Beiträge von Spurius Purgitius Macer

    Das Testament löste bei Macer einigermaßen Verblüffung aus. Er konnte sich nicht erinnern, schon einmal von einem Kaiser gehört zu haben, der auf diese Weise seine Nachfolge regelte. Er hatte gedacht, dass Cornelius Palma mehr Kontakte in Rom hatte, um einen geeigneten Nachfolger zu adoptieren, aber offenbar war dies nicht der Fall. Den ratlosen Blicken um ihn herum entnahm Macer, dass es anderen Senatoren genauso ging und sie von der neuen Situation ebenso überrascht waren. Die Frage war nun wohl, wer einen Schritt machen würde um sich als Kandidat für die Nachfolge in Position zu bringen.

    Angesichts dieser Mitteilung atmete Macer leise, aber spürbar erleichtert durch. Er gehörte zwar im Allgemeinen nicht zu den Skeptikern, die ständig überall eine Verschwörung vermuteten und auch diesmal hatte er keine Befürchtung gehabt, dass es nun zwangsläufig zu einem neunen Bürgherkrieg kommen würde, aber die Tatsache, dass der Kaiser zumindest der derzeitigen Einschätzung nach ganz natürlich verstorben war, entspannte die Lage aus seiner Sicht trotzdem. So konnte er sich leicht darauf einlassen, dass man nun wohl auf die Eröffnung des Testaments würde warten müssen.

    Auch wenn es für Macer hier keineswegs eine zwingende Verbindung zwischen den beiden Punkte gab, konnte er seinem Klienten auch nur sehr bedingt gute Nachrichten überbringen. "Ich habe deinen Fall gegenüber der Administratio vorbringen können und mich für deine Erhebung ausgesprochen, aber noch keine positive Nachricht bekommen", führte er den Stand aus. "Aber ich werde sicher noch einmal nachhaken, auch wenn es auf dem Palatin nun wohl tatsächlich erst einmal andere Sorgen gibt."


    Sorge um einen Bürgerkrieg hatte Macer dagegen erst einmal nicht, auch wenn es sicher keinen handfesten Grund für diesen Optimismus gibt. "Dass die Nachfolge nicht geregelt ist, ist in der Tat sehr schlecht, aber es muss nicht zwangsläufig in einen Bürgerkrieg enden, denke ich. Die Öffnung des Testamentes sollten wir wohl erst einmal abwarten, auch wenn ich dort nicht gerade eine überraschende Adoption erwarte. Aber ich traue Cornelius Palma zu, dass er eine bessere Lösung vorbereitet hat, als dass nun wieder Legionen gegeneinander ziehen, um den nächsten Princeps auszufechten." Zumindest wünschte sich Macer das, denn auf einen weiteren Bürgerkrieg hatte er keine Lust.

    Nach dem Passieren der Palastwache hatte Macer keine Schwierigkeiten, den Weg ins Atrium zu finden, wo der Leichnam des Kaisers aufgebahrt war. Immerhin brauchte er nur dem Strom der anderen Trauergäste zu folgen. Langsam trat er vor, als er an der Reihe war und zum letzten Mal dem Kaiser gegenüber trat. Gleichzeitig war es das erste Mal, dass er direkt der Kaiserin gegenüber stand, was die Situation nicht unbedingt vereinfachte.


    "Mein ganzes Haus trauert um ihn, als hätte es einen guten Freund verloren, so wie jeder Römer mit ihm einen Vater verloren hat", drückte er schließlich in einer Mischung aus persönlicher und politischer Formulierung seine Trauer der Witwe gegenüber aus. Auch wenn Palma aufgrund seiner vergleichweise kurzen Regierungszeit sicher nie zu den großen Kaisern der römischen Gesichte gehören würde und Macer keinerlei persönliche Beziehung zu ihm hatte, so hinterließ er in Macers Augen doch tatsächlich eine Lücke, die erst einmal geschlossen werden musste.

    Nach der Senatssitzung am Morgen nach dem Tod des Kaisers begab sich Macer wie andere Senatskollegen auch sofort zum kaiserlichen Palast, um dem aufgebahrten Toten die Ehre zu erweisen. Die Zweige, die zum Zeichen der Trauer über der Tür angebracht waren, waren gut zu sehen, ebenso wie die im Vergleich zu normalen Tagen doch deutlich größere Ansammlung von Menschen, die eingelassen werden wollten. Geduldig warte Macer darauf, bis man ihn einließ und mitteilte, wo der Tote aufgebahrt war.


    "Eigentlich bezog ich mich immer auf das Risiko des Betroffenen, aber sei's drum", warf Macer ein, da er wegen eines beispielhaften Vergleichs nicht darum streiten wollte, wer wen missverstanden hatte. "Auch für den Empfangenden ist es meiner Ansicht nach etwas völlig anderes, ob ich ihm bewusst und einvernehmlich etwas aushändige oder ob er einen Praetor bemüht, um es sich selber ohne meine Kenntnis anzueignen. Schon die Initiative liegt hier auf der anderen Seite." Und damit stellte sich zumindest für Macer auch die Frage, ob der Betroffene den Begünstigten auf Betrug oder ähnliches verklagen konnte, wenn er von einer fälschlichen Todeserklärung betroffen war. Bei einem Verkauf war so etwas schließlich nahezu aussichtslos.


    Was die Herkunft der genannten Daten anging, war Macer etwas überrascht, dass der Consul meinte, er halte sie für aus der Luft gegriffen. Immerhin war Macer selber gerne Aedil gewesen und hatte hinreichend viele Bußgelder verhängt, um das Prozedere zu kennen. Von der Tatsache, dass er ordnungsgemäß sein Vermögen besteuern ließe ganz abgesehen. "Niemand behauptet, dass deine Daten aus der Luft gegriffen sind. Aber trotzdem weiß ich nicht, wie ich mir das vorzustellen habe, dass irgendwo eine Kiste Geld steht, die eindeutig einer Person zuzuordnen ist, aber niemand weiß wo diese Person ist. Mir ist als Aedil so etwas nie passiert. Oder auch mit Betrieben! Führt da irgendein eifriger Angestellter seit zehn Jahren einen Betrieb, ohne mit seinem Herrn in Kontakt zu stehen? Nenne mich phantasielos, aber ich tue mich äußerst schwer, mir das vorzustellen" gab Macer ein wenig hilflos zu Protokoll.


    Bezüglich der Beweise hatte er dagegen sehr genaue Vorstellungen. "Was die Beweise anbelangt, gibt es meines Erachtens viele Möglichkeiten. Nehmen wir einmal an, jemand vermisst seinen Bruder, der als Soldat in eine Provinz ging. Dann würde es mir nicht reichen, dass er keine Briefe mehr sendet oder der örtliche Kommandeur dem Statthalter auf Nachfrage mitteilt, dass er den Mann nicht kennt, sondern ich würde erwarten, dass es eine Stärkemeldung seiner Einheit gibt, die ihn ausdrücklich als vermisst führt. Oder nehmen wir an, ein Mann ging als Händler in die Ferne. Dann reicht es mir nicht, dass er von dort keine Geschäftsabschlüsse meldet, sondern ich würde erwarten, dass es einen Vermieter oder Wirt gibt, bei dem er einen Lagerraum oder ein Lasttier gemietet hat und der nun das Ausbleiben von Mietzahlungen bescheinigt. Hat er dagegen das Mietverhältnis ordnungsgemäß beendet und ist weiter gezogen, reicht mir das eben nicht, denn es steht natürlich jedermann frei, dorthin zu gehen wohin er mag, ohne allen Verwandten eine Nachricht zu hinterlassen. Und selbst wenn es einem Praetor möglich wäre, in jeder Stadt und jedem Dorf nachzuforschen, ob sich eine Person dort aufhält, so wäre dies doch noch nicht genug, denn auch wer die Grenzen unseres Reiches für einige Zeit überschreitet, ist deshalb noch lange nicht tot", führte Macer breitwillig aus, welche Art von Beweisen er meinte und was ihm nicht reichte.

    Der tägliche Gang zum Hausaltar gehörte für Macer zum Tagesablauf, wie das Vogelgezwitscher zum Sonnenaufgang. An den meisten Tagen gingen die kleinen Opfer und Gebet sehr routiniert von sich, denn Macer nahm den Dienst an den Götter zwar ernst, zeigte aber keine besonders übermütige Inbrunst dabei. Aber trotzdem war der Gang zum Altar an manchen Tagen doch ein besonderer - so wie heute, als er für den gerade verstorbenen Kaiser opferte.


    Eilig hatte Macer den Altar noch ein wenig abstauben und schmücken lassen, während er selber Trauerkleidung anlegte. Anders als bei den täglichen Opfern kamen dann auch nur die besten Opfergaben zum Einsatz, die er gerade im Haus hatte und selbstverständlich legte er auch den besseren Weihrauch auf, der normalerweise nur an wichtigen Feiertagen und privaten Anlässen zum Einsatz kam. Still murmelte Macer ein Gebet vor sich hin, während hinter ihm die Hausgemeinschaft mit ihm gemeinsam trauerte. Auch Macers Tochter hatte man schnell passend gekleidet und auch wenn sie die genauen Umstrände und die Bedeutung noch nicht ganz erfasst, war es doch auch für sie spürbar, dass etwas sehr wichtiges passiert war.

    In Trauerkleidung statt in seinem üblichen Senatsgewand erschien Macer zur außerordentlichen Sitzung, nachdem er zu Hause am Hausaltar für den Genius des verstorbenen Kaisers geopfert hatte. Den anderen Senatoren, die mit ihm eintrafen, versicherte er mit angemessener Trauermiene, dass er genauso wie sie überrascht und bestürzt über den unerwarteten Tod des Kaisers war.

    "Der Vergleich mit Kaufvorgängen und Schenkungen hinkt meines Erachtens doch erheblich", antwortete Macer dem Consul. "Immerhin nehme ich eine Schenkung oder einen Verkauf im Wesentlichen bewusst und in gegenseitigem Einvernehmen vor. Wenn ich das betroffene Gut später zurück möchte, bedeutet dies, dass ich eine frühere Entscheidung rückgängig mache und muss dann eben darauf hoffen, dass auch dies wieder einvernehmlich geschieht, wenn es für mich ohne Schaden passieren soll", führte er dann seine laienhafte Ansicht aus, die sich zweifellos mit mehr juristischer Erfahrung noch viel besser in Worte kleiden ließe. "Gehen meine Güter jedoch in den Besitz anderer über, weil ich für tot erklärt werde, dann passiert dies per Definition eben weder einvernehmlich noch bewusst durch mich. Das ist also eine völlig andere Situation und ich wage die Prognose, dass dies sehr wohl für Streitigkeiten vor Gericht sorgen kann", verdeutlichte er dann noch einmal seinen dahingehend pessimistischen Aussichten.


    Zum zweiten Einwand des Consuls zog Macer seine Stirn in Falten. "Die Prüfung durch den Praetor ist festgeschrieben? Verzeihung, den Passus muss ich dann überhört haben. Könnte man mir eine Abschrift reichen, damit ich das nachlesen kann?" fragte er dann, denn bevor er Ergänzungen vorschlug, wollte er natürlich sicher gehen, dass er nichts wiederholte, was schon aufgeschrieben war.


    Während er auf die Abschrift wartete, trug er aber noch einen weiteren Punkt vor, der ihm während seiner eigenen Rede gekommen war. "Gestatte mir aber im Gegenzug auch noch eine Frage, Duccius. Du führtest aus, dass deine Stichproben ergeben haben, dass es erhebliche Geldwerte gäbe, die zu verschollenen Personen gehörten. Wie ist dies zu verstehen? Ich meine, da wird doch nicht irgendwo eine Truhe mit Geld herumstehen, von der zwar jeder weiß, dass sie dem Gaius gehört, der nach Syria gegangen ist und sie nicht mitnehmen wollte, von dem aber seit Jahren niemand mehr etwas gehört hat? Oder hast du etwa tatsächlich derartiges vorgefunden?" fragte Macer ganz ehrlich, denn selber hatte er so etwas noch nicht gesehen, sich aber auch noch nie genauer mit der Materie befasst.


    Derweil hatte ihm ein Senatsdiener eine schnelle Abschrift des vorgelegten Gesetzentwurfs gereicht und Macer schaute kurz darauf. "Nun, wie ich es hier sehe, ist die erwähnte Prüfung durch den Praetor keineswegs festgeschrieben. Es ist nur vorgeschrieben, wer die Todeserklärung beantragen kann und wer sie durchführt. Hier würde ich in jedem Fall ergänzen, dass der Praetor oder Statthalter verpflichtet ist, den Verbleib der benannten Person verantwortlich und gründlich zu prüfen. Ich würde außerdem erwarten, dass von den Antragstellern handfeste Beweise für die dauerhafte Abwesenheit der bewussten Person erbracht werden müssen und es ausdrücklich nicht ausreichend ist, wenn es lediglich an Beweisen für ihre Anwesenheit mangelt", schlug er dann vor.

    Auch Macer hatte zu diesem Gesetzentwurf gleich eine Frage, mit der er sich der Reihe der Fragenden anschloss. "Wie soll die Wiederherstellung von Besitzverhältnissen in der Praxis funktionieren, wenn diese inzwischen weiterverkauft, ausgegeben oder schlicht verbraucht sind? Es wäre ja angesichts der vorgetragenen Zahlen nicht verwunderlich, wenn Landgüter und Betriebe einem Erben zufallen, der sie selber lediglich weiterverkauft. Dass der neue Besitzer sie dann wieder hergeben muss, wenn der alte Besitzer doch wieder zurückkehrt, dürfte kaum machbar sein. Und dass der Erbe das durch den Verkauf erworbene Geld nicht ausgibt, um es im Falle eines Falles zurückerstatten zu können, ist genausowenig machbar." Macer hatte sehr große Zeifel daran, dass dieser Teil des vorgeschlagenen Gesetzes irgendwie umsetzbar war.


    "Beim sonstigen Prozedere denke ich, dass weitere Absicherung nötig ist. Man stelle sich vor, zwei übelwollende Familienmitglieder melden ein drittes Mitglied beim Statthalter von Aegyptus für tot, obwohl dieses lebendig und bei bester Gesundheit in Britannia weilt und lediglich von seinen Verwandten in Aegyptus nichts wissen möchte und deshalb deren Briefe nicht beantwortet - sofern sie ihm überhaupt welche schreiben", malte er dann ein Szenario aus, in dem das Gesetz ausgenutzt werden konnte. "Der Unglückliche würde nicht einmal Kenntnis davon erlangen, dass er für tot erklärt wurde, so dass er nicht einmal die Chance hätte, beim Statthalter in Londinium vorstellig zu werden. Und bis sich dies doch alles klärt, ist sein Besitz an anderem Ort vielleicht schon unwiderbringlich verteilt, wie ich eben erläuterte" spann er das Szenario dann noch ein wenig weiter. Auch ohne es ausdrücklich zu sagen, schien Macer also ganz erheblichen Zweifel an der Anwendbarkeit des Gesetzes in dieser Form zu haben.


    Sim-Off:

    Kurzer Regelkommentar zur Vermeidung von Missverständnissen:
    Regeltechnisch sind IDs "In Exillium" ausdrücklich nicht spurlos verschwunden, sondern halten sich an einem weit entfernten, aber bekannten Ort auf. IDs mit Status "Desideratus" sind dagegen auch Sim-On tatsächlich verschollen. (Siehe hier: http://www.imperiumromanum.net/cms.php?a=455#txt1576)

    "Tritt ein, ich melde dich an", erwiderte der Türhüter und öffnete die Tür. Dann eilte er voraus, während er Besucher im Atrium warten konnte. Nur wenige Augenblicke später ließ er ihn ins Tablinum eintreten.

    Macer hatte nicht speziell mit Beusch gerechnet, musste aber als Senator ohnehin immer damit rechnen, dass ihn jemand zu Hause aufsuchte, so dass er nicht allzu überrascht war, als ihm einer seiner Klienten angekündigt wurde. "Salve, Helvetius", begrüßte er ihn und lud ihn zum Sitzen ein. "Wie geht es dir? Was kann ich für dich tun?"

    Der Türhüter öffnete zügig wie immer, denn schließlich war es seine vornehmste Aufgabe, die Tür zu bewachen und dazu so oft wie möglich stets in direkter Nähe der selbigen zu sein. "Salve, was kann ich für dich tun?", erkundigte er sich bei dem Besucher.

    Grundsätzlich hätte Macer zweifellos Interesse gehabt, an einer gänzlichen Überarbeitung der Lex Mercatus mitzuwirken, hatte ihm doch vor allem seine eigenen Amtszeit als Aedil viel Freude bereitet. So unvorbereitet in einer Sitzung auf diese Idee gebracht zu werden, war ihm dann aber doch etwas zu viel. Da bekanntlich diejenigen, die für eine Änderung stimmten, oft auch diejenigen waren, die die Änderung dann zu erarbeiten hatten, verhielt er sich also ruhig. Solange er Aufwand und Folgen einer großen Änderung nicht abschätzen konnte, reichte ihm eine kleine Anpassung völlig.

    "Dafür", ließ sich Macer von seinem Platz vernehmen, ohne dafür aufzustehen. Er hob einfach nur kurz die Hand, als wäre schon zur Abstimmung aufgerufen worden. Da das aber noch nicht der Fall gewesen war, sprach er nicht allzu laut, um niemandem in die Parade zu fahren, falls er zu einer Gegenrede ansetzen wollte.