Beiträge von Spurius Purgitius Macer

    "Ruhetag heißt gar keine Aktivitäten?", erkundigte sich Macer. Vorstellen konnte er sich das nicht. "Wir legen Wert darauf, dass die Fahrer auch wenn sie keine Trainingsrunden drehen, trotzdem möglichst viele Tage zumindest etwas Zeit mit den Tieren verbringen. Die Pferde sollen sich an sie gewöhnen und auch die Fahrer sollen die Pferde möglichst gut kennen, um Veränderungen, die auf Schwächen hindeuten können, möglichst gut zu erkennen." Auch ein Pferd wurde schließlich nicht aus heiterem Himmel krank oder schwach, sondern sowas konnte sich zumindest andeuten.


    Dass Pythocles so unbekümmert fuhr und sich sogar die Spitze eroberte, überraschte Macer durchaus. Bisher hatte er den Fahrer der Aurata für schwächer gehalten, aber Kräfte konnten sich verschieben. Proteneas schien sich aber wenig Sorgen zu machen und verfiel nicht in wütende Gegenangriffe. Auch Macer machte das keine Sorgen, denn er kannte die Strategie seiner Fahrer in einem solchen Übungsrennen. Außerdem machte sich Amasis daran, den verlorgenen Platz zurückzuholen, was ein spannenderes Duell war und bald auch für den Roten von Erfolg gekrönt.


    "Ja, in der Tat, unsere Fahrer sind alle schon lange dabei. Bagoas wird nicht mehr allzu lange fahren", bestätigte Macer dann. "Wir schauen uns bereits nach Nachwuchs um. Hauptsächlich bei den Rennen in Rom, wo ja auch immer mal junge Fahrer eingeladen werden, die keiner Factio angehören. Ich scheue mich aber auch nicht, junge Fahrer zu nehmen, die noch keine Rennen in Rom haben. Mit dem richtigen Training werden sie alle früher oder später besser. Und billiger sind sie noch dazu. Aber gezielt suchen wir nur selten. Wir halten eher einfach unsere Augen offen und schlagen zu, wenn sich die Gelegenheit ergibt." Allerdings würde es bei der Russata tatsächlich dringender werden, wenn Bagoas aufhörte. Und je Schwächer die Neuzugünge, umso länger würde es dauern, bis die Russata wieder konkurrenzfähig wäre.


    Auf der Bahn verlor derweil Tanco auch den zweiten der Plätze, die er in Runde drei gewionnen hatte, wieder an seinen Factiokollegen. Mit Pythocles an der Spitze ging es also in die fünfte Runde, in der Proteneas vor Amasis und Sotion Jagd auf ihn machten. Die Schlusslichter bildeten wieder Tanco und Bagoas.

    Aus der knappen Antwort schloss Macer, dass seine Ausführungen zur Rivalität zwischen den Factiones wohl weniger hilfreich waren, als der Claudier erwartet hatte. Aber was er nicht wusste, konnte er eben auch nicht erklären. Statt das Thema weiter zu vertiefen, konzentrierte er sich erst einmal auf den Start, den seine Fahrer ganz ordentlich machten. Die beiden besten Fahrer setzten sich gleich an die Spitze und Bagoas bildete mal wieder das Schlusslicht, was zwar nicht schön, aber auch nicht überraschend war.


    Die zweite Runde verlief aus Macers Augen denn etwas weniger spektakulär, weil sich an der Reihenfolge fast nichts tat. Zwar versuchten alle Fahrer, ihre Position zu verbessern, aber Erfolge stellten sich erst einmal nicht ein. Daher konnte Macer sich wieder mehr dem Gespräch mit seinem Gast widmen. "Du meinst Rennen hier auf der Bahn? Das passiert sicher nicht täglich. Das wäre wohl zu anstrengend für Fahrer und Tiere und vor allem auch ein zu großes Verletzungsrisiko", konnte er immerhin erklären. "Aber natürlich haben die Fahrer trotzdem fast jeden Tag zu tun." Man gewann schließlich keine Rennen, wenn man nur alle paar Wochen auf einen Wagen kletterte. "Ui, nettes Manöver!" Dieser Kommentar galt wieder dem Geschehen auf der Bahn, wo Pythocles waghalsig und erfolgreich an Amasis vorbeizog.


    In der Reihenfolge Proteneas, Pythocles, Amasis, Sotion, Tanco und Bagoas ging es daher nach der zweiten Runde über die Linie.

    Der Besuch fiel also tatsächlich so kurz aus, wie angekündigt, aber tatsächlich hatten sich die Männer ja erst wenige Tage zuvor das letzte Mal gesehen. Auch in Rom passierte in der Zeit dazwischen nun nicht so viel, dass man dann gleich wieder Stunden miteinander sprechen könnte. "Ich wünsche dir viel Erfolg und danke für deinen Besuch. Ich bin mir sicher, wir werden uns demnächst noch häufiger sehen", antwortete Macer und deutete damit an, welchen Wahlausgang er erwartete. Dann erhob er sich zur Verabschiedung. "Vale."

    Zur Frage nach der Gegnerschaft war es nun Macer, der eine ahnungslose Geste machte. "Wie Fanfeindschaften nun einmal entstehen - plötzlich sind sie da. Ein als ungerecht empfundener Sieg, eine als unhöflich interpretierte Geste, Abneigung gegen die Farbe, oder irgendsowas bestimmt. Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nicht einmal, ob das schon immer so war, oder erst im Laufe der Zeit entstanden ist. Aber irgendeinen Gegner suchen sich die Anhänger ja sowieso aus", meinte er dann recht lapidar, denn er hatte bisher nicht viel Mühe darein investiert, die Befindlichkeiten der Anhänger der Roten zu studieren. Wenn die Fahrer gut fuhren waren sie zufrieden, ansonsten verständlicherweise nicht. Damit hatte Macer genug zu tun.


    Als die Bestätigung der Bereitschaft vorlag, gab er einem Helfer der Russata deutlich sichtbar einen Wink, damit dieser dafür sorgte, dass die Fahrer auf die Startpositionen gebracht wurden. Die Reihenfolge der Starter war wie üblich ausgelost worden, so dass nun nebeneinander Tanco von der Aurata, Amasis und Proteneas von der Russata, Sotion von der Aurata, Bagoas von der Russata und schließlich Pythocles von der Aurata an der Startlinie standen. Von dort gab es wieder ein deutliches Zeichen in Richtung Macer, dass für den Start alles bereit war. Diese machte eine einladende Geste ich Richtung des Claudiers. "Bitte, magst du das Rennen freigeben?"

    "Ja, das ist wohl wahr. Zumal beim Tod eines Kämpfers ja auch die Gelegenheit fehlt, beide später noch einmal gegeneinander antreten zu lassen um zu sehen, ob es dann anders ausgeht", stimmte Macer zu. Beim Wagenrennen bestand immerhin ein ganz erheblicher Teil der Spannung darin, dass immer wieder dieselben Factiones mit denselben Fahrern aufeinander trafen, aber längst nicht immer derselbe Sieger die Bahn verließ.

    Mit weiteren, eher belanglosen Themen ging der Abend dann langsam seinem Ende entgegen und es lag nicht in Macers Interesse, aus dem geselligen Abendessen eine Veranstaltung bis tief in die Nacht hinein zu machen. Immerhin hatten seine Gäste ja auch noch einen Heimweg vor sich, auch wenn es der Senator aus der Nachbarschaft nicht weit hatte.


    "Ich habe diesen Abend in angenehmster Gesellschaft verbracht und auch wenn ich diese gerne noch fortsetzen möchte, so scheint es mir doch an der Zeit sein, das Zusammenkommen zu beenden", nahm Macer daher wieder seine Aufgabe als Gastgeber wahr, auch wenn es immer eine schwierige Sache war, die Gäste höflich zum Ende zu dirigieren. Andererseits setzte er darauf, dass sich keiner der Männer ernstlich wehren würde.

    "Ja, das stimmt wohl; Decimus Livianus dürfte bekannter sein als du", stimmte Macer lächelnd zu. "Aber auch vor seiner Aufgabe in Germania hat er die Aurata eher bei repräsentativen Anlässen vertreten und weniger im Tagesgeschäft, oder?", fragte Macer dann nach, denn er meinte sich zu erinnern, eher selten mit Livianus am Rande der Rennbahn bei einem Übungsrennen gestanden zu haben.


    Dann fiel sein prüfender Blick in Richtung der eigenen Fahrer und Pferde und anschließend auch in Richtung des Lagers der Aurata. Dann wandte er sich wieder an Claudius Gallus. "Du sagst Bescheid, wenn ihr startklar seid? Bei uns ist alles soweit vorbereitet, wenn ich das richtig sehe."

    "Die Wagenrennen kannst du dann ja zu einem späteren Wahlkmapf machen. Etwas Abwechslung im Programm hat noch nie geschadet und zeigt deine Vielseitigkeit", sah Macer keinen Nachteil in den fehlenden Wagenrennen. Von Gladiatorenkämpfen wiederum hatte er so wenig Ahnung, dass er zwar die Cena Libera kannte, aber nicht einmal einen bekannten Schiedsrichter hätte benennen oder erkennen können. Dass tote Gladiatoren Geld kosteten, war ihm hingegen auch bewusst. "Ja, da wünsche ich dir Glück", stimmte er daher zu, was die unnötigen Todesfälle betraf. "Es ist ja auch ohne Tote spannend genug."

    Anscheinend hatte man also die Verwandtschaft nicht informiert, was Macer bedauerlich fand. Es erst spät und über Dritte zu erfahren, dass ein enger Verwandter zu den besonders geehrten Personen des Reiches gehörte, war sicher ein seltsames Gefühl. Aber Macer bleib lieber bei der positiven Seite der Gefühle. "Es ist auch zweifellos eine große Ehre und du bist zu Recht stolz auf ihn. Selbst wenn du noch keine eigenen vergleichbaren Leistungen vorweisen kannst, strahlt etwas von seinem Ruhm auch auf dich zurück. Lass dich von der damit verbundenen Verpflichtung nicht erdrücken", gab er dem jungen Mann dann noch als Rat mit, wobei er sich zu erinnern meinte, dass er ihm das ohnehin schon einmal gesagt hatte.

    "Erfreulich, dass es so gut läuft für dich. Ich habe bisher auch von keinem Kollegen Negatives über dich gehört", äußerte sich Macer erst einmal zur allgemeinen Lage des Wahlkampfes.


    Gladiatorenkämpfe konnten ihn persönlich eher weniger begeistern, da er bekanntlich eher zu den Anhängern des Wagenrennsports gehörte, aber das musste ja nicht heißen, dass die Idee keine gute wäre. "Für einen Wahlkampf zum Vigintivir ist das doch ein ordentliches Angebot", kommentierte er daher auch diese Information positiv. "Mal schauen, ob ich ein paar meiner Klienten dazu anstiften kann, dort fleißig zu jubeln."

    Da niemand mehr etwas sagte, schien ein Themenwechsel angeraten zu sein und Macer fiel als Gastgeber die Aufgabe zu, diesen einzuleiten. "Weißt du eigentlich, wie es eure Verwandtschaft aufgenommen hat, dass deinem Vater ein Platz im Ulpianum gewährt wurde?" erkundigte er sich. Genaugenommen hatte er nämlich keine Ahnung, in wie weit die Verwandtschaft und Nachkommen der Geehrten in den Prozess involviert waren und ob man sich die Mühe gemacht hatte, sie zu informieren oder sogar anzuhören.

    Wie üblich nach der Salutatio hatte sich Macer in sein Arbeitszimmer zurückgezogen, um die Termine des Vormittags wahrzunehmen, die vor allem aus vertraulichen Gesprächen mit verschiedenen Gästen bestanden. Unter anderem hatte sich für heute auch noch einmal Annaeus Florus angekündigt, um über seinen Wahlkampf zu sprechen. Pünktlich zur vereinbarten Zeit wurde er hereingeführt. "Salve Annaeus", grüßte Macer seinen Gast und lud ihn zum Sitzen ein. "Wie läuft der Wahlkampf?"

    "Auch das ist richtig", bestätigte Macer die Vermutung zu seiner Identität. "Die Freude ist ganz meinerseits. Ich gebe zu, dass mich eure Anfrage etwas überrascht hatte, denn Trainingsrennen mit der Aurata waren eher selten in der jüngeren und auch der weiteren Vergangenheit, aber gefreut hat sie uns trotzdem. Etwas Abwechslung bei der Wahl der Gegner kann die Erfahrung nur steigern, nicht wahr?" Vermutlich hatte die Aurata wohl ähnlich gedacht und genau deswegen bei der Russata gefragt, dachte sich zumindest Macer. Bei den Futterplänen war er dann jedoch überfragt, denn um solche Details kümmerten sich in der Russata andere als der Dominus persönlich. "Nun, zu Futterplänen kann ich dir nichts sagen, aber die Kollegen wissen sicher, was sie dir gefahrlos verraten können und was nicht. Von daher scheut euch nicht, Fragen zu stellen. Mehr, als sie nicht zu beantworten und euch für neugierig zu halten, wir schon nicht passieren", gab Macer daher zur Antwort. Im Gegenzug interessierten sich seine Leute ja auch immer für Neuerungen bei den anderen Factiones, da stand man sich gegenseitig wohl in nichts nach. "Du bist noch relativ neu bei der Aurata, oder? Ich habe deinen Namen zumindest bisher nicht im Zusammenhang mit eurer Factio in Erinnerung", erkundigte sich Macer dann, auch wenn sein schlechtes Gedächtnis kaum ein geeigneter Gradmesser war.

    Dass Macer kein großer Freund von Gladiatorenkämpfen war, sondern viel stärker dem Rennsport zugeneigt, war in Rom kein großes Geheimnis und so war es nicht verwunderlich, dass er weder zur Cena libera gegangen war, noch dass er sich die Pompa anschaute. Ob er zu den Kämpfen gehen würde, hatte er sich noch offen gehalten, da er noch nicht absehen konnte, ob angesichts des laufenden Wahlkampfes noch andere kurzfristige Termine dazwischen kamen. Wohl aber hatte er einigen seiner Klienten die Empfehlung gegeben, die Pompa nicht zu verpassen. Pflichtgemäß fanden sich daher am Straßenrand hier oder da kleine Gruppen von Zuschauern, die aber wohl nur der besonders geübte Beobachter als Klienten des Senators identifizieren konnte, da sie nicht anders aussahen als andere neugierige Zuschauer auch.


    Gewissermaßen erfüllten Macers Klienten mit ihrer Anwesenheit gleich zwei Zwecke auf einmal: Zum einen verhalf er dem Kandidaten damit zu ein bisschen zusätzlicher Aufmerksamkeit, wenn die Poma gut besucht war und zum anderen bekam er von seinen Klienten später einen Eindruck übermittelt, ob der Kandidat seine Sache gut gemacht hatte und die Veranstaltung sowie sein Verhalten dabei eines angehenden Magistraten würdig. Und ganz nebenbei musste Macers Klienten nicht einmal ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie lieber Gladiatoren guckten, als einer Arbeit nachzugehen. Eim Gewinn für alle Seiten also, und das bevor der erste Kampf überhaupt begonnen hatte.

    Macer folgte der Rede etwas aufmerksamer als anderen, da er dem Kandidaten ja seine Unterstützung versprochen hatte, sofern er dies durch seine Rede nicht unmöglich machte. Dies war in Macer Augen nicht der Fall, so dass er sich nach einer Weile, in denen er möglichen Fragestellern gerne den Vortritt ließ, zu einer kurzen Wortmeldung erhob. "Ich unterstütze die Kandidatur des Annaeus Florus Minor", teilte er sodann seinen Senatskollegen mit. "Ich habe seinen Vater gut gekannt und ich hatte in den letzten Wochen mehrfach Gelegenheit, ihn selbst näher kennenzulernen. Ich kann euch versichern, dass er die richtigen Schritte geht und seinem Vater ein würdiger Nachfolger sein wird, der es wert ist, dass man ihm seine Stimme gibt." Damit hatte Macer nun nicht nur sein Versprechen erfüllt, sondern auch seiner Überzeugung Ausdruck verliehen, denn tatsächlich freute er sich schon darauf, mehr Taten dieses Mannes zu erleben.

    "Dann hoffen wir mal für Rom, dass der Schatzmeister deiner Gens dir keinen Strich durch die Rechnung macht", antwortete Macer, der durchaus wusste, wie kostspielig ein Wahlkampf werden konnte. Andererseits erwartete von einem angehenden Vignitivir wohl kaum jemand, sich finanziell zu verausgaben. Das kam erst bei den späteren Ämtern. "Und natürlich bin ich dann auch gespannt, welche Überraschungen du noch mitbringen wirst."


    Damit schien das Thema erst einmal abgeschlossen und Macer griff wieder bei den Speisen zu, denn immerhin war dies hier auch ein Abendessen und Macer war noch nicht satt. Außerdem wollte er noch Gelegenheit zu weiteren Bemerkungen geben, bevor er gegebebenfalls das Thema wechselte.

    "Eine wesentlich auffälligere und auch gebräuchlichere Methode, durch Änderungen an den Münzen eine Botschaft zu transportieren, dürfte jedoch die Änderung der Motive sein", warf Macer mit einer erneuten Wortmeldung ein. "Einen Unterschied im Gewicht, in der Färbung des Materials oder in der Dicke der Münze wird wohl nur derjenige bemerken, der mehrere Münzen zum genauen Vergleich nebeneinander legt oder derjenigen, der täglich so viel mit Münzen zu tun hat, dass er sie mit verbundenen Augen erkennen kann. Auf wie viele Menschen im römischen Reich und darüber hinaus trifft das wohl zu?" fragte Macer und war dabei überzeugt, dass die resultierende Personenzahl nicht allzu groß wäre. "Wenn es also unser erklärtes Ziel sein sollte, eine klare Botschaft zu vermitteln, dann lautet mein Vorschlag, uns über Motive und Worte auf den Münzen Gedanken zu machen. Ich hatte jedoch den Vigintivir so verstanden, als wenn dieses explizite Ziel gar nicht im Fokus seines Vorschlags liegt", versuchte Macer die Debatte dann nicht unnötig in eine Richtung laufen zu lassen, in die sie seiner Wahrnehmung nach gar nicht gehen sollte. Aber vielleicht hatte er den Vigintivir auch nur falsch verstanden, was jener dann jedoch zweifellos selber klarstellen konnte.