Beiträge von Narrator Italiae

    Einen winzig kleinen Augenblick fragte sich Pepe, ob nicht alles zu glatt lief und ob er sich gerade unter Wert verkaufte. So schnell, wie die Zusage für 1000 Sesterze kam, hätte er wohl mehr fordern sollen. Aber dafür war es jetzt wohl zu spät. Doch sein Zweifel war schnell verflogen und ein begeistertes Lächeln zierte sein Gesicht. Er hielt Annaeus Varus die Hand hin. "Schlag' ein, Mann! Dann sind wir uns einig! Ich fahre für die Albata!"


    Sim-Off:

    Die 1000 Sesterze bitte Staatskasse II

    Pepe lachte. "Pferde werde ich wohl brauchen! Sonst wird das nix mit Rennen gewinnen!" Seine Begleiter stimmten mit ein in das Gelächter und alle tranken einen Schluck aus ihren Bechern.


    Dann schaute der junge Fahrer wieder ernst. "Nein, im Ernst, klingt gut. Wenn wir uns auf 1000 einigen bin ich dabei."

    Ad Duumvir Iulius Proximus, Misenum


    Der Imperator Caesar Augustus lässt seine Grüße ausrichten!


    Habe Dank für dein Schreiben und deine Sorge um das Wohlbefinden des Imperator Caesar Augustus. Der Aufenthalt in Misenum verläuft zu seiner vollen Zufriedenheit.


    Es ist derzeit nicht geplant, die Senatoren Roms für ein gemeinsames Essen hierher nach Misenum zu bemühen. Die Anwesenheit des Imperator Caesar Augustus soll der Stadt Misenum keine zusätzlichen Aufwände aufbürden.


    Titus Apronius Funisulanus
    Notarius

    Lucius Aelius Quarto
    Palatinus Mons, Roma


    G. Ulpius Aelianus Valerianus fratri suo m.s.d.


    Ich danke dir für deine sorgenvollen Worte, dich mich neben all der Post mit Pflichten und Fragen an die angenehmen Zeiten in Rom erinnert. Ich wollte, alle deine guten Wünsche wären schon wahr geworden und ich könnte zurück nach Rom kehren, doch die Besserung schreitet nur quälend langsam voran. Doch ich spüre, wie mir die Ruhe von Misenum gut tut. Meine Frau und mein Sohn sind tatsächlich bei mir und leisten mir Gesellschaft in den Stunden, in denen ich danach verlange.


    So braucht auch das Volk nicht besorgt um mich zu sein. Man informiert mich über alles, was ich wissen muss und ich weiss Rom bei dir und Salinator in guten Händen. Welche schlechten Gerüchte auch immer über mich kursieren, wirst du sie schon zu zerstreuen wissen.


    Bezüglich deiner Klienten scheint mir ein Aquarius ein recht niedriges Amt zu sein, um den Cursus Honorum zu beschreiten. Aber du wirst zweifellos wissen, was du tust und so soll die Kanzlei die nötigen Ernennungen ausstellen für jene Männer, bei denen du es für angemessen hältst.


    Zu den anstehenden Ludi Romani soll Brot und Wein in meinem Namen verteilt werden. Veranlasse das nötige, damit Rom weiß, dass ich tatsächlich bei ihr bin.


    "Ich möchte auch nicht unterstellen, dass hier eine Seite die andere über den Tisch gezogen hat", stimmte der Curator Rei Publicae zu. "Eine solche Unterstellung wäre auf Basis der bekannten Informationen völlig unzulässig. Aber wenn du in dieser Angelegenheit wachsam bleibst, werden wir ja sehen, ob sich noch etwas ergibt."


    Er nickte, um zu bekräftigen, dass das Thema für ihn damit zunächst abgeschlossen ist. Die Tafel reichte er zurück. "Ich lasse mir eine Kopie machen, wenn der Bau abgeschlossen ist. Liegt sonst noch etwas an?"

    Mit den Namen der Fahrer konnte Pepe natürlich eine Menge anfangen. Gegen Pigor Secundus war er selber im letzten Rennen gefahren und die anderen gehörten zu den derzeit bekanntesten Fahrern. Auch von der Albata hatte er vorher schon gehört, aber das hatte er absichtlich verschwieigen um zu sehen, was man ihm erzählen würde. "Es freut mich, dass eine so große Factio Interesse hat. Eure Fahrer sind gut und nicht unbekannt." Auch hier stimmten seine Freunde zu, denn Pepe konnte wohl nicht nur Lob entgegen nehmen, sondern auch andere Leistungen anerkennen.


    "Wie würde das denn aussehen, wenn ich für die Albata fahre? Was muss ich mitbringen? Was bekomme ich?" Er hörte auf, den Becher in der Hand zu drehen und nahm wieder einen Schluck. Das Gespräch gefiel ihm bisher.

    "Ein Freund pflegt immer zu sagen: 'Ein armer Mann lebt teuer'", zitierte der Curator Rei Publicae aus seinem Erfahrungsschatz. "Du hast die Schuldbücher zu prüfen, aber noch besser als ein gut geführtes Schuldbuch ist eine vorausschauende Finanzplanung. Was hat Ostia davon, wenn der Bau günstig ist und dann jedes Jahr teure Reparaturen anstehen?" fragte er und die Antwort lag auf der Hand.

    Der Stab an Kanzleibeamten, die den Kaiser nach Misenum begleitet hatten, sortierten jeden Tag die eingehende Post, trennten Wichtiges von Unwichtigem und schrieben Antworten, wo eine schnelle Entscheidung möglich war oder der Absender an die falsch Adresse geraten war. So landete der Brief von Aelius Quarto alsbald auf dem Schreibtisch des Kaisers, verbunden mit einer Vorlage für eine Antwort, während der Brief aus Misenum in der Schreibabteilung für höfliche Antworten auf seine weitere Bearbeitung warten musste.

    Mit stolz erhobenem Kopf und festem Blick nahm Pepe das Lob entgegen und seine Begleiter wiederholten es, als alle miteinander anstießen. Dass es nun um Verhandlungen mit einem Rennstall gehen sollte, war für alle wohl auch vorher klar gewesen.


    Pepe stellte den Becher wieder ab und drehte ihn zwischen den Händen. "Die Albata. Erzähl' mir ein bisschen über sie. Was könnt ihr? Wer fährt für euch?"

    "Niedrige Preise sollen nicht unsere Sorge sein. Im Gegenteil, sparsam wirtschaftende Stadtherren sind wünschenswert. Mehr Sorge macht mir die Qualität der Bauausführung. Ich habe über Germanicus Avarus nichts Schlechtes gehört bisher, aber auch er kann nicht beliebig billig werden. Hoffen wir, dass der Bau so standhaft ist, wie es sich für ein göttliches Haus gehört."

    "Dann sind 9000 Sesterze ein äußerst günstige Preis", resümierte der Curator Rei Publicae mit Blick auf das verbrauchte Material und die Menge der eingesetzten Sklaven. "Da habe ich schon deutlich teurere Bauwerke erlebt. Dieser Octavius Macer scheint gut verhandelt zu haben."

    "Salve", grüßte Pepe zurück und lächelte. "Setz' dich zu uns." Mit kurzen Gesten stellte er seine beiden Begleiter namentlich vor, ohne näher darauf einzugehen, ob es sich um Freunde oder Verwandte handelte. Der Wirt stellte wortlos einen weiteren gefüllten Tonbecher auf den Tisch, nachdem der neue Gast Platz genommen hatte.

    Einzug der Gladiatoren


    “Heda! Hochverehrtes Publikum! Ruhe jetzt!“
    Ein hagerer Mann steigt auf eine der Kisten und wedelt mit den Armen. Sein Haar ist grau wie das Fell der Ratten, seine Augen glänzen listig, tief in den Höhlen. Ausgefranst und fleckig liegt eine Paenula um seine knochigen Schultern. Es ist Arax, der beste Rattenfänger der ganzen Subura.
    Das Geschwätz wird etwas leiser, nach und nach wendet man sich ihm zu.
    “Edle Herrn, schöne Damen, Rattenfreunde und Zuschauer“, ruft Arax grinsend über die Köpfe der Menge, “heut abend krönen wir hier den KÖNIG DER RATTENBEISSER! Nur die besten der besten treten heute an, die Gewinner der Vorrunden machen es heut unter sich aus. Applaus für die Rattenbeisser!“
    Unter donnerndem Beifall werden die Kämpfer von ihren Besitzern in die Arena gebracht. Man reckt sich, um einen Blick auf sie zu werfen, ihre Form und Leistungsfähigkeit bei diesem entscheidenden Kampf einzuschätzen.


    “Es treten heut an: ORCUS der Molosserhund, König des Vorjahres, sekundiert von seinem Besitzer Quentin!“, ruft der Rattenfänger, und vor tritt ein grobschlächtiger, stutzerhaft gekleideter Lude, der an der Leine ein Kalb von einem Hund führt. Treudoof blickt der riesige Molosser in die Runde, Sabber trieft über seine hängenden Lefzen. Als ihm eine Fackel zu nahe kommt drückt er sich ängstlich gegen die Knie seines Besitzers. Der sonnt sich eitel im reichlichen Applaus.
    “Ganz neu bei den Wettkämpfen: NUMMERUS QUINTUS der Kater! Erst seit diesem Jahr dabei! Ein aufgehender Stern am Himmel! – Oder nur eine Fußnote in der Geschichte der Wettkämpfe? Ihm steht zur Seite: Honoria, seine Besitzerin.“
    Hier handelt es sich um den Außenseiter des Abend. Eine alte Frau mit züchtigem Haarknoten und schlichter Stola trägt ihn herein. „Nummerus quintus“ ist ein sehniger getigerter Kater mit zerfetzten Ohren. Er lässt sich von dem Trubel nicht beirren, gähnt und zeigt dabei seine rosa Zunge.
    “Ausserdem sehen wir heute: MEDUSA! Unübertroffen in ihrer Wildheit! Sekundiert von Matho!“
    Matho ist ein schmutziger Bengel, Medusa eine quirlige Hündin von unbestimmbarer Rassen. Ihr Fell ist struppig, die Ohren erinnern an eine Fledermaus. Sie reckt die spitze Schnauze und nimmt Witterung auf, kläfft schrill. In den Rattenkisten quiekt und rumort es laut. Ein Haufen zerlumpter Strassenkinder unterstützt Medusa mit lautem Johlen.
    “Und natürlich: ULTOR das Frettchen, Ultor der gnadenlose Rächer! Im letzten Jahr Kronprinz der Rattenjäger! Ihm sekundiert natürlich wieder Damos!“
    Wie ein weißer Pelzkragen liegt das Frettchen um den Hals seines glatzköpfigen Besitzers geschlungen. Die roten Äuglein funkeln, die Nase zuckt, der buschige Schweif tanzt hin und her. Damos hat viele Feinde, er vermietet miese Absteigen zu Wucherpreisen, aber sein Frettchen ist trotzdem der Publikumsliebling, und nun wird der Applaus ohrenbetäubend.


    Als wieder etwas Ruhe eingekehrt ist, fährt Arax fort:
    “Jeder der Kämpfer wird, einer nach dem anderen, zusammen mit jeweils FÜNFZIG WILDEN KANALRATTEN in die Arena gelassen. Für die Länge dieser Sanduhr!“
    Er zieht eine verbeulte Sanduhr aus seinen Lumpen und präsentiert sie dem Publikum.
    “Nach jeder Runde zählt ein unparteiischer Richter die toten Ratten! Wer die meisten totgebissen hat wird der KÖNIG und bekommt die KRONE und für den Besitzer gibt’s VIERZIG DENARE!!
    Und jetzt will ich eure Einsätze sehen! Ich weiss, die Zeiten sind schwer, aber lasst das nicht die armen Wettkämpfer büssen!“



    Tief in der Subura, inmitten eines Labyrinthes krummer Gassen, schmaler Stiegen und finsterer Hinterhöfe, an der Kreuzung von Schindergasse und Petersilienweg, lag ein abschüssiger Platz. Er war umgeben von hohen Insulae, so dass er fast immer im Schatten lag. Magere Disteln sprossen im staubigen Boden, die Strassengräben lagen voll Müll. Eine der angrenzenden Insulae war vor Jahren eingestürzt und aufgrund irgendwelcher Spekulationen noch immer Ruine. Zwischen den Mauerresten hatten sich einige Vertreter der Ärmsten der Armen der Stadt elende kleine Behausungen gebaut. Es war ein Winkel von Rom, den keiner der vielen Besucher, die in die Stadt kamen um Forum und Circus zu besichtigen, je zu Gesicht bekam – und die Besucher hatten damit nichts verpasst. Auch Urbaner und Vigilen tauchten nur sehr selten, und ausschließlich in größeren Trupps hier auf, denn die Strassenzüge waren fest in der Hand diverser Banden.
    Nur zweimal im Jahr, da rückte dieser elende Fleck in den Mittelpunkt, wurde zum Schauplatz eines unerhörten Spectaculums: und zwar dann wenn hier Das Große Rattenbeissen stattfand.


    Diese Nacht war es einmal wieder soweit. Warm war es, als wäre noch immer Hochsommer, die Luft stand in den Gassen, stickig und geschwängert von Staub, Rauch, und den Ausdünstungen der Stadt. Lagerfeuer auf offener Strasse und rußende Öllaternen erhellten den Platz, in dessen Mitte eine kleine hölzerne Arena aufgebaut war, aus schlechten Brettern flüchtig zusammengenagelt. Um diese drängte sich eine Masse von Menschen, die meisten eher ärmlich, manche völlig zerlumpt, doch dazwischen fanden sich auch wohlgekleidete und -genährte Besucher. Das große Rattenbeissen, früher ein Ereignis ganz ohne Aussenstehende, war in den letzten Jahren etwas bekannter geworden, zum Geheimtip sozusagen, und der Ruf des Verruchten zog nun auch den ein oder anderen wohlhabenden Römer auf der Suche nach gefährlicher Zerstreuung, die ein oder andere gelangweilte Römerin an, was zu einer kuriosen Mischung des Publikums führte.
    Man munkelte ausserdem, das sich in dieser Nacht auch die Bandenführer des Viertels treffen würden, um hier ihre Angelegenheiten zu klären und Territorien abzustecken. Wer weiß. Der flackernde Feuerschein beschien jedenfalls eine Menge Waffen, die ganz offen in den Gürteln getragen wurden.


    Noch hatten die Wettkämpfe nicht begonnen. Neben der Arena standen ein paar Kisten, aus denen das Getrappel kleiner Füsse, und manchmal ein schrilles Quieken zu hören war. Viele der Besucher standen bei den Wettmachern, und setzten auf ihre Favoriten, andere schlenderten herum und begutachteten die Waren, die am Rande des Platzes feilgeboten wurden: ein Sammelsurium von Trödelkram, Messern, Schrott und höchst absonderlichen Dingen. Vor einer angrenzenden Spelunke standen grobe Tische und Bänke, da gab es billigen Wein und Schalen mit Eintopf. Auch fliegende Händler waren unterwegs und schenkten aus, niemand der ein paar Asse hatte musste durstig bleiben.

    Nachdem er die Tafel gereicht bekam schaute auch der Curator Rei Publicae auf die Daten. "Grundgerüst und Außenfassade schließt das Dach mit ein? Ich sehe es sonst an keiner Position." Er las weiter. "Die aufgeführten Baumaterialien sind mit zusätzlichen Kosten verbunden? Werden diese gesondert ausgewiesen? Oder sind sie mit den Zahlungen an Germanicus Avarus abgegolten?"

    Proteneas rechnete noch einmal kurz nach, dann stimmte er zu. "Ja, dann sind wir uns einig. Dankeschön!" Der Fahrer strahlte nun deutlich sichtbar und war froh, die Verhandlungen aus seiner Sicht erfolgreich abgeschlossen zu haben.

    "Ja, die Pferde gehören nicht mir", bestätigte Proteneas. "Der Wagen ist meiner. Den würde ich auch gerne weiter fahren, wenn ich darf." Er hatte ihn zwar nicht alleine gebaut, aber der Wagenbauer war immerhin sein Freund.