Beiträge von Spurius Purgitius Macer

    Macer war nicht ganz so optimistisch, was die Schadensfreiheit Roms anging. Dafür hatte er zu viele Soldaten in der Hitze des Gefechtes erlebt. Auch wenn Rom sicher noch eine besondere Wirkung auf jeden Soldaten hatte, die den Übermut vielleicht etwas kühlen konnte. "Das mögen die Götter wirken, dass Schaden von Rom abgewendet wird", antwortete er daher etwas leiser und mit einem kurzen Blick gen Himmel.


    Danach ging sein Blick zu den Soldaten, auf die der Tribun wies. "Auch diesen mögen die Götter beistehen. Ich zweifel nicht an ihrem Mut und ihrer Tapferkeit", fügte er hinzu, aber er war sich alles andere als sicher, wie sich die Sache entwickeln würde und was das für Rom bedeutete. "Doch ich möchte euch nicht länger aufhalten. Die Soldaten sollen ausgeruht sein", hörte er dann auf, die Soldaten aufzuhalten, denn sicher hatten sie besseres zu tun, als mit jedem Bürger über seine Sorgen zu debattieren.

    "Dass das hier nicht alle sind, ist mir bewusst", erwiderte Macer und war sich nicht sicher, ob der Tribun ihn nur etwas beruhigen wollte oder nicht ganz ernst nahm. "Aber es ist wohl kaum einem Einwohner Roms verborgen geblieben, dass eine große Zahl von Soldaten Rom verlassen hat. Viele können also nicht mehr hier sein", drückte er dann noch einmal seine Sorge aus. "Werden diese tatsächlich in der Lage sein, Rom zu verteidigen, wenn ein feindliches Heer die Stadt bedroht?"

    Der Abzug eines Großteiles der Cohortes Urbanae in Richtung Süden blieb den Einwohnern Roms natürlich nicht verborgen, genauso wenig wie die weiter fortgesetzten Übungen der verbleibenden Soldaten. Die Lage wurde für Macer durch die Truppenverlegung immer undurchsichtiger, denn offizielle Nachrichten waren weiter Mangelware. Also versuchte er umso intensiver, auf eigene Faust Informationen zu beschaffen und begab sich zu diesem Zweck dorthin, wo die Soldaten übten. Der verantwortliche Offizier war an seiner Ausrüstung gut zu erkennen. "Tribun, sei gegrüßt!", sprach er ihn an, als die Truppe auf dem Rückweg ins Lager war und er sich so sicher sein konnte, die Übung nicht zu stören. "Diese wenigen Männer sollen Rom verteidigen können?" stellte er dann gleich eine relativ offensive Frage, um sich nicht lange mit Vorreden aufzuhalten.

    Unter den Schaulustigen, die sich durch die Übung angelockt fühlten, war auch wieder Macer. Auch wenn es aufgrund der bisherigen Nachrichtenlage recht unwahrscheinlich war, dass ein feindliches Heer urplötzlich vor der Stadt stehen würde, fand er es doch etwas unverantwortlich, dass die Übung nicht ordentlich angekündigt worden war. So etwas konnte schließlich leicht zu einer Panik führen, wenn sich das Gerücht verbreitete, dass es sich um einen echten Angriff handelte. Hier war es dann aber zum Glück nicht so, sondern es ging nur darum, die Einsatzbereitschaft der Truppen zu testen. Soweit Macer es erkennen konnte, hatten diese auch alles im Griff und erledigten die Übung zur Zufriedenheit ihrer Offiziere, auch wenn er von den Tribunen der Stadtkohorten wenig sah. Das Zielschießen verfolgte er dann weniger gespannt, sondern plauderte währenddessen mit diesem oder jenem, den er gerade getroffen hatte und der sich ebenfalls die Übung anschaute.

    Irgendwann hatte Macer aus Spaß eine kleine Buchführung angefangen, in der er alle möglichen Daten zur kleinen Albina auf mehreren Wachstafeln sorgfältig notierte. Erst war es nur Größe und Gewicht gewesen, die er unregelmäßig aufgeschrieben hatte, dann wurden die Notizen regelmäßiger und es kamen weitere Daten hinzu. Macers Verwalter wirkte immer etwas belustigt, wenn er vom Treiben seines Dienstherrn mitbekam, sagte aber nichts. Wahrscheinlich vermutete er, dass dem Hausherrn eine andere geregelte Tätigkeit fehlte. Außerdem wusste er ja, dass Macer durchaus gerne mit Zahlen spielte. Macer selber kümmerte sich ohnehin nicht darum, was sein Verwalter zu seinem Treiben sagte, sondern fragte weiter regelmäßig von der Amme ab, wie viel die kleine Albina geschlafen hatte, wie oft sie gestillt und wie oft sie gewickelt werden musste, um diese Daten dann auf großformatigen Wachstafeln in Tabellen einzutragen. Was er damit genau wollte, wusste er selber nicht so genau, aber immerhin konnte er sich so einreden, dass sein Vaterdasein somit irgendeinen Sinn hatte. Ansonsten kam er sich nämlich recht nutzlos vor, wenn man davon absah, dass er Albina gelegentlich auf seinem Arm durch die Casa trug, wenn sie nicht einschlafen wollte.

    Macer grübelte ein wenig weiter, da seinem Cousin offenbar an einer direkten Empfehlung sehr gelegen war, kam aber zu keinem eindeutigen Ergebnis. Was sicher auch daran lag, dass er sich nun wirklich nicht auf Vorrat merkte, welcher Senator möglicherweise einen Scriba brauchte. "Nun, ich könnte zumindest mal Octavius Victor fragen", antwortete er dann vage. Der hatte angekündigt, ihn besuchen zu wollen, so dass sich zumindest eine Gelegenheit für eine unverbindliche Nachfrage ergab. "Aber versprechen kann ich dir so spontan nichts. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, werde ich dich aber auch gegenüber anderen Senatoren erwähnen", versprach er zumindest.

    Macer bleib selber ebendfalls noch auf dem Tempelvorplatz, während die Sportulae vorbereitet wurden. Zum einen hatte er keine vollen Terminkalender heute, zum anderen gab es ihm die Gelegenheit, ungezwungen mit den ihn begleitenden Klienten oder anderen Zuschauern des Opfers zu sprechen. Natürlich freute er sich, auf diesem Wege noch einige Glückwünsche zur Geburt seiner Tochter einsammeln zu können, aber er wollte die Gelegenheit auch nutzen, noch ein wenig von der Stimmung in der Stadt mitzubekommen.


    Bei der Verteilung half er dann zwar nicht direkt mit, schaute aber immerhin zu und achtete darauf, dass es so gerecht wie möglich zu ging. Dann war seine Tätigkeit hier aber doch endgültig beendet, so dass er sich von allen Beteiligten verabschiedete und auf den Rückweg zu seiner Casa machte.

    Das ist eigentlich ziemlich einfach: Der Name steht dort als absolut verboten, weil zum Zeitpunkt der Aufstellung der Namensliste alle daran beteiligt davon ausgingen, dass es tatsächlich historisch unmöglich war, diesen Namen einfach so zu tragen. Sprich, die von dir genannten Beispiele waren niemandem geläufig.


    Hast du konkrete Quellen für diese Namen?

    Auch wenn der Aedituus seine Gedanken nicht ausgesprochen hatte, so traf er damit doch ziemlich gut das, was auch Macer sich gedacht hatte. "Das lassen wir hier an die Anwesenden verteilen", antwortete er daher und das gleich auch mit etwas lauteter Stimme als im normalen Gespräch nötig, damit die auffällig unauffällig in der Nähe stehenden Zuschauer das auch gleich mitbekamen, weil sie wohl ohnehin darauf gewartet hatten. "Für eine große Speisung wären wohl etwas mehr Vorbereitungen nötig gewesen", ergänzte er dann lächelnd, denn er nahm an, dass nicht irgendwo in einer geheimen Ecke ein Heeer von Helfern versteckt gewesen wäre, dass jetzt noch aus dem Nicht und innerhalb weniger Augenblicke Möbel und Geschirr für eine öffentliche Speisung hätte aufbauen können.

    Die weitere Frage kam nicht ganz unerwartet und war auch bei gerade erst gebremsten Tatendurst auf jeden Fall folgerichtig und auch zeitnah zu klären. Leicht fiel Macer die Antwort aber trotzdem nicht. "Nun, natürlich kenne ich eine Menge Senatoren und könnte mich auch umhören oder dich empfehlen", begann er seine Antwort. "Nur sind einige von denen, dich ich dir am ehesten empfehlen würde derzeit außerhalb Roms und somit wohl auch gerade nicht an einem Scriba interessiert" umschrieb er dann äußerst vorsichtig, dass wohl einige der ihm bekannten Senatoren auf der Flucht waren oder auf Seiten der Rebellen standen. Und er wollte natürlich auch nicht wahllos irgendeinen der in Rom befindlichen Senatoren empfehlen, denn selber wollte er ja durchaus auch einen Nutzen von so einer Empfehlung haben. "Gerade viele der neueren Senatoren, die erst unter Salinator in den Senat gekommen sind, kenne ich auch nicht so gut, dass ich dir sagen könnte, wer entsprechenden Bedarf hat."

    Weitere Tage vergingen und langsam entwickelte Macer ein Gespür dafür, wie es Albina ging, ohne dafür erst einmal die Amme befragen zu müssen. Die Regungen und vor allem die Geräusche seiner kleinen Tochter reichten ihm zumindest als erster Anhaltspunkt um zu spüren, ob es ihr gut ging oder nicht. Und die Vielfalt an Geräuschen, die sich machte wenn sie schlief war wirklich beeindruckend. Mal war es ein lustiges Gluckern, mal ein hohes Fiepen, mal ein tiefes Brummen, mal ein Säuseln, ab und zu auch ein Husten und manchmal war da auch einfach gar kein Geräusch. Und manchmal schlief Albina auch einfach gar nicht, wenn Macer erwartet hatte, dass sie es tun würde. Einen normalen Schlafrhythmus hatte sie nämlich offenbar noch lange nicht, aber auch hier versicherte die Amme, dass das völlig normal sei und noch einige Wochen brauchen würde bis damit zu rechnen war, dass sie zumindest die Nacht einigermaßen durchschlafen würde. Was in der Sprache der Amme wohl hieß, dass sie dann fünf oder gar sechs Stunden am Stück schlafen würde.

    "Theoretisch kannst du wohl alles drei gleichzeitig machen", stimmte Macer langsam zu. "Aber ob das ratsam ist, ist die andere Frage. Immerhin wird jedes seine Zeit beanspruchen, wenn du es ordentlich machen willst. Umso mehr, wenn jeder der drei Bereich für dich neu ist. Und ich würde es als Senator wohl auch nicht sonderlich toll finden, wenn mein frisch eingestellter Scriba personalis mir nicht unbedingt immer zur Verfügung steht, weil er auf eigene Kosten Vorträge hält", sponn er die Gedanken dann weiter. "Wenn du also Scriba werden willst, solltest du das vielleicht als erstes angehen und dann schauen, wie viel Zeit dir das lässt. Und wenn es die Zeit dann erlaubt, vielleicht in einem Verein oder einer Societas aktiv werden", schlug er vor.

    "Vor deinem ersten Auftritt vor Gericht wäre dann ja auch eine juristische Ausbildung notwendig", dämpfte Macer ein wenig die Experimentierfreude seines Cousins. "Das ist bei den anderen Themen in der Tat einfacher, wenn du sie schon aus deiner Ausbildung kennst. Zumal für diese auch keine formelle Zulassung notwendig ist, anders als bei den Juristen eben."


    Macer spazierte langsam weiter und machte noch keine Anstalten, wieder ins Gebäude zurück zu kehren. Man würde ihm schon signalisieren, wenn das Abendessen fertig war und vorher hatte er drinnen ohnehin nichts zu tun. "Natürlich gibt es andere Möglichkeiten", sprach er dann weiter. "Wenn es um die Bekanntheit geht, bieten sich vielfältige Ehrenämter in Vereinen und ähnlichen Gruppierungen an, aber das hilft natürlich deinem finanziellen Problem nicht unbedingt weiter. Für dieses wiederum könntest du auch eine bezahlte Stellung als Scriba personalis eines angesehenen Senators annehmen. Aber das macht dich nicht unbedingt großflächig bekannt, auch wenn es dir im Idealfall einen sehr direkten Fürsprecher sichert, wenn du deine Sache gut machst", zählte er weitere Optionen auf, wie man das eine oder das andere Problem angehen konnte.

    "Oh nein, im Vorbeigehen und ohne Anstrengung kann das ganz sicher nicht erledigt werden", stimmte Macer den Bedenken zu. "Man muss das schon bewusst angehen. Aber schwierig ist es dann nicht unbedingt", führte er dann aus. Ein nicht ganz unwichtiger Einflussfaktor dabei war, dass Macer selber als Consular durchaus eine gewisse Ausstrahlung haben sollte, die die Chancen eines engen Verwandten steigern konnte - aber das erwähnte Macer natürlich nicht. Schließlich wollte er, dass sein Cousin selber etwas tat. "Aber die finanziellen Belange lassen sich damit ja durchaus verbinden. Was gäbe es Angenehmeres für einen gebildeten jungen Mann, als zum Beispiel Vorträge gegen Bezahlung zu halten? Entweder auf eigene Faust, oder als Dozent an der Schola Atheniensis? Eine klassische Karriere als Gerichtsredner ist heutzutage ja etwas schwieriger, aber immerhin kann man bei anderen Vorträgen nicht ganz so viel falsch machen wie vor Gericht." Eine Sammlung verlorener Prozesse war schließlich keine gute Empfehlung.

    "Aufstiegsmöglichkeiten gibt es überall und ob ein Aufgabenbereich interessant ist, liegt wohl ganz im Auge des Betrachters. Da wirst du so viele Meinungen finden, wie du Leute fragst", bemerkte Macer recht lapidar zu der doch etwas größeren Unsicherheit seines Cousins bei der Festlegung der Zielsetzung. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen gab er ihm gerne ein paar Tipps. "Nun, du hast eine Ausbildung in Griechenland genossen, das ist schon ein hervorragender Einstieg. Der nächste Schritt wäre nun, dich hier in Rom bekannt zu machen und baldmöglichst den Ordo Senatorius zu erwerben. Und dann kann es schon losgehen mit einer Kandidatur für das Vigintivirat bei den nächsten Wahlen. Damit wärst du dann schon mitten drin und die Dinge gingen hoffentlich erfolgreich ihren Weg." Im Idealfall natürlich, aber der Cursus Honorum konnte tatsächlich so einfach sein.

    Macer hörte zu und nickte leicht. "Ja, Flexibilität kann gerade heute nicht schaden, wobei man sicher auch aufpassen muss, sich nicht zu leichtfertig mit jeder sich bietenden Chance einzulassen. Sonst steht man nachher doch mit einem Bein auf der falschen Seite", begann er mit einer kleinen Warnung, ohne damit allzu konkret werden zu wollen. Immerhin hatte sein Cousin auch keine konkreten Pläne, die man dahingehend bewerten konnte.


    "Wenn du den Cursus Honorum erwähnst, nehme ich an, dass dein Weg dich also in die Politik und mittelfristig in den Senat führen soll?" erkundigte er sich dann. Zu der bisherigen Ausbildung in Griechenland passte dies zumindest schon einmal. "Tätigkeiten in der Verwaltung liegen dir nicht so sehr oder wecken zumindest nicht dein gesteigertes Interesse?" fragte er auch die gegenteilige Option ab, die eher in Richtung einer Ritterkarriere gehen würde.

    Langsam wendete Macer die Innereien und betrachtete sie von allen Seiten. Er konnte nicht behaupten, besonders erfahren zu sein in der Beurteilung göttlicher Zeichen, aber er konnte keinen Mangel erkennen. Nichts schien darauf hinzudeuten, dass die Göttin Iuno seinen Dank nicht annehmen wollte oder die Bitten nicht gewährte. Ebenso waren keine Zeichen zu erkennen, die auf die Notwendigkeit der Wiederholung des Opfers hindeuteten. "Litatio!", verkündete Macer daher und freute sich über das erfolgreiche Opfer.


    Für den weiteren Verlauf der Handlung überließ er nun bald wieder dem Aedituus die Verantwortung, der sich um die Zerlegung des Tieres und die Zubereitung der Innereien für die Götter kümmern würde, während Macer sich nach dem erfolgreichen Abschluss der Handlungen am Altar zu seinem kleinen Gefolge begab.