Die ausführliche Diskussion, die sehr bald einsetzte und die Reform aus verschiedenen Sichtwinkeln beleuchtete, gab Macer ausreichend Gelegenheit, seine eigenen Gedanken noch einmal zu formen und in eine vortragstaugliche Form zu bringen. Er hörte deshalb nicht weniger zu, suchte aber auch keine speziellen Ansatzpunkt im bisher Gesagten, als er sich selber zu Wort meldete.
"Senatoren, ich finde den Vorschlag einer Reform interessant und begrüßenswert. In der Tat sehe ich keinen zwingenden Bedarf, das Bildungswesen in einer derart verstaatlichten Form zu betreiben, wie dies derzeit der Fall ist. Wohlgemerkt, dies sage ich als Kommandeur der Academia Militaris, einer auf kaiserlichen Beschluss hin gegründeten, staatlichen Bildungsanstalt", betonte er besonders, um seinen Worten ein Gewicht zu verleihen, das andere hier nicht aufbieten konnten.
"Was den Nachweis von Bildung betrifft, schlage ich einen pragmatischen Weg vor: Es ist ja im Allgemeinen gar nicht einmal wichtig, ob man etwas gelernt hat," sprach er dann weiter, wobei er das Wort 'gelernt' besonders betonte, "sondern es kommt viel häufiger darauf an, ob man etwas beherrscht", führte er den Satz mit einer weiteren Betonung zuende, die diesmal auf dem Wort 'beherrscht' lag. "Wer vor Gericht als Anwalt auftreten will, der tut gut daran, sich in Rhetorik und Juristerei ausbilden zu lassen, aber den Nachweis darüber führt er ja kaum dadurch, dass er die Namen seiner Lehrer vorlegt, sondern darüber, dass er Prozesse gewinnt. Auch jemand der niemals einen namhaften Lehrer hatte und keine Nachweise vorbringen kann, kann trotzdem Prozesse gewinnen, genauso wie selbst der, der die strenge Prüfung eines wahren Meisters seines Faches besteht trotzdem in der Praxis versagen kann", führte er dann an einem Beispiel aus. "Von daher würde ich es schlicht jedem selbst überlassen, ob und wie er sich seine Lehrzeit bescheinigen lassen mag und dementsprechend auch darauf verzichten, eine bestimmte Form einzufordern. Wer in einer konkreten Situation dem Urteil seiner eigenen Augen und Ohren nicht traut, um die Qualitäten eines jungen Mannes zu beurteilen, kann dann ja immer noch nach Empfehlungen fragen." Macer schien das zumindest ein pragmatischer und gebrauchstauglicher Ansatz zu sein.
"Ganz gleich, wie wir uns entscheiden, sollten wir jedoch nicht vergessen, wie wichtig Bildung ist. Ganz gleich, ob wir einen pragmatischen Ansatz wählen oder doch zahlreiche formelle Nachweise einbauen, es darf meines Erachtens nie der Eindruck entstehen, dass die Reform der Schola eine Abschaffung des staatlichen Interesses an Bildung bedeutet", kam er dann zu einem Punkt, der ihm sehr wichtig war und den er über die Diskussion der detaillierten Ausgestaltung auf keinen Fall vergessen wollte. Auch deshalb nicht, weil er eben Kommandeur der Academia war und sich nicht nachsagen lassen wollte, er würde indirekt ein Plädoyer auf die Überflüssigkeit seines eigenen Postens halten. "Es darf nicht darum gehen, wie viele Bücher eine Bibliothek beherrbergt oder zu welchem Preis man sie lesen darf; es darf nicht darum gehen, ob man seinen Lebenslauf mit einer großen Nummer an Kursen oder einer Liste namhafter Lehrer schmücken kann; es darf auch nicht darum gehen, ob sich in Ermangelung einer Kontrollinstanz jeder als Gelehrter oder als Lehrer bezeichnen darf. Nein, es muss schlicht und ergreifend daraum gehen, wie wir sicherstellen können, dass jeder kluge Kopf so gut es geht gefördert wird und die Gelegenheit erhält, seine Fähigkeiten einzusetzen. Den starren Rahmen der Schola zu lockern und es jedem zu ermöglichen, sich dort einen Lehrer zu suchen, wo es ihm gerade genehm ist, ist dazu meines Erachtens ein erster wichtiger Schritt."