Beiträge von Quintus Tiberius Vitamalacus

    „Nichts anderes hatte ich von dir erwartet, Tribun,“ entgegnete der Legatus, während er sich noch eine der Datteln geben liess und sein Glass noch einmal nachfüllen liess, was Nia nur zu gerne tat. Auch wenn er der jungen und durchaus ansprechenden Frau keine Beachtung schenkte, das gerade die einfachen Dienstgerade sich in dieser Umgebung nicht wohl fühlten, das war ihm durchaus nicht gegangen. Ihm selbst wäre es sicherlich ähnlich ergangen, hätte er damals als einfacher Miles eine Einladung zum Legatus erhalten.


    „Zumindest führt dich dein Befehl nach Rom und nicht in eine Provinz wie Syria oder gar Germanien, Tribun. Die kühle Germaniens mag so manchem vielleicht gerade nach Parthia eine verflockende Vorstellung sein,“ begann er, „doch wenn du dich an die Zeit bei der IX. erinnerst, nicht nur im Winter kann es unangenehm sein. Während des letzten Feldzuges gegen die Germanen, gab es so manche Nacht im Zelt, in der ich gewünscht habe, eine zweite Decke im Marschgepäck zu haben. Und die Aussicht, das Titus am nächsten Morgen den Puls wieder anbrennen lässt, trug auch nicht gerade dazu bei, die Stimmung zu bessern.“


    Noch etwas fiel ihm auf : seine Verlobte liess sich immer noch blicken. Etwas war in den letzten Wochen anders geworden, sie schien sich verändert zu haben, schien immer öfter unpässlich zu sein. Und was ihn besorgte war, das er keine Erklärung dafür hatte.

    Paconius Philogenes öffnete die Tür und fand den Legatus an seinem Tisch vor, wo dieser sich neben zahlosen Berichten der Legion, sich auch Berichten aus der Region und dem Rest des Imperiums widmete. Das Meiste darunter war entweder knochentrocken oder aber banal und langweilig. so wie die Aufstellung der Lagerbestände oder die Beschwerde eines Bauern über die Ausritte der Equittes.


    Als der Optio eintrat, sah Tiberius Vitamalacus kurz auf, hörte sich dessen Anliegen, bzw. das des Besuchers im Vorzimmer an und meinte dann:


    "Soll rein kommen !"


    Noch während der Optio den Raum verliess, trat ein weiterer Scriba an den Tisch heran, räumte zahlreiche Schriftrollen und Tafeln weg und reichte stattdessen dem Legatus eine neue Schritrolle. Dieser überflog diese, während er auf den Besucher wartete.


    Optio Publius Paconius Philogenes
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    Paconius Philogenes war einer der ersten gewesen, der aus Parthia zurück gekehrt war. Nach seiner schweren Verletztung zu fast Beginn des Feldzuges hatte er lange Zeit in Syria im Castellum der X. gelegen, bevor er dann zurück ins Lager der Prima gekehrt war, als diese noch auf dem Rückmarsch war. Die Zeit bis zur Rückkehr des Legatus waren herrlich erholsam gewesen, doch das war nun schon lange vorbei und Philogenes musste sich wieder dem Tempo des Tempos anpassen. Zumindest zum Optio war er befördert worden und hatte die Schreibstube des Legaten unter sich.


    Und so erhob er sich zugig, als der Besucher eintrat.


    "Architectus," grüsste er den Besuch so knapp wie sein Legatus. "Warte einen Moment, ich werde dich beim Legatus melden."


    Mit diesen Worten drehte er sich um und verschwand im Officium des Legatus.


    In das ersteSchweigen, mochte es ablehnend, neutral oder zustimmend zu werten sein, drang die Stimme des Tiberius Vitamalacus, zunächst leise, eher wie zu sich sich selbst gesprochen, dennoch wohl für jeden im Raum zu hören, sein Blick war auf irgendetwas im Nichts vor sich gerichtet.


    "Annaeus Varus,.... ein treuer Lieferant der Prima.....Aber haben die anderen,.. ausser dem Centurio,.. haben die etwas für Rom getan, ausser der Sohn von jemand zu sein ?"


    Dann verfiel er einen kurzen Moment ins Schweigen, bevor er aufblickte und wieder zu sprechen begann.


    "Tiberius Artorius Imperiosus, Centurio der Prima, ein Verteidiger des Adlers vor Edessa, ausgezeichnet von Iulianus persönlich uind einer der Helden von Circesium. Er dient Rom seit langem treu und verfügt über den nötigen Besitz, ausserdem ist mein bevorzugster Kandidaten für die Nachfolge des Primus Pilus."

    Taranis gefiel es garnicht, gleich wieder vom Schoss von Albina vertrieben worden zu sein und er liess auch nicht locker. Während Albina auf ihren Cousin zu ging, strich er weiter um ihre Beine, so dicht, das diese Aufpassen musste, nicht über den grossen Luchs zu stolpern.


    Tiberius Vitamalacus hingegen beobachtet seine kleine Cousine und stellte innerlich fest, das sie ihm in der letzten Zeit doch sehr gefehlt hatte. Das Praetorium war leerer ohne sie und es schmerzte ihn, das er sie bald zwangsläufig für immer gehen lassen muste. Aber daran wollte er heute nicht denken, er erwiederte ihre kurze Umarmung in einer für fast überschwenglichen Art und erwiederte ihr ebenso so leise:


    "Du mir auch, Cousinchen."


    Dann, als er sich etwas von ihr gelöst hatte, führte er sie zurück zu ihrem Korbstuhl.


    "Setzen wir uns doch wieder und erzähl mir wie es dir ergangen ist ? Wie geht es deinem Vater ?"

    Mit ausdrucksloser Miene hatte er das Treffen bislang verfolgt, hatte den Namen gelauscht, welche genannt wurden und den Ausführungen dazu. Doch er kommentierte sie nicht, schwieg auch zu jenem Annaeer, der kurze Zeit sein Tribun gewesen war. Ein Schweigen, dass allerdings auch als Meinungsäusserung gewertet werden konnte.


    Innerlich musste er schmunzeln bei dem Ausbruch des neuen Praefecti Urbi, den er bislang nicht persönlich getroffen hatte. Die Art dieses Auftritts verriet, das er sich seiner Position recht sicher zu sein schien, wenn er nicht nur so offen Männern wie Hungaricus oder Avarus widersprach, sondern sie regelrecht vor den Kopf stiess. Ein Blick auf den Imperator verriet, das dieser, höflich gesagt, nicht auf dem Höhepunkt seiner Gesundheit war, es war ganz eindeutig, das sie einen schwachen Imperator hatten und das mehr das Geschah was seine Berater wollten, denn das was der Imperator selbst wollte. Und der Berater, der zur Zeit das Ohr des Imperators hatte, war eindeutig Vescularius Salinator.


    Und auch wenn dessen Worten eigentlich nur zustimmen konnte, die Art wie sie vorgebracht wurden, gefiel ihm nicht wirklich. Doch sein Gesichtsausdruck blieb so kühl und Ausdruckslos wie immer, als er mit fester, durchdringender Stimme das Wort ergriff.


    "Annaeus Florus hat Rom in den vergangen Jahrzehnten gute und treue Dienste. Ich war noch ein junger Legionär in der IX., als er, als Praefectus, diese gegen die Germanen zum Sieg führte. Als er die Classis Germania führte, zog diese mit der IX. siegreich gegen Piraten zu felde. Und auch in seiner Funktion als Praefectus der Classis Misenensis ist mir nur gutes zu Ohren gekommen."


    Kurz liess er seinen Blick schweifen, bis sein Blick auf dem Imperator und Salinator neben ihm stehen blieb.


    "Der einzige Grund, der für mich gegen eine Erhebung in den Senat sprechen würde, ist die Lücke, welche seine Berufung in der Classis reissen würde. Auch wenn Annaeus Florus nicht als römischer Bürger geboren wurde, seine Verdienste für Rom zeigen mir, das er durchaus würdig ist, in den Senat berufen zu werden. Würdiger als jeder andere Name, der bisher heute genannt wurde. Und vielleicht würdiger, als so mancher, der bisher in den Senat berufen wurde !"

    Tiberius Vitamalacus hatte an diesem Tag einige Zeit in der Principia verbracht, doch irgendwann hatte er Schriftrollen und Wachstafeln Schrift und Wachstafeln sein lassen und hatte sein Officium verlassen. Nach einer kleinen Runde durch das Castellum hatten ihn seine Schritte auf den Campus geführt.


    Er hielt sich am Rand des Platzes auf und beobachtet das Geschehen interessiert. Neben den Miles die ihre alltäglichen Übungen verrichteten galt sein Hauptaugenmerk der Gruppe Probati, die gerade um den Campus herum gejagt wurden. Auch wenn es lange her war, das er selbst Probati gescheucht hatte, er legte auch bei einer ganzen Legion unter seinem Kommando immer noch wert darauf, persönlich einen Eindruck von den jungen Probati zu bekommen.

    Immer noch rührte sich Tiberius Vitamalacus nicht vom Fleck, blieb genau da stehen, wo er zuvor gestanden hatte. Sein Blick fixierte Cato, ignorierte aber scheinbar die Worte, welche von seinen Lippen gekommen waren.


    "Steh auf !" befahl er erneut.


    Und dann blickte er kurz zu Crista.


    "Geh, Ancilla !" sagte er in einem Tonfall, der keinen Wiederspruch zuliess.

    Ob Tiberius Vitamalacus hörte, was die junge Sklavin sagte, oder nicht, davon war nichts zu merken, schenkte er ihr keine Beachtung. Vielleicht war das sogar gut für Crista, denn eine Sklavin hatte nicht ungefragt das Wort zu ergreifen. Selbst von einem Offizier hätte er in dieser Situation erwartet, das dieser das Wort erbat, von einem Sklaven verlangte er schweigen.


    Kühl musterte er Cato, kaum eine Regung zeigte sich auf seinem Gesicht, nur ein leichtes Funkeln in den Augen konnte einem Menschen wie Cato, der ihn seit Jahrzehnten kannte, einen Eindruck vermitteln, was in ihm vor sich ging.


    Wortlos wartete er bis Cato sich erhoben hatte, dann schnellte seine rechte Hand vor und verpasste Cato mit dem Handrücken einen kräftigen Schlag auf die linke Wange.


    "Wie kannst du dich so deiner Mutter gegenüber benehmen ? Du schuldest ihr Achtung und Respekt !"

    Kaum hatte er von der Ankunft seiner Cousine gehört, hatte er seine Arbeit in der Principia unterbrochen, beziehungsweise einfach auf den Weg zum Praetorium fortgesetzt. Die Scriba, denen er diktierte, hatten Mühe seinem Tempo zu folgen, allein Taranis eilte ihm etwas zuvor, fast schien es so, als ob er den Namen Albina verstanden hätte.


    So war es auch Taranis, der als erster ins Atrium kam, Albina erblickte, im Eiltempo auf sie zurannte und ihr auf den Schoss sprang.


    Tiberius Vitamalacus, der unmittelbar nach Taranis ins Attrium trat, blieb es nur übrig, mit einem seltenen Lächeln auf dem Gesicht, zu sagen : "Albina, willkomen zurück."

    Es war nicht Catos stimme die Erklang, sondern schwere, schnelle Schritte von beschlagenen Stiefeln. Und dann donnerte die kräftige Stimme des Tiberius Vitamalacus durch den Gang.


    "Zur Seite, ancilla !"


    Und er liess Crista kaum Zeit ihm ausweichen, da schob er sich an ihr vorbei und trat in das Zimmer hinein.


    "Steh auf !" befahl er mit donnernder Stimme, während er aufrecht mitten im Raum stand.

    "Nichts zu danken," entgegnete der Legatus.


    Es war für ihn selbstverständlich dem Sohn seines Klienten zu unterstützen so wie er seinen Klienten unterstützte. Hätte er geahnt, in welcher Richtung sein Klient dachte, hätte er vielleicht noch ein paar Worte darüber verloren, das nicht die Geburt einen Mann adelte, sondern seine Taten und das die meisten Patrizier in seinen Augen wesentlich weniger Wert waren als Männer wie sein Klient und dessen Vetter.


    "Und, bevor du gehst," fuhr er fort,"lass dir einen Rat mit auf den Weg geben: Ein Sohn muss seinen Vater nicht lieben, er muss ihm gehorchen !"


    Legionarius Appius Bavius Cattullus
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    Die beiden Pila, die wie immer, wenn sich ein Besucher dem Praetorium näherte, von den beiden Wachen verschränkt worden waren, öffneten sich schlagartig, als Albina ihren Namen nannte.


    "Domina, willkommen zurück !" erwiederte Cat, während sie den Weg freimachten. Der Legatus war zwar noch in der Principia, doch sobald die junge Tiberia und ihr Gefolge im Atrium angekommen waren, würde er einen Melder zum Legatus schicken.


    Hier musste der Legastus leicht schmunzeln, ein Schmunzeln das sich ausnahmsweise auch wirklich nach aussen drang. Aber vielleicht war das auch typisch für einen Soldaten, der in seinenm Erinnerungen schwelgte.


    "...Ja,... dein Vetter. Er kam zu uns von der Cohortes Urbanae und ich
    durfte aus ihm einen wirklichen Legionär machen..... Er hat sich nicht zu ungeschickt auf dem Exierplatz angestellt."


    Manchmal wünschte er sich diese Zeiten zurück, in denen er nur den Exerierplatz unter sich hatte nicht die ganze Legion und die halbe Gens noch dazu. Es war sicher einfacher gewesen damals, so schien es zumindest manchmal.


    "Was deinen Sohn angeht,.... Lass mich wissen, wenn ich ihn unterstützen kann."

    Tarraco, die Stadt am Ebrus, dort wo vor viele Jahren alles angefangen hatte. Dort hatte er zum ersten Mal das Rot eines Soldaten getragen, dort war er zurück in den Schoss der Familie gekommen und dort hatte er auch seine wahre Familie, die Legion, gefunden. Gelegentlich dachte er immer noch an jene letzten Stunden, die er mit Nova zusammen gewesen war. Allerdings nicht mehr so bitter wie von vor einiger Zeit....


    Und natürlich zeigte sich davon keine Regung in seinem Gesicht, stattdessen meinte er nur kühl : "Tarraco. In der Tat eine nette kleine Stadt. Ich war einmal mit der IX. dort stationiert. Meine Familie hatte dort einen Landsitz, aber das ist lange her."


    Kurz überlegte er das weitere Gesagt. Ein Steinmetz könnte vielleicht ein nützlicher Kontakt sein, wenn es darum ging die Mauern des Castellums zu erneuern.


    "Steinmetz,.... das werde ich mir merken, Centurio, man weiss nie, wann man einen solchen brauchen kann."