Beiträge von Spurius Purgitius Macer

    Es war schon lange her, dass Macer zuletzt zu einer Cena auf dem Palatin zu Gast gewesen war, so dass er durchaus ein wenig aufgeregt war, als er sich bei der Palastwache anmelden ließ, um zu eben jener Cena vorgelassen zu werden. Da er noch nicht wieder verheiratet war, kam er nicht in Begleitung seiner Frau und auch seine kleine Tochter hatte er zu Hause gelassen in der Obhut ihrer Amme. Nur sein Privatsekreätr begleitete ihn und natürlich Träger für seine Sänfte, die er wie immer bei solchen Anlässen beim Sklavenvermieter in seinem Wohnviertel ausgeliehen hatte.

    Macer hatte zwar keine Frage, ließ sich aber trotzdem für einen kurzen Beitrag das Wort erteilen. "Ich unterstütze die Kandidatur des Annaeus Modestus und bin mir sicher, dass er seine gesundheitliche Lage zutreffend einschätzt. Ich hatte die Freude, recht kurz nach seiner Rückkehr nach Rom mit ihm zu sprechen und kann versichern, dass er seitdem eher noch vitaler geworden ist denn geschwächt durch die Stadt und die Mühen seines öffentlichen Engagements", sprach er dem Kandidaten sein Vertrauen aus, was wohl kaum verwunderlich war, war dieser doch sein Klient.

    Erfreut stellte Macer fest, dass sein keineswegs vollständig ausgearbeiteter Vorschlag auf Gegenliebe stieß. Da machte die Diskussion gleich noch einmal so viel Freude, als er sich wieder zu Wort meldete. "Dem Argument des Verfahrenstourismus muss ich stattgeben, ebenso den Bedenken wegen der Bevorzugung reicher Kläger. Trotzdem würde ich eine gewisse Differenzierung vorsehen, um einerseits die Rechte römischer Bürger nicht unnötig zu schmälern und andererseits der ohnehin bestehenden Praxis gerecht zu werden und keine unnötigen Hürden zu errichten. So denke ich, dass bei Streitigkeiten zwischen Peregrini vor einem Iudicium Privatum jeder frei Mann als Iudex zulässig sein sollte, der vom Statthalter dazu bestimmt wird. Denn warum sollte er gezwungen sein, einen vor Ort wenig bekannten Senator zu bestimmen oder selber zu Gericht zu sitzen, wenn ein von beiden Streitparteien geachteter Mann zur Verfügung stünde, selbst wenn dieser ebenfalls Peregrinus ist?", begann er mit dem einen Extrem der möglichen Spannweite. "Auf der anderen Seite sehe ich schon den Bedarf größtmöglicher Nähe zu Rom, wenn es vor einem Iuridicium Publicum um ein Schwerverbrechen geht, bei dem einem Römer die Todesstrafe droht. Ich denke, in einem solchen Fall sollte darauf bestanden werden, dass alle drei Iudices Senatoren sind und wenn dies in einer Provinz nicht möglich ist, das Verfahren eben nach Rom abgegeben werden muss", führte er dann das andere Extrem aus.


    Er machte eine kurzer Pause und wandte sich dann von den grundsätzlichen Überlegungen wieder der Umsetzung zu. "Dass die Verlegung des Verfahrens nach Rom über eine Appellatio an den Imperator Caesar Augustus erreicht werden kann, ist ein guter Einwand. So bedarf es meines Erachtens keiner weiteren Regelung, um dies zu ermöglichen. Ebenso denke ich, dass es keiner weiteren Regelung bedarf, damit ein Gericht einen Fall nach Rom verweisen kann, denn wenn ich mich richtig erinnere, kann ein Gericht sich schon jetzt jederzeit für nicht zuständig erklären", zählte er dann auf, auch wenn er sich auf diese Punkte nicht explizit vorbereitet hatte und daher nicht gänzlich sicher war, ob es hier wirklich nichts weiter zu regeln gab. "Bliebe also womöglich nur gegenüber jetzt zu präzisieren, dass der Iudex Prior eines Iudicium Privatum im Falle von Verfahren mit Beteiligung römischer Bürger in jedem Fall ebenfalls römische Bürger und nach Möglichkeit Senator oder Decurio sein muss, während ein Iudicium Publicum in derselben Situation auf jeden Fall mit Senatoren zu besetzen ist. Und für Fälle zwischen Peregrini soll dann gelten, dass alle Iudices freie Männer sein müssen. Oder auch frei geboren?" endete er mit einer Frage in die Runde, denn auch darüber hatte er vor dieser Sitzung nicht nachgedacht.

    Da in einer früheren Debatte bereits angekündigt worden war, dass Annaeus Modestus einen Entwurf für die Rechtssprechung in den Provinzen ausarbeiten sollte, hatte Macer sich auf dieses Thema ein wenig vorbereiten können. So kam es, dass er anders als normalerweise bei rechtlichen Themen recht schnell das Wort ergriff.


    "Ist es tatsächlich notwendig, eine zusätzliche Instanz einzuführen, wenn auch noch in einem anderen Paragraphen eine geografische Einschränkung vorgenommen werden muss?", fragte er als Erwiderung auf den Vorschlag und anders als bei vielen anderen Reden war es keine rhetorische Frage. "Wenn wir im Gesetz ohnehin differenzieren nach den Regularien für Italia und jenen für die Provinzen, ist es dann nicht einfacher, dies innerhalb der Definition der bestehenden Instanzen zu tun? So umgehen wir immerhin das Problem, dass wir an allen anderen Stellen, die auf die bisherigen Instanzen verweisen, nacharbeiten müssen, um die zusätzliche Instanz einzuführen und jedesmal die geografische Zuständigkeit benennen", führte er dann die Schwierigkeit aus, die er sah. Allerdings hatte er auch schon den Alternativvorschlag etwas weiter durchdacht. "Ich kann mir daher vorstellen, dass wir es uns einfacher machen, indem wir die Definition der beiden bisherigen Instanzen entsprechend ändern. Also beim Iudicium Privatum in etwa wie folgt: 'Dem Iudicium Privatum sitzt ein einzelner Iudex vor. In Rom und Italia wird der Iudex bei Fällen zwischen römischen Bürgern vom Praetor Urbanus bestimmt; bei solchen mit Beteiligung von Peregrini vom Praetor Peregrinus. In den Provinzen wird der Iudex in allen Fällen vom Statthalter bestimmt.' Analog dann für das Iudicium Publicum. Zu überlegen wäre dort, ob wir generell die Notwendigkeit des senatorischen Standes für Iudices in den Provinzen aufheben, oder ob uns die dazu ohnehin bereits gesetzlich erlaubte Ausnahme reicht", führte er diesen Vorschlag dann weiter aus.


    Anschließend machte er eine kurze Pause, bevor er einen weiteren Gedanken einbrachte. "Sofern wir die Zuständigkeit noch genauer definieren wollen - und mein Eindruck aus der Debatte von neulich war, dass dies durchaus in unser aller Interesse ist - können wir vielleicht noch festhalten, dass ein Iudicium Privatum oder Publicum einer Provinz nur zuständig sein kann, wenn Kläger oder Beklagter in der Provinz wohnen oder der Ort der Tat dort liegt. Damit würden wir die Provinzgerichte entlasten, ohne wie in der damaligen Diskussion um den Gerichtsstand allzu enge Vorgaben zu machen. Ferner denke ich, dass wir die gute Tradition wahren sollten, dass ein römischer Bürger in jedem Fall das Recht hat, seine Sache vor einen Praetor in Rom zu bringen. Das würde also heißen, die Zuständigkeit der Gerichte in Rom nicht einzuschränken. Wer sich die Mühe macht, nach Rom zu reisen, der sollte auch gehört werden, finde ich. Außerdem ist damit sichergestellt, dass es immer ein zuständiges Gericht gibt, auch wenn sich sämtliche Provinzen für nicht zuständig halten sollten."

    "Ich habe mich nicht an der Diskussion beteiligt und gegen das Gesetz gestimmt, da die Abwesenheit von Personen aus dem öffentlichen Leben, die hier mehrfach als Anlass des Gesetzes genannt wurde, schlicht keine öffentliche Sache ist", meldete sich auch Macer kurz zu Wort, nachdem um Wortmeldung jener gebeten wurde, die gegen das Gesetz gestimmt haben. "Es ist Privstsache eines jeden, wohin er geht und mit wem er kommuniziert. Ich habe in der Diskussion kein Argument gehört, warum es diesbezüglich gesetzlicher Vorgaben oder Konsequenzen bedarf. Jegliche gesetzliche Regelung dazu ist daher in meinen Augen überflüssig", teilte er seine Meinung mit und nahm wieder Platz in der Hoffnung, dass sich der Senat bald wieder relevanten Themen zuwenden würde.

    Macer hörte sich die Gegenrede an, nickte zuweilen und schüttelte manchmal den Kopf. Da man ihn anschließend gespannt anschaute, antwortete er auch sogleich. "Ich kann mich den Worten des Consulars Duccius nicht gänzlich anschließen, denn ich halte es für unnötig kunstvoll, eine Regelung zu kodifizieren, die gleich eine Ausnahme mit sich bringt und zudem auf andere Fälle von vorne herein nicht anwendbar sein soll. Noch dazu, wenn die Regelung selber unpräzise ist", begann er dann und machte klar, dass er noch nicht zufrieden war.


    "Was steht jetzt dort geschrieben? Die Civitas des Beklagten soll Gerichtsstand sein. Das heißt, wenn ein Händler aus Africa ein Schiff entsendet nach Ostia, um dort in seinem Namen Waren zu verkaufen und einer der Käufer fühlt sich betrogen, so ist der Gerichtsstand die Civitas in Africa, in der der Händler wohnt? Nun, das finde ich unpraktisch und dem Geschädigten gegenüber ungerecht, aber belassen wir es erst einmal dabei. Weiter lesen wir, dass in außergewöhnlichen Fällen der Gerichtsstand durch die in der jeweiligen Provinz zustänsige Instanz verlegt werden kann. In welcher Provinz? In Africa? Welches Interesse sollte der Statthalter dort daran haben, den Gerichtsstand zu verlegen? Und wohin kann er ihn überhaupt verlegen? Vermutlich ja nur innerhalb der Provinz, nicht wahr? Damit wäre dem Kläger aus Ostia nicht geholfen. Und schließlich stellt sich die Frage, wozu dient diese ganze Regelung überhaupt? Um zu verhindern, dass ein fauler Statthalter seine Hauptstadt nicht verlässt und auf Gerichtsreisen verzichtet? Nun, genau das lässt das Gesetz aber doch zu, indem er jeden Fall zu einem außerordentlichen erklären kann, um ihn in der Hauptstadt zu verhandeln. Dem Kläger nützt es nicht, wenn er lange Reisen auf sich nehmen muss. Ganz zu schweigen von jenen, die Opfer mehrerer Täter wurden, die in verschiedenen Civitates wohnen. Wo reicht er dann Klage ein? Und wird ein kluger Statthalter dann nicht ohnehin die Prozesse zusammenlegen, um gegen alle Beteiligten gleichzeitig an einem Ort zu verhandeln?", stellte Macer eine Menge Fragen, von denen er einige auch gleich beantwortete.


    "Ich komme daher zu dem Schluss, dass die Regelung eines Gerichtsstandes in dieser Form keinerlei Vorteile bringt. Wenn ich ehrlich bin, muss ich mich fragen, was die Regelung eines Gerichtsstandes überhaupt bringt. Reicht es denn wirklich nicht, wenn wir sagen, dass Klage am permanenten oder temporären Sitz des zuständigen Gerichts erhoben werden muss und dass das Gericht den Verhandlungsort festsetzt? Eventuell ergänzt um den Zusatz, dass dazu nach Möglichkeit der Ort der Tat oder der Wohnort des Klägeres zu wählen ist. Aber den Wohnort des Beklagten zum Gerichtsstand zu machen lehne ich ab", fasste er dann seine Meinung zusammen, die sich im Fazot gegenüber seiner letzten Wortmeldung nicht geändert hatte.

    Auch Macer erhob sich von seinem Platz, um das Wort zu ergreifen, denn er glaubte, in den Worten seines Vorredners eine gute Vorlage für einen Einwurf entdeckt zu haben.


    "Gehen nicht beide Vorschläge ein wenig an der Praxis beziehungsweise geltendem Recht vorbei?", fragte er in die Runde. "Senator Annaeus befürchtete gerade, dass es einen Eingriff in die Rechte des Imperator Caesar Augustus darstellt, wenn der Praetor Prozesse an sich ziehen kann. Wäre es nicht viel mehr ein Eingriff in die Rechte des Imperator Caesar Augustus, wenn durch eine Festlegung des Gerichtsstandes - egal ob auf den Wohnort des Beklagten oder den Ort der Klage - ihm diktiert wird, wohin er zu reisen hat? Oder würden wir nicht uns selber vor riesige Probleme stellen, wenn es um eine Klage geht, die vor dem Senat verhandelt werden soll, wie es der Codex Iuridicialis ja explizit zulässt?", präzisierte er dann seine Frage und ließ den Senatskollegen eine kurze Zeit zum Nachdenken.


    "Ich glaube, es ist klar, dass der Senat wegen einer Klage gegen einen von ihm eingesetzen Magistraten wohl kaum geschlossen Rom verlassen wird, um an welchen Ort auch immer zu reisen, um dort eine Verhandlung durchzuführen. Und noch viel mehr gilt dies zweifellos für den Imperator Caesar Augustus, der wohl kaum wegen jeder Klage Rom verlassen kann, noch eine Reise oder gar einen Feldzug unterbrechen wird, um an den Ort einer Verhandlung zu reisen. Nein, ich denke, Gerichtsstand ist in allen diesen Fällen ganz einfach der Ort, an dem das zuständige Gericht die Klage annimmt oder den es für die Verhandlung benennt. Und was für diese Iudicia Extraordinaria gut ist, sollte für die anderen ja nicht schlecht sein. Denn auch hier möchte ich auf die Ausführungen meines Vorredners zurückgreifen, der ja bereits die gängige Praxis in den Provinzen darlegte: Der Statthalter führt regelmäßige Rundreisen durch und benennt dabei Orte, an denen er Gerichtstage abzuhalten gedenkt. Wer Klage einreichen möchte, reist zu einem dieser Orte. Mithin ist es also auch dort bereits so, dass Gerichtsstand jener Ort ist, an dem der Statthalter die Klage entgegennimmt und verhandelt. Ich schlage daher vor, den besagten Passus so zu ändern, dass sich der Gerichtsstand aus der Zuständigkeit des Gerichts ergibt beziehungsweise von diesem festgesetzt werden kann", fasste er dann seinen Vorschlag zusammen.

    "Ich möchte Senator Annaeus in soweit zustimmen und unterstützen, dass ein Gesetz nur so gut ist, wie die Kontrolle seiner Einhaltung", meldete sich nun auch Macer zu Wort, denn Marktthemen interessierten ihn seit seinem eigenen Aedilat fast immer in besonderem Maße. "Von daher ist es sehr betrüblich zu hören, dass es offenbar Städte gibt, die sich nicht an die Lex Mercatus halten. Wie Senator Aurelius würde auch mich hier die Nennung von Namen interessieren, denn dies hat meines Erachtens nichts mit Anprangerung zu tun, sondern es ist ein gutes Recht und auch die Pflicht eines Römers, sich um die Einhaltung der Gesetze zu bemühen. Wie Senator Annaeus sagte, gibt es niemanden, der ausdrücklich für genau diesen Passus der Lex Mercatus als zuständig ausgewiesen wird, aber umso mehr bedeutet dies doch, dass jeder von uns, der einen Verstoß entdeckt, diesen an der zuständigen Stelle zur Anzeigen bringen kann und sollte."


    Natürlich war Macer nicht entgangen, dass gerade die Frage der Zuständigkeit in der Argumentation seines Klienten eine wichtige Rolle spielte, so dass er diesen Punkt nach einer Gedankenpause noch weiter behandelte. "Wer nun der jeweils Zuständige ist, ergibt sich meines Erachtens vollständig aus dem, was bisher geregelt ist und bedarf keiner weiteren Präzisierung unter Nennung von Provinzstatthaltern oder Consuln. Denn immerhin reden wir hier davon, dass der Staat gegen ein Gesetz verstößt, mithin also ein von der Provinz oder der Stadt bestellter Beamter, einer seiner Gehilfen oder ein sonstiger Amtsträger. Und gegen all jene kann man auf Verletzung ihrer Amtspflichten klagen und sie einer Rechtsbeugung bezichtigen, wenn sie den gesetzlich festgelegten Rahmen zu großzügig auslegen", führte er weiter aus und ärgerte sich einmal mehr über sein schlechtes Gedächtnis, wegen dem er nicht gleich den passenden Paragraphen zitieren konnte, was seinen Ausführungen sicher noch mehr Nachdruck verliehen hätte.

    "Ich möchte meinen beiden Vorrednern in der grundsätzlichen Zielsetzung ihrer Reden zustimmen", meldete sich Macer zu Wort und tat dies natürlich insbesondere auch als Unterstützung für seinen Klienten Annaeus Modestus. "Ferner stimme ich insbesondere Senator Annaeus Modestus zu, dass eine einheitliche Richtlinie oder eine automatische Auszeichnung eher ungeeignet sind. Erstere könnte wohl kaum allen Einzelfällen und eben insbesondere auch kaum im vorhinein den außergewöhnlichen Leistungen gerecht werden, denn es ist eben das Wesen einer außergewöhnlichen Amtsführung, dass sie über das Bekannte und in Regeln gefasste hinaus geht. Die automatische Auszeichnungen hingegen wurden aus gutem Grund abgeschafft, denn letztlich stellen sie so keinen Wert dar, wenn jeder dasselbe bekommt. Sie wiederholen somit nur das, was ohnehin schon bekannt ist, nämlich welche Männer eine Magistratur bekleidet haben. Eine besondere Darstellung besonderer Leistungen erfolgt auf diesem Wege nicht", stimmte er zunächst wortreich zu, dass man zwei der Vorschläge gleich aussortieren konnte.


    "Zu den anderen Vorschlägen möchte ich jedoch noch eine weitere Vereinfachung des Verfahrens anregen", kam er dann zu dem Punkt, wegen dem er sich überhaupt zu Wort gemeldet hatte. "Warum sollten speziell die Consuln einen Vorschlag einbringen? Wir sprechen doch hier davon, dass gewesene Magistrate auf Beschluss des Senates ausgezeichnet werden sollen, nicht wahr? Wer kann Vorschläge zum Beschluss im Senat einbringen? Jeder Senator! Also sieht das Verfahren meines Erachtens am einfachsten so aus, dass jeder Senator jederzeit einen Vorschlag einbringen kann, wen er auszeichnen möchte. Da anzunehmen ist, dass sich diese Vorschläge kurz nach Ende der Amtszeiten häufen, werden die jeweiligen Consuln zweifellos geschickt genug sein, derartige Debatten an einem Tag zu bündeln, was dann automatisch dazu führt, dass für alle dann diskutierten Auszeichnungen ähnliche Kriterien gelten, womit der von Senator Tiberius zu Recht vorgebrachte Aspekt der Willkür in meinen Augen hinreichend angegangen wäre", führte er dann seinen Vorschlag aus. "Sollte es jedoch tatsächlich so sein, dass der Senat einen gewesenen Magistrat nicht im entferntesten für würdig befindet, ausgezeichnet zu werden, so dürfte man wohl auch annehmen, dass in einem solchen Fall selbst die Consuln keinen Vorschlag machen würden", kam er dann noch einmal auf den Vorschlag von Annaeus Modestus zurück.

    Insgeheim hatte Macer befürchtet, dass der Kläger so antworten würde, denn es bedeutete deutlich mehr Arbeit für Macer beziehungsweise zumindest potenziell eine längere Sitzung. Bei einer anderen Feststellung hätte er sich wesentlich schneller aus der Affäre ziehen können. Nun sah er sich aber genötigt, zu einer längeren Antwort anzusetzen.


    "Dann muss ich dich bitten, mir noch einige Punkte darzulegen", begann er daher und wollte natürlich auf eine ausführliche Begründung für diesen Wunsch nicht verzichten. "Bisher liegt es im Ermessen des jeweiligen Aedils, ob er die gesetzlichen Voraussetzung für die Zulassung eines Betriebes für erfüllt hält. Er hat dazu die von dir zitierten Kommentare und Urteile als Anhalt, aber diese haben unterschiedlichen Charakter. Ein Gesetzeskommentar ist ein Leitfaden, aber auch wenn er von sehr kundiger Seite geschrieben wurde, hat er keinerlei verbindlichen Charakter. Im von dir zitierte Urteil wiederum legt der urteilende Praetor fest, dass eine Bäckerei kein landwirtschaftlicher Betrieb ist. Dies ist jedoch nur ein Teil der gesetzlich festgelegten Kriterien und zudem hat sich die Situation gegenüber damals geändert, wie du eben darlegtest. Das heißt, wir sind wieder in der Situation, dass die Entscheidung der Aedile, die sich zweifellos am bisherigen Usus orientieren, die bisher höchste Instanz ist", legte er erst einmal die Ausgangslage aus seiner Sicht dar. Dann kam er zum für ihn entscheidenen Punkt. "Gegen die Entscheidung der Aedil kann vor dem Praetor geklagt werden, gegen meine Entscheidung in dieser Feststellungsklage muss die nächsthöhere Instanz angerufen werden. Ich muss daher an mein Urteil höhere Ansprüche stellen, da es eine weitreichendere Wirkung und höhere Hürden für eine Anfechtung hat als die Einzelfallentscheidung eines Aedils. Dies wiederum bedeutet, dass ich die Entscheidung sehr sorgfältig treffen möchte. Leider lässt das Gesetz einen gewissen Interpretationsspielraum und ich möchte dich daher bitten, mir darzulegen, wieso die Tatsachen nur so sein können, wie von dir dargelegt."


    Da er annahm, dass seine Worte vielleicht noch etwas abstrakt sein könnten, schloss er nach einer kurzen Pause noch einige Hinweise auf seine konkreten Zweifel an. "Das geltende Gesetz spricht bei den zulässigen Betrieben von jenen, welche der Produktion landwirtschaftlicher Güter und deren Weiterverarbeitung dienen. Dies kann man so interpretieren, dass ein Betrieb beides leisten muss oder aber nur eines von beiden bereits ausreicht. Ferner kann man es so interpretieren, dass ein zulässiger Betrieb ausschließlich dies tun darf, oder unter anderem dies. Solange nicht einwandfrei feststeht, welche Interpretation die einzig korrekte ist, kann die allgemeine Feststellung meines Erachtens nicht getroffen werden."


    Zweifellos waren dieser Ausführungen ein Hinweis an den Senat, an dieser Stelle im Gesetz nachzubessern, aber es war vor allem erst einmal eine Aufforderung an den Kläger, zu diesen Punkten Stellung zu beziehen und seine Interpretation des Gesetzes vorzutragen.

    Macer hatte nicht unbedingt damit gerechnet, dass hier so schnell Nägel mit Köpfen gemacht wurden, aber wenn der junge Pompeius hier gleich so freudig zusagte, wollte er sich sicher nicht wehren. Wenn er zögerte und wartete, würden seine Gäste womöglich eines Tages noch herausbekommen, dass Macer noch andere Klienten hatte, die auch auf den Ritterring warteten und dass ein Consular als Patron keineswegs eine Garantie für schnellen Erfolg war. "Es ist mir eine Freude, dein Patron sein zu dürfen", antwortete er daher mit freundlichem Lächeln und festem Blick. "Und du brauchst auch keine rituelle Formel aufsagen und auch keinen Vertrag zu unterzeichnen. Ist ja schließlich ein Patronat und kein Handel oder eine Sklavenfreilassung. Und ich hoffe, dass du nicht allzu bald schon einen zweiten Patron brauchst", kommentierte er dann noch die letzte Bemerkung mit einem Augenzwinkern. "Aber wenn du dich benimmst, sollte das zumindest von meiner Seite aus kein Problem sein. Ich werfe ziemlich selten Klienten raus", versprach er dann noch.


    Der nächste Gang war inzwischen längst aufgetischt worden und Macer nahm nun bewusst einen etwas größeren Happen, damit auch seine Gäste über das gute Gespräch nicht das Essen und Trinken vergaßen.

    "Ja, es wäre nach vielen Jahren die erste Naumachie in Rom", bestätigte Macer die Vermutung seines Klienten. "Und genau auf solche Kontakte hatte ich gehofft. Ob es jetzt genau dieser Ludus ist, der hilft, ist ja noch eine ganz andere Frage, aber du kennst zumindest ein paar Leute, die selber vielleicht wieder ein paar Leute kennen", führte er dann aus, warum er Helvetius Varus in dieser Angelegenheit weiterempfohlen hatte. "Senator Annaeus Modestus wird sich bei dir melden, wenn er mit seiner Planung soweit ist. Er ist erst kürzlich wieder nach Rom zurückgekehrt. Ich weiß nicht, wie schnell er seine Pläne nun vorantreiben kann", beantwortete er dann auch die letzte Frage.

    Macer folgte den Ausführungen des Klägers schweigend und machte sich hin und wieder knappe Notizen zum Gesagten. Wenig ließ darauf schließen, was er von den vorgetragenen Argumenten hielt und wie er sie zu würdigen gedachte. Erst ganz gegen Ende des Vortrags legte sich seine Stirn sichtbar in Falten und er warf einen prüfenden Blick auf seine Notizen.


    Am Ende des Vortrags gönnte er sich einen Augenblick des Nachdenkens, bevor er in den Saal blickte. In Richtung der Zwischenrufer gab es einen bösen Blick, der verdeutlichen sollte, dass er sich Zurückhaltung im Saal wünschte. Dann wandte er sich an den Kläger. "Ich danke für den Vortrag. Ich möchte dich jedoch noch einmal bitten genau zu präzisieren, wie die Feststellung lauten soll, die das Gericht treffen soll. Deine eben vorgetragenen Worte lauteten darauf, dass festgestellt werden solle, dass eine Bäckerei landwirtschafte Produkte verarbeitet. Anschließend trugst du eine Schlußfolgerung vor, die du daraus ziehst. Ist diese Schlussvolgerung Teil der eingeklagten Feststellung?" Für Macer schien das zumindest einen wichtigen Unterschied zu machen.

    "Danke der Nachfrage, auch bei mir ist alles zu meiner Zufriedenheit", tauschte Macer die üblichen Floskeln mit aus, bevor er sich das wenig überraschende Anliegen anhörte. "Wir bleiben an der Sache dran. Das Ziel ist nicht unerreichbar, aber vieles geht langsam, auch in diesen Tagen. Aber ich setze mich weiter für dich ein. Vielleicht ergibt sich bald auch die Gelegenheit, einen weiteren Fürsprecher für dich zu gewinnen", eröffnete er seinem Klienten dann. "Senator Annaeus Modestus plant die Durchführung einer Naumachie und könnte noch tatkräftige Unterstützung gebrauchen. Ich erwähnte ihm gegenüber deinen Namen und dass du daran gedacht hast, dich mit der Aufsicht über die Gladiatorenschulen zu befassen. Er wird also möglicherweise auf dich zukommen und um deine Hilfe bitten. Wenn du deine Sache gut machst, wird er dein Anliegen zweifellos unterstützen", skizzierte er dann die gegenseitige Hilfe, die sich ergeben könnte und schaute seinen Klienten abwartend an.

    "Das werde ich tun", versprach Macer hinsichtlich des Kontakts mit seinem Klienten und erhob sich dann später ebenfalls zur Verabschiedung. "Die Freude war ganz meinerseits. Sicher bleiben wir in Verbindung." Er geleitete seinen Klienten noch aus dem Raum und ging dabei langsam, um ihn nicht angesichts seiner offensichtlichen Schwierigkeiten bei der Fortbewegung in Verlegenheit zu bringen. "Vale!", verabschiedete er sich dann endgültig, bevor er wieder hinaus in den Garten zu seiner Tochter ging.