Der Vater gab das Wort an den Sohn weiter und Victor neigte leicht den Kopf, bevor er seine Aufmerksamkeit auf den jungen Mann richtete. Der zeigte sich angemessen beeindruckt von dem Duumvir, der sich dadurch geschmeichelt fühlte und nun entsprechend wohlwollend zuhörte. „Du hast also bereits Erfahrung, das ist sehr gut.“ Die traditionelle römische Erziehung setzte er ohnehin voraus. „Wie lange bist Du in Taracco bereits in der Verwaltung tätig gewesen?“ Darüber hatte der junge Mann sich ausgeschwiegen, was bedeuten konnte, daß seine Erfahrungen sich auf zwei oder drei Tage beschränken konnten.
Beiträge von Narrator Italiae
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Der Sklave hörte sich das Anliegen bereitwillig an und nickte dann. „Da wendest Du Dich am besten an Scriba Apuleius Italicus, er assistiert dem zuständigen Magistraten.“ Er erklärte freundlich den Weg zum richtigen Officium.
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„Salve, Centurio Iulius. Setzt euch.“ Der Duumvir lehnte sich ein wenig zurück und rückte lässig seine Toga ein wenig zurecht. Er fand, diese Geste drückte eine gewisse Überlegenheit aus. Nichts desto trotz lächelte er. „So, ein tirocinium für Deinen Sohn.“ Er musterte Servianus nur kurz und wandte sich wieder Licinus zu. „Wie Du Dir sicherlich vorstellen kannst, gibt es schon mehrere junge Männer, die auf solch eine Möglichkeit hoffen und entsprechend bei mir vorgefühlt haben.“ Eine glatte Lüge, doch darin war Victor geübt. „Noch hat mich keiner von ihnen überzeugen können. Ich bin geneigt zu glauben, daß Dein Sohn, werter Primus Pilus, geeignet ist. Jedoch würde ich gerne hören, was er sich davon verspricht und was für Erfahrungen und Vorbildung er mitbringt.“ Einen Helfer konnte er wirklich brauchen, aber ein Dummkopf sollte es nicht sein. Jemand, der ihm all die kleinen Tätigkeiten abnahm, die man keinem Sklaven anvertrauen konnte und die doch ziemlich lästig waren.
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Der Sklave, der für gewöhnlich Besuchern den Weg wies, hatte sich nur einen kleinen Moment um einen Aushang gekümmert. War ja klar, dass gerade in diesem Moment jemand kam! „Salve“, grüßte er also und schaute sich die Fremde neugierig an. Nach jemand Wichtigem sah sie nicht aus, eher wie eine Lieferantin. „Kann ich Dir weiterhelfen?“
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Da Licinus laut genug sprach, hatte der Duumvir tatsächlich mitgehört, was das Anliegen der Iulier war. Als der Sklave zurückblickte, um nachzufragen, nickte Panarius Victor. „Meinetwegen“, konnte man von ihm vernehmen, „ein paar Minuten kann ich erübrigen.“ Die Stimme hatte er zwar nicht erkannt, aber er wollte sich die Leute doch wenigstens ansehen, die mit solch einem Ansinnen hier auftauchten. Der Sklave trat einen Schritt zur Seite, um den Weg freizugeben. „Bitte, tretet doch ein.“
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"Das hast du Recht! Besser das hier als gar nichts! Und wennschon, dann hier in Rom." stimmte nun wieder der andere Kamerad zu. "Wie willst du das wissen? Hast doch noch nix anderes außer Rom gesehen", warf ein weiterer Vigil grinsend ein.
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"Aussichten für die Zukunft? Und dann kommst du zu uns zu den Vigiles?" Für den Kameraden schien das nicht ganz zusammen zu passen. "Weisste, die Arbeit hier ist schon 'ne vernünftige, keine Frage, und ich bin stolz hier bei der Truppe zu sein, aber wenn ich mir was mit Aussichten gesucht hätte, wäre ich nicht hier gelandet. Nach zwei Wochen kennste deinen Bezirk auswendig, nach vier Wochen haste alle geilen Nutten durch und nach sechs Wochen fällt dir ein brennendes Haus auf den Kopf." Letzteres war jenem Kameraden allerdings bisher offenbar erspart geblieben.
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"Und das wäre? Abgesehen von 'nem dauerhaften Job?" fragte der eine Kamerad weiter. Er konnte sich nicht viel vorstellen, was man nun unbedingt in Rom suchen musste.
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Der Wirt hatte nichts dagegen, wenn der Mann häufiger kam und lächelte daher herzlich. Zahlende Kundschaft war immer willkommen. "Du scheinst echt nix mitbekommen zu haben. In einem Lagerhaus im Hafen wurde ein Haufen leichen gefunden. Grausam zerstückelt. Ich sag's dir, das waren die Christen!"
Auf die Nachfrage zum Kaisermord hatte er eine einfach Antwort. "Natürlich. Wer soll es sonst gewesen sein?" Er lächelte zufrieden, als wäre die Frage schon beantwortet.
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Duumvir Pinarius Victor diktierte einem Sklaven einen Brief, als es klopfte. Er unterbrach das Diktat stirnrunzelnd und schickte den Sklaven an die Tür, um zu sehen, wer in so einem ungünstigen Moment störte. Die Tür öffnete sich also und ein griechisch anmutender Sklave schaute die beiden Besucher an. Er erkannte Licinus sofort und verneigte sich respektvoll. "Salvete. Was wünscht ihr bitte?"
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"Meine Fresse, aus Alexandria?" Der Kamerad schien beeindruckt. Zumindest schenkte er dem Herkunftsort mehr Beachtung als dem Grund für den Eintritt bei den Vigiles, der nur einen schiefen Blick geerntet hatte. "Als Matrose auf einem Schiff hier her gekommen?" Ein anderer Kamerad grinste breit. "Und dann keine Heuer für die Rückfahrt bekommen, wetten? Also anderen Job gesucht." Er schien die noblen Gründe auch nicht zu ganz zu glauben.
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"Die Obrigkeit?" Der Wirt verzog das Gesicht. "Wer ist schon die Obrigkeit? Der nächste Kaiser? Der wird nicht leugnen können, durch wen er auf den Thron kommt. Der Senat? Was soll es den stören, wenn ich so über die Prätorianer spreche? Die Prätorianer selber? Das sind Soldaten, einige Offiziere eher Muttersöhnchen. Aber eine Obrigkeit ist das nicht." Der Wirt schien sich keine Sorgen zu machen, wie weit er seine Klappe aufmachen konnte.
"Ausgequetscht? Na sicher waren sie hier und wollten wissen, ob ich was weiß. Müssen ja den Schein wahren. Ich habe ihnen von dem Lagerhaus im Hafen erzählt. Hatten sie noch nicht mitbekommen. Da kannst du mal sehen, was das für Blindfische sind."
Auf das Angebot ging er erst einmal nicht ein. Leute, die zu viel Geld zahlen wollten für etwas, was man auch kostenlos bekommen konnte, waren ihm suspekt. Außerdem hatte man nur Neider, wenn man Geld hatte.
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Der Sklave nickte ernst. "Duumvir Pinarius Victor arbeitet sehr intensiv in dieser Kommission mit. Versucht es bei ihm, laßt euch aber nicht von seiner barschen Art abschrecken." Die der Mann gerade Untergebenen gegenüber allzu gern herauskehrte. Der Sklave erklärte den Weg zum betreffenden Officium, verabschiedete sich höflich von den beiden Iuliern und wandte sich dann dem nächsten Besucher zu.
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Um bei der Wache nicht im Laufen einzuschlafen, gab es zwei Möglichkeiten, sich wach zu halten: Ständig irgendwelche Abstecher und Richtungswechsel machen oder sich unterhalten. Da ersteres manchmal etwas albern aussah, verlegten sich andere früher oder später auf die andere Möglichkeit. "Warum bist du zu den Vigiles gekommen?" fragte dabei einer den Neuen. "Und wo kommst du überhaupt her?"
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Auch für die Gruppe des Neuen hieß es mit der Rückkehr ihrer Vorgängerschicht, dass sie raus mussten. Durch's Tor, links herum und dann die Straße runter, bis rechts ihr Abschnitt begann.
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Mehr oder weniger gleichmässig klapperten die benagelten Schuhe über das Pflaster, während der Trupp Vigiles seine Route abpatrouillierte. Hier mal ein Rütteln an einer Tür, um zu schauen, ob sie verschlossen war, dort mal ein prüfender Blick in einen Innenhof, in dem eine der üblichen nächtlichen Warenlieferungen verladen wurde. Viel mehr gab es nicht zu tun für die Männer, die dafür sorgen sollten, dass die Einwohner Roms nachts beruhigt schlafen konnten.
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"Pah, den Kaiser schützen! Wenn die einen haben, der besser zahlt, dann kennen die doch nix. Dann wird der alte entsorgt und der neue kommt auf den Platz", polterte der Wirt. Offenbar war er sich sicher, dass keine Praetorianer anwesend waren - oder seine Getränke genug mochten, um nicht ernsthaft etwas gegen ihn zu unternehmen.
Dass der Gast dann so verschwörerisch tat, störte ihn nicht. In Kneipen gab es immer so komische Vögel, die sich wichtig machen wollten. Als Wirt spielte er einfach mit. Machte einer auf Kumpel, war auch der Wirt sein Kumpel. Machte einer auf wortkarg, sprach auch der Wirt nicht viel. Und machte einer auf geheimnisvoll, flüsterte auch der Wirt. "Ich stehe den ganzen Tag hier in der Kneipe. Hier gehen viele Menschen ein und aus. Die sind meine Augen und Ohren überall."
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Der Wirt erfreute sich daran, offenbar jemanden erwischt zu haben, der noch nichts mitbekommen hatte. Auch wenn er nicht ganz glaubte, dass das wahr sein konnte. "Er wurde ermordert! Und sein Sohn auch! Gift! Im Wein! Beim Essen! Ich sag' dir: Die Prätorianer waren's!"
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Der diensthabende Centurio für diese Wachschicht erschien auf dem Platz und verlas von einer Wachstafel die Bezirke, die die einzelnen Contubernia abpatrouillieren sollten. Die meisten hörten nicht allzu kontentriert zu und der Centurio las auch nicht sonderlich energisch, da es sich ohnehin jede Nacht um dieselben Routen handelte. Danach warteten die einzelnen Gruppen immer so lange, bis die entsprechende Gruppe aus der zweiten Schicht zurück kam, eventuelle Vorkommnisse meldete und dann ins Bett geschickt wurde. Im Gegenzug wurde dann die frische Gruppe losgeschickt.
"Erwarte nicht zu viel!", murmelte ein Kamerad dem Neuen zu. "Dritte Wache ist arschlangweilig. Ob alles zu ist haben die Kameraden längst durch und selbst Brandstifter und entlaufene Sklaven liegen um die Zeit lieber irgendwo herum und pennen."
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Es war stockdunkel, von ein paar Fackeln abgesehen. Noch dazu war es recht kühl und so machte keiner der Männer einen besonders heiteren Eindruck, als sie sich zur dritten Wachschicht im Hof versammelten, um die zweite Schicht abzulösen.