Beiträge von Spurius Purgitius Macer

    Auch die Russata befand sich seit früh morgens auf dem Gelände, um das Trainingsrennen vorzubereiten und empfing die Aurata kollegial und freundlich. Macer selber stieß etwas später dazu und stellte zu seiner Zufriedenheit fest, dass die Vorbereitungen im Plan lagen und auch die Aurata schon da war. Er entdeckte einen Mann an der Bahn, der wohl zur Aurata gehörte und ging auf ihn zu. "Salve. Du bist Claudius Gallus, richtig?" begrüßte er ihn, da ihm der Name von der Organisation her bekannt war und er den Mann ja auch schon im Senat gesehen hatte.

    "Nun, dann hast du dir ja einiges vorgenommen", antwortete Macer, denn der Senat zählte nicht gerade wenige Köpfe. "Du bist mir immer willkommen, auch wenn ich vermute, dass du mir dann nicht viel neues über deine Kandidatur wirst erzählen können, was du nicht heute schon wüsstest. Oder hast du noch Dinge in Planung, die noch einer weiteren Vorbereitung bedürfen, bevor du sie verkünden kannst?"

    "Dann wird der Senator dich gerne übermorgen zur vierten Stunde empfangen", teilte der Türhüter ohne weiteres Nachdenken einen Termin mit. Immerhin war es seine Aufgabe, den Terminkalender seines Herrn im Kopf zu haben, so dass er mit den nötigern Daten blitzschnell eine Entscheidung im Sinne seines Herrn treffen konnte.

    Der Türhüter hatte diese Antwort tatsächlich erwartet und bat den Besucher herein, um mit dem Sekretär des Hausherrn einen Termin zu vereinbaren. Dieser stieß im Atrium zu ihnen und brauchte nicht lange zu überlegen. "Du kannst einen Termin übermorgen bekommen. Wird es ein kürzeres oder längeres Gespräch werden?" erkundigte er sich. Immerhin kannte er den Mann schon von einem Abendessen, bei dem dieser Gast des Senators gewesen war. Das gab ihm schon einmal einen leichten Bonus bei der Terminplanung.

    Bei dieser Frage brauchte Macer nicht lange zu zögern. "Selbstverständlich, schon aus Verbundenheit zu deinem Vater werde ich deine Kandidatur unterstützen", versicherte er dem jungen Mann. "Dass du dabei einen sinnvollen Weg gewählt hast, macht es für mich dabei natürlich besonders leicht. Und je besser deine Rede vor dem Senat sein wird, umso leichter wird es mir fallen, mich für dich auszusprechen", gab er ihm trotzdem noch einen Ansporn, eine gute Kandidaturrede zu halten und sich nicht alleine auf die Versicherungen vorab zu verlassen.

    Macer hörte den Ausführungen zu und nickte zwischendurch leicht. Für ihn gab es bei der Wahl der Ämter keine richtigen oder falschen Entscheidungen, sondern nur gute und schlechte Begründungen. Und jene des Annaers gefiel ihm ausgesprochen gut. "Eine sehr interessante und schlüssige Überlegung. Nicht jeder traut sich, gleich zu Beginn seiner Karriere einzugestehen, dass ihm für bestimmte Aufgaben das Wissen oder das Interesse fehlt. Aber dass du freiwillig die Straßenreinigung wählst, wird dir sicher Pluspunkte einbringen. Zumal es ja sogar in gewisser Weise zu unserem letzten Thema passt, sich um den Zustand auf den Straßen zu kümmern", bemerkte Macer, ohne diesen Punkt vertiefen zu wollen. Daher kam er auch gleich zur Ämterwahl zurück. "Dass du nicht gerne im Arbeitszimmer sitzt und Dokumente wälzt, solltest du dem Senat allerdings besser verschweigen. Das trifft nämlich früher oder später jeden Magistraten", hatte er stattdessen einen guten Rat zur Hand. Die Mimik des dritten Mannes am Tisch ließ keinen Zweifel daran, dass auch jener wenig Freude an der Aktenarbeit hatte, sich zum Wohle seiner Karriere aber dieser Notwendigkeit gefügt hatte.

    Dass sein Klient das Thema wechselte, auch wenn es augenscheinlich nicht gänzlich zu seiner Zufriedenheit besprichen war, war Macer durchaus recht. Manchmal war es einfach klüger, eine Sache nicht zu vertiefen und Macer fand es gut, wenn sein Klient sich klug verhielt. Zumal das neue Thema deutlich angenehmer war. "Ja, gerne", sagte Macer daher sofort seine Teilnahme zu. "Und man kann ja das eine tun, ohne das andere zu lassen. Also erstmal Trainingsrennen mit zwei Factiones und dann können wir immer noch die Genehmigung für eines zu dritt einholen. Wenn du die Veneta fragst, kannst du ihr gleich sagen, dass sie auch eines mit uns haben kann, wenn sie mag", spannte Macer seinen Klienten dann auch gleich für seinen Zwecke ein.

    "Ich habe selber noch keinen Überblick, wer kandidiert und wen man unterstützen sollte", gab Macer offen zu. "Konkret gesprochen habe ich bisher nur mit Annaeus Florus Minor, Sohn des gleichnamigen Vaters. Er kandidiert als Vigintivir und ich werde ihn schon alleine aus Verbundenheit mit seinem Vater unterstützen. Aber mehr weiß ich auch nicht." Immerhin standen bald die Kandidaturreden im Senat an, so dass man spätestens dann mehr erfahren konnte.

    Macer zögerte ein wenig mit der Antwort, was wohl seine Überraschung über das Anliegen verriet. "Nun, das trifft mich jetzt etwas unerwartet. Du hattest deinen Besuch nicht angekündigt, nicht wahr?" versicherte er sich, denn bei seinem schlechten Gedächtnis war nicht auszuschließen, dass er die Ankündigung nur vergessen hatte. Immerhin war Tarraco ein brauchbares Stichwort für ihn. "Du kommst aber nicht zufällig auf Empfehlung von Decimus Meridius?"

    Nicht jeder Gast konnte Glück haben und den Senator zu Hause antreffen. Selbst wenn man dieses Glück hatte, bedeutete ein unangekündigter Besuch oft einen längeren Aufenthalt auf der Wartebank im Atrium. Aber diesmal fehlte eben selbst dieses Glück. "Salve. Der Senator ist nicht im Hause", gab der Türhüter daher zur Auskunft. "Möchtest du ihm eine Nachricht hinterlassen oder einen Termin für einen anderen Zeitpunkt vereinbaren?" bot er dann an.

    Macer konnte mit einigen der Angaben nichts anfangen, denn von Metallurgie hatte er nun wirklich keine fundierte Ahnung. Wenn er die Rückfragen den Kaisers richtig verstand, war er damit aber auch nicht alleine, so dass er diesem dabei gerne den Vortritt ließ. Die Wortmeldung von Claudius Menecrates regte ihn dann jedoch zu einem weiteren eigenen Beitrag an. "Claudius Menecrates mahnt einen wichtigen Punkt an: Beständigkeit. Verzeih mir, dass ich dir diesen Punkt sozusagen entführe, denn du wolltest damit etwas anderes ausdrücken als ich," leitete er dann an eben jenen Claudius Menecrates gerichtet seine Worte ein, "aber wäre es nicht gerade ein Zeichen von Beständigkeit, alles so zu lassen wie es ist? Immerhin reden wir hier über Münzen, die den Menschen als Gegenwert für Arbeit und Waren dienen. Praktisch jede Änderung, die wir hier beschließen können, ändert in gewisser Weise auch den Wert dieser Münzen, und doch werden sie dem Namen nach denselben Wert behalten. Sicher, die Änderungen sind nur marginal und wirken sich erst durch die große Menge an Münzen für die Staatskasse aus, während der einzelne nicht ernsthaft reicher oder ärmer wird durch den Tausch einer Münze einer Legierung gegen eine der anderen Legierung. Aber trotzdem erscheint es mir nur dann ein Zeichen von besonderer Beständigkeit zu sein, wenn wir eben keine solche Änderung vornehmen, auch und gerade wenn sie in der Vergangenheit häufiger vorgekommen sind", führte er seinen Gedanken aus. "Hinzu kommt, dass der eine oder andere Bürger sicher fragen wird, wozu wir überhaupt eine Änderung diskutieren, wenn sie keine nennenswerten Auswirkungen hat. Wohlgemerkt, ich mache mir diese Argumentation nicht zueigen, denn ich finde es wichtig, dass der Senat auch über scheinbar unwichtige Dinge spricht, anstatt sie fernab der Öffentlichkeit zu entscheiden, aber trotzdem mag der eine oder anderen Bürger nicht zu Unrecht die Frage stellen, ob der Senat keine wichtigeren Änderungen zu beschließen hat als eine, die keine praktischen Auswirkungen hat. Sollte unser Kaiser eine eigene Entscheidung für die ihm unterstehenenden Prägeanstalten treffen, so würde ich daher empfehlen, dass wir als Senat dieser Entscheidung in jedem Fall folgen", schlug er dann noch vor, um die Diskussion nicht unnötig in die Länge zu ziehen.

    "Verstanden", kommentierte der Mann, denn mehr konnte er natürlich erst einmal nicht entscheiden. "Wir melden uns, wenn es Probleme gibt. Deine Grüße werde ich ausrichten. Vale." Damit war für ihn alles erledigt unds er wandte sich zum Gehen.

    "Nun, das ist natürlich keineswegs überraschend. Meinen Glückwunsch zu dieser Entscheidung!" kommentierte Macer die Bekanntgabe. "Welcher der Aufgabenbereiche der Vigintiviri interessiert dich denn besonders?" erkundigte er sich dann erst einmal, bevor er pauschal seine Unterstützung erklärte. Er nahm zwar nicht an, dass sein Gast irgendetwas Dummes sagen würde, aber ein bisschen Spannung konnte ja nicht schaden.

    Das Bild, welches sein Klient abgab, war tatsächlich ganz amüsant. Macer schüttelte daher gutmütig den Kopf. "Ach, über sowas würde ich mir an deiner Stelle keine Gedanken machen. Man kann sich immer mal missverstehen oder aneinander vorbeireden. Man ist nicht ganz wach und außerdem abgelenkt und schon hört man nicht genau hin, was der andere sagt. Was meinst du, wie oft sowas im Senat passiert? Mit der Zeit lernt man, über solche Situationen irgendwie hinweg zu reden, deshalb fällt das dann nicht mehr so auf, aber glaube mir, ich habe bei machen Sitzungen auch keinen blassen Schimmer, was der Kollege da vorne eigentlich sagen will und warum." Ganz so schlimm war es vielleicht nicht, aber es passiert oft genug, dass auch Macer solche Situationen kannte, in denen eine Antwort nur in sehr geringem Maße zum vorherigen Redebeitrag passte.

    "Da hast du Recht. Aber das Gute ist ja, dass wir beide das auch gar nicht alleine lösen müssen", stimmte Macer zu und setzte nun wieder ganz absichtlich eine optimistische Miene auf. "Wir haben auch so genug Arbeit vor uns. Du erstellst mir eine Übersicht in Sachen Adoptionen und dann sprechen wir darüber?"


    Macer machte eine kurze Pause, bis ihm plötzlich etwas einzufallen schien. "Und bald sind ja auch schon wieder Wahlen. Wir werden über Kandidaten und ihre Chancen sprechen müssen." Immerhin wollte der Tiberier etwas für seine erste Kandidatur lernen.

    Etwas unwillkürlich musste Macer bei einem plötzlichen Gedanken grinsen, was bei dem Thema nach außen aber wohl eher unpassend wirkte, weshalb er die Regung schnell wieder unterdrückte. Im Ergebnis sah das vermutlich noch seltsamer aus, aber das kümmerte Macer gerade wenig. "Nun, fast schade, dass eine Stadt nicht wie eine Legion funktioniert", brachte er seinen Gedanken lieber nach außen. "Da muss man die Jungs auch täglich beschäftigen, damit sie nicht auf dumme Gedanken kommen. Nur kann man eine Stadt eben nicht kurzerhand zum Übungsmarsch schicken oder ein paar Bäume fällen lassen. Und Haare und Bärte wachsen wohl nicht schnell genug, damit sich jeder als Barbier etwas verdienen kann", griff er dann das Beispiel auf. "Oder anders gesagt: In der Legion kann ich die Jungs zur Not auch mal was tun lassen, was keinen direkten Nutzen hat. Einen Tagelöhner bezahlt dafür niemand."

    Es dauerte wie angekündigt eine ganze Weile, bis Macer und ein anderer Mann aus dem Arbeitszimmer herauskamen und im lockeren Gespräch bis zum Eingang gingen. Dort verabschiedeten sie sich. Anschließend wurde Macer von seinem Sekretär rasch über den wartenden Besucher aufgeklärt, so dass Macer sich diesem dann zuwandte. "Salve. Du wolltest mich sprechen?"

    Die Frage seines Klienten irritierte Macer ein wenig, so dass er auch kurz mit dem Streicheln von Pontus inne hielt. "Seltsam? Inwiefern? Er scheint ein ambitionierter junger Mann zu sein, der über rhetorisches Talent verfügt. Etwas übereifrig ist er vielleicht, aber mir ist nichts aufgefallen, was mir seltsam erschiene", erzählte er dann von seinem Gespräch. "Hast du bei deiner Begegenung mit ihm andere Erfahrungen gemacht?" Selbst wenn sein Klient nicht explizit gefragt hätte, hätte Macer zusätzliche Informationen über seinen künftigen Tiro gerne genommen, aber jetzt war er erst Recht neugierig.