestandteil seines Vierfachen Heilmittels. Wo steht es?"
    Fragend sah er in die vordere Reihe, wo die erfahreneren Jünger saßen. Philodemos begann schließlich mit dem 4. Lehrsatz:
    "Was schmerzt, spürt man nicht ununterbrochen im Fleisch; vielmehr ist der größte Schmerz nur von kurzer Dauer; der Schmerz aber, der die Lust im Fleisch kaum übersteigt, dauert nicht viele Tage lang. Lange andauernde Krankheiten gewähren mehr Lust im Fleisch als Schmerz."
    Der Praetonier legte die Stirn in Falten.
    "Einer der schwieriger zu verstehenden Sätze, zweifellos. Doch betrachten wir ihn genauer: Der erste Teil dürfte einleuchten: Ein heftiger Schmerz wird irgendwann nachlassen, womit der, der unter einem Schmerzanfall leidet, sich trösten darf. Auch hier gilt es also, die Perspektive zu erweitern und in die Zukunft zu blicken.
    Der zweite Teil hingegen weist uns auf einen Umstand hin, der auch den chronisch Leidenden beruhigen kann: Auch in der Krankheit ist es möglich, ungetrübte Lust zu empfinden. Auch hier hoffe ich, dass du, werte Plinia, mir zustimmen wirst: Einem Kranken, der sich nicht ständig seinem Leiden zuwendet, vermag es gelegentlich über einen Scherz zu lachen oder mit Freunden in erfreulichen Erinnerungen zu schwelgen, die ihn sein Leiden zumindest für eine Weile vergessen machen.


    Dies ist es, wozu Epikur uns erziehen will: Carpe diem - auch im unvermeidlichen Leiden."
    Er sah in die Runde, ob seine Schüler diese Erklärung akzeptierten.
    "Damit berühren wir im Grunde bereits den vorletzten Block unserer Einführung, der mir zugleich der wichtigste zu sein scheint: die Ethik. Sofern ihr keine Fragen mehr zur epikureischen Physik habt, würde ich dazu übergehen."


    Sim-Off:

    * Epikur: Brief an Menoikeus, Kap. 129

    Lucius Praetonius Chairedemos

    http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg "Niemand?"
    Der Praetonier schüttelte etwas enttäuscht den Kopf. Demokrit war in seinen Augen doch keiner der unbedeutenden Philosophen und zumindest seinen Leitbegriff - die Atome - hatte er als bekannt erwartet. So musste er aber doch selbst die Frage beantworten:
    "Nun, Demokrit - diesen Namen solltet ihr euch merken!
    Seine Lehre beruht auf der simplen Einsicht, dass wir alle Dinge teilen können - theoretisch immer weiter und weiter, bis wir zu einem kleinsten Baustein gelangen, der nicht mehr teilbar ist - den Atomen. Der Begriff ist Griechisch und bedeutet genau das: unteilbar!


    Aus diesen unteilbaren Grundbausteinen ist also unsere Welt aufgebaut - egal ob sie ein Tisch, ein Stuhl, dieser Baum-"
    Er deutete auf das Gewächs hinter ihn, dann auf die Nase der Plinia.
    "- oder deine Nasenspitze oder dein ganzer Körper, jede Seele und jeder Geist.


    Schlichtweg alles besteht aus solchen Teilchen. Wollen wir aber von unteilbaren Teilchen ausgehen, dann besitzen diese gewisse Eigenschaften: Sie müssen unveränderlich sein und damit unveränderlich. Neben diesen Eigenschaften, die sich logisch aus ihrer Unteilbarkeit ergeben, können aber nicht alle Atome gleich sein - allein mit Materie, die wir sehen, ist ja so vielfältig, dass ihre Bestandteile nicht völlig gleich sein können.
    Deshalb weist Demokrit den einzelnen Atomen wesentliche und unwesentliche Eigenschaften zu: die symbebekóta und die symptomata."

    Wieder machte der Philosoph eine kleine Pause, um durchzuatmen und den Jüngern die Möglichkeit zu geben, das nicht ganz einfache Gehörte zu verarbeiten.
    "Die symbebekóta sind theoretisch empirisch messbare Eigenschaften, also Gestalt, Gewicht und Größe. Die symptomata sind überaus vielfältig und weniger leicht zu fassen - Armut oder Freiheit wären derartige Eigenschaften.
    Denken wir aber über solche Atome nach, muss sich die Frage ergeben, wie Bewegung möglich ist. Um diese Bewegung zu denken, braucht es aber Raum, der nicht von Atomen besetzt ist, denn ohne freien Raum keine Bewegung - wenn ihr euch in Sand vergraben lasst, werdet ihr diesen Schluss leicht nachvollziehen können.
    Atome und Raum sind dann aber alles, was existieren muss, um unsere Welt zu erklären. Und beides ohne Grenzen, denn was sollte sein außer leerem Raum und Atomen, die ihn füllen?

    Wieder schwieg Chairedemos für einen Moment und blickte inspiriert in die Ferne.
    "Die für uns sichtbare Materie muss dann aber aus diesen winzigen Teilen zusammengesetzt sein - begonnen beim winzigen Sandkorn bis hin zum mächtigen Berg. Von der unsichtbaren Seele bis zum brausenden Sturm.
    Um diese Verbindungen von Atomen erklären zu können, löst sich Epikur von Demokrits Lehre. Er geht von der wahrnehmbaren Realität aus - wir hatten in der Kanonik davon gehört - und schließt daraus auf den nicht wahrnehmbaren Mikrokosmos: Atome, so nimmt er an, fallen natürlicherweise alle mit gleicher Geschwindigkeit nach unten. Es mag Widerstände anderer Atome geben, weshalb es für uns nicht so aussieht - etwa ein Stein, der ins Wasser fällt im Vergleich zu einem, der im freien Fall durch die Luft fliegt.
    Wäre dies aber die einzige Bewegung, würden sich niemals ein Atom mit einem anderen begegnen. Deshalb nimmt Epikur an, dass ihr Streben nach unten durch spontane Abweichungen, die parenklisis, gestört wird, woraus wiederum Zusammenstöße und daraus Verbindungen entstehen, an denen weitere Atome anstoßen und immer so fort, bis sich daraus verschiedene Objekte ergeben: Materie wie dein und mein Körper, wie das Capitolium oder eine winzige Maus.
    Die Eigenschaften dieser Gegenstände wiederum richten sich nach den Eigenschaften ihrer Bestandteile - je nach dem sind sie weich oder fest, farbig oder farblos, süß oder salzig und so fort."

    Langsam legte er den Finger auf den Stein, auf dem er saß und drückte auf.
    "Doch so fest und unveränderlich jede Materie wirken mag - auch in ihr sind die Atome weiter in Bewegung. Und so, wie sie zusammen stoßen und Materie bilden, so streben sie irgendwann auch wieder auseinander und lösen damit die Materie, die sie einst bildeten, wieder auf. Wer ein verendetes Tier einmal gesehen hat, wird dies bezeugen können, aber auch jeder Gärtner und jeder, der schon einmal ein abgetragenes Gewand wegwerfen musste. Nichts ist beständig - weder der Leib des Menschen, noch der höchste Berg. Alles zerfällt!"
    Er hob den Finger von seiner Sitzgelegenheit mahnend in die Luft.
    "Ihr mögt mir nicht glauben, dass diese scheinbar so wohlgeordnete Welt aus nichts anderem besteht als zufälligen Atomverbindungen! Aber bedenkt eines: Der Raum und die Atome sind unbegrenzt - so glaubwürdig die Annahme, dass diese Welt wohlgeordnet ist, so glaubwürdig ist es auch, dass es hunderte - nein tausende und abermillionen! - weitere Welten da draußen gibt, die anderweitig geordnet sind! Manche besser als diese Welt, manche schlechter - aber alle besieren auf nichts als dem schnöden Zufall!"
    Die Hand des Praetoniers wanderte an seine Brust und er senkte ein wenig andächtig den Kopf.
    "Der Zufall ist es aber damit auch, der unsere mentalen und geistige Substanz geformt hat. Denn wenn nichts als Atome bestehen - wieso sollte unser Geist, unsere Seele aus etwas anderem aufgebaut sein?
    Und wenn wir dies annehmen, verstehen wir auch den zweiten Lehrsatz des Epikur: Der Tod hat keine Bedeutung für uns; denn was sich aufgelöst hat, empfindet nichts; was aber nichts empfindet, hat keine Bedeutung für uns."

    Er blickte in die Reihe seiner Schüler.
    "Auf den ersten Blick eine erschreckende Einsicht, sich ins absolute nichts aufzulösen. Doch da wir dann nicht mehr existieren, auch nicht allzu erschreckend - und zweifellos besser als die Furcht, in alle Ewigkeit in einer finsteren Unterwelt dahinzuvegetieren, in einem eisigen Strom zu schwimmen oder selbst auf einem Berg zu setzen - so hoch er sein mag - und in alle Ewigkeit nichts als Nektar und Ambrosia zur Verfügung zu haben."
    Der Praetonier lächelte - sich selbst hatte er offensichtlich mit seinen Überlegungen überzeugt.

    Lucius Praetonius Chairedemos

    http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Nachdem von den neuen Schülern keiner es wagte, meldete sich nach einigem Schweigen schließlich Rabirius und spulte den Lehrsatz ein wenig gelangweilt ab:
    "Es wäre nicht möglich, die Angst in Zusammenhang mit den wichtigsten Dingen aufzulösen, wenn man nicht begriffen hätte, was die Natur des Ganzen ist, sondern in Angst vor allem lebte, was die Mythen erzählen; daher wäre es nicht möglich, ohne Naturphilosophie ungetrübte Freude zu genießen."
    Der Praetonier nickte stumm.
    "Freude ist es, zu der Epikur uns anleiten will. Wahre Freude aber nennen die Griechen eudaimonia, das echte Glück. Dieses besteht nach dem weisen Epikur in der Lust, die entsprechend das höchste Prinzip seiner Philosophie bildet und - im Umkehrschluss - in der Vermeidung von Schmerz, der Un-Lust.


    Dieser Begriff von Schmerz geht aber über den körperlichen Schmerz einer Wunde weit hinaus - er ist alles, was uns Un-Lust bereitet und da spielt die Angst eine zentrale Rolle. Sie muss also überwunden werden und dafür benötigen, wie Rabirius uns dankenswerterweise erklärt hat, die Physik."
    Er nickte, als wolle er die Bedeutung seiner Worte unterstreichen.
    "Die Physik des Epikur basiert weitgehend auf der eines anderen großen Philosophen - Demokrit. Weiß jemand etwas über dessen Vorstellung von der Welt?"

    Lucius Praetonius Chairedemos

    http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Nach der Kanonik war an diesem Tag der nächste Teilbereich der epikureischen Philosophie an der Reihe. Chairedemos begrüßte an diesem Morgen wieder wie üblich jeden Jünger einzeln und setzte sich schließlich auf seinen Stein.
    "Unsere bisherigen Überlegungen sind gewissermaßen die Vorüberlegungen zu den eigentlichen Heilmitteln des Epikur. Nachdem wir also das Fundament gelegt haben, können wir jetzt die erste Säule aufrichten, um unsere Ängste zu besiegen: die Physik.
    Warum aber überwindet die Physik unsere Angst? Der weise Epikur gibt uns selbst die Antwort in seinem 12. Lehrsatz!"

    Wieder waren die Schüler gefragt - wer hatte seine Lehrsätze gut verinnerlicht?

    Lucius Praetonius Chairedemos

    http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Wer wollte, gab eine Opfergabe - aber nicht alle "Neu-Jünger" waren schon so weit, dem Weisen ihre Referenz zu erweisen. Zuletzt trat Chairedemos wieder selbst in die Mitte und setzte zum Sprechen an:
    "Du hast uns den Pfad zur Weisheit geebnet, eine Weisheit, der wir uns dank edler Spender täglich zuwenden dürfen.
    Ihnen verdanken wir diese Gelegenheit, dieses Haus und diesen Garten als Hort der Ruhe, in dem wir philosophieren, um letztlich dir nahe zu kommen. Steh uns bei und führe uns voran."

    Er drehte sich nach rechts - wie es römische Staatspriester taten - und ging dann mit langsamen Schritten zu den aufgestellten Klinen.


    "Der große Epikur lehrte uns, die Freuden des Lebens zu genießen: carpe diem - pflücke den Tag! Als Wechselläufe des Zufalls haben uns heute reiche Speisen beschert, die wir mit Lust genießen dürfen. Nehmt also Platz und erfreut euch an Essen und Trinken!"
    Er kletterte auf seine Kline und legte sich hin. Für alle anderen schien es keine feste Klinenordnung zu geben, sodass jeder sich dort niederlassen konnte, wo er wollte. Der Sklave mit dem Tablett verschwand und kam kurz darauf mit selbigem wieder - diesmal hatte er allerdings mehrere schlichte Becher darauf positioniert, die er den Gästen präsentierte.


    Auch der Praetonier nahm einen von ihnen und erhob ihn.
    "Wir trinken auf den großen Epikur, den die Wechselläufe des Zufalls uns vor vielen Jahren an genau diesem Tag uns bescherten. Wie er mögen wir uns an der Lust dieses Mahles erfreuen!"
    Er goss einen Schluck Wein auf den Boden, wie es traditionell als Trankopfer üblich war. Dann trank er selbst.
    "Der weise Epikur lehrt uns aber, dass der Bauch allein uns keine vollendete Lust bereiten kann. Deshalb ist es unsere gute Tradition, an diesem Tag auch zu philosophieren. Gibt es ein Thema, das dieser Runde besonders auf den Nägeln brennt?"
    Er sah in die Runde.
    "Nur keine Scheu, erinnert euch an meine Worte: Das Wort des neuesten Jüngers zählt hier ebensoviel wie das meinige!"
    Inzwischen waren die Sklaven wieder in der Küche verschwunden und trugen als Vorspeise ein Fischgericht mit Eiern auf - nicht so üppig, wie es in einem Senatorenhaushalt üblich war. Aber auch weit genug entfernt vom alltäglichen Essen der allermeisten Römer, um als luxuriös gelten zu können.

    Sim-Off:

    Entschuldigt meine Absenz. Ich werde jetzt ein bisschen zügiger fortfahren.