Beiträge von Narrator Italiae

    Der Scriba des Aedils nahm die Tafel entgegen und las sie aufmerksam durch. Eine Anzeige offensichtlich. Gegen Germanicus Sedulus, den Senator. Sehr ausführlich hinsichtlich der Beweisstücke - nur leider stand weder dabei, wann dieser Verkauf stattgefunden hatte, noch, ob es Zeugen oder ähnliches dafür gab. Als er aber aufblickte und gerade nachfragen wollte, hatte der Nonier ihm schon den Rücken gekehrt.


    "Halt, warte!", rief der Scriba noch hinterher...

    Musonius Tiro schwieg eine Weile, dann nickte er. "Nun gut, das ist eure Entscheidung. Ich kann euch nicht garantieren, dass nach dem Rennen oder sogar schon vorher jemand anderes ein besseres Angebot macht. Aber wenn dies nicht passiert, sind wir mit 3000 Sesterzen nach dem Rennen im Geschäft."

    "Nun, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass er mit 19 im besten Alter ist, um einerseits nicht mehr unerfahren zu sein und andererseits riesiges Potenzial zu haben und mit dem Wissen, dass er beim letzten Rennen unter die besten drei gekommen wäre, wenn er keinen Defekt gehabt hätte, hatte ich schon damit gerechnet, dass wir bei 6000 landen", führte Leontiscus langsam und bedächtig aus. Wenn er ehrlich war, hatte er bei dieser Ausgangslage auf noch mehr gehofft, aber er kannte den Markt natürlich auch und wusste, dass er selbst für ein Ausnahmetalent keine Ausnahmepreise aufrufen konnte.

    Schön, ich habe auch keinen Moment daran geglaubt, dass eine Einigung tatsächlich zustande kommen würde. flötete Samius Naso weiterhin vergnügt. Gütliche Einigungen hatten jedoch den Vorteil, dass man als Iudex keine weitere Arbeit hatte: man diktierte dem Schreiberling einfach den Inhalt der Einigung und schickte die Parteien nach Hause - jeder gewinnt.


    In Fällen wie diesen hatte Samius mehr zu tun. Den Göttern sei Dank hielt sich in diesem Fall jedoch der Aufwand in Grenzen. Er bestand nämlich darin, vom Schreiberling eine Kopie der Lex Mercatus reichen zu lassen, kurz nachzulesen und dann eine Entscheidung zu fällen. Und diese zu verkünden, freilich.


    Bambarabambam, wo haben wir es denn... Ach ja hier. Paragraph 9 Absatz 1 Satz 2 Lex Mercatus besagt wortwörtlich, dass die Ädilen zuständig sind für die Überwachung des Gesetzes. Also sind die Ädilen aktiv klagsberechtigt, nicht jedoch du, werte Sergia Fausta, zumal du weder finanziellen Vor- noch Nachteil aus den geschäftlichen Angelegenheiten des Senators Germanicus erfährst. Ich weise somit die Klage ab.


    Und mit diesen Worten stand Samius Naso auf und wandte sich zum Gehen. Fröhlich pfeifend, denn ihm hatte die Veranstaltung hier gefallen.

    "Ja, 3000 ist ein Angebot", stimmte Musonius Tiro zu und überging geflissentlich, dass dieses Maximalgebot an gewisse Bedingungen geknüpft war. "Wagenlenker genießen ja bekanntlich die günstige Situation, nicht wie Sklaven gehandelt zu werden, aber umso mehr stellt sich die Frage, warum sich eine Factio einen guten Fahrer nicht ebenso viel kosten lassen sollte, wie ein Bürger auf dem Forum für einen guten Sklaven bietet? Zumal ich dir sagen kann, dass deutlich schlechtere Fahrer auch nicht weniger als die Hälfte dieses Preises kosten." Es war sicher ein purer Zufall, den beiden Seiten nicht einmal bemerken würden, dass Musonius Tiro hier ebenfalls an Mastranabal von Sabratha dachte, der zweifellos eine Klasse schlechter war als Oxtaius. "Einigen wir uns also auf 3000 ohne Bedingungen und wir sind im Geschäft." Wieder strahlte ein gewinnendes Lächeln aus dem Gesicht von Musonius Tiro, bis er den Becher zum Mund führte und einen kleinen Schluck nahm.

    Das professionelle Lächeln verschwand nicht aus dem Gesicht von Musonius Tiro, nachdem er einen Schluck aus seinem Becher genommen hatte und das Angebot hörte, auch wenn er nun den Kopf schüttelte. "Nun, das wäre ein gutes Angebot, wenn wir über einen Fahrer sprechen würden, der noch etwas jünger ist und nicht kurz vor seinem ersten Rennen in Rom steht. Aber dafür, dass er nicht mehr völlig unerfahren ist und in Kürze alle Wagenrennanhänger in Rom ihn sehen werden, ist es doch deutlich zu wenig, finde ich. Immerhin musste seine Reise hierher nach Rom finanziert werden." Er schaute gewinnend und um Verständnis werbend zwischen den beiden Männern hin und her und hielt seinen Becher dabei lässig in der Hand.

    Leontiscus wollten schon den Kopf schütteln, als die Ablösesumme vorgeschlagen wurde, stockte dann aber doch noch einmal beim Gehalt. Auch Tanco schien es einen Augenblick die Sprache verschlagen zu haben und er schaute seinen Patron etwas verstört an. Dieser fing sich jedoch schnell wieder. "Das Gehalt klingt sehr angemessen, aber ihr müsst zugeben, dass 5000 Sesterze für meine bisherigen Dienste sehr wenig sind, wenn der Fahrer ein solches Gehalt wert ist." Tatsächlich war er gerade in einer misslichen Lage - bei dem Gehaltsangebot konnte und wollte er Tanco keine Steine in den Weg legen. Es wäre mehr als dumm, ein solches Angebot auszuschlagen. Aber 5000 waren einfach deutlich weniger als das, was er sich für sich selber ausgerechnet hatte.

    Sim-Off:

    Wer mir über den Mund fährt, entscheidet tatsächlich noch meine Wenigkeit.


    Ruhig, nichtsdestotrotz vergnügt sah Samius Naso dem Treiben vor sich zu. Das würde noch eine schöne Verhandlung ergeben. Aber zuvor musste der Formalitäten Genüge getan werden.


    Gut. Der Sinn einer Ersten Anhörung ist wie bekannt der Versuch, eine Einigung der Parteien auf gütlichem Weg zu erzielen. Ich glaube zwar nicht, dass dieser hier möglich ist, aber vielleicht könnt ihr mich ja überraschen. Also dann: Sind die Parteien hier zu einer Einigung bereit?


    Und ich möchte das in maximal drei Sätzen hören.

    Mehr als ein Mitspracherecht war realistischerweise nicht zu erwarten gewesen, so dass Leontiscus zufrieden war, dass seine Forderung erfüllt wurde. Er wechselte schnell einige Worte mit Tanco, dann nickte er. "Einverstanden. Kommen wir zum Finanziellen. Wieviel?"

    "Wenn Tanco sich heute für euch entscheidet, hat er dann ein Mitspracherecht bei der Auswahl des Trainers?", fragte Leontiscus nach. Anderenfalls würden sie hier ja quasi die Katze im Sack kaufen, denn versprechen konnte man viel und am Ende kam dann irgendein namenloser Hanswurst als Trainer um die Ecke.

    Bei der Erwähnung der Namen Sotion und Pythocles schüttelte Tanco deutlich missmutig den Kopf. Er schien von den beiden nicht viel zu halten, was seinen Patron wiederum zu amüsieren schien. "Ihr seht es, mit diesen Namen könnt ihr meinen Tanco nicht für euch gewinnen. Was ist mit Patroklos? Steht ihr noch in Kontakt zu ihm, seit er seine aktive Karriere beendet hat?" Leontiscus hatte seine Hausaufgaben offenbar zumindest dahingehend gemacht, dass er nicht nur die aktuellen, sondern auch ehemaligen Fahrer der Factio Aurata kannte.

    Sim-Off:

    Kannst du. Von mir aus kannst du aber auch davon ausgehen, dass ich so bekannt bin, dass jeder weiß, wer ich bin. ;)


    Während der Vertreter der Anklage seine schwungvolle Rede hielt, liess sich Samius Naso einen Becher Wein (mit Wasser natürlich) reichen. Manch einer unter den Iudices favorisierte die Strafprozesse, Samius Naso war keiner davon. Das Zivilrecht war doch viel streitbarer als das Strafrecht, man musste spitzfindiger argumentieren und es ging um das wichtigste im Leben der Menschen, nämlich um Geld. Kurzum: es war viel lustiger.


    Vielen Dank, Poppaeus, für deinen pointierten Vortrag.


    Zweifelsohne hatten sich in Naso schon ein paar Fragen formuliert, doch zuerst musste der Form Genüge getan werden.


    Jetzt hat die beschuldigte Partei das Wort. Duccius Vala, was hast du den Anschuldigungen zu entgegnen?

    "Rosige Aussichten", kommentierte Leontiscus und wartete somit nicht erst ab, ob der Decimer etwas ergänzte. Immerhin hatte sein Gegenüber sie in eine äußerst komfortable Position gebracht in der sie nun quasi jeden Betrag fordern konnten, den sie wollten. "Ist Hoffnungsträger nicht sogar etwas untertrieben? Welche anderen großenen Fahrer habt ihr derzeit noch bei euch, von denen sich Tanco etwas abgucken kann?"

    Es war Titus Samius Naso, der am heutigen Tag für diese Verhandlung zugeteilt wurde. Kurz zuvor wurde er von seinem Sekretär informiert, worum es da im Großen und Ganzen gehen sollte, aber Samius Naso hatte schon genug Erste Anhörungen geleitet und war für seine unprätentiöse Art bekannt. Dementsprechend routiniert rauschte er daher in die Basilica und setzte sich auf seinen Sitz.


    So, meine Herrschaften. Hier findet die Erste Anhörung Sergia Fausta versus Germanicus Sedulus statt. Streitgegenstand ist ein Verstoß gegen die Lex Mercatus Paragraph 4 Absatz 1.


    Ich sehe, daß die Parteien samt Vertreter anwesend sind. Die verletzte Partei hat nun das Wort. Poppaeus Sabinus, was hat denn der Beschuldigte getan?

    "Salve, Consular", grüßte auch Leontiscus, während Tanco nur schweigend nickte zur Begrüßung und offenbar vorhatte, das Reden seinem Patron zu überlassen. "Ja, sicher hat mein Schützling es verdient, bei einer großen Factio zu fahren. Dafür lebt er jeden Tag. Was kann die Aurata ihm bieten?"

    "Ja, das war unglücklich", bestätigte der Mann, der sich als Leontiscus vorgestellt hatte, während Tanco nur entsprechend unglücklich aus der Tunika schaute. Dass sein Patron anschließend einen Krug verdünnten Wein bestellte, hellte seine Miene dann allerdings gleich wieder ein wenig auf. Das schlechte Ergebnis schien also nicht allzu tief an seinem Selbstbewusstsein genagt zu haben. "Gerne. Wir warten. Wir haben Zeit mitgebracht."

    Musonius Tiro hörte geduldig und mit einem freundlichen Lächeln zu. Als sein Gegenüber geendet hatte, griff er auch erst einmal wie dieser zum Becher und hob diesen leicht an. "Wir trinken auf Oxtaius?", fragte er. "Und auf sein möglichst gutes Abschneiden beim nächsten Rennen? Ich kann es gut verstehen, dass ihr ihn selber noch einmal im Rennen sehen wollt. Von mir aus könnt ihr ihn auch noch länger beobachten, aber die Liste der Interessenten wird nach dem nächsten Rennen sicher nicht kürzer werden. Und sein Preis wird steigen, auch wenn er ein angenehm bescheidener Kerl ist und im Moment auch noch nicht so viel herumgekommen, dass allzu viele Leute an ihm mitverdienen wollen. Auch das wird sich mit der Zeit zweifellos ändern, aber wenn ihr schnell genug dabei seid, gehört ihr dann wohl zu denen, die mitverdienen", gab sich Musonius Tiro optimistisch zugunsten seiner Gesprächspartner. Immerhin kam es manchmal vor, dass eine Factio einen Fahrer für viel Geld an eine andere Factio verkaufte und so einen ordentlichen Gewinn einstrich.

    Es war schon spät am Abend, und außer der Nachtwache hatte keiner der Männer mehr Dienst. Die Männer bereiteten das Abendessen vor, oder waren bereits in eine der Tavernen aufgebrochen um ihren Sold zu verprassen, als plötzlich das hektische Stampfen von Hufen auf dem Pflaster zu vernehmen war.
    Ein Mann, in einer simplen Tunika und einem ebenso einfachen Umhang bekleidet, stieg, nein fiel von seinem Ross und strauchelte die letzten Meter bis zur Torwache, welche sichtlich verdutzt dreinblickte, und seine Hand vorsichtig an den Griff seines Schwerts setzte.
    "Aufstand.. Bitte.." stammelte der Mann, während die Torwache ihn zu beruhigen versuchte..
    "Eporedia, die Minen! Die Sklaven, sie... sie sind außer Kontrolle!"
    Umgehend griff der Reiter in seinen Beutel und überreichte der Wache ein Schreiben, welches in ebenso unruhiger Schrift ausgesetzt worden war, wie die unruhig zitternde Hand welche der Wache das Schreiben gab..

    Ad Legatus Legionis Legio I Traiana Pia Fidelis
    Mantua


    Legatus!


    Ich schreibe dir ein einer Sache von äußerster Dringlichkeit. Die Sklaven der Minen vor unserer Stadt haben sich erhoben, und machen nun die Gebiete um unsere Stadt unsicher. Sie befreien weitere Sklaven, ob aus Minen, von den Feldern, oder aus den Wäldern, und wir wissen nicht wie viele es mittlerweile sind.
    Bitte Legatus, die Stadtwache wird der Lage nicht Herr, und wir haben Angst dass sie bald auch ihre Lager in den Bergen verlassen und uns Heimsuchen könnten.
    Schickt Hilfe, bitte, wir wissen nicht was sonst geschieht.


    Unserem Meldereiter gebe ich Kartenmaterial und die letzten Meldungen aus dem Umland mit, bitte helft Legatus!


    In Verbundenheit,


    Servius Volturcius Rufio, Decurio Eporedia


    Nachdem der Mann das Schreiben sowie die weiteren Dokumente übergeben hatte, und sich die Wache im Laufschritt zur Principia begab, führte eine andere Wache den Mann zu einer bescheidenen Gästeunterkunft, damit er nicht in der Dunkelheit zurückreiten musste...

    "In Massilia?", sprang Musonius Tiro hilfreich ein, als seinem Gegenüber der Name auf der Zunge lag, aber nicht heraus wollte. "Ja, das war ja quasi auch ein Heimspiel für ihn. Also, verglichen mit dem Aufenthalt in Rom. Er stammt ja aus der Nähe von Massilia. In der Gegend ist er schon häufiger gefahren. Er kennt die Bahn genau und die Leute kennen ihn. Aber ich bin mir sicher, er wird auch in Rom eine gute Figur machen. Er hat es verdient, in einer der großen Factiones zu fahren."