Beiträge von Artoria Medeia


    Wieder war eine Amtszeit zu Ende gegangen und wieder stand eine Res Gestae an. Vielleicht war es auch Medeia letzte Rede auf der Rostra, die sie halten würde. Veränderte sich doch die Freiheit in der Politik für Frauen zusehends. Es war ein nicht wolkenfreier Tag. Blaugraue Wolken, die am Rand silberne Streifen hatten, zogen langsam und träge über Rom hinweg und warfen ihre Schatten auf das Forum Romanum. Auch über den Tempel des Divus Iulius zogen die Wolken hinweg. Ein einziger Sonnenstrahl fiel auf die Rostra Actia herunter, die direkt gegenüber dem Tempel stand. Große Schiffsschnäbel zierten jene Rostra. Es waren die Schnäbel, die Augustus aus seinem Sieg über Marc Anton und Kleopatra mit nach Rom gebracht hatte. Nach der Schlacht von Antium, die doch das gesamte Imperium verändern sollte. Hier in der Nähe sollte der Mundus liegen, der Mittelpunkt der Stadt und Eingang zur Unterwelt. Und jene Rostra hatten sich die beiden Aediles ausgewählt, um ihren Tatenbericht zu halten. Medeia stieg mit ihrem Kollegen die Treppe zur Rednertribüne hinauf. Sie trug wieder eine strenge und weiße Stola und ihre Haare fest nach hinten gebunden. Einen Moment verharrte Medeia ehe genug Zuhörer ihre Aufmerksamkeit den Beiden zuwandten.


    „Bürger Roms! Heute geht ein weiteres Jahr vorbei, in denen wir, die Magistrate Roms, euch gedient haben. Vor unserer Wahl haben wir euch einiges versprochen, was wir in Rom bewegen und vollführen wollten. Heute wollen wir uns euren Fragen und eurer Kritik stellen. Doch für diejenigen, die nicht wissen, welches Amt wir bekleideten: Wir sind die Aediles! Ich, die Aedilis Plebis Artoria Medeia, und mein Kollege, der Aedilis Curulis Quintus Tiberius Vitamalacus.“


    Medeia schwieg kurz.


    „Viele Aufgaben lagen in unserer Pflicht als Aediles. Die Marktaufsicht, die Besichtigung und Kontrolle der Tempel, der Strassen, der Thermen und der Lupanare. Außerdem waren wir für die Spiele, den Ludi Romani, verantwortlich. Einige unserer Arbeiten werden wir heute im besonderen vorstellen und beleuchten, um Euch Einblick in unsere Arbeit und Tun zu geben.“

    Rechtzeitig bevor Vitamalacus sich ans Werk machte, war Bareus zur Seite ausgewichen. Stumm beobachtete er das Tun des Aedilis. Auch sein Fuß stieß eine Ratte zur Seite, die schrill aufquieckte und dann im Kanal mit einem leisen Platschen landete. Sofort kam ihr kleiner Kopf wieder hervor und sie fing an davon zu paddeln. Der Wasserschwall kam und Bareus Mundwinkel zuckten kurz. Das war jedoch die einzige Gemütsregung, die er darüber zeigte. Stattdessen kletterte er wieder ins Boot hinein und folgte somit dem Aedilis Curulis. Das Boot schwappte bei der Bewegung leicht hinter her. Den Kanal kam ein großes Stück Holz, wohl ehemals von einem Fass, entlang getrieben. Das Holz stieß kurz gegen die Bootswand und schwamm weiter. Famius und Minius ruderte auf einen Wink von Bareus wieder los. Sie kämpften gegen den Strom und das Boot fuhr stetig vorwärts und tiefer in die Gedärme der Stadt hinein. Wieder leuchtete Bareus voraus und in die Dunkelheit des Kanals. An den Seiten flossen kleine Rinnsäle von Wasser entlang. Scheinbar hatte es angefangen über der Erde zu regnen. Obwohl der Kanal immer noch mehrere Meter breit war, wurde er doch stetig ein klein wenig schmaler.


    Dann fiel das Licht der Laterne auf ein seltsames Gebilde. Eine Frauenstatue, die am Rande des Kanals stand. Gesichtszüge hatte sie keine und auch ihre Körper schien eher von unkultivierter Hand zu kommen, wies sie doch nicht die Feinheiten der griechischen Kunst auf. Zu ihren Füßen lagen allerlei Gaben, Schalen und ihr Sockel war mit dem Wachs unzähliger Kerzen mit einer dicken Patina bedeckt. Eine Ratte knabberte an ihren Füßen an einen der Essensgaben. Famius verscheuchte sie mit seinem Ruder und schien einen Moment ehrfürchtig zu sein. Bareus beugte sich nach vorne und strich mit seiner alten Hand über das Steingewand der Statue, die an dieser Stelle schon blankgerieben war. Er murmelte leise einige Worte und holte eine Wachskerze hervor. Diese zündete er an seiner Laterna und pfropfte sie am Sockel fest. Famius schwieg und schien auf seine Weise an diesem kleinen Dienst teilzunehmen. Nur Minius schien keine Ahnung zu haben, was die beiden Männer dort taten. Bareus wandte sich danach wieder zu Vitamalacus um. „Die Cloacina! Wir sind jetzt fast direkt unter dem Tempel der Venus Cloacina auf dem Forum Romanum. Keiner, der hier im Kanal arbeitet, geht ohne ein Gebet an dieser Göttin vorbei.“ Er schwieg und warf der Statue noch mal einen respektvollen Blick zu. Doch dann kam er wieder zu ihrem Geschäft zurück. „Es gibt da etwas, was ich Euch gerne zeigen will. Es ist in einem Nebenkanal, etwa eine halbe Hora von hier entfernt!“

    „Die Geschichte?“ Rufus grinste breit und aß noch einige weitere Trauben. Etwas Traubensaft tropfte sein Kinn entlang und perlte an seinen Bartstoppeln ab. Mit einer nachlässigen Geste wischt er sich über das Kinn und legte den leeren Zweig der Trauben zurück auf den Tisch. Hach, das versprach ein gutes Geschäft zu werden. Wie sehr er doch die Römer liebte und ihre Art das Leben zu genießen. Denn das brachte ihm jedes Jahr eine große Summe ein. Es war nur zu schade, dass der Kaiser kaum noch Spiele abhielt. Was für ein Jammer. Das waren früher die besten Geschäfte. Aber trotzdem schienen ihn die Römer zu lieben. Manchmal waren die Römer für ihn, ehemaliger Peregrinus, doch unberechenbar.


    Er winkte einen Diener heran. „Hol meine Tabula, die Große!“ Dann wandte er sich wieder an Durus. „Gut, ich denke, es ist alles kein großes Problem. Die Kämpfe in der Arena sind und bleiben immer ein wenig unberechenbar. Aber wir können den größtmöglichen Einfluss darauf nehmen. Außerdem gestalten wir die Spiele so aufwendig oder kostenträchtig, wie es Dir am Besten behagt.“ Der Sklave kam wieder zurück und reichte Rufus eine Tabula, die er zwischen Durus und sich selber auf den Tisch legte. „Also, ein oder zwei hervorragende Kämpfer solltest Du auf beiden Seiten haben...damit es für die Zuschauer spannend bleibt. Natürlich sind auch zwischen diesen immer noch qualitative Unterschiede...ich denke wir machen es folgendermaßen...“ Rufus fing an, Durus eine Vorstellung seiner Gladiatoren zu geben und der einzelnen Kampfdisziplinen, die sie beherrschten. Dazu malte er auf die Tabula mögliche Schlachtformationen, Aufstellungen und Anzahl der Kämpfe. Auf der Tafel erschienen mit jedem weiteren Wort und Vorschlag immer komplexere Muster.

    Medeia maß Pumilus, ihren Ianitor, mit einem strafenden Blick. Dieser wurde noch nicht mal rot und versuchte eine gewisse Verlegenheit für seine schimpfende Tirade zu zeigen. Mit mäßigem Erfolg. Zwar stand Pumilus bei der Vinalia Rustica das erste Mal als Schauspieler auf der Bühne, aber man sah dem kleinen Mann durchaus jede Regung im Gesicht an. So musterte Pumilus schweigend seine Sandalen und wippte auf seinen Fersen auf und ab. Medeia wandte sich mit einem freundlichen Lächeln Macer zu. „Das Opfer verlief heute sehr vielversprechend. Ich bin sicher, dass der Tag und der Abend nur erfolgreich verlaufen können. Besonders da der Priester, Flavius Gracchus, heute Abend in meinem Haus noch ein weiteres Opfer an Iuppiter durchführen wird. Er hat eine sehr elegante Art, die Opfer zu leiten.“ Medeia lächelte dabei sinnierend, einen Moment an den Vinaliazug und das Opfer denkend. Doch der Augenblick währte nur kurz und sie verabschiedete sich mit einem freundlichen Lächeln. „Dann wünsche ich Dir noch einen schönen Vinaliatag. Vale, Senator!“


    Pumilus sah von seinen Sandalen auf, verneigte sich demutsvoll vor Macer und marschierte schon zum Eingang. Medeia lächelte noch mal und folgte dann ihrem Ianitor ins Haus hinein. Ein dunkelhaariger Mann in einer schlichten Tunika trat nach draußen. In seiner Hand hielt er eine Girlande aus Weinlaub und blauen saftigen Trauben. Er fing an, diese vor der Tür als Schmuck aufzuhängen. Gleich darauf kam noch eine Sklavin, eine blonde junge Frau hinaus und halft ihm dabei. Um auch die Trauben weiter oben aufhängen zu können, hob der Mann die junge Frau nach oben. Beide unterhielten sich leise miteinander und immer mal wieder war ein fröhliches Lachen von der jungen Frau zu hören.

    Zitat

    Original von Lucius Octavius Detritus
    Nächstes Mal schickt mir eine PN wenn ihr das Geld unbedingt benötigt...


    /me <---arbeitslos, wird darauf zurück kommen :D

    Ein Fest, viel Familie, man gehörte nicht wirklich dazu. Doch Medeia ließ sich davon nicht abhalten. Sie strebte zurück in den Innenhof und ließ sich auf einer Kline nieder. Ein wenig vom Wein getrunken, von ihrem Leibsklaven unterhalten und auch mit dem ein oder anderen Klinennachbarn. Doch der Tag zollte auch bei Medeia seinen Tribut. Sie wurde recht schnell müde. Noch ehe der Brautzug kam, er war ja eh eher was für Familie und enge Freunde, verabschiedete sich Medeia still und leise aus der kleinen Runde um sich herum. Mit ihrem Sklaven im Schlepptau verließ sie die Feierlichkeit wieder und wurde in ihrer gemieteten Sänfte nach Hause getragen.

    So irrte sich Medeia doch nicht. Sie lächelte leicht und sah kurz zu ihrem Kollegen. Dann wandte sie sich wieder an den Kaiser. „Dann besteht ja kein Grund für meine Anwesenheit, werter Augustus. Wenn ich mich dann zurück ziehen darf, Imperator?“ Medeia neigte ein klein wenig ihren Kopf in einer Demutshaltung, ganz wie in den Zeiten als sie früher das Wort an den Kaiser gerichtet hatte. Alte Gewohnheiten legte man schwer ab.

    Ein Blick nach draußen geworfen und Medeia nickte zustimmend. Das hieß natürlich nicht, dass sie bald nach Hause gehen konnte. Sie stand auf und nickte dem Architectus freundlich zu. „Dann danke ich Dir, dass Du die Zeit für mich erübrigt hast und bis zu einem anderen Zeitpunkt, wo die Parzen ein Zusammentreffen planen. Vale, Octavius!“ Sie winkte Quartus zu, der schnell noch den Becher leerte. Auch ihr Leibwächter trat wieder an ihre Seite und alle Drei verließen das Officium.

    Nur schwer konnte Medeia ein Seufzen unterdrücken. Natürlich nicht über die Frage von Durus, sondern, dass er durchaus Recht hatte. Als Vitamalacus heran kam, nickte Medeia ihm freundlich zu. „Salve, Tiberius Vitamalacus. Auch mir geht es darum, die letzten Amtsgeschäfte zu übermitteln und dann die Basilica zu verlassen!“ Sie wandte sich an Durus und antwortete ruhig seiner Frage. „Sicherlich ist ihnen eine recht große Frist eingeräumt worden. Decima Valeria ist jedoch in Germania, wahrscheinlich ist ihr die Zahlung nicht so schnell möglich. Und Germanicus Avarus? Ja, der ist so ein Fall für sich. Auf meine Mahnung reagierte er recht heftig und drohte mir mit einem Prozess. Aber der Kaiser hat eben jene Edikte noch mal in einer Audienz bestätigt.“


    Sie schwieg kurz, schien wohl über jenen Moment nach zu denken. Dann sprach sie weiter. „Wenn das Geld eingetrieben wird, würde ich mich von seinen Einschüchterungsversuchen nicht beeinflussen oder irritieren lassen. Sollten sie nicht innerhalb der nächsten Zeit zahlen oder Einspruch einlegen, würde ich- wenn ich das sagen darf, werter Tiberius?- auch mit härteren Maßnahmen ans Werk gehen, wenn auch Germanicus Avarus Senator ist. Aber Recht muss Recht bleiben. Und was das Vorgehen angeht, ja, da wäre in der Tat der Konsul angebracht. Immerhin haben wir endlich wieder einen.“ Da sie keine Papyri mehr in ihrer Hand hatte, legte sie eine Hand an ihre Palla und zupfte sie zurecht. „Dann wünsche ich Dir viel Erfolg und den Segen der Götter für Deine Amtszeit, werter Tiberius Durus! Vale!“ Sie lächelte ihm freundlich zu und sah zu ihrem ehemaligen Kollegen. „Wir sehen uns dann morgen auf der Rostra. Vale, Tiberius Vitamalacus!“ Dann wandte sich Medeia um und verließ auch dieses Officium. Beschwingt schritt sie aus der Basilica heraus und sah sich nur einen kurzen Augenblick um.

    Um ihre Mundwinkel zuckte es, aber Medeia lächelte weiter freundlich. Sogar kleine Grübchen waren auf ihren Wangen zu sehen und ihre Augen blitzten vergnügt an jenem Tag. Sie zog einige Papyri hervor und reichte sie Durus. „Ich habe die letzte Amtszeit ein vorläufige Betriebsüberschreibung vorgenommen. Vielleicht ein wenig ungewöhnlich, aber in meinen Augen angebracht. Hier ist es und ich glaube, der Inhalt erklärt alles. Außerdem ist da vielleicht noch zu beachten, dass wohl noch Angebote vom Vorbesitzer herumgeistern, aber noch aus Restbeständen des Metzgers bestehen.“



    DECRETUM AEDILIS PLEBIS
    ANTE DIEM III KAL NOV DCCCLVI A.U.C. (30.10.2006/103 n.Chr.)



    Vorläufige Betriebsüberschreibung


    Hiermit wird der Betrieb Botellus Valerius Decius im Besitz von Ancius Valerius Decius auf Vibius Valerius Victor übertragen. Da der ursprüngliche Besitzer, Ancius Valerius Decius, zur Zeit verschollen ist wird der Betrieb fürs Erste in die Hand des Geldgebers und nahen Verwandten, Vibius Valerius Victor, gegeben. Sollte der ursprüngliche Besitzer, Ancius Valerius Decius, innerhalb der nächsten Amtszeit zurückkehren, wird der Betrieb wieder dem ursprünglichen Besitzer übertragen. Ist er am Ende der nächsten Amtszeit jedoch immer noch verschollen oder sein Ableben wurde festgestellt, so verbleibt der Metzger in der Hand von Vibius Valerius Victor. Dieses Dekret erfordert eine erneute Bestätigung des nächsten Aedilis Plebis oder Aedilis Curulis.


    Gez. Artoria Medeia
    Aedilis Plebis






    Das nächste Papyrus wurde gereicht. „Es stehen noch zwei Zahlungen zu Strafen meines Amtsvorgängers aus. Ich habe beide, Decima Valeria und Germanicus Avarus, schon angemahnt. Bis zu meiner letzten Zahlungsprüfung war jedoch nichts eingegangen und das war erst gestern gewesen.“



    Medicus Germanicus Avarus
    Strafedikt - Strafsumme von 8614,76 Sz.


    Decima Valeria
    Strafedikt -Strafsumme von 3117,50 Sz. aus.


    gemahnt:
    ANTE DIEM IV NON NOV DCCCLVI A.U.C. (2.11.2006/103 n.Chr.)



    Medeia ließ ihre Hand sinken und nickte langsam. „Ansonsten war es das meines Erachtens an Nachschulden aus meiner Amtszeit und meines Vorgängers. Das Edikt von Florus wurde bezahlt, ebenso von Pompeius Severus. Du wirst ihn jedoch nicht in den Akten zu der Führung des zweiten Staatsschatzes finden. Er hat an die falsche Kasse eingezahlt. Aber das ist erledigt. Hast Du vielleicht noch Fragen an mich?

    Aufmerksam lauschte Medeia den Worten des Kaisers und nickte verstehend. Zwar war es ihren persönlichen Interessen nicht günstig, dass die Edikte Bestand hatten, aber das war völlig unwichtig für sie. Es war eher eine Bestätigung ihrer bisherigen Arbeit und den Briefen, die sie versandt hatte. Darum war sie durchaus nicht unzufrieden mit der Antwort (im Gegenteil) und lächelte leicht. „Dass die Edikte einen ganz normalen Rechtsstatus haben und somit voll wirksam sind, habe ich bis heute auch so vertreten. Gut, dann weiß ich diesbezüglich auch Bescheid. Ich danke Dir, Augustus!“ Medeia lächelte und war froh, das doch recht schnell geklärt zu haben. Da sie keine Anliegen mehr hatte, was die Amtsachen betraf, sprach sie noch: „Von meiner Seite wären damit auch alle Fragen und mein Ansuchen geklärt, werter Imperator!“ Sie wußte jedoch nicht, ob Vitamalacus nicht noch einige Dinge besprechen wollte. Sie meinte, so etwas in Erinnerung zu haben.

    In einer grauen Stola gekleidet und mit einer Palla um ihre Schultern schritt Medeia den Gang auf das Officium zu. Ein fröhliches Lächeln lag auf ihren Lippen und ihre Schritte waren federnd und voll des Elans. Mit einigen Schriftrollen bewaffnet fand sie dann den neuen Aedil vor, den sie natürlich von der Rostra, aber auch schon von anderen Begebenheiten kannte. Ein freundliches Lächeln auf den Lippen tragend nährte sie sich ihm und nickte ihm zu. „Salve, Tiberius. Mein Glückwunsch zu der gewonnen Wahl!“ Sie sah sich kurz um, da jedoch wohl noch alles für die Amtsübergabe beschäftigt war, wandte sie sich gleich an ihren ‚quasi Nachfolger’. „Es trifft sich gut, dass ich Dich gleich hier treffe. Sicherlich will Dein Verwandter, Tiberius Vitamalacus, Dir eine ausführliche Einführung geben. Aber es gibt ein bis drei Dinge aus der letzten Amtszeit, über die ich Dich gerne informieren würde. Hättest Du jetzt einen kurzen Moment oder wäre Dir ein anderer Zeitpunkt genehm?“

    Es war soweit! Ihre Amtszeit war vorbei und ein Nachfolger war nicht in Sicht. So räumte Medeia an ihrem letzten Tag das Officium gründlich auf, stapelte einige Papyri sorgfältig auf dem Schreibtisch- für die Amtszeit darauf- und hinterließ noch ein kleines Schreibset (Rabenfeder, Tinte, Siegelwachs) für einen späteren Nachfolger in einem in eichenholzgefassten Kästchen. Die Statue des Kaisers wurde mit einem Leinentuch verhängt und dann auch die Sitzecke. Die Fenster wurden geschlossen. Medeia sah sich in dem blitzblanken Officium noch mal um. Eine Arbeit ging zu Ende und ein neuer Lebensabschnitt wurde eröffnet. Medeia lächelte leicht und trat hinaus und auf den Schreibtisch des Scribas zu. Sie nahm ein kleines Säcklein und ein verhülltes Packet und reicht es ihm. Überrascht sah Quartus auf das Donativum und das kleine Geschenk und lächelte schon fast verlegen. „Viel Erfolg, Quartus. Du wirst bei der anderen Amtsstelle bestimmt auch eine gute Arbeit haben. Und der nächste Aedilis Plebis kommt bestimmt.“ Quartus nickte. „Danke. Ja, Dir auch alles Gute, Aedilin...öhm..ja. Vale!“ Medeia nickte ihm freundlich zu und trat an die Tür. Ehe sie ihren alten Arbeitsplatz verließ, hängte sie noch ein Schild an die Tür des Officiums. Dann ging sie, um noch beim Officium ihres Kollegen vorbeizuschauen.





    *


    Dieses Officium ist für die kommende Amtszeit geschlossen. Für Belange der Aedile wende Dich bitte an den Aedilis Curulis. Sein Officium befindet sich nur einige Räume weiter.


    *


    Medeia lächelt freundlich und nickte leicht. „Gestört hast Du mich sicherlich nicht, Valerius Victor. Dann wünsche ich Dir noch einen schönen Tag und vielleicht begegnen wir uns ja wieder. Vale!“ Medeia sah ihm noch einen Moment leicht lächelnd und nachdenklich hinter her. Erst dann widmete sie sich den letzten Schreibarbeiten für die letzten Amtstage und weiteren Anfragen.

    Noch ein Schluck Wein genommen und ein vages Lächeln angedeutet. Medeia wirkte schon etwas weniger frostig als noch zum Ende ihres letzten Gespräches in ihrem Officium. Ihr Scriba war es auf jeden Fall nicht mehr. Der war glücklich mit seinem Wein und zeigte das mit einem höchst zufriedenen Gesichtsausdruck. Man sah ihm folgendes an: Sollte der Octavier mal Aedil werden, würde er bestimmt ein leichteres Leben mit ihm als Scriba haben als die jetzige Aedilin es hatte. Aber Quartus war noch in den ersten Jahren seiner Dienstzeit hängen geblieben und konnte sich immer noch nicht an Frauen im Amt gewöhnen. Dass es wohl die letzte Frau in diesem Officium war, würde er ja nicht ahnen können. Medeia nickte langsam und schien doch recht zufrieden zu sein. „Nun, dann sind das ja keine Belange mehr, die in mein Ressort fallen. Besonders nicht die Renovierung der Vigilengebäude. Gibt es vielleicht von Deiner Seite noch etwas, worauf Du mich stoßen möchtest? Metaphorisch gesprochen natürlich!“ Medeia lächelte freundlich und hob fragend ihre Augenbrauen. Der Leibwächter hinter ihr spannte sich leicht an, war er doch angewiesen angemessen bedrohlich zu schauen, wenn der Octavier wieder anzügliche Bemerkungen machte.

    Es dauerte ein oder zwei Atemzüge oder einen nicht allzu langen Augenblick nach den letzten Worten des Kaisers, bis Medeia dann zu ihrem, beziehungsweise einem weiteren amtlichen, Anliegen kam. Den kurzen Moment des Schweigens ließ sie verstreichen, falls noch etwas gesagt werden sollte. Doch dann wandte sie sich an den Kaiser. „Werter Augustus, es gibt noch eine weitere Sache, die ich gerne ansprechen wollte. Es betrifft die Edikte der letzten Amtzeit vom ehemaligen Aedilis Plebis, Helvetius Tacitus. Es wird von manchen Bürgern wohl ausgegangen, dass noch mehr Edikte des Aedils auf einer Fälschung, einem Irrtum oder wohl sogar Schlimmeren beruhen. Diese Meinung stützt sich auf dem Eindruck der laufenden Gerichtsverhandlung. Leider ist es jedoch nicht möglich, die meisten Edikte zu dem jetzigen Zeitpunkt auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Da es sich jedoch um amtlich gesiegelte Edikte handelt, habe ich sie bis dato auch so behandelt.“


    Sie schwieg kurz, um nicht wie in einem Wasserfall herunter zu sprechen. „Es stehen auch noch einige Strafzahlungen aus und von teilweise nicht unbeträchtlicher Höhe. Zwar habe ich die Zahlungsunwillige angemahnt, ihre Strafen zu bezahlen. Aber es gibt einige, die diese wohl nicht zahlen wollen in der Annahme, dass der Aedilis vielleicht verurteilt wird. Zumindest vermutet ich das so!“ Ob sie auch das Schreiben des Senators Germanicus Avarus erwähnen sollte? Medeia entschloss sich dagegen. Sie wollte dem Senator noch die Gelegenheit geben sich um zu entscheiden. Außerdem hielt sie den Brief eher für eine Affekthandlung in einem Moment geistiger Umnachtung. Das kam bei so manchen Männern schließlich öfters vor. „Nun ist meine Frage, werter Imperator, ob jene Edikte, weiterhin volle Rechtsgültigkeit haben oder es angedacht ist, sie vielleicht allesamt aufzuheben?“

    Aufmerksam hatte Medeia die Auflistung der Strafen für die Societas vernommen und nickte immer wieder leicht. Da dies durchaus das Strafmaß war, welches sie für das Vergehen der einzelnen Mitglieder und Nichtmitglieder als angemessen ansah, hatte sie dem kaum etwas anzufügen. Wenn ihr auch der Volkstribun, der der größte Leidtragende war, doch am meisten von den Dreien leid tat. Doch auch sie zeigte weder Triumph, noch Mitleid als Gesichtsausdruck. Auf die Frage hin, schüttelte Medeia leicht den Kopf. Sie wollte noch zu einem anderen Anliegen kommen und das mit der Societas auch abschließen. Gerade als sie jedoch Luft holte, um das Wort an den Kaiser zu richten, war schon ihr Kollege am Sprechen. Und die Worte von ihm, schien sie etwas zu verblüffen. So war auf jeden Fall ihr Gesichtsausdruck zu deuten als Vitamalacus kurz zu ihr sah. Das Thema der Edikte schob sie wieder etwas in ihren Gedanken zurück und nahm sich vor, es dann eben etwas später anzusprechen. Stumm verfolgte sie das Ganze und verlieh ihrer Mimik wieder einen neutralen Gesichtsausdruck.