Macer hatte sich mit einer Erwiderung auf Iulius Dives etwas Zeit gelassen, um auch noch weitere Meinungen hören zu können. Es schien sich eine Mehrheit herauszubilden, die eine vorherige Anmeldung befürwortete, aber Macer war noch immer nicht von den Argumenten überzeugt. Das lag vor allem daran, dass er offensichtlich noch ein anderes Verständnis davon hatte, in welchem Verhalten letztlich eine strafwürdige Gesetzwiderigkeit lag. Er ließ sich daher noch einmal das Wort erteilen, um genau das darzulegen.
"Ich denke, sowohl Senator Iulius als auch Senator Aurelius sprechen wichtige Aspekte an, die ich jedoch etwas anderes betrachten möchte, als sie bisher dargelegt wurden", eröffnete er seinen Beitrag. "Ich würde dazu gerne noch einmal einen Schritt zurück gehen und betonen, wozu es überhaupt einer Regelung zur Spendenhöhe bedarf. Es geht darum, dass Spenden in allzu großer Höhe und Regelmäßigkeit dazu geeignet sein können, Geschäftsleuten ihre Geschäftsgrundlage zu zerstören. Es geht also keineswegs darum, dass eine einzelne Spende per se eine Straftat darstellen kann. Selbst wenn sie sehr hoch ist, tut sie das nicht zwangsläufig, sondern erst, wenn die Aedile zu der Ansicht kommen, dass sie dazu geeignet ist, Geschäfte zu schädigen. Bei kleinen Spenden sind wir uns bereits hier einig, dass sie völlig unproblematisch sind und daher keiner Genehmigung bedürfen. Mithin scheinen wir uns einig zu sein, dass eine einzelne kleine Spende oder einige wenige kleine Spenden per se keine Straftat darstellen", fasste er erst einmal zusammen, was seiner Meinung nach Konsens war. "Aber wieso sollten wir dann eine Regelung einführen, aufgrund derer man sich mit einer solchen Spende eben doch strafbar machen kann? Dass es derzeit schon eine solche Regel gibt und wir sie abschaffen wollen, ist doch überhaupt erst Ausgangspunkt der Debatte! Wenn ich heute eine Kiste mit 100 Laib Brot vor meine Tür stelle und sie ist binnen 14 Tagen leer, dann ist es legal. Wird sie erst am 15ten Tag geleert, bin ich ein Straftäter! Das ist offensichtlich kein optimales Gesetz. Aber denken wir weiter: Ich sage meinem Sklaven 'Bringe diese Wachstafel zum Aedil und stelle dann die Kiste vor die Tür' und es ist legal. Sage ich jedoch 'Stelle diese Kiste vor die Tür und bringe dann die Tafel zum Aedil', dann bin ich ein Straftäter oder soll Gebühren bezahlen? Das scheint mir keine Verbesserung zu sein", versuchte er es wieder einmal mit einem plakativen Beispiel. "Und tatsächlich ist es ja so, dass 100 Laib Brot erst einmal kein Problem darstellen. Sie stellen erst dann ein Problem dar, wenn ich dies täglich oder wöchentlich tue. Dann erreiche ich im Laufe der Zeit eine Gesamtsumme, mit der jede weitere Spende von den Aedilen überprüft und genehmigt werden muss. Aber um dies festzustellen, reicht es völlig, wenn die Aedile nachträglich informiert werden. Bleiben wir bei der hier bereits genannten Höhe von 2000 Sesterzen, dann ist in meinem Beispiel die 21ste Spende die entscheidende. Diese muss ich vorab zur Genehmigung vorlegen. Und zu diesem Zeitpunkt müssen den Aedilen alle vorherigen Spenden bekannt sein. Versäume ich das, dann bin ich tatsächlich ein Straftäter." Macer machte eine kurze Pause und blickte sich um in der Höffnung, dass ihm zumindest einige Senatoren noch folgen konnten.
"Nun hat Iulius Dives völlig zurecht gefragt, wie mich der Aedil denn diesbezüglich überprüfen soll. Was ist, wenn ich tatsächlich jedesmal 101 Laibe Brot gespendet habe und deshalb schon die 20ste Spende hätte anmelden müssen? Nun, ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Ich weiß nur folgendes: Erstens kommt es meines Erachtens bei einem Spender, der Brot im Wert von über 2000 Sesterzen spendet, nicht darauf an, ob er diese Woche oder erst nächste Woche überprüft wird. Bei dieser Höhe machen 20 oder 100 nicht oder falsch angemeldet Laibe Brot einfach keinen nennenswerten Unterschied. Ich wage ernstlich zu bezweifeln, dass wir in Zukunft eine Fülle von Spenden sehen werden, die offiziell exakt am jeweiligen Limit liegen, während die Spender tatsächlich versuchen, es unbemerkt möglicht weit zu überschreiten. Zweitens sollte ein Aedil, der seine Arbeit mit der Kontrolle der Märkte ernst nimmt, eine halbwegs regelmäßige öffentliche Spendenaktion ohnehin bemerken und stichprobenartig kontrollieren - egal ob er sie bemerkt, bevor sie gesetzeskonform nachgemeldet wird oder ob er ihre Regelmäßigkeit durch die vorherigen Meldungen bemerkt. Ich erwarte von einem pflichtbewussten Aedil schlicht und einfach, dass er im Falle der eben geschilderten Brotspenden spätestens bei der zehnten Spende zur Kontrolle vorbeischaut. Ob er dabei den Verdacht hegt, ich würde die Spenden nicht in der richtigen Höhe anmelden oder nicht ist mir dabei recht egal. Denn gehen wir zurück zum Ausgangspunkt: Es geht darum, dass Spenden in allzu großer Höhe und Regelmäßigkeit dazu geeignet sein können, Geschäftsleuten ihre Geschäftsgrundlage zu zerstören. Das Gesetz sollte dafür ein Bewusstsein schaffen und den Aedilen die Überwachung erleichtern. Aber es kann ihnen die Überwachung nicht abnehmen und es sollte niemanden auch nur in die Nähe einer Straftat rücken, der in der Höhe und Häufigkeit maßvoll bleibt."