Zitat
Die Zuständigkeit des Iudicium Imperatoris ergibt sich aus der Anklage.
Diese lautend auf:
§ 58 Mord
Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.
§ 7 Versuch einer Straftat
Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. Der Versuch einer Straftat ist stets strafbar, jedoch kann das Gericht hierbei die Strafe mildern, dies besonders bei freiwilligem Rücktritt von der Tat.
"Ehrenwertes Gericht,
wenden wir uns jetzt den Fakten zu. Ich werde auch nicht lange mit unnötigen Einleitungen aufhalten, da ich denke, dass es hier besser ansteht gleich zu den Fakten zu kommen und nicht erst noch lange rhetorische Stilblüten zum Besten zu geben.
Meine Mandantin wurde auf § 58 angeklagt: Mord!
Doch: Ich habe Zweifel. Wurde eine Leiche gefunden?
Mit Sicherheit nicht, denn das Opfer steht dort drüben vor uns, Blut fließt durch seine Adern, es atmet, es redet und ist lebendig. Sehr lebendig sogar, wie wir alle feststellen konnten.
Vibullius ist nicht tot! Er wurde nicht gemordet.
Auf der anderen Seite jedoch kann der Anschlag auf seine Person nicht geleugnet werden. Er wurde von meiner Mandantin mit einem Dolch angegriffen, in der Absicht, ihn zu treffen.
Mord jedoch, meine ehrenwerten Richter setzt eine geplante und durchkalkulierte Absicht voraus, die nicht nachgewiesen werden kann. Meine Mandantin schwört zwar HEUTE, dass alles nach einem Plan abgelaufen sei, jedoch die unmittelbaren Zeugenaussagen, und die Darstellung des Geschehens, lassen es wahrscheinlicher erscheinen, dass doch im Affekt gehandelt wurde.
Die Provokation, die unsittliche und herabwürdigende Annäherung des Geschädigten an meine Mandantin spielt bei dieser Annahme keine unwesentliche Rolle. Ich will ihn jedoch deshalb nicht beschuldigen, auch wenn ich denke, dass er bei weitem den guten Geschmack überschritten hat. Zu Zeiten unserer Väter hätte dafür meine Mandantin nicht den Dolch zücken müssen, es hätte einer der umstehenden getan.
Ich plädiere daher, das in diesem Fall, nicht von einem geplanten und beabsichtigten Mord ausgegangen wird. Es gibt weder für einen Plan, noch für einen Patrizierhass, noch für eine Verwicklung der Gens Germanica irgendwelche Beweise, lediglich die HEUTIGE Aussage meiner Mandantin, welche gar nicht zu dem TATHERGANG DAMALS ZU PASSEN SCHEINT.
Ich weiß nicht, ob es Sinn macht, sie einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Doch steht ausser Frage, dass sie keine Lebenshoffnung mehr in sich trägt. SIE WILL STERBEN.
Sie fühlte sich bereits am Tage ihres Angriffs auf den Geschädigten, durch eben diesen auf das Schamloseste beleidigt und entehrt, und nachdem ihr niemand zur Hilfe geeilt war, griff sie aus Affekt zum Dolch. Danach floh sie, sie floh um zu LEBEN. Sie verbarg sich im Hause des Volkstribuns weil sie LEBEN wollte.
Nachdem sie jedoch erfuhr, dass sie aus ihrer Gens verstossen wurde, nachdem sich niemand aus ihrer ganzen Familie ihrer annahm, nachdem sie auch die Hoffnung fahren lassen musst, dass ihr Gemahl zu ihr stehen würde, lies sie alle Hoffnung fahren und wünschte sich den Tod.
Den Tod, weil ihr Leben keinen Sinn mehr zu machen scheint.
Den Tod, weil sie die Schmach und die Schande nicht auf sich sitzen lassen kann.
Welche Schmach? Die Schamch, dass ihre Ehre und Würde ein zweitesmal gestohlen wurden, diesmal jedoch von ihrer eigenen Familie, von ihrem EIGENEN Blut.
Wer von UNS allen hier, wollte da noch leben?
Ehrenwertes Gericht,
was in Rom, an jenem Tage auf dem Forum passierte war eine Tragödie, wie sie die Dichter nicht hätten besser schreiben können. Es war eine Tat, welche VERZWEIFELTER nicht hätte sein könne, eine Tat, welche nie lauter um HILFE hätte schreien können. Es war die Tat einer Frau, einer römischen Bürgerin, und keiner Barbarin, einer RÖMERIN, deren Ehre und Sittlichkeit über alle Zweifel erhaben waren, und die in gerade diesem Punkt in aller Öffentlichkeit - so dass es alle umstehenden hören konnten - verletzt wurde.
Ehrenwertes Gericht, DIES war Mord. Für den es jedoch kein Verfahren geben wird.
Ich plädiere daher in Anbetracht der Tatsache, dass Selbstjustiz in unserem Rechtsstaat ausser im Falle der Verteidigung des Hauses und des eigenen Lebens nicht gestattet ist, auf mildernde Umstände zu erkennen und meine Mandantin nicht zu schwer zu bestrafen, denn sie ist - menschlich gesehen in ihrer jetzigen Situation - gestraft genug.
Die Verteidigung sieht es als nachgewiesen an, dass meiner Mandantin, in aller Öffentlichkeit die höchste Würde der römischen Frau verletzt wurde, ihre Ehre und sittliche Unbescholtenheit, und dass daher auf mildernde Umstände das Urteil beruhen muss.
Sollte die Strenge des Gesetzes jedoch darauf bestehen, den Angriff auf einen Patrizier streng zu ahnden, ungeachtet der Tatsache, dass jener diesen provozierte, indem er seinen gesellschaftlichen Stand, seine gesellschaftliche Stellung ausnutzte um Ehre, Würde und Sittlichkeit einer römischen Bürgerin in den Dreck zu ziehen, so mag es das tun.
Doch der Gerechtigkeit wäre damit NICHT Genüge getan.
Die maximale Strafe, welche die Verteidigung sieht, ist jene der Verbannung. Das Ziel der selben mag im römischen Imperium liegen."