Hoppla!
Der Ianitor öffnete sah das Pärchen an, das vor der Tür wartete. Er hatte gerade noch einen Gast zur Hausherrin geführt, weshalb er das Klopfen zuerst nicht gehört hatte.
"Ave, was kann ich für euch tun?" fragte er höflich.
Hoppla!
Der Ianitor öffnete sah das Pärchen an, das vor der Tür wartete. Er hatte gerade noch einen Gast zur Hausherrin geführt, weshalb er das Klopfen zuerst nicht gehört hatte.
"Ave, was kann ich für euch tun?" fragte er höflich.
Endlich war der große Tag gekommen. Das Projekt, das heute sein Ende fand, hatte Jahrzehnte nervenaufreibender Debatten, mehrere Bauphasen, fünf Kaiser, drei Bürgerkriege, diverse Bauleiter und immer wieder lähmende Unterbrechungen erlebt. Doch nun war das Ulpianum vollendet: Eindrucksvoll ragte an der Via Sacra der Porticus und die dahinter liegende Kuppel 30 gradi* in die Höhe und überragte damit die umliegenden Gebäude und selbst den gegenüber liegenden Tempel der Venus und Roma. Die Römer mochten sich bereits an den Anblick gewöhnt haben - immerhin stand das Bauwerk schon mehrere Jahre, doch heute trennte kein Holzzaun mehr das Bauwerk von der Via Sacra, sodass es in seiner ganzen Pracht zu sehen war: Mehrere Stufen führten zum dem Portikus hinauf, der von sechzehn korinthischen Säulen getragen wurde. Oben auf dem Giebel war in goldenen Lettern, heute verziert von frischen Girlanden, eine Inschrift angebracht:
GLORIAE HISTORIAEQUE POPULI ROMANI
Dahinter zeichnete sich die Kuppel ab, unter der das Herz des Bauwerks, der Kaisersaal befand. Im Boden aus polierten Marmorplatten spiegelte sich die reich verzierte Kuppel, die zwischen Stuck-Elementen Szenen aus der Geschichte Roms zeigte. Beginnend mit der Gründung der Stadt durch Romulus und Remus über die Vertreibung der Könige und die Triumphe der Imperatoren und Caesaren führte sie bis zu den Dakerkriegen des Divus Traianus, den Germanen- und Partherkriegen des Divus Iulianus sowie den Siegen des zweiten Ulpiers über die Aufständischen in Hispania.
Dieses Wechselspiel aus Marmor, korinthischen Säulen und Stuck setzte sich auch in den Nebenhallen fort, die in den vier Himmelsrichtungen von der Kaiserhalle abgingen:
Die rechte von ihnen war den drei ulpischen Kaisern gewidmet, für die man gewaltige Statuen an den drei geschlossenen Wänden aufgestellt hatte: Zur Linken stand Marcus Ulpius Traianus Optimus Dacicus, gegenüber des Durchgangs der Stifter dieses Bauwerks, Lucius Ulpius Iulianus Divi Traiani Filius, und zur Rechten der letzte Ulpier, Gaius Ulpius Aelianus Valerianus Divi Iuliani Filius. Die drei Darstellungen trugen jeweils ihr Feldherrengewand, die Brustpanzer zierten Reliefs ihrer wichtigsten Kriegstaten, die Füße waren dagegen als Zeichen ihrer Göttlichkeit unbeschuht. Da sie außerdem lebensecht bemalt waren, wirkte es, als hielten hier mitten in Rom drei Giganten Kriegsrat. Hier würde zukünftig auch die kultische Verehrung der ulpischen Kaiser stattfinden, worauf bereits eine Öffnung im Boden zur Darbringung von Trankopfern verwies. In der Seitenhalle zur Rechten waren - gewissermaßen als Pendant zu den Statuen - Beutestücke der drei Kaiser ausgestellt: Dakische Feldzeichen mit den charakteristischen Drachenhäuptern, Rüstungen parthischer Kataphrakte, illyrisches Gold und vieles mehr.
Gegenüber des Portals mündete der Rundbau schließlich in die Ehrenhalle, in der die Büsten herausragender Bürgerinnen und Bürger ausgestellt werden sollten: Während der Raum selbst von zahlreichen Säulen dominiert waren, zierten die Wände zahlreiche Sockel, um die Büsten der Helden Roms aufzunehmen. Fünf von ihnen waren bereits mit Büsten bestückt, die jedoch noch unter weißen Tüchern verborgen waren.
Wenn an einem Sommertag die Sonne durch die Oberlichter der Hallen flutete, verbreitete sie sicherlich einen triumphalen Glanz auf den Statuen, Büsten und Beutestücken. Unglücklicherweise hatten die Götter der Stadt heute jedoch keinen strahlenden Himmel beschert. Stattdessen bedeckten Wolken den Himmel und färbten ihn eher grau als blau. Nichtsdestotrotz hatten die kaiserlichen Bediensteten sich alle Mühe gegeben, den einzuweihenden Bau und das Drumherum festlich zu gestalten: Grünende Girlanden schmückten die Säulen und Giebel des Ulpianums und Blumen waren auf der ganzen Breite Via Sacra bis zum offenen Platz des Forum gestreut. Dort hatte man zahlreiche Stände aufgebaut, um das Volk nach der Zeremonie zu speisen, was auch die städtische Plebs angelockt hatte. Bevor es etwas zu Essen gab, musste man aber Rituale und Reden über sich ergehen lassen, von denen es heute reichlich geben sollte: Einerseits sollte Valerianus, der letzte Ulpier, zum Gott erklärt werden, dann sollte der Bau zum Tempel geweiht und schließlich die ersten Erkorenen für die Ehrenhalle des Ulpianums aufgenommen werden.
* 22,23 m
CELLA ULPIORUM
DIVUS TRAIANUS
DIVUS IULIANUS
DIVUS VALERIANUS
Innerhalb des Tempels, als der das Ulpianum geweiht ist, dient die rechte Nische als Cella für die vergöttlichten Imperatoren. Nebeneinander sind die drei Kaiser in überlebensgroßen, bemalten Kultstatuen dargestellt: Zur Linken steht Marcus Ulpius Traianus Optimus Dacicus, gegenüber des Durchgangs der Stifter dieses Bauwerks, Lucius Ulpius Iulianus Divi Traiani Filius, und zur Rechten der letzte Ulpier, Gaius Ulpius Aelianus Valerianus Divi Iuliani Filius. Die drei Darstellungen tragen jeweils ihr Feldherrengewand, die Brustpanzer zieren Reliefs ihrer wichtigsten Kriegstaten, die Füße sind dagegen als Zeichen ihrer Göttlichkeit nackt. Dazu sind die Figuren lebensecht bemalt und erwecken dadurch einen geradezu lebendigen Eindruck
Hier findet die kultische Verehrung der ulpischen Kaiser statt, weshalb der Boden eine Öffnung für die Darbringung von Trankopfern freigibt.
Leider gibt es keine bemalten Statuen der vergöttlichten Kaiser, weshalb man sich die Bemalung bei den Bildern hier dazudenken muss.
EHRENHALLE
GLORIAE HISTORIAEQUE POPULI ROMANI
Die Ehrenhalle ist an die Rückseite des zentralen Rundbaus angebaut. Durch den Durchgang gelangt man in eine große, rechteckige Halle, die von mehreren korinthischen Säulenreihen getragen wird. An den Wenden sind in mehreren Reihen Sockel angebracht, auf denen Büsten derjenigen angebracht werden, die gemäß den Richtlinien des Ulpianum Aufnahme gefunden haben. Unter jeder Büste ist der Name des Geehrten verewigt.
Nach Beratungen über sein Angebot, erhielt der Kaufinteressent bald schon eine schriftliche Antwort des Duumvirn von Mantua.
Ad
Quintus Claudianus Anaxander
Insular Caii Fundanii Vulsonis
Caelimontium, Urbs Aeterna
Dummvir Mantuensis s.d.
Hiermit stimme ich dem Verkauf des mantuensischen Farbmischers 'Colore Artoria' grundsätzlich zu. Da der Betrieb auch noch Balsam im Wert von 48 Sesterzen auf Lager hat, verlange ich jedoch in Summe 228 Sesterzen* von dir, 180 Sesterzen für den Betrieb selbst sowie 48 Sesterzen für den in seinem Lager befindlichen Balsam.
Vale.
* siehe Balsam-Angebot in der WiSim
Lucius Praetonius Chairedemos
http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Der Tag war gekommen, an dem der Einführungskurs in die Philosophie Epikurs enden musste. Für Chairedemos war dies zwar kein sehr freudiger Tag - er liebte es mit anderen zu diskutieren, selbst wenn sie anderer Meinung waren als er selbst - aber irgendwann mussten seine Schüler selbst entscheiden, ob sie häufiger in seinen Garten kommen wollten oder nicht.
"Liebe Gäste,
heute ist es so weit: Ich habe euch alles Wesentliche über die Lehren Epikurs gelehrt und ihr habt die Dinge fleißig aufgenommen und über sie nachgedacht. Unser Einführungskurs endet deshalb mit diesem Tage und ich darf bekannt geben, dass die, die bis heute ausgeharrt haben - also Plinia Chrysogona und Marcus Iulius Dives - ihn erfolgreich absolviert haben.
Für seinen besonderen Einsatz* möchte Marcus Iulius Dives ihm außerdem ein Empfehlungsschreiben unseres Zirkels mitgeben, um an geeigneter Stelle seine philosophische Bildung unter Beweis stellen zu können:"
Er griff nach einem zusammengerollten Papyrus und öffnete es, um es dann mit einem Lächeln an den Senator weiterzureichen:
IM KREISE DER JÜNGER DES EPIKUR IM HORTUS AMAFIDII UND UNTER ANLEITUNG DES LUCIUS PRAETONIUS CHAIREDEMOS ABSOLVIERTE
Marcus Iulius Dives
ERFOLGREICH DEN
CURSUS DE PHILOSOPHIA EPICURI.
IN ANERKENNUNG SEINER BEWIESENEN FÄHIGKEITEN UND LEISTUNGEN WIRD
MARCUS IULIUS DIVES
ZUDEM AUSGEZEICHNET MIT
EINEM DIPLOMA.
SCITUM PER SIGNUM:
LUCIUS PRAETONIUS CHAIREDEMOS
MAGISTER PHILOSOPHIAE
"Von nun an werde ich nicht mehr von euch erwarten, mich hier zu besuchen - trotzdem wird hier jedem die Möglichkeit gegeben, seine Einsichten in die Philosophie Epikurs zu vertiefen. Offene Fragen werden hier stets in der gewohnten Offenheit diskutiert werden können, also zögert nicht!
Ich weiß, dass mancher unter euch nicht zu der Einsicht gelangt ist, den Pfaden Epikurs zu folgen. Dennoch möchte ich euch ermahnen, zumindest einige Dinge für euer zukünftiges Leben zu beherzigen, die sich auf das vierfache Heilmittel unseres Meisters beziehen:
Vermeidet es, anderen Schwierigkeiten zu bereiten und macht euch unabhängig von heftigen Gefühlsregungen!
Fürchtet nichts - auch nicht den Tod!
Verzweifelt nicht am Schmerz, sondern tröstet euch mit der Einsicht, dass kein Schmerz ewig währt!
Fürchtet euch nicht!
Und vor allem vergesst nicht den 27. Lehrsatz, der da heißt: Vor allem, was die Weisheit für die Glückseligkeit des ganzen Lebens bereitstellt, ist der Gewinn der Freundschaft das bei weitem Wichtigste.
Hier werdet ihr auf jeden Fall alle Tage meines Lebens Freunde finden, die euch wohlgesonnen sind. Unsere Tür steht euch offen!"
Der Praetonier war fast ein wenig emotional - über all die Zeit hatte er auch seine "Gastschüler" wirklich lieb gewonnen, selbst wenn sie nicht immer einer Meinung gewesen waren. Wie schade, dass er viele von ihnen wohl niemals wieder sehen würde...
* im SimOff-Test
Lucius Praetonius Chairedemos
http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Chrysogona schwieg, weshalb Chairedemos annahm, dass sie aufgegeben hatte - oder sich nicht auf Epikurs vordergründig empörend unkonventionelle Schlüsse einlassen konnte. Aber so war es eben:
"Die Individualität ist auch Epikur ein wichtiges Gut. Keineswegs erhebt seine Philosophie den Anspruch, die Uneinsichtigen unter seine Lehre zu zwingen und einen Staat nach seinen Regeln aufzurichten. Er nennt den Kern seiner Lehre das "Vierfache Heilmittel" - es soll dem Menschen zu einem guten Leben verhelfen, nicht mehr und nicht weniger.
Seine Ratschläge bezüglich der Politik und dem Philosophieren im Freundeskreis dienen eben dem Ziel, Schmerz zu vermeiden und die Lust zu vergrößern. Alles, was er möchte, ist, uns eine langfristige Kalkulation dieser beiden Faktoren nahezulegen: Er - und ich ebenso - glauben, dass die Politik eine Versuchung ist, die zweifellos vielen Lust bereitet, die aber zugleich in unsäglichen Schmerz führt, wenn die Begierde nach Macht oder Ansehen in eine Abhängigkeit von diesen Gütern wird. Denn niemals werde ich vollständige Macht oder vollkommenes Ansehen erringen, stets werde ich fürchten müssen, wieder etwas zu verlieren, eine Wahlniederlage einstecken oder durch eine unbedachte Tat politischen Einfluss zu verlieren.
Insofern erscheint mir das Philosophieren mit euch weniger riskant. Denn auch wenn ich zugebe, dass es mich freuen würde, wenn auch ihr auf Epikurs Weg gelangt, der Freude und Zufriedenheit verheißt, so hält sich der Schmerz, wenn ihr diesen Weg nicht erkennen könnt, in Grenzen. Denn Epikur hat uns keineswegs aufgegeben, alle Menschen zu seinen Jüngern zu machen - wozu auch? Am Ende ist jeder für sich selbst verantwortlich - für nicht weniger, aber auch nicht mehr.
Ich darf philosophieren, du darfst politisieren, Plinia darf heilen und der kranke Mann entscheiden, ob er lieber auf Heilung hofft oder sein Leben nochmals genießt. Alles, was uns Epikur bieten kann und will, sind Lehren, die uns erleichtern, das Glück zu finden. Er will uns die Angst davor nehmen, von den Göttern gestraft zu werden, gegen vermeintliche Tugenden zu verstoßen oder sein Schicksal zu verpassen. Er will uns davor warnen, in die Abhängigkeit von vermeintlich lustbringenden Begierden zu geraten, die am Ende zu noch größerer Unlust führen. Er bietet uns dafür ein vernünftiges System, das mich und viele andere überzeugt - wenn ihr es aber vorzieht, den leeren Meinungen der Allgemeinheit zu folgen, dann kann und will ich niemanden aufhalten. Letztlich muss er selbst die Konsequenzen tragen."
Der Praetonier fürchtete, dass seine Schüler nicht recht überzeugt worden waren. Aber wie er schon sagte - immerhin hatte er eine Perspektive aufgewiesen und in Zeiten der Krise würden sie vielleicht wieder darauf zurück kommen.
Lucius Praetonius Chairedemos
http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Chairedemos lächelte über die gestelzte Sprache des jungen Mannes. Dabei war die Erkenntnistheorie Epikurs an sich schon nicht ganz einfach - hier musste selbst er gut aufpassen, um zu verstehen, was er meinte!
Er sah zu dem Sklaven.
"Was ist mir dir?"
Und wieder in die Runde der anderen.
"Oder jemand anders? Oder möchtest du, Plinia, direkt etwas dazu sagen?"
Bitte einmal kurz Rückmeldung geben, ob ich demnächst den Test herumschicken kann!
Lucius Praetonius Chairedemos
http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Ein Consularssöhnchen - das hatte Chairedemos nicht alle Tage (obwohl der Prätorianertribun, der nicht mehr kam, natürlich auch zumindest ein Consularsadoptivsohn gewesen war)! Aber solche Titel waren für den wahren Philosophen natürlich auch nur Schall und Rauch, sodass er knapp lächelte und sagte:
"Es freut mich, dass ihr gewillt seid, mit uns zu philosophieren. Ich bin Praetonius Chairedemos und dies sind meine Schüler. Manche von ihnen sind schon länger bei mir, andere erst seit kurzem. Ihr dürft euch zu ihnen setzen."
Damit waren die Neuen integriert - mussten sie nur noch etwas mehr verraten, was sie genau für Ansichten hatten. Er deutete auf die junge Medica und erklärte:
"Plinia hier vertritt die Meinung, dass die Götter unser Leben bestimmen, wie sie im Asklepion anhand verschiedener Wunderheilungen bewiesen sehen will. Darüber hinaus verteidigt sie das Schicksal - ihr Schicksal, zur Ärztin berufen zu sein - , misstraut jedoch den Sinnen, die nur allzu viele Menschen täuschen."
Er lächelte.
"Ich denke, jeder von euch könnte zu einem dieser Themen Stellung beziehen. Das dürfte für den Anfang genügen."
Er blickte zu den anderen Schülern.
"Wobei natürlich jeder von euch ebenso etwas dazu sagen darf."
Lucius Praetonius Chairedemos
http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg "Wenn wir nicht wissen müssen oder können, was unser Schicksal ist - wozu sollten wir dann daran glauben? Wenn wir unserem Geist und unseren Sinnen nicht trauen, wozu dann philosophieren?"
warf der Philosoph noch ein, ehe er den beiden Besuchern Aufmerksamkeit schenkte. Auch wenn er sich nicht für Politik interessierte, wusste er natürlich, was der Name Flavius bedeutete - wie schon im Fall des Prätorianertribuns und des iulischen Senators zeigte er aber keine besondere Ehrerbietung. Für ihn waren immerhin alle Menschen mehr oder minder gleich.
"Was führt euch zu mir?"
Um das Gespräch durch die unerwarteten Besucher nicht zu lange unterbrechen zu müssen - er war ja froh, dass die Diskussion nun endlich ein bisschen Fahrt aufgenommen hatte.
"Wir diskutieren gerade über das Für und Wider der Götter, des Schicksals und die Vertrauenswürdigkeit unserer Sinne. Vielleicht habt ihr dazu ebenfalls eine Meinung?"
Selbst wenn die beiden nicht gekommen waren, um Philosophie zu betreiben - obwohl es das nahe lag, wenn man einen Philosophenzirkel besuchte - war er gespannt, was sie dazu sagen würden. Bei einem Patrizier war die Meinung ja in der Regel relativ vorgegeben, aber vielleicht gab es hier ja eine Überraschung...
ZitatOriginal von Manius Flavius Gracchus Minor
"Wir suchen Praetonius Chairedemos und seinen Philosophenzirkel. Wir haben Interesse, uns ihm anzuschließen."
Jene Worte erschienen Manius Minor reichlich prätentiös, da doch der Wunsch, sich einem epikureischen Kreise anzuschließen, leichtlich war misszudeuten in der Hinsicht, sein Leben hinter sich zu lassen, um gänzlich dem freien Philosophieren sich zu widmen, was die beiden ja keineswegs im Sinne hatten. Indessen stellte sich die Frage, warum jene Option nicht zu ergreifen wäre, so sie sich darbot. Womöglich handelte es sich bei dem Praetonius um einen Mäzen, similär zu Dionysios in Alexandreia, welcher von seinem reichen Erbe seine Freunde und Jünger auszuhalten im Stande war. Zweifelsohne eine bessere Perspektive, als sein Leben einer Lüge zu widmen, sich Tag für Tag mit der Unlust politischer Aktivitäten zu torquieren, um lediglich insgeheim den wahrhaften Einsichten zu frönen.
Der Jüngling richtete sich auf und ergriff allen Mut.
"Ich bin Manius Flavius Gracchus Minor und dies ist mein Freund Patrokolos."
Warum sollte er es nicht einfach wagen? Welche Konsequenzen fürchtete er, wessen mochte er verlustig gehen? Würde jene illustre Runde ihm nicht zusagen, würde er sich schlicht retirieren und sein tristen Leben weiter fristen.
"Oh, dann tretet ein. Der Meister ist gerade mit seinen Schülern im Gespräch."
antwortete der Sklave und bat sie herein. Dann führte er sie durch das kleine Haus in den Garten, wo Chairedemos gerade mit dem "Anfängerkurs" diskutierte. Nachdem Chrysogona ihr Argument ausgeführt hatte, schaltete er sich kurz ein:
"Das sind Manius Flavius Gracchus Minor und Patrokolos."
Lucius Praetonius Chairedemos
http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Wieder hörte der Praetonier aufmerksam zu und legte sich interessiert den Zeigefinger an die Lippe. Dann setzte er zur Antwort an:
"Nun, wirst du leugnen wollen, dass auf der anderen Seite ein Großteil der Kranken nie aus dem Inkubationsschlaf erwacht? Dass viele, die große Opfer darbringen, am Ende doch nicht geheilt werden, sondern kläglich sterben?
Und überhaupt, warum sollten sich die Götter an Opfern und Gebeten freuen? Warum sollten sie Krankheit schicken und wozu Heilung? Welchen Nutzen sollten sie als unsterbliche, perfekte Wesen haben, eine Welt zu erschaffen?
Mir fällt es schwer zu glauben, dass es unsterbliche Götter gibt, die seit Äonen leben, deren vermeintliches Handeln aber eher an die Launen eines Kleinkindes erinnern, der willkürlich hier Schaden anrichtet, dafür dort etwas Gutes tut."
Das waren die Zweifel, die wohl jedem vernunftbegabten Menschen aufkommen mussten, wenn er es wagte, die scheinbar göttlichen Ratschlüsse zu hinterfragen.
"Epikurs Vorstellung der Götter erscheint mir da sehr viel plausibler, nämlich dass sie sich nicht mit unserem Schicksal bekümmern - als Unsterbliche sollten sie ja kaum darauf angewiesen sein, sich vom Rauch verbrannter Opfertiere zu ernähren. Das Geplapper unserer Gebete dürfte ein Wesen, das ganze Welten erschafft und Naturkatastrophen bewirkt, kaum mehr interessieren als das Zirpen der Grillen uns Menschen. Was sollte der armselige Mensch einem Gott zu bieten haben, dass er erhört wird?
Anstatt sich also mit unserem Schicksal zu belasten, wäre es für solche Wesen doch sehr viel plausibler, sich weit von den Sorgen dieser Welt mit sich selbst zu befassen und in ewiger Glückseligkeit vor sich hinzuexistieren."
Damit hatte er noch einmal die Theologie Epikurs wiederholt. Blieb die Frage nach dem Schicksal:
"Ist es göttliche Vorsehung, wer unsere Eltern sind, wo wir studieren und wofür wir uns in jeder Situation entscheiden?
Um diese Frage zu beantworten, muss ich mir zuerst eine andere stellen: Woran sollte ich das erkennen?
Für diese Frage stellt sich aber wieder die grundsätzliche Frage, wie ich überhaupt Dinge erkennen kann, womit wir bei der Kanonik sind, die ich an den Anfang dieses Kurses gestellt hatte.
Epikur rät uns, unsere Sinne zum Ausgangspunkt unserer Erkenntnis zu machen. Denn wenn wir unseren Sinnen nicht trauen können, dann gibt es keine sichere Grundlage der Erkenntnis und jede Philosophie wäre müßig - konkret also: Ich beobachte bei mir und anderen Menschen, dass sie ihr Handeln reflektieren können, dass sie Argumente sammeln, sie abwägen und danach Entscheidungen treffen. Natürlich sehe ich auch unvernünftige Menschen, die einfach irgendetwas tun - aber potentiell scheint jeder Mensch dazu in der Lage, sich vernünftig zu entscheiden. Das ist für mich Anlass, an die Freiheit menschlichen Handelns zu glauben.
Natürlich könnte ich auch meinen Sinnen misstrauen, wie es die Skeptiker tun. Die Illusion rationalen Entscheidens könnte ein Trugspiel der Götter sein. Aber welche Anhaltspunkte habe ich dafür? Oder welche Anhaltspunkte dafür könnte es überhaupt geben, wenn ich nicht einmal meinen Sinnen trauen darf? Im Grunde wäre unter diesen Umständen alles Spekulation, sodass das vernünftige Nachdenken überflüssig wäre."
Er zuckte mit den Schultern.
"Das ist natürlich eine legitime Annahme, aber meines Erachtens keine sehr nützliche. Dasselbe gilt meines Erachtens aber auch für die von dir genannte Vorsehung: Denn welche Schlüsse ziehe ich aus der Annahme, es gäbe diese Vorsehung, wenn ich nicht vernünftigerweise erkennen kann, wofür ich vorgesehen bin? Immer für das, was ich gerade tue oder für richtig halte? Dann hätte sie keine Relevanz für mein Leben, denn dann könnte ich ja im Grunde nicht gegen meine Bestimmung verstoßen, da jede Handlung Teil dieser Vorsehung wäre. Ich könnte sie weder annehmen, noch ablehnen, noch mich sonst irgendwie zu ihr verhalten.
Wenn aber die Möglichkeit besteht, seine Bestimmung zu verlassen, kann dies nur dann für mein Handeln relevant werden, wenn ich die sichere Erkenntnis gewinnen kann, was meine Bestimmung ist. Also frage ich dich: Woran erkenne ich sicher, was mein Schicksal ist?"
Einer der beiden Haussklaven öffnete die Tür, als es mitten am Tag dort klopfte. Vor ihm standen ein dicker Römer, offensichtlich ein Senatorensohn, und sein Begleiter.
"Ja bitte?"
fragte er.
Lucius Praetonius Chairedemos
http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Nun hatte Chairedemos auch die Medica aus der Reserve gelockt - das konnte man deutlich sehen. Aber auch diese Reaktion quittierte er mit einem wissenden Lächeln, da doch nur die Differenz zu einer wahrhaft fruchtbaren Diskussion führen konnte.
"Nun, wie dir hoffentlich bewusst ist, bin ich weder ein Stoiker, noch ein Peripathetiker oder ein Pythagoreer. Und das hat gute Gründe, denn Epikurs Lehre erscheint mir nach wie vor als die plausibelste von allen, sonst würde ich mich womöglich wie unser Iulius hier sofort in die Politik stürzen oder ähnliches tun."
Er legte nachdenklich die Handflächen aufeinander und atmete tief durch.
"Die Beurteilung der Götter ist einer der Gründe. Natürlich ist es möglich, sie zum Ursprung der Welt und des menschlichen Handelns zu erklären. Aber wir müssen doch zugeben, niemand von uns beim Beginn dieser Welt anwesend war - und ich möchte behaupten, dass dies selbst für den verehrten Platon und seine Nachfolger gilt - oder auch nur etwas erlebt hat, was in irgendeiner Weise damit in Analogie zu setzen wäre. Darüber hinaus konnte mir auch noch niemand überzeugend erklären, die Götter hätten ihm etwas über den Ursprung der Welt verraten.
Angesichts dessen kommt mir die Behauptung über die Götter als Ursprung der Welt oder der menschlichen Ordnung doch recht spekulativ vor.
Ich persönlich halte es allerdings auch für unerheblich, wer nun genau an der Wiege dieser Welt stand. Vielmehr interessiert mich - und das ist wieder ein Grund, warum ich eben zum Epikureer wurde - wie ich mein Leben gestalten soll, um es gut zu führen. Die Götter können hier im Grunde zwei Rollen spielen:
Entweder fürchte ich mich vor ihnen, weil ich glaube, dass sie wie ein übermächtiger Herrscher über mein Verhalten wachen und mich bestrafen, wenn ich nicht nach ihrer Pfeife tanze. Von dieser Vorstellung haben sich, wie ich meine, alle Philosophen verabschiedet, denn es gibt keinen rationalen Beweis, dass sie so handeln.
Die zweite Möglichkeit ist die, die eigene Ethik dadurch abzusichern, dass man sie als übernatürlich - also durch die Götter - eingesetzt erklärt. Das ist meines Erachtens im großen und ganzen die Bedeutung, die Aristoteles oder die Stoa ihnen zuweist: Die übernatürliche Absicherung der eigenen Grundannahmen, die im Einzelnen ja durchaus unterschiedlich sind. Wenn ich mich nun frage, welche davon tatsächlich der Wahrheit entsprechen, komme ich aber mit der Vernunft offensichtlich nicht weiter, sonst wären so kluge und vernünftige Menschen wie Pythagoras, Zenon und Konsorten ja nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen. Dann aber erscheint auch diese Form der Einbeziehung der Götter in die Philosophie vom Standpunkt des kritischen Vernunftmenschen, der der wahre Philosoph ja sein möchte, fragwürdig. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass die Götter meiner Wahrnehmung nach in allen philosophischen Systemen nicht am Anfang, sondern am Ende der eigenen Theorien stehen."
So weit zu den Göttern und der Philosophie - einem Thema, das wohl jeder Epikureer schon hunderte Male diskutiert hatte.
"Selbst wenn wir aber unterstellen wollen, dass die Götter sich bei der Erschaffung der Welt irgendetwas gedacht haben, müssen wir uns fragen, woher wir das wissen: Wie du sehr richtig sagst, wird nicht jede Lust mit Unlust vergolten. Das stellt aber die Annahme, die Götter hätten neben jede Lust den Schmerz gesetzt, fundamental infrage. Die Logik würde sagen, diese empirische Wahrnehmung falsifiziert die Annahme."
Zumindest, wenn es keine Zusatzregel gab, die die Ausnahme von der Regel einschloss.
"Genauso ist es mit dem Schicksal: Woher weiß ich, welches Schicksal mir die Götter auferlegt haben? Ist unser geschätzter Iulius hier Politiker geworden, weil es sein Schicksal ist oder ist es sein Schicksal, weil er es tut?
Wenn letzteres der Fall ist, kann ich mich gar nicht in mein Schicksal fügen und es kann auch eigentlich nicht von den Göttern zugeteilt sein - es sei denn, ich nehme an, nicht Herr meiner Entscheidungen zu sein, sondern eine Marionette der Götter."
Er machte eine wegwerfende Handbewegung, um die Müßigkeit dieses Gedankenganges anzudeuten, denn damit erübrigte sich ja jede ethische Reflexion.
"Im anderen Fall werde ich mich aber fragen müssen, ob ich mit meinem frei gewählten Lebensweg richtig liege? Denn wenn unser Iulius nun morgen entscheidet, die Politik an den Nagel zu hängen und sein Redetalent lieber in einem Philosophenzirkel zu nutzen, dann muss er sich ja doch fragen, ob er seinen vorbestimmten Weg gerade verlassen oder erst wirklich gefunden hat.
Und vielleicht wird er sich fragen, warum die Götter ihm das nicht klar mitteilen, sondern ihn in Unklarheit lassen, ihm die Möglichkeit geben, sich unwissend zu quälen, indem er gegen seine Bestimmung kämpft."
Der Praetonier zuckte mit den Schultern.
"So geht es mir zumindest mit allen Spekulationen über göttliche Vorsehung, Bestimmung und Ordnung. Am Ende kann ich nie sicher sein, was sie konkret für mein Leben bedeutet."
Lucius Praetonius Chairedemos
http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Die Empörung des Iuliers kam bei Chairedemos an, doch hatte er eben diese Provokation bezweckt - denn im Grunde argumentierte ja er damit, dass der Tod seiner Tochter für ihn nützlich gewesen war!
Da Chrysogona aber als letzte gesprochen hatte und implizit auch den vermutlichen Ausgangspunkt des Iuliers konkret benannte, setzte der Philosoph hier an:
"Die Götter, natürlich!"
Er strich sich nachdenklich über das glatt rasierte Kinn.
"Sie sind der Grund, warum mein Kurs mit der Physik und der Theologie begann, und nicht mit der Ethik! Denn wenn wir Götter postulieren, die nichts besseres zu tun haben, als den Menschen Leid zuzufügen, indem sie uns immer in dem Maße, in dem wir Lust empfinden, mit Unlust zu strafen, dann können wir die Philosophie samt der Vernunft schlicht beenden."
Ob er diese Einsicht bei den Stoikern sah, ließ er offen. Statt der Polemik wollte er nämlich noch einen Versuch unternehmen, seine Schüler ein wenig voranzubringen.
"Epikur lehrt uns nicht, das chronische Leiden zu suchen - im Gegenteil! Alles, was uns der 14. Lehrsatz sagen will, ist, dass wir keineswegs verzweifeln müssen, wenn wir an einer solchen Krankheit erkranken, denn auch in ihr lässt sich Lust gewinnen."
Nun war Dives an der Reihe, der die Meinung der Plinierin ja weitgehend teilte:
"Nun zu dir, Iulius: Du bist der Meinung, dass jede Lust ihre Grenzen in der Unlust hat, sie nicht voll zu erreichen, was du aus der Einsicht schließt, dass das, was dir Lust bereitet, so unendlich ist, dass es niemals ganz zu erreichen ist."
Er hob mahnend den Zeigefinger.
"Deshalb mahnt Epikur uns, unsere Begierden zu prüfen. Ziehe ich meine Lust aus der Begierde, Macht auszuüben und politischen Einfluss zu gewinnen, so werde ich zwangsläufig an meine Grenzen stoßen. Ist meine Begierde, die Welt zu retten, indem ich jeden Kranken heile, dann wird auch das letztlich zur Enttäuschung führen.
Aber diese Begierden sind nicht anders als die eines Armen nach Feigen - er wird sie nicht immer bekommen können.
Epikur mahnt uns zur Einfachheit, zur Verfolgung jener Begierden, die wir leicht erfüllen können, und zur Abtötung derjenigen, die so grenzenlos sind, dass sie am Ende zur Frustration führen müssen. Denn dem Weisen wird ein Stück Brot genauso viel Lust bereiten wie eine Feige. Oder die akademische Diskussion unter Freunden wie die Debatte im Senat. Nur, dass er sich vor dem Scheitern nicht fürchten muss, da es letztlich um nichts für ihn geht als um den sportlichen Wettkampf.
Du magst es als Streben nach Sicherheit verachten, doch wenn wir diesem Argument folgen wollten, dann wäre die größte Lust ja in völliger Unsicherheit zu finden. Dann solltest du wohl besser die Mauern deines Hauses einreißen und deine Klientenscharen entlassen, um den Nervenkitzel zu erhalten, ohne jede Sicherheit die Lust zu spüren."
Er legte erwartungsvoll den Kopf schief - sein Beispiel war natürlich absurd!
"Oder wo wäre für euch das vernünftige Maß an Sicherheit, das der Lust den Raum lässt und gleichzeitig hinreichend Unlust vermeidet? Und warum?"
Lucius Praetonius Chairedemos
http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Zuerst wandte der Philosoph sich der Plinierin zu, die wieder einen Faden aufgriff, der so noch gar nicht weit gesponnen worden war - zumindest konnte er sich nicht daran erinnern, dass sie klar gegen ihn Position bezogen hatte. Dafür war aber jetzt, am Ende des Kurses, die Zeit gekommen:
"Das, was du maßvoll und lustvoll nennst, ist das, was Epikur im 5. Lehrsatz subsummiert, sehr richtig.
Doch was stört dich am 4. Lehrsatz des Epikur? Kannst du als Ärztin nicht bestätigen, dass der, der ein langwieriges Leiden hat, auch stets Momente der Linderung hat? Dass ihn kleine Freuden des Alltags nicht immer wieder seinen Schmerz vergessen lassen?
Wenn wir uns von der Vorstellung verabschieden, einen Anspruch auf Gesundheit und Wohlbefinden zu haben - denn wer könnte uns diesen gewähren? - dann werden wir empfänglich für die kleinen Lüste des Alltags, die nicht nur der gesunde Mensch, sondern ebenso der Kranke erleben darf."
Dann war wieder der Iulier an der Reihe, dem gegenüber er unbedingt noch etwas anfügen musste - zumal dieser vor einiger Zeit noch so sehr für die Familie argumentiert hatte:
"Möchtest du sagen, der Verlust deiner Tochter hätte dir in gewisser Weise Lust bereitet?"
Lucius Praetonius Chairedemos
http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Bisher hatte der Iulier den Lehrstoff immer recht gut wiedergeben können - hier schien es aber an seine inneren Überzeugungen zu gehen und da reduzierte er Epikur ein wenig. Also musste Chairedemos eingreifen:
"Iulius, da muss ich intervenieren: Der 14. Lehrsatz ist gut und richtig, aber du solltest ihn nicht isolieren. Denke an den 19. Lehrsatz, ebenso an den 27. Lehrsatz:
Weder geht es dem wahren Epikureer darum, sich an sein Leben zu klammern, noch in Einsamkeit zu veröden. Es geht schlicht darum, die beschränkte Lebenszeit möglichst angenehm zu gestalten. Und da stellt sich die Frage, womit diese Zeit zu füllen ist, um nachhaltige Lust zu empfinden und dabei möglichst wenig Schmerz."
Er machte eine kurze Pause.
"Und zu deinem letzten Einwand möchte ich noch den 4. Lehrsatz zitieren:
Was schmerzt, spürt man nicht ununterbrochen im Fleisch; vielmehr ist der größte Schmerz nur von kurzer Dauer; der Schmerz aber, der die Lust im Fleisch kaum übersteigt, dauert nicht viele Tage lang. Lange andauernde Krankheiten gewähren mehr Lust im Fleisch als Schmerz."
Lucius Praetonius Chairedemos
http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg "Nun, wir müssen also wieder einmal ein Lustkalkül durchdenken."
Er hob mahnend den Zeigefinger.
"Die Lust, die du bei einer Rede vor Publikum empfindest - der Auswuchs welcher Begierde ist sie? Und wie ist diese Begierde vor den Augen Epikurs zu bewerten?
Denkt an den 26. Lehrsatz, der da heißt: Alle Begierden, die nicht zu einer Schmerzempfindung führen, wenn sie nicht befriedigt werden, sind nicht notwendig, sondern erzeugen ein Verlangen, das leicht zu vertreiben ist, wenn es sich erweist, dass sie auf schwer Beschaffbares oder gar Schädliches zielen."
Der Praetonier wusste, dass er den Senator mit diesen Worten ziemlich herausforderte - aber da dieser ja Debatten liebte, wagte er es dennoch.
"Gleichermaßen können wir uns natürlich fragen, von der Befriedigung welcher Begierde die Lust Plinias an der Heilung von Mitmenschen stammt."
Er sah zu der Medica hinüber.
Lucius Praetonius Chairedemos
http://www.imperiumromanum.net…misc/ava_galerie/cato.jpg Die Worte des Iuliers waren natürlich durchaus korrekt - dann herrschte aber wieder Schweigen.
"Nun, was denkt ihr zu diesem Ratschlag?"
Er wollte ja auch das pflegen, was Epikur als Lehrform empfohlen hatte - das gleichberechtige Gespräch zwischen Schülern und Lehrern. Vor allem, weil er spürte, dass nicht alle seiner Schüler einer Meinung waren...
Jetzt hattet ihr so viel Zeit, eine Diskussion vom Zaun zu brechen Wir können es aber auch zügig abschließen, wenn es bei euch momentan nicht passt...
Potitus Genucius Aventinensis
Die Entschuldigung des ritterlichen Beamten überging Potitus kurzerhand. Denn nun war der Curator hier und stand im Raum, sodass man auch gleich und ohne Umschweife miteinander arbeiten konnte. "Ein durchschnittlicher Wert?", wiederholte Potitus den Wunsch des Germanicers, nachdem sein Mitarbeiter bereits verschwunden war, dem hohen Gast eine Abschrift der Hafenordnung zu beschaffen. "Hat sich ein solcher nicht bereits aus den Unterlagen ergeben, welche dir durch den Quaestor Ostiensis zur Verfügung gestellt wurden?", erkundigte er sich dann. Schließlich würden in einer Vermögensübersicht, in welcher alle Einnahmen und Ausgaben der Stadtkasse mit Datum und Verwendungszweck aufgelistet standen, gewiss auch irgendwo * die Hafengebühren zu finden sein, sodass sich ein durchschnittlicher Wert wohl geschwind daraus errechnen lassen müsste.
Die anschließende Frage nach dem Thema der Besprechung beantwortete Potitus zunächst mit einem selbstzufriedenen Lächeln. "Bald stehen in Ostia - wie sicherlich auch in Roma - wieder Wahlen an. Da brauche ich natürlich eine umfangreiche Liste meiner vielen Leitungen und guten Taten, die ich während des Amtsjahres vollbracht habe.", erklärte er anschließend. "Darüber hinaus möchte ich dem Ordo Decurionum vorschlagen, dass auch in Ostia - wie in Roma - besonders tüchtige Magistrate am Ende ihrer Amtszeit durch Beschluss der Curia mit einem Diploma ausgezeichnet werden. Auch hierfür ist es selbstverständlich erforderlich, dass ich eine Liste habe, auf welcher die Namen entsprechend verdienter Würdenträger verzeichnet sind.", führte er weiter aus, wobei er sicherlich nicht extra erwähnen musste, dass sein Name auf dieser Liste auszeichnungswürdiger Magistrate natürlich ganz oben stand.
* Du wirst fündig werden zu Jahresbeginn 2012, wo die Hafengebühr das bisher einzige Mal aktiv eingetrieben wurde. Hier findest du zudem den zugehörigen Bericht des damaligen Quaestors. Du darfst davon ausgehen, dass der aktuelle Quaestor dir den natürlich ebenfalls mitgegeben hat.