Beiträge von Spurius Purgitius Macer

    "Ja, wohjl wahr, an Ehre ist in diesem Bürgerkrieg nicht viel zu denken. Dafür sind die Seiten zu unklar." Wobei natürlich formal das Recht auf Seiten von Vescularius Salinator lag und seine Truppen somit die Ehre hatten, den nominell rechtmäßigen Herrscher zu verteidigen, wie es auch einst Macer einmal in einem Bürgerrkeig getan hatte. Was ihm in diesem Fall durchaus zur Ehre gereicht hatte, auch wenn es gegen andere Römer ging.


    Dass sein Cousin sein eigenes Thema dann dich recht umständlich einleitete, brachte Macer nach den eher dunkleren Gedanken wieder zum Schmunzeln. "Das finde ich eine gute Einstellung, dass du den Müßiggang leid bist", stimmte er erst einmal zu. "Wie sehen denn deine Pläne aus?", erkundigte er sich dann erst einmal nach den Vorstellungen seines Cousins, bevor er eigene Vorschläge unterbreitete. "Oder hast du noch keine konkreten Vorstellungen?"

    "Ohja, das tut sie", bestätigte Macer strahlend und eifrig nickend. "Es gibt im Moment nichts, womit ich mich lieber oder häufiger befassen wollte."


    Leider kam die Frage nach dem Bürgerkrieg wohl nur knapp danach, denn natürlöich war sie omnipräsent in Rom. "Dass die Situation sich so einfach auflöst, glaube ich definitiv nicht. Nach allem, was wir hier in Rom wissen, ist ja Cornelius Palma, der von mehreren Legionen als Kaiser ausgerufen wurde, dort gar nicht dabei mit seinen Truppen. Ich rechne daher sehr sicher mit weiteren Kämpfen. Aber frag' mich bitte nicht wo! Oder wer nun in Norditalien siegreich sein wird." Dafür hatte er einfach zu wenig Informationen darüber, was dort wirklich passierte. Und seine Einstellung zum Militär aus eigener Erfahrung verbot es ihm, allzu wild zu spekulieren.

    Nicht nur auf Macers Tagesablauf hatte die kleine Albina Einfluss, sondern auf die gesamten Abläufe in der Casa Purgitia. Manches bekam Macer direkt mit oder hatte es gar selber angeordnet, anderes berichtete ihm erst sein Verwalter. Zum Beispiel die Zeit, die die Sklaven neuerdings täglich für das Waschen der Windeln brauchten, damit die kleine Albina auch immer trocken und wohlig eingepackt war. Immerhin zahlte es sich aus, dass die Casa Purgitia sowohl über ausreichende Wirtschaftsräume, als auch über fließend Wasser verfügte, was den Sklaven die Arbeit wenigstens etwas erleichterte.


    Macer kümmerte sich darum allerdings nur insofern, dass er umgehend tätig wurde, wenn irgendetwas nicht perfekt war für seine Tochter. Aber auch heute konnte ihm die Amme glaubhaft versichern, dass alles in Ordnung war. Und natürlich glaube Macer auch, dass Albina heute gelächelt hatte, als sie ihn erblickt hat. Auch wenn ein Kind in diesem Alter seine Mimik in Wirklichkeit noch gar nicht voll unter Kontrolle hatte.

    "Geschäfte ist eigentlich ein recht hochtrabendes Wort für meine aktuellen Tätigkeiten", gab Macer lächelnd zu. "Ich habe ja im Moment kein Amt inne, so dass ich mich hauptsächlich um meine Klienten kümmere, die Factio Russata und soweit nötig auch um mein landgut. Und natürlich vor allem um meine Tochter." Wobei sich um die de facto wohl eher die Amme kümmerte. Trotzdem strahlte Macer bei diesen Worten und ging beschwingt weiter den Wandelgang entlang. "Von daher ist es natürlich auch nicht schwer, dass alles zu meiner Zufriedenheit läuft. Meistens sind es ja die politischen oder amtlichen Angelegenheiten, die einem Sorge bereiten. Und die sind im Moment recht gering - also, die Angelegenheiten, nicht die Sorgen auf diesem Gebiet."

    "Ja, wahrscheinlich hast du sogar Recht", schmunzelte Macer zur Größe seines Gartens. Es gab zwar größere Gärten in den großen Stadtvillen Roms, aber der kleinste Garten war seiner nun auch wirklich nicht und für ein paar Schritte reichte es in jedem Fall.


    "Ja, ich kann mich nicht beklagen", ging er dann auf die zweite Frage ein. "Weder darüber, dass ich zu wenig zu tun hätte, noch darüber, dass die Dinge, die in meiner Verantwortung liegen, schlecht laufen würden", fasste er die Lage recht abstrakt zusammen. Er war sich nicht ganz sicher, ob sein Cousin nur einen netten Gesprächseinstieg suchte oder genauer daran interessiert war, was Macer eigentlich den ganzen Tag tat, so dass er es ihm überließ, weiter zu fragen, wenn er eben eher auf letzteres aus war.

    Langsam und würdevoll schritt Macer nach dem Verlassen des Tempels die Treppe hinunter und auf den Altar zu, begleitet vom Flötenspiel der Musiker, die der Aedituus organisiert hatte. Ein Opferhelfer besprengte die Umstehenden mit Wasser, um auch bei ihnen für rituelle Reinheit zu sorgen und forderte sie dann wie üblich zum Schweigen auf, was aber ohnehin kaum nötig war, da die Zuschauer ja auch nicht zum ersten Mal bei einem Opfer dabei waren und den Ablauf kannten. Macer ließ sich derweil ebenfalls noch einmal Wasser und Handtuch für eine weitere Waschung reichen und anschließend die nötigen Utensilien für die letzte Behandlung des Opfertieres vor dem Opfer. Mit der mola salsa zum Besprengen des Opfertieres war er nicht gerade kleinlich, aber da die Kuh auch von Natur aus schön weiß war, brauchte er auch keine Sorgen haben, durch zu viel Salzlake irgendwelche Kreide abzuwaschen, die dunkle Flecken verdeckt hätte. Anschließend ließ er den Opferschmuck abnehmen und führte das Opfermesser von Kopf bis Schwanz über den Rücken der Kuh, bevor er es an den Schlächter weiterreichte. Dann kehrte er zum Altar zurück, um von dort das Gebet zu sprechen.


    "Ehrwürdige Iuno Lucina, große Göttin des Lichtes, des hellen Mondes und der Familie. Du Wächterin der Geburt und aller Neugeborenen", begann er noch einmal mit denselben Worten, die er schon im Tempel beim Voropfer gewählt hatte. "Ich bitte dich darum, dass dein helles, warmes Licht der kleinen Albina alle Tage scheinen möge, um sie sicher und geborgen durch diese Welt zu leiten. Nimm diese strahlend weiße Kuh als mein Opfer an und gewähre mir die Erfüllung meiner Bitte."


    Er trat einen Schritt zurück, was dem Schlächter ein Zeichen gab, dass er nun mit seiner Arbeit beginnen konnte. "Agone?", fragte er, und Macer antwortete laut und deutlich mit einem "Age!", woraufhin die Kuh wenig später ihr Leben verlor. Es dauerte eine Weile, bis sie ausgeblutet war und ausgenommen werden konnte, um die Eingeweide zur Begutachtung auf den Altar zu legen.

    Erfreut stellte Macer fest, dass sein Cousin offenbar ähnlich dachte wie er und erhob sich folglich zügig. Er drehte sich um und öffnete die schwere Holztür, die von seinem Tablinum gleich in den kleinen Wandelgang im Garten führte. "Mach' bitte den Vorhang zu, damit es nicht so zieht", bat er dann und meinte damit den Vorhang zwischen Tablinum und Atrium, den Licinus eben beim Eintreten natürlich beiseite geschoben hatte. Dann trat er nach draußen, ließ seinen Cousin ebenfalls heraus und lehnte die Tür wieder an, so dass es nun wirklich nicht ziehen konnte. Heizen war nicht wenig aufwendig, da zählte jeder verhinderte kühle Windzug.


    "Zumindest für ein paar Schritte reicht es", meinte er dann fast entschuldigend zu der Größe des Gartens und des Wandelganges, der an zwei Seiten entlang führte und damit für ein Stadthaus nicht einmal wirklich klein war.

    "Nun, dann wollen wir mal", entschied Macer voller Tatkraft und schritt weiter auf den Tempel zu. Er ließ sich Wasser und Handtuch für die notwendige Waschung reichen, bevor er das Innere des Tempels betrat, um das Voropfer zu absolvieren. Nach dem Übertreten der Schwelle brauchte er einige Augenblicke, bis sich seine Augen an das schwächere Licht im Inneren gewöhnt hatten, aber diese kleine Pause konnte er nutzen, um die Toga über den Kopf zu legen, wie es sich für den Opferherrn gehörte. Dann schritt er weiter zum Opfertisch und legte erst einmal Weihrauch auf die bereits glimmenden Kohlen, um eine Verbindung zu den Göttern herzustellen.


    Als der Rauch nach oben stieg, richtete er seinen Blick auf das Kultbild und begann zu sprechen. "Ehrwürdige Iuno Lucina, große Göttin des Lichtes, des hellen Mondes und der Familie. Du Wächterin der Geburt und aller Neugeborenen. Ich danke dir dafür, dass du meine Tochter Albina unter deiner schützenden Hand auf die Welt geleitet hast. Nimm diesen Kuchen und diesen gesüßten Wein als meinen Dank dafür an, dass du die kleine Albina ins Licht der Welt geführt hast." Langsam und sorgfältig stellte er die genannten Opfergaben auf den Opfertisch und rückte sie ein wenig zurecht, damit es gefällig aussah.


    Dann fuhr er mit seinen Bitten an zwei weitere Göttinen fort. "Ehrwürdige Cunina, Schutzgöttin der Neugeborenen und Wächterin über die Wiege. Gewähre der kleinen Albina deinen Schutz, so dass alles Böse und alles Dunkle von ihr ferngehalten werde. Nimm diese Milch an als meine Gabe an dich." Eine Kanne mit Milch und ein Becher dazu wanderten zusätzlich auf den Opfertisch. "Ehrwürdige Sentia, Göttin der wohligen Empfindungen und der lieblichen Gedanken. Sorge dafür, dass die kleine Albina in den ersten Jahren ihres zarten Lebens nur Gutes zu fühlen und dies auch stets zu vermitteln vermag, sei es bei Beginn durch ein süßes Lachen, sei es später durch die Kraft der Sprache. Nimm diese Blumen und dieses Obst an als meine Gaben an dich." Ein Teller mit Obst und ein Blumengesteck, das um diese Jahreszeit im übrigen überhaupt nicht einfach zu bekommen gewesen war, komplettierten den Opfertisch. Macer betrachtete ihn, befand ihn für ansprechend hergerichtet und wendete sich nach Rechts, um das Voropfer zu beenden und den Tempel wieder zu verlassen.

    "Der Brief muss nicht heute fertig werden", erwiderete Macer und deutete auf die Wachstafel vor sich. Wenn sein Cousin ihn erst in seinem Cubiculum gesucht hatte, schien er ja zumindest ein konkretes Anliegen zu haben. Also legte Macer den Griffel weg und lud seinen Cousin zum Sitzen ein. "Ja dann setz' dich. Oder sollen wir es später beim Abendessen besprechen und vorher noch ein paar Schritte im Garten machen?" Es war zwar schon kühl um diese Jahreszeit, aber im Garten immerhin windgeschützt. Aber Macer wusste natürlich nicht, ob sein Cousin genauso wie er ein wenig Bewegung an der frischen Luft zur Entspannung schätzte.

    Wieder versuchte Macer den Ausführungen aufmerksam zu folgen, was ihm nicht ganz gelang. Zumindest war er sich nicht sicher, ob er alles richtig verstanden hatte. Die grobe Richtung war ihm allerdings klar. "Dass die Bestimmungen des einen Gesetzes durch ein anderes wieder aufgehoben werden, halte ich wie gesagt nicht für unüblich oder problematisch. Wir verbieten ja ganz selbstverständlich auch durch ein Gesetz das Töten, nur um es ebenso selbstverständlich den Soldaten im Krieg zu gestatten. Der Vergleich mag nicht völlig passen, aber das Prinzip ist doch dasselbe, denke ich", führte er erneut zum ersten Punkt aus. "Ob eine Ausnahme immer sinnvoll ist, ist natürlich eine andere Frage." Zu der konnte er aber spontan wenig sagen, da er sich mit der Sinnhaftigkeit und exakten Intention der Augusteischen Ehegesetze noch nicht im Detail befasst hatte.


    Der andere Punkt war ihm schon geläufiger, da er sich als Aedil und Praetor natürlich auch mit unbezahlten Schulden hatte herumschlagen müssen. "Deine Überlegungen zur Bedienung der Gläubiger im Erbschaftsfall sind allerdings sehr interessant", stimmte er daher zu, auch wenn er hier eben nicht jedes Detail verstanden hatte. "Dir geht es also vor allem darum, für die Geschäftspartner dieser Freigelassenen die Rechtssicherheit zu erhöhen, indem du ihren Status aufwertest?" fragte er nach, um sicherzugehen, dass er den Kern der Idee zumindest korrekt verstanden hatte.

    Macer hörte den Ausführungen aufmerksam zu und versuchte, sich zu den beiden Punkten rasch eine eigene Meinung zu bilden oder festzustellen, ob es ihm relativ egal war, wie die Regelung lautete. Bei dem zweiten Punkt ging das recht schnell. "Nun, ich würde annehmen, dass das speziellere Recht wie üblich auch in diesem Fall das allgemeinere Recht schlängt. Sprich, wenn die Lex Germanica Servitium auch im Falle eines Conubiums den Kindern das Bürgerrecht auf Antrag gewährt, so wäre dies eben eine für diesen Fall geltende Ausnahme, die über dem allgemeinen Recht steht. Von daher sehe ich hier keinen zwingenden Bedarf, einen Rechtsmangel zu beheben", erläuterte er seine Meinung zu diesem Punkt. "Was den genauen Rechtsstatus betrifft, wäre es sicher eine Überlegung wert, wieder zu der Option zurückzukehren, dass Sklaven durch Freilassung auch das Bürgerrecht erwerben. Was wären die Vorteile einer solchen Regelung?'" erkundigte er sich dann zu dem ersten Punkt nach weiterführenden Gedanken, die für eine Änderung sprechen könnten.

    Der Iulier kam gleich zum Kern seines Anliegens, was Macer durchaus Recht war, denn so war die Wahrscheinlichkeit gering, dass sich ein endloses Gespräch ergeben würde. Dass es um Rechtsfragen gehen sollte, überraschte ihn zwar ein wenig, da er nicht gerade zu den Rechtsexperten des Reiches zählte, aber andererseits erwartete man von einem Consular wohl, dass er dazu grundsätzlich Stellung nehmen konnte. "Bitte, beginne mit deinen Darlegungen", ermunterte er den Senator also zu sprechen.

    Auf das Klopfen hin rührte sich nichts, was ziemlich einfach damit zu erklären war, dass Macer sein Cubiculum außer zum Schlafen so gut wie nie benutzte. Unbemerkt blieb das Klopfen trotzdem nicht, denn wenig später erschien eine neugierige Sklavin. "Du suchst den Hausherrn?", erkundigte sie sich etwas unsicher, aber hilfsbereit lächelnd.

    Tatsächlich war es am frühen Nachmittag nicht immer einfach, einen Senator zu Hause anzutreffen, aber der Iulier hatte Glück. Der Türhüter musste zwar erst drinnen fragen, ob der hausherr Besuch empfangen wollte, kam dann aber mit positiven Nachrichten zurück. "Dein Herr kann eintreten. Er wird drinnen allerdings einen Augenblick warten müssen", kündigte er an und ließ den Besuch dann eintreten.

    Der Türhüter platzierte den Senator Iulius Centho erst einmal im Atrium, wo man ihm Getränke anbot, während er auf den Hausherrn warten musste. Dass jener überhaupt zu Hause war lag daran, dass er sich gegen einen Besuch der öffentlichen Therme entschieden hatte und stattdessen das hauseigene kleine Bad benutzte. Eine Entscheidung, die er seit der Geburt seiner Tochter merklich häufiger getroffen hatte. Und weil er gerade im Bad war, musste der Senatskollege eben warten.


    Frisch gewaschen und wieder in seine Toga gehüllt, erschien Macer dann aber doch wenig später im Atrium. "Salve, Iulius Centho", begrüßte er den Senator. "Ein überraschender Besuch. Tut mir Leid, dass ich dich warten lassen musste. Komm', wir gehen ins Tablinum", lud er nach der Begrüßung ein und ging voran.

    Der Laufbursche war glücklich, dass alles soweit vorbereitet war, denn das ersparte ihm einen eiligen Lauf zurück zum Hause seines Herrn. Stattdessen konnte er hier bleiben, bei der Vorbereitung der Kuh zugucken und die Vormittagssonne genießen.


    Etwas später traf dann auch planmäßig Macer ein, in eine angemessen festliche Toga gehüllt und begleitet von seinem Verwalter, zwei Sklavinnen und einer kleinen Schar von Klienten. Er strahlte mit der spätherbstlichen Sonne um die Wette und schien sich auf das Opfer sehr zu freuen. Bald erblickte er den Aedituus, der ihn beim letzten Mal beraten hatte und hielt auf ihn zu. "Salve! Ich sehe, alles ist bereit?" erkundigte er sich und hatte die vorbereitete Kuh bereits entdeckt.