Beiträge von Spurius Purgitius Macer

    Der Schreiber blickte von seiner Schreibarbeit auf und grüßte zurück, wobei er dabei nicht sonderlich förmlich war, denn immerhin war der Besucher nicht höherrangig als er selber. "Salve! Du glücklicher, durftest von Mantua hier nach Rom reisen? Nur wegen dem Examen, oder hast du noch einen Auftrag?", fragte er interessiert, während er die Anmeldung eintrug.

    Da Macer das Thema aus früheren Erörterungen in kleinerer Runde schon kannte, war er von der bisherigen Rede nicht erschlagen, sondern blieb einfach so schweigend und kommentarlos auf seinem Platz sitzen. Bisher gab es für ihn noch einen Grund zur Wortmeldung und so erwartete er, dass entweder andere sich zu Wort meldeten oder der Senator weiter sprach.

    Macer hatte keine Frage zu dem Bericht, der sich mit seinen eigenen, weitaus unsystematischeren Beobachtungen deckte, was die Situation auf den Märkten betraf. Zu den anderen Dingen konnte er naturgemäß noch weniger sagen, da er als einfacher Senator natürlich weniger Einblick hatte als ein Amtsträger. Stattdessen nickte er nur anerkennend in Richtung des ehemaligen Aedils.

    Die Richtung, aus der das Thema kam und die Richtung, in die es sich dann wendete, passte für Macer nur bedingt zusammen, weshalb er sich nach den ersten Redebeiträgen erst einmal zurückhielt. Erst später meldete er sich dann auch für einen Redebeitrag zu Wort, nachdem er seine Gedanken etwas sortiert hatte.


    "Senatoren, ich denke, wir sprechen hier über mindestens zwei verschiedene Dinge, wenn nicht sogar drei. Beginnen wir mit jenem, was Senator Duccius zuletzt ansprach, nämlich einer Dokumentation der Arbeit der Magistrate in der Art, wie es bei den Aedilen schon üblich ist. Ich unterstütze dieses Vorhaben, vor allem mit Blick auf jene Ämter, die mit rechtlichen Vorgängen befasst sind, seien es nun Prozesse, Hinrichtungen, Erbschaften oder dergleichen", begann er die Ausführung seiner Meinung und schaute in die Runde. "Es ist nicht nur im Interesse Roms ganz allgemein, sondern sicher auch ganz konkret im Interesse der jeweiligen übergeordneten Magistrate sowie der Nachfolger im Amte und nicht zuletzt auch im Interesse der jeweils betroffenen Bürger, wenn gut nachvollziehbar ist, welcher Magistrat in welcher Sache zu welchem Zeitpunkt welche Entscheidung getroffen, Handlung unternommen oder eben auch nichts getan hat. Da die meisten Magistrate ohnehin einen Schreiber oder mehrere beschäftigen, sollte es auch keine unzumutbare Mehrarbeit sein, eine derartige Dokumentation zu erstellen", schloss er diesen Teil seiner Ausführungen ab und machte eine kurze Pause.


    "Den Tatenbericht über die Amtszeit, der bisher üblicherweise in Form einer Rede auf dem Forum abgelegt wurde und den man sicher auch in schriftlicher Form darlegen kann, würde ich davon jedoch unabhängig betrachten. Eine Auflistung der erlassenen Edikte oder eine Buchhaltung über die Höhe der bearbeiteten Erbschaftsfälle ist zweifellos als Zusammenfassung einer Amtszeit ermüdend zu lesen und trotzdem nicht im mindesten aussagekräftig", fuhr er dann mit dem zweiten Thema fort, welches er im bisherigen Verlauf der Sitzung erkannt hatte. "Eine schriftliche Dokumentation kann meines Erachtens eine abschließende, zusammenfassende Rede ebensowenig ersetzen, wie eine Rede eine detaillierte Dokumentation ersetzen kann."


    Über die genauen Konsequenzen daraus und welche Paragraphen man gegebenfalls ändern oder ergänzen musste, schwieg er sich erst einmal aus. Stattdessen kam er zum dritten Punkt, den er erkannt hatte und der der ursprüngliche dieser Sitzung gewesen war. "Beides sind meines Erachtens aber nur Dinge, die wir jetzt beschließen und dann für die Zukunft einfordern können, aber die bei der Aufarbeitung der Vergangenheit, wie sie der Consul Decimus zu Beginn thematisierte, nicht helfen werden." Da der Consul dabei aber selber auch nur von Konsequenzen für die Zukunft gesprochen hatte und nichts davon, wie man die fehlenden Berichte nachfordern könnte, vertiefte Macer diesen Punkt nicht weiter.

    Die Art und Weise, wie der neueste Besucher in den Raum schlenderte, kam der Schreiber etwas lasch vor, der selber selbstverständlich militärischeren Drill gewohnt war, auch wenn der Dienst in der Schreibstube im Vergleich zu anderen Arbeiten selber wiederum eher lasch war. Trotzdem sah er dem Mann den militärisch unausgebildeten Patrizier förmlich an, auch ohne einen Blick auf die Schuhe zu werfen und noch bevor er ungefragt das Geld auf den Tisch legte und sich damit selber als eingefleischten Zivilisten auswies. "Salve", grüßte er ihn trotzdem höflich und setzte das Standardverfahren aus Verbuchung des Geldeingangs, Eintragung in die Anmeldeliste und Zusammenstellung der Prüfungsunterlagen in Gang. "Dann bist du sicher auch über die Abgabefrist von einer Woche informiert." Er reichte einen Stapel Dokumente. "Das hier sind deine Unterlagen. Ich wünsche viel Erfolg."

    Der Schreiber nahm die Münzen auf, viel zu zählen war dabei ja nicht, und verbuchte als erstes ihren ordnungsgemäßen Eingang. Dann stellte er die Prüfungsunterlagen zusammen und händigte sie aus. "Dann wünsche ich für das Examen Secundum gwnauso viel Erfolg wie für das Examen Primum."

    Die letzte Frage war immerhin mal eine, die Macer sofort beantworten konnte, ohne lange nachdenken zu müssen. "Ich würde den Kaiser in dieser Angelegenheit auf keinen Fall übergehen. Er ist Oberbefehlshaber der Armee und die Academia Militaris wurde auf kaiserlichen Erlass hin gegründet. Ihm im Rahmen einer Senatsdebatte eine Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben, scheint mir etwas wenig zu sein", antwortete er sehr bestimmt. "Ich kann es gerne übernehmen, den Kaiser schriftlich über die Pläne zu unterrichten", bot er dann gleich an, denn immerhin zählte das wohl zu seinem Aufgabenbereich als Kommandeur der Academia. "Gegebenenfalls spreche ich auch persönlich bei ihm vor, falls er dies wünscht. Aber da müssen wir wohl abwarten, wie wichtig ihm das Thema ist", fuhr er dann fort, denn bisher kannte er die Einstellung des neuen Kaisers zur Academia Militaris eben nicht.

    Der Schreiber war zufälligweise derselbe wie beim letzten Mal, so dass er sich sogar vage erinnerte. "Salve. Decimus Dexter heißt du? Du warst erst kürzlich für das Examen Primum hier, oder? Dann hast du diesmal sicher wieder die nötige Gebühr dabei?", fragte er, während er die Anmeldeliste hervorholte.

    Macer hörte aufmerksam zu und nickte zwischendurch schon manchmal leicht als Zeichen, dass er den Erklärungen folgen konnte. Tatsächlich hörte sich alles sehr schlüssig an und er war auch froh, dass die Antwort seine eigene Vermutung bestätigte. "Klingt sehr logisch und nachvollziehbar", antwortete er daher. "Das erklärt die Preise sehr schlüssig. Und scheint dann wohl etwas anders zu sein als bei den Wagenlenkern. Die werden ja nicht ausgeliehen, sondern wechseln eher von einem Rennstall zum anderen. Reisekosten gibt es da natürlich auch für größere Rennen, aber die trägt dann nicht unbedingt der Veranstalter, sondern eher die Factio, die bei dem Rennen umgekehrt auf Erträge aus dem Preisgeld hofft", erläuterte Macer im Gegenzug das Renngeschäft, in dem er sich wesentlich besser auskannte als bei den Gladiatoren. Da er aber nicht wusste, ob das Aurelius Lupus überhaipt interessierte, sprach er erst einmal nicht weiter, sondern bot vorsichtig einen Themenwechsel an. "Wollen wir noch hier bleiben, der das Becken wechseln?"

    Macer hob abwehrend die Hände, denn selbst wenn er tatsächlich auf dem Weg gewesen war, gehörte es nun einmal zu den wichtigsten Aufgaben eines Senators, mit anderen Senatoren über politische Pläne zu sprechen. Und wenn sie es dann noch ganz klassisch auf dem Forum Romanum taten, den einstigen Herz der Stadt, dann wollte er sich bei der Ausübung dieser ehrenvollen Aufgabe nur von wenig unterbrechen lassen.


    Aber nun war es also so, dass Decimus Livianus wohl auch weiter wollte und Macer wollte ihn natürlich auch nicht aufhalten. "Kein Grund mir zu danken! Ich wünsche euch beiden alles Gute für dier Wahl und freue mich darauf, an das Gespräch anknüpfen zu können. Vale!"

    "Ganz so einfach wird es leider nicht sein", erwiderte Macer sofort. "Derzeit machen es zwar die Provinzen tatsächlich eigenständig, aber die Themen und Inhalte der Prüfungen sind vorgegeben. Ob ein junger Mann seine Prüfung nun hier in Rom oder in Germania oder in Aegyptus ablegt, er bekommt sehr ähnliche Fragen", erläuterte Macer. "Wenn es nun die Academia Militaris als diejenige Instanz, die über Themen und Fragen entscheidet nicht mehr gibt, muss möglicherweise ein anderer Mechanismus her. Oder der Kaiser entscheidet eben, dass ihm einheitliche Prüfungen nicht so wichtig sind. Ich könnte mir auch vorstellen, dass die Kanzlei letztlich nur Nachweise sehen möchte, wie sich ein jeweiliger Kandidat bei seinem letzten Offiziersposten angestellt hat und es überhaupt keine förmliche Ausbildung mit Kursen und Prüfen mehr gibt." Aber letztlich würde auch da wohl nur ein Gespräch mit der Kanzlei helfen, weshalb Macer seinen Gegenüber auch mit einer Mischung aus Ratlosigkeit und Spaß am Ideen wälzen anschaute.

    Auch bei solcherlei Freiheit in der Entscheidung konnte der Türhüter natürlich nicht alleine entscheiden, sondern nahm erst Rücksprache mit dem Sekretär des Hausherrn, bevor er zur Tür zurückkehrte. "Mein Herr empfängt den Quatuorvir in zwei Tagen eine Stunde vor Mittag", konnte ner dann ausrichten.

    Genaugenommen zielte Macers Frage auf gar nichts ab, abgesehen von der Schließung eigener Wissenslücken. Daher half ihm auch die vorweggenommene Antwort nichts weiter, sondern warf vielmehr weitere Fragen auf. "Wieso kostspieliger? Man zahlt nicht nur die Miete für die Gladiatoren, sondern auch sämtliche Kosten für die Anreise und Abreise?", erkundigte er sich weiter, da das der naheligendste Gedanke war.


    Dass sein Gesprächspartner gleichzeitig bereits über das Verlassen des Wassers nachdachte, war für ihn dagegen gar nicht naheliegend. Selber genoss er es nämlich sehr hier im warmen Becken und konnte sich gut vorstellen, noch länger hiert zu verbringen. AUf jeden Fall aber noch länger hier in den Thermen.

    "Ja, letzteres ist richtig. An dieser Stelle können wir also in jedem Fall ansetzen", stimmte Macer zu. "Von daher wäre es wohl vor allem Sache des Kaisers festzulegen, welches Wissen und welche Erfahrung er bei der Ernennung von Offizieren erwartet. Derzeit ist dies ja letztlich auch schon so. Wie sich dann wiederum die Kandidaten dieses Wissen erwerben wäre dann wiederum ihre Sache. Bleibt die Frage, wie der Nachweis geführt wird, dass die nötige Qualifikation vorhanden ist. Genau das ist ja derzeit eine der wichtigsten Aufgaben der Academia, nämlich eben jene Prüfungen anzubieten und damit verlässliche Standard zu setzen. Wenn dies vom Kaiser weiter gewünscht ist, muss dafür eine Alternative her", führte Macer weiter aus, während ihm selber dabei immer klarer würde, dass er selber auch als Kommandeur diesbezüglich wenig zu entscheiden hatte, sondern letztlich der Kaiser wissen musste, was er eigentlich wollte.

    Die Reaktion von Decimus Livianus war zwar mehr als verständlich und insofern für Macer auch nicht unerwartet, aber trotzdem konnte er nur zögerlich antworten.


    "Ich glaube kaum, dass ich in der Position bin, dir wirklich Ratschläge zu erteilen", begann er mit dem Offensichtlichen, denn sollte Decimus Livianus die Wahl gewinnen, war er eben Consul des römischen Reiches und Macer nur Senator. "Aber Gespräche zu führen ist sicher eine gute Sache. Vermutlich wirst du dir zu jeder Sache mindestens zwei Meinungen aus gegenüberliegenden Lagern holen müssen, wenn es Entscheidungen zu treffen gibt. Ich kann mir denken, dass jetzt bald sehr viele Leute Wünsche an den Senat und natürlich vor allem die Magistrate herantragen werden, bei denen es nicht immer leicht ist zu entscheiden, wo es um eine Reaktion auf Vergangenes geht und wo jemand einen Vorteil aus der Situation schlagen möchte." Unter diesem Gesichtspunkt war Macer durchaus froh, sicher dieser Verantwortung nicht stellen zu müssen.

    Macer konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, war eine komplette AUflösung der Academia doch die radikalste Möglichkeit, sie in einer Reform zu berücksichtigen. "Das wäre ein ziemlich konsequenter Schritt", erklärte er seine Regung dann auch. "Und ich kann nicht einmal behaupten, dass ich sie für gänzlich abwegig halte. Allerdings halte ich auch die Vorstellung, dass für die militärische Bildung junger Offiziere dann ein privater Bildungsbereich entsteht, für ein wenig absurd. Die Zahl der Dozenten an der Academia Militaris ist nicht gerade hoch und es ist nicht zu erwarten, dass sich nach der Auflösung derselben plötzlich Dutzende ehemalige Offiziere finden, die privaten Unterricht in Heerführung erteilen. Man müsste wohl eher annehmen, dass die Ausbildung dann viel mehr in der Praxis erfolgt", führte Macer dann einen Teil seiner eigenen Gedanken aus. "Das hätte natürlich auch gravierende Auswirkungen darauf, was überhaupt Prüfungen sind beziehungsweise wie Examina abgelegt werden. Hattet ihr schon Gedanken in diese Richtung?" fragte er dann weiter nach.

    Der wird dort nicht erscheinen, weil der Algorithmus, der den Stammbaum berechnet, diese Beziehung an dieser Stelle korrekterweise nicht berücksichtigt. Im Claudier-Stammbaum ist die Verbindung drin.