Beiträge von Tiberius Annaeus Sophus

    Sophus blickte auf seinen Becher, als sei er erst nun darauf aufmerksam geworden. Das Gefäß hatte er längst geleert, während Agrippa gesprochen hatte. Die Hitze der Provinz machte ihm noch immer zu schaffen.


    "Ich bitte darum."


    Er richtete seinen Blick wieder auf Agrippa.


    "Das erscheint mir ebenso wahrscheinlich. Nun, immerhin jedenfalls gibt es eben diesen Tempel, der erbaut wird und den ich schon erwähnte. Die Pontifex ist eine derjenigen, die den Bau bezahlen. Gibt es denn - abgesehen von öffentlichen Geldern - noch andere?"

    "Exakt. Du sagtest, die Täter, Proconsul. Steht denn zu befürchten, dass diese eine Tat von mehreren begangen wurde? Nun ja, bei Christen läge es nahe. Dann wäre es ja nicht einfach nur Diebstahl sondern eine..." Er zögerte. "...Machtdemonstration könnte man sagen."

    "Das hetzt sie ja geradezu auf, sich zu verschwören. Wer den Tod nicht fürchtet - oder glaubt, ihn nicht zu fürchten - neigt dazu, viel zu riskieren. Aber dass die Augusta selbst diesem... Kult angehört wage ich immer noch nicht in Erwägung zu ziehen. Es ist mir eine allzu grauenhafte Vorstellung.
    Jedenfalls steht zu hoffen, dass die Ermittlungen bald zum konkreten Erfolg führen. Sehr bald. Ein Kriegsgott wird mit seiner Rache nicht ewig warten wollen. Und wenn ich bedenke, mit welcher Hand er an Karthago gehandelt hat durch die römischen Soldaten so graut es mir vor der Vorstellung, wie diese Rache aussähe."

    "Das erschiene mir doch recht seltsam. Jedenfalls will ich nicht hoffen, dass die Furcht vor den Göttern soweit zurückgegangen ist, dass man sie zugunsten eines einzigen aufgeben will. Schon gar nicht... geradezu undenkbar, bei unserer Augusta.
    Ich hoffe ebenfalls, dass der Cultus Deorum allgemein wieder stärker wird. Ich denke, die Arbeit der Pontifex hier weist ja den richtigen weg. Allein die Ehrfurcht vor den prächtigsten Tempeln der Welt sollte den Weg zu den römischen Göttern weisen und nicht in die Kanäle und Hinterhöfe und wo sich die Christen sonst zu treffen pflegen."

    "Ja... und sie scheinen sich ja in der Tat nicht mit unseren Göttern auseinandersetzen zu wollen. Bedenklich, bedenklich. Du sagst, der Kaiser wüsste, was du von dem Gesetz hälst. Hast du ihm denn deine Gedanken unterbreitet, Proconsul, auf dass er selbst sich möglicherweise anders entscheidet?"

    "So wäre das Problem jedenfalls mit Sicherheit gelöst. Wie schätzt du jedenfalls die Gefahr von einem wirklichen organisierten Aufstand der Christen ein? Bisher haben sie ja kaum Grund dazu. Aber wenn ich bedenke, zu was sich einige von ihnen schon zu erdreisten scheinen..."

    "Zur Weisheit des Augustus wage ich nicht, zu sprechen. Auch wenn die Fährnisse der falschen Worte hier in der Provinz natürlich geringer sind. Jedenfalls gilt es, dieses Gesetz natürlich zu beachten. Wenn die Christen ausgewiesen sind, müssen sie aber im Auge behalten werden. Entweder sie werden in alle Winde zerstreut, damit sie sich nicht organisieren können, oder sie werden an einem Punkt angesiedelt, wo sie beaufsichtigt werden können. Wobei letzteres mir Aufstände beinahe zu provozieren scheint."

    "So schrieb der Iulianer, der erste Kaiser, ja. Äußere Einflüsse neigen dazu, ein Volk zu beeinflussen. Auch wenn Rom bereits so groß ist, dass sich das kaum verhindern lässt. In jedem Falle sind christliche Aktionen, die den Cultus Deorum in den Provinzen schwächen, äußerst schädlich für den Zusammenhalt. Unabhängig davon, ob noch äußere Feinde existieren. Es könnte Aufstände geben. Beispiele davon hat uns die Geschichte ja genug geliefert.
    Nun, aber wo wäre deiner Meinung nach nun bei der Prävention anzusetzen, Proconsul? Hast du einen Vorschlag, wie der Cultus Deorum in den Provinzen so etwas in Zukunft wirkungsvoll verhindern kann? Wir können die Leute nicht kontrollieren, ob es Christen sind. Diese könnten sich leicht als gewöhnliche römische Bürger ausgeben."

    "Die Auswahl des Weins überlasse ich dir, Proconsul. Ich bin sicher, was für dich gut genug ist wird auch für mich reichen.


    Nun, ein Septimvir hat in der Tat dabei keine direkte Verbindung, aber er ist in einer ausreichend hohen Position um von den Pontifici beachtet zu werden und damit kommt er für gesonderte Aufgaben in Frage, wie sie auch mir zum Teil zugeteilt wurden.
    Ich denke jedenfalls, dass er nicht eigenmächtig gehandelt hat. Er mag natürlich ein wenig in seinem Schreiben modifiziert haben, da er selbst einen Karrieresprung wittert, doch traue ich keinem im Cultus Deorum die Schlechtigkeit zu, eine Provinzpriesterschaft als ganzes in Zweifel zu ziehen ohne dass dazu Anlass bestanden hätte.
    Schuld trage ich nicht, sicher. Aber ich habe persönliche Verantwortung dafür, dass die Götter nicht zornig werden und damit der Frieden hier gesichert bleibt. Ich sehe es als Teil der Aufgabe, die Aufklärung dieses Falles zu unterstützen. Sicher werden die christlichen Strömungen dabei nicht unbeachtet gelassen werden. Aber ich denke das weiß der Regionarius selbst gut genug."

    Sophus begleitete den Proconsul in die Thermen der Casa. Dieses Haus war in der Tat gut ausgestattet. Er folgte Agrippas Beispiel und legte seine Kleider ab.


    "Solange es in Maßen bleibt gewiss nicht. Nur sollte man natürlich den eigenen Verstand nicht vom Weine verwirren lassen." Wieder schmunzelte Sophus.


    "Nun, du fragtest nach dem Sender des Schreibens, Proconsul. Unterzeichnet war es von einem gewissen Vibius Valerius Victor, mit dem Siegel eines Septimvirn. Er bezeichnete das Schreiben als im Auftrag des Collegium Pontificum. Das erscheint nicht unwahrscheinlich bei der Position des Autoren und das Siegel ist mit Sicherheit echt."


    Er seufzte.


    "Ich fürchte fast, man versucht, die Hispanische Priesterschaft für den Diebstahl verantwortlich zu machen. Nachlässigkeit wird man ihnen vielleicht vorwerfen. Und nach dem momentanen Stand der Dinge bin ich der Verantwortliche.
    Gut jedenfalls, dass die Curie einverstanden war, dass ich dort anwesend sein und sprechen darf. Das wird sicherlich helfen. Mit dem Regionarius werde ich also noch zu sprechen haben. Wenn ein Bericht über das Verbrechen erfolgt, dann will ich einen professionellen abgeben und dafür sollte der Regionarus der rechte Mann sein."

    "Salve, Proconsul." Sophus schmunzelte. "Das Leben pflegt so ernst zu sein, wie man es nimmt. Wie sollte ich dieses Angebot abschlagen? Um aber kurz das Thema meines Besuchs anzuschneiden. Ich interessiere mich einerseits dafür, ob der von der Pontifex angesprochene Posten in der Provinzcurie möglich wäre und andererseits natürlich auch, wie die Suche nach dem Dieb in diesem Falle vorangeht. Rom erwartet einen Bericht darüber, fürchte ich. Es scheint im Collegium Pontificum Aufruhr darüber zu geben. Man sollte diese Sache also schnellstmöglich zum Abschluss bringen."

    Sophus hob die Hand zum Gruß und deutete mit der anderen auf sein Pferd.


    "Salve, ich bin Annaeus Sophus, Verteter der Pontifex Hispania. Ich wünsche den Proconsul zu sprechen. Und ich bitte darum, dieses Tier vorrübergehend zu versorgen, sollte dies möglich sein."

    Sophus ritt auf einem Pferd, das er sich in der Provinz erworben hatte, zur Tür der Casa. Es war nicht schwer gewesen, das Haus des Proconsuln und seiner Familie zu finden. Immerhin war er ein überaus bekannter Mann. Er wurde ruhiger, als er abstieg und zur Türe ging. Er hätte schon lange hier sein sollen. Hier würde er sicher Hilfe finden. Er klopfte an die Tür.

    Sophus schritt langsam zum Tempel. Er blinzelte leicht verärgert ins Sonnenlicht. Er hatte gehofft, dass die Organisation einfacher sein würde, aber es ergaben sich nun Schwierigkeiten. Rom war ungehalten über die scheinbare Nachlässigkeit in Sicherheitsfragen, die sich die Provinz zu schulden kommen ließ und die Pontifex war nicht anwesend. So lag die Last der Aufklärung nun auf Sophus Schultern.
    Er winkte einen Tempeldiener heran.


    "Hol Lucius Redivivus Callidus, den Scriba Personalia der Pontifex, so schnell du kannst hierher. Ich muss ihn sprechen."

    Ich muss mich leider von Montag bis Freitag Abend abmelden. Eine Entschuldigung an dieser Stelle an Revidivia Helena, die ich ja eigentlich in Hispania vertreten sollte. Ich hoffe, dass keine allzu gravierenden Effekte durch meine zeitweilige Abwesenheit auftreten.

    Der Augur stellte sich in die Schlange derjenigen, die dem Kriegsgott ein Opfer spenden wollten. Hier stand er nun in seiner feinen Toga zwischen den Armen des Volkes und fühlte sich dennoch zwischen ihnen nicht wirklich unpassend. Römer sind Römer, sagte er sich gedankenverloren und ließ seinen Blick umherschweifen, darauf wartend, dass die Schlange vorrückte und er angesprochen würde, was er zu spenden gedenke.

    "Selbstverständlich werde ich mich vertrauensvoll an dich wenden. Ich danke dir jetzt schon für deine Hilfe."


    Sophus breitete seine Hände in einer offenen Geste aus.


    "Dann danke ich euch beiden für euer Kommen. Wir werden jetzt wohl alle mit anderen Dingen zu befassen haben. Vale, Proconsul, vale, Pontifex. Und eine gute Reise wünsche ich euch."