Beiträge von Artoria Medeia

    Bei Tiberius Vitamalacus im Hintegrund unterhielten sich die beiden griechischen Philosophen noch angeregt weiter über die Urmaterie des Kosmos und die verschiedenen Auswirkungen auf den Menschen und ihrer Temperamente. Sehr einige waren sie sich nicht und immer mal wieder schien es fast in eine kleine Prügellei auszuarten. Medeia winkte kurz einen Sklaven heran, flüsterte ihm etwas ins Ohr. Dieser nickte und trat mit einem freundlichen Lächeln auf die beiden hitzigen Gelehrten zu und schien sie tatsächlich von ihrem Streitgespräch abzulenken. So konnte sich Medeia wieder in Ruhe ihrem Gast zuwenden. "Die verschiedenen Weinsorten meines Schwager gibt es heute wohl in Hülle und Fülle. Du wirst mit Sicherheit ausreichend Gelegenheit bekommen, von jeder der Weinsorten probieren zu können." Medeia lächelte gut gelaunt und von einstiger Krankheit oder sonstiger Schwäche war gar nichts mehr bei ihr zu sehen. "Ich hörte von Deiner Rede. Wie sie mir wiedergegeben wurde, ist es ein rethorisches Glanzstück gewesen. Lernt man das auch beim Militär?"


    Als Tiberia Livia eintrat, wandte Medeia ihren Blick rüber. Mit einem freundlichen Lächeln begrüßte sie sie, als schon Imperiosus an sie heran trat. Gerade als Livia sich nach dem Programm erkundigte, horchten auch zwei Damen auf, beide in auffallend leuchtender, aber sehr adretter griechischer Kleidung gehüllt. Eine der Damen, mit einer hohen und sehr kunstvollen Perücke, die auch auffallend groß gewachsen war, wandte sich an Livia. Mit tiefer Altstimme und einem vergnüglichen Augenzwinkern wandte sie ein. "Ich hörte, dass es ein Opfer geben soll an Zeus...oder nein, an Iuppiter! Und wohl auch Tänze, ein Schauspiel und ein Ringkampf zur Erquickung der Gäste steht an. Diotima, wenn ich mich vorstellen darf?" Höflich und ein wenig neugierig lächelte jene extravagante Dame Livia an.


    Ein junger Sklave, der dem Mundschenk des Zeus sehr stark ähnelte, wenn man von manchen Statuen ausging, trat an Caecilius Crassus heran. Hoflich verneigte er sich vor ihm und reichte ihm einen filigranen Tonbecher mit Mulsum, um Appetit für die Vorspeise zu wecken. Immer noch spielten die beiden Musiker mit der Leier und der Flöte auf der Holzbühne, die mit allerlei Farben geschmückt war. "Leider war es mir nicht möglich nach Griechenland zu reisen für die olympischen Spiele, ein Jammer ich weiß! Sie sollen ja wieder höchst spektakulär gewesen sein. Und die ewigen Wagenrennen hier in Rom gehen mir langsam wirklich auf den Geist!" jammerte ein etwas älterer Herr, der an seiner Seite eine wunderschöne junge Frau hatte, deren Haare in vielen goldenen Zöpfen um den Kopf gewunden waren. Der ältere Herr sah zu Crassus und nickte ihm höflich zu. Wie ich sehe, haben wir hier einen Römer. "Verehrter Herr, was meinst Du? Was ist den Vorzug zu geben, den olympischen Spielen, den Gladiatorenkämpfen oder den Wagenrennen?" Etwas gelangweilt rollte die junge Frau mit den Augen, was der ältere Mann gar nicht wahrnahm.

    Über die Frage des Opferhelfers musste Medeia gar nicht lange nachdenken. "Ein Verwandter von mir ist in der Ausbildung als Priester Neptuns. Ich denke, da er, so viel ich weiß, noch nicht viel Opfererfahrungen in der Öffentlichkeit durchführte, täte es ihm sehr gut, Dein Opferhelfer zu sein. Ansonsten wird es mein Schwager tun! Schließlich gehört ihm der besagte Weinberg!" Medeia sah sich nach ihrem Schwager Corvinus um, wandte sich jedoch wieder an den Priester. Der Regen ließ die Luft um sie herum kühler erscheinen und so fröstelte sie ein wenig. "Natürlich werde ich auch Deiner Gens hier in Roma eine Einladung zuschicken für das Fest. Ich würde mich sehr freuen, weitere Mitglieder an jenem Abend in meiner Casa zu begrüßen. Ansonsten danke ich Dir sehr, für Deine Hilfe! Den Weg in die Casa Artoria ist Dir bekannt?"

    Medeia lächelte dankbar und neigte noch mal höflich den Kopf. Wer weiß? Vielleicht wird es das Schicksal lenken, daß sie bald in diesem Officium und mit jenem Scriba zusammenarbeiten würde, wenn es ein staatlicher Freigelassener war. Dem freundlichen Wink folgte Medeia und betrat das Officium des Aedilen. Neugierig sah sie sich um und achtete auch auf die persönliche Note des jetztigen Aedils. Zwar konnte man wenig an dem Schreibtisch oder den vier Wänden ändern, doch jeder Aedil richtete das Officium ein wenig anders ein. Als Medeia Tacitus sah, huschte eine kurze Verwirrung über ihr Gesicht. Ganz so als ob sie ihn kennen würde, was ihr kurz darauf auch wieder einzufallen schien.


    "Salve, werter Aedil! Ich hoffe, ich störe Dich nicht in wichtigen Amtsgeschäften. Mein Name ist Artoria Medeia. Sicherlich kannst Du Dir denken, weswegen mich meine Füße in Dein Officiums gelenkt haben!"

    Medeia neigte zustimmend ihren Kopf auf den Worten des ehemaligen Aedils hin. Ein Schmunzeln umspielte ihre Lippen. "Ich muss aber auch zugeben, daß mich gerade das Amt der Quaestrix mehr und mehr an die Sänfte gewöhnt hat. Aber in der Subura ist damit ja kein Vorankommen denkbar. Fußwege werde ich in Kauf nehmen dafür, so die Götter und die Wähler denn wollen!" fügte Medeia in der Pause als Antwort an. In jenem spannenden Moment der Eingeweideschau. Leise hatte Medeia geflüstert, um ja nicht die Zeremonie und somit den ganzen schönen Tag zu verderben. Als dann die Verkündigung eines gelungenen Opfers kam, seufzte Medeia auf. Also mussten sie den Gästen heute abend nicht absagen und Corvinus Weinernte konnte weiter gehen. Die Erleichterung zeigte sich auch auf Medeias Gesicht.


    Noch kurz verfolgte Medeia die Opferausgabe und wie Gracchus in den Tempel zurück ging. Lächelnd wandte sie sich an Macer. "Zumindest heute habe ich meine Sänfte zu Hause gelassen. Magst Du mich vielleicht ein Stück begleiten, Purgitius Macer?"

    Medeia, deren dunkle Palla ein wenig von ihren roten Haaren heruntergerutsch war, lächelte den Scriba nachsichtig an. Geduldig lauschte sie seinem Nachfragen und sah ihn dabei aufmerksam und freundlichen Blickes an.


    "Nun, guter Mann, ich bin hier um den Aedil in eigener Sache zu sprechen. Es geht um ein kürzlich veröffentlichtes Edikt!"

    "Mach sie weg! Schnell!" Pumilus stand auf dem Hocker und starrte mit Entsetzen auf ein Mosaik. Eine kleine, eher drollige Maus hatte sich eine Traube geschnappt und suchte verängstigt nach einem Fluchtweg. Fünf Sklaven scharrten sich um sie herum und versuchten das kleine Tierchen zu erwischen. Voller Panik starrte Pumilus auf die Maus und bemerkte er gar nicht die Ankunft einer weiteren Sänfte. Die Maus rannte trippelnd zwischen den Beinen eines der beiden Türsteher hindurch und verschwand in der Dunkelheit. Zitternd und bleich wie ein Gespenst kauerte Pumilus auf dem Hocker. Erst die ankommenden Sklaven schreckten ihn auf. Zögernd sah er auf den Boden und traute sich erst gar nicht von dem Hocker herunter zu kommen. Erst ein Zeh, dann der linke Fuß und schließlich kletterte der winzige Ianitor vom Hocker und eilte, immer wieder argwöhnische Blick zum Mausfluchtweg werfend, zur Tür. Dort verbeugte er sich tief vor Adria. "Oh verehrte Senatorin, Schönste aller werdende Mütter, Du Strahlende!" Und nachdem der Schreck über die Maus Pumilus nicht mehr so gepackt hielt, staunte er wirklich nicht schlecht. So viele schöne Frauen und noch mal eine so umwerfende venusgleiche Göttin, die Iunos Glück in sich trug. Na, da würde er sich wohl doch ins Zeug werfen, bei der Darbietung, die ihm seine Domina aufgedrängt hat.


    "Sei willkommen in der Casa der Artorier. Segen und Glückseligkeit trägst Du mit Deinem Anglitz in dieses Haus. Mögest Du Vergnügen und Freude heute abend hier finden." Schon fast erleichtert wieder auf den Hocker und somit in Sicherheit klettern zu dürfen, griff er nach dem Kranz. Inzwischen hatte Pumilus beschloßen, den Damen die Kränze nur noch zu reichen. Was sie damit machen wollten, sollte ihnen überlassen bleiben. Somit tat er es und reichte Adria den Kranz, aber auch das kleine Opfersäckchen. "Um dem Gott der Götter, unserem Göttervater und Teil der göttlichen Trias zu huldigen, eine Gabe für Dich. Dieser Sklave wird Dich zu den anderen Gästen führen!" Er verbeugte sich noch mal und ein junger Sklave trat auf Adria zu. Seine schwarzen Locken waren mit Öl nach hinten gestrichen, seine sanft gebräunte Haut mitdemselben bestrichen. Sein sehr ebenmäßiges Gesicht strahlte fröhlich und mit einem schelmischen Glitzern in den Augen führte er Adria in Richtung des Innenhofes.

    ....betrat Medeia die Basilica Iulia. Schon einige Jahre ist es her, daß sie einen Blick hierher geworfen hatte. Einmal war sie mit Decimus Martinus hier, der sie seinem Verwandten vorstellte, Decimus Livianus, heute Medeias Patron. Mit einem Lächeln und den Erinnerungen jenes Tages trat sie einen etwas unangenehmen Gang ein. So war ihr der Weg zum Aedilis Plebis nicht ganz unbekannt. Schließlich war Livianus damals in demselben Officium tätig gewesen. Höflich lächelnd trat Medeia vor den Schreibtisch des Scribas, um ihr Ansuchen anzumelden.


    "Salve, guter Mann. Mein Name ist Artoria Medeia. Ich würde gerne den Aedilis Plebis sprechen, sofern er gerade einige Minuten für mein Anliegen erübrigen könnte!"

    "Oh dieses Kostüm!!" Ärgerlich fluchte der kleine Ianitor als wiedermal die Ranken vor seinem Bäuchleich davonrutschten und die Stelle seines Körpers freilegte, die er gerne verbarg. Hastig sah er sich um, ob Olympia das gesehen hatte. Erleichtert seufzte er auf. Sie schien sich wohl noch um den Gast zu kümmern. Doch das trug auch nicht zu einer besseren Laune bei, denn Eifersucht stand ihm nicht gut zu Gesicht. Grummelnd ging er vor dem Eingang auf und ab und wünschte sich sein Gladius herbei aus den Zeiten als er noch ein großer Gladiator war. Dem tat es kein Abbruch, dass er nie in der Arena gestanden hatte, aber in seinem Geiste hatte er schon längst seine Freiheit dort gewonnen gehabt. Leider wollte das keiner anerkennen. Just sah er eine weitere Schönheit auf den Eingang zutreten. Pumilus schmalz dahin, wenn sie auch keine goldenen Locken hatte. Aber so eine Erscheinung musste wahrlich Venus Schöpfung entsprungen sein, wenn es nicht gar Venus selber war. So klappte sein Mund einen Moment herunter, bis er sich an die mit Schlägen anerzogene Erziehung erinnerte.


    "Oh, Du Anmutige Decima, bei der Venus vor Neid erblassen würde! Sei willkommen in dieser schäbigen Bruchbude, die Deinen Glanz wahrlich kaum ertragen kann!" Pumilus gaffte Lucilla noch einen Moment ganz verzaubert an und musste alle lüsternen Gedanken mit großer Willenskraft unterdrücken, was ihm schwer gelang. So lenkte er sich mit einer weitere Akrobatik auf den Stuhl ab und hob den Weinkranz. Ohhhh...wieder so eine kunstvolle Frisur! Was hatte sich seiner Herrin bloß mit diesen Kränzen gedacht? Seufzend reichte er Lucilla nur den Kranz und dazu einen Opferbeutel. Einen kleinen Blick in den Ausschnitt wagte er dann doch, deutete schnell auf einen Sklaven. "Dieser Unwürdige wird Dich zu den anderen erlauchten Gästen führen, oh Du Strahlende!" Ein dunkelhäutiger, eingeölter und gut trainierter Sklave trat auf Lucilla zu und verbeugte sich vor ihr. Mit einem höflichen Lächeln führte er sie in den Innenhof.

    Einige Trauben der Dekoration landeten erneut in Pumilus Hand. Genüßlich verspeiste er die saftigen blauen Trauben, der Saft floß über sein glattrasiertes Kinn und er grunzte zufrieden. Herrje! Warum musste gerade dann ein Gast kommen? Mit leicht verschmierten Kinn sprang er auf und wischte sich mit einer Ranke seines Kostüms den Saft weg. Hastig sprang er auf und verbeugte sich tief vor den Beinen es Patriziers. "Salve oh werter Flavius Milo! Sei willkommen in der Casa der Artorier. Wein, Weib und Gesang...ähm...mögest Du Vergnügen bei den heutigen Feierlichkeiten finden."


    Verlegen wegen seinem Versprecher, schließlich stand er nicht an der Porta der Valerier von denen man das munkelte, kletterte er auf seinen Hocker und griff nach dem Weinkranz, dem er ohne sich zu genieren, Milo aufs Haupt setzte. Auch reichte er ihm den Opferbeutel. "Der Schmuck des Abends und eine kleine Opfergabe für unseren Göttervater und das spätere Opfer an ihn. Diese junge Sklavin, noch in der Blüter ihrer Jugend, wird Dich, oh hochgeehrter Patrizier und Gast dieses Hauses in den Innenhof zu der Feier führen." Dabei deutete er auf eine dunkelhaarige Frau, die an Milo herantrat und sich leicht vor ihm verbeugte. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen führte sie Milo in den Innenhof.

    Langsam wandte sich Medeia in Richtung des Neuankömmlings und musterte ihn. Ihre Augenbrauen wanderten nach oben und ein leicht ungnädiger Ausdruck, ob so einer Anschuldigung, war in ihrem Gesicht zu sehen. Doch dann umspielt ein leichtes Lächeln ihre Lippen.


    "Gegen ein Gesetz verstoßen? Du sprichst in Rätseln, guter Mann!"

    Erleichtert atmete Pumilus auf. Das war gut. Weder ein Bettler, noch ein Sergier. Und wenn er sich recht erinnerte, war jener Mann auch auf der Gästeliste. Pumilus strahlte auf und nickte eifrig. "Salve, werter Aelius Callidus, Comes der Regio Italia! Sei willkommen, auf dass Du einen heiteren und vergnüglichen Abend hier finden magst." Pumilus trat wieder seinen beschwerlichen Weg auf den Hocker an und griff nach dem Weinkranz. Glücklich, dass er endlich wieder einen Gast hatte, dem er es dreist aufs Haupt setzen konnte, vollführte er dies und reichte Callidus, wie den anderen Gästen ein Opfersäckchen. "Und dies ist für das Opfer an unseren Pater Liber, den großen Iuppiter! Eine Sklavin wird Dich zu den anderen Gästen geleiten, oh hochgeschätzter Comes!"


    Eine dunkelgelockte Sklavin trat an den Comes heran, vergeugte sich leicht. "Dominus?" Wie über weichem Gras laufend, schritt die Sklavin voran und führte Callidus in den Innenhof.

    Unauffällig hatte sich der Ianitor hinter die Säulen geschlichen und näherte sich gerade langsam Olympia von hinten, die sein Anschleichen noch nicht bemerkt hatte. Es war schon einige Minuten her gewesen, daß der letzte Gast eingetroffen war. Seine kleinen Finger näherten sich langsam ihrem Rücken als feste Stiefelschritte zu hören war. Erschrocken ließ Pumilus seine Hand sinken und zog sich schnell zurück. Flink huschte er zum Eingang als Crassus schon eintrat. Überschwenglich, um sein kleinen Ausflug zu tarnen, verbeugte sich Pumilus. "Salve, oh Dominus!"


    Als sich Crassus dann vorstellte, riß Pumilus die Augen auf. Er hatte zwar die Gästeliste auswendig gelernt, aber dann dem mächtigsten Mann des Imperiums nach dem Kaiser vor sich stehen zu haben, ließ ihn noch etwas in seiner Größe schrumpfen und jeder lüsterner Gedanke an die hübsche Olympia war wie weggeblasen. Unterwürfig kniete sich der Ianitor vor Crassus auf den Boden und war nahe dran ihm die Stiefel zu küssen. Doch im letzten Moment beherrschte er sich und erhob sich wieder. "Oh großer Praefectus, sei willkommen in der kleinen und schäbigen Casa Artoria, die Deines Besuches schon fast unwürdig ist. Große Ehre bringst Du in dieses Haus. Doch auf dass Du Vergnügen, Erheiterung und einen angenehmen Abend hier verbringen kannst."


    Schnell kletterte er auf den Hocker und griff nach dem Weinkranz. Doch erneut zögerte er. Eine falsche Bewegung und er hatte wohl sein Leben verwirkt. Zögernd hielt er den Weinkranz in Crassus Richtung. "So es Dir beliebt, ein Schmuck für Dein stolzes Haupt. Und hier eine Gabe für das Opfer später!" Eingeschüchtert reichte er Crassus auch den Opfersack aus feinem und dunklen Stoff, in denen die Opfergaben enthalten waren. "Diese Sklavin...", er deutete auf Olympia,"...wird Dich zu dem Fest und den anderen Gästen führen, oh edler Dominus!" Die junge und blonde Olympia trat auf Crassus zu und verbeugte sich vor ihm. Lächelnd und mit wiegendem Schritte führte sie ihn in Richtung des Innenhofes.

    Gespannt auf die nächste Frage, die Macer aus seinem Erfahrungswerten heraus stellen würde, wartete Medeia ab und sie musste nicht lange warten. Erneut dachte sie über seine Frage nach und antwortete schließlich.


    "Nun, ich nehme an, Du meinst die Anzahl der fabricae und Geschäfte, die ihre Tore und Pforten für die Bürger und Einwohner des Imperiums eröffnen? Doch warum sollte man etwas dagegen tun wollen? Jedem soll es überlassen sein, ob er sich für fähig hält, ein solches Geschäft zu betreiben und damit auch genug Einnahmen zu erwirtschaften. Für die Kunden jedoch ist eine große Anzahl der gleichen Betriebe von Vorteil. Die rege Konkurrenz der Betriebe führt dazu, daß die Ware besser sein muss und der Preis jedoch auch für den Käufer günstiger wird. Schließlich hat der Bürger nun die Wahl!"

    Medeia wandte ihren Blick um als sie angesprochen wurde. Zwar nicht mit Namen, war sie jedoch die einzige Quaestrix in Roma. Von dem langen Marsch erschöpft und von der Hitzte etwas geschwächt kämpfte Medeia noch einen Moment um ihr Stehvermögen. Doch nickend sah sie zu Macer. "Salve werter Purgitius! Es geht schon. Ich bin einen so langen Prozessionsweg einfach nicht mehr gewöhnt. Der Nachteil der Sänften..." Medeia lächelte leicht. Etwas verblüfft sah Medeia der jungen Frau hinter her, die sich so dreist an Senator Purgitius Macer vorbeidrängte. Doch da begann auch schon das Opfer. Der Stier, der sich erst nicht richtig hinstellen wollte, lenkte Medeias Aufmerksamkeit auf sich.


    Gespannt verfolgte Medeia die Ansprache des Sacerdos, spürte einen einzigen Wassertropfen auf ihrer Wange von dem Pinsel aus Ochsenhaare und hielt den Atem an als der Opferhammer auf den Stier herunter sauste und den Knochen zertrümmerte. Medeia reckte sich ein wenig um die Eingeweidenschau genauer betrachten zu können und wartete gebannt auf die Verkündigung des Priesters. Jetzt würde sich entscheiden, ob sie heute abend ein fröhliches Fest feiern könnten oder es lieber absagen sollten.

    Erfreut vernahm Medeia, daß der ehemalige Aedil eine weitere Frage stellte. Aufmerksam lauschte sie ihm und dachte für einen Moment darüber nach.


    "Nun, mit Sicherheit hatte ich auch schon mit der Mensa Ponderaria zu tun. Hatte ich doch auch desöfteren meine Bedenken, ob mich nicht ein Händler über den Tisch ziehen wollte, verzeih diesen vielleicht etwas umgangsprachlichen Ausdruck. Und auch habe ich oftmals dieses Messwerkzeug und die Kerben, die die Länge zeigten, studieren können. Doch habe ich natürlich nicht die Erfahrung und das Wissen eines Aedils, der schon Monate sich darin bewiesen hat."


    Medeia seufzte leise bedauernd, fuhr jedoch gleich fort.


    "Doch ist das etwas, was ich mir für mein Amt erarbeiten, erlernen und bald auf das Genauste beherrschen werde. Denn mit jeder Aufgabe, mit wachen Geiste und aufmerksamen Auge angegangen, kann ein Mensch wachsen lassen. Und in jeden Abschnitt eines Amtes muss man sich einarbeiten, selbst wenn man lange die Theorie oder das nötige Wissen dafür sammeln konnte."

    Leise vor sich hinflötend, seine Fingernägel säubernd saß Pumilus auf seinem kleinen Hocker. Die Weindekoration an seiner Seite hatte er mittlerweile von allen Trauben befreit uns sie ratzefatz aufgefuttert. Durchaus wieder gestärkt für weitere Kletterei, harrte er aus für weitere Gästen. Zwischendrin ordnete er, wie er fand, das sehr lächerliche Kostüm über seinen kleinen Bauchansatz, der immer wieder herauspurzelte. Just in dem Moment nahte wieder jemand der Casatür. Gut gelaunt sprang Pumilus auf und trat auf den Gast zu.


    "Salve werter Dominus!" Pumilus verbeugte sich tief vor Callidus, zwar nicht ganz so tief wie bei Livia, aber das würde der Comes ja nicht wissen können. Dabei spähte Pumilus nach oben, ob er nicht gar einen Bettler vor sich hatte. Heute hatte er schon drei davon gejagt, die sich an die Dekoration dran machen wollte. Da hatte Pumilus seinen Stock genommen, sich an seine imaginären Gladiatorenkünste erinnert und sie zu seinem eigenen Stolz davon getrieben. So konnte doch ein Tag beginnen! "Wen darf ich, wenn ich fragen darf..." Pumillus, der sich wieder aufgerichtet hatte, machte mit seinem Blick klar, dass der höfliche Nebensatz nur rethorisch daher geredet war. "...denn im Hause der Artorier willkommen heißen?" Pumilus wartete auf die Enthüllung jenes Rätsels und behielt seinen Stock im Auge. Für den Fall, dass es sich um einen Sergier handelte.

    "Ich sagte Dir doch, fass mich nicht an, Du kleine Ratte! Außerdem sind die Gäste schon da!" Olympia, die auch am Eingang auf Gäste wartete funkelte den kleinen Ianitor wieder wütend an. Der grinste nur frech und wandte sich den Sklaven zu, die gerade die Ankunft der Senatorin melden wollten. "Ahh....eine Frau von edlem Gebüt." murmelte Pumilus. Gespannt sah er auf die herannahende Dame und ein wohlwollendes und durchaus anzügliches Lächeln huschte auf sein vom Leben gezeichnetes Gesicht. Schnell unterdrückte er dieses Lächeln und trat höflich und sich tief verbeugend vor Livia.


    "Salve, werte Tiberia Livia! Senatorin und hochgeschätzte Patrizierin, sei willkommen im Hause der Artorier! Mögest Du Vergnügen und eine angenehme Zerstreuung bei Musik, Theater und den lauteren Gesprächen des Abends finden." Schnell krakselte er auf den Hocker und griff nach dem Weinkranz. Doch bei der kunstvollen Frisur zögerte er und verbeugte sich vor der Dame. "Wenn es Dir beliebt, ein unwürdiger Schmuck für Dein strahlendes und venusgleiches Haupt. Und hier eine kleine Gabe für die spätere Opferung an den Liber Pater!" Auch Livia reichte er das kleine Säckchen, welches die Opfergaben enthielten.


    Dann deutete er auf einen jungen Sklaven, der sich höflich vor Livia verneigte. "Dieser Dir Unwürdige wird Dich zu dem Fest und den anderen Besuchern geleiten, oh Glanz im Hause der Artorier!" Nach seiner honigsüßen Rede kletterte er wieder vom hohen Hocker herunter und stellte sich brav an die Seite. Jedoch nur so lange, wie die Patrizierin in seine Richtung schaute. Danach sah er ihr mit einem lüsternen Blick auf ihre Rückseite und seufzte melancholisch. Der junge Sklave, wohl gestaltet und mit einem doch eher einfachen Gesichtsausdruck, führte Livia in Richtung des Innenhofes.

    Der erste römische Gast! Pumilus schreckte auf als er jemanden durch den offenen Eingang kommen sah. Schnell und eifrig sprang er von dem Hocker auf und verbeugte sich immer wieder. "Oh salve, werter Quaestor Tiberius! Sei willkommen in der Casa Artoria! Freu Dich und feier!" Schnell erklomm er den kleinen Hocker und griff nach dem Weinlaubkranz. "Wenn Du gestattest!" Sein kleiner Kostümschweinschwanz wippte munter bei jeder seiner Bewegungen. Doch ehe Vitamalacus protestieren konnte, setzte er ihm den Kranz auf den Kopf. "Ehre Liber Pater!" Pumilus griff nach einem kleinen Sack in einem feinen dunkelroten Stoff. "Ein kleines Opfer für den Gott! Eine Sklavin wird Euch zum Fest geleiten!" Mit schwungvoller Handbewegung verbeugte sich Pumilus, dabei wackelte sein Stuhl bedrohlich. Nur im letzten Moment konnte er den Sturz von der für ihn großer Höhe verhindern, was seinem breiten Grinsen in seinem ältlichen Gesicht keinen Abbruch tat.


    Eine junge Sklavin in der dunkelgrünen Tunika neigte ergeben den Kopf und trat an den Quaestor heran. "Salve, werter Dominus! Wenn Du mir bitte folgen würdest!" Ein leichter griechischer Akzent war heraus zu hören. Anmutig wandte sie sich um und führte den Gast in den Innenhof.

    Schon tummelten sich einige Gäste im Innenhof. Allesamt waren sie in griechischen Kleider gewandet. Auf den ersten Blick fiel es nicht auf, doch handelte es sich um fast nur Männer, die schon dort waren. Zwei Männer standen sinnierend vor der Dartellung des Iuppiter aus Weintrauben und Weinranken. "Luft! Es ist nur Luft was Du sieht, mein Lieber! Alles andere sind nur die verschiedenen Dartellung dieses einen Elementes!" -"Hach, so ein Unsinn. Wissen wir doch schon lange, dass es keine Elemente sind, sonder kleinste Teilchen, die Atome, woraus alles besteht. Und sie fließen ständig!"


    Die Sklavin führte Vitamalacus in den Innenhof und verbeugte sich elegant ehe sie ihn wieder verließ. Doch schon gleich trat ein junger und sehr hübscher Junge auf Vitamalacus zu. Er trug eine Tunika und war gewandet wie ein kleiner Ganymed, der Mundschenk des Zeus, bei den Römern Iuppiter genannt. Mit einem höflichen Lächeln reichte er Vitamalacus einen Weinbecher aus feinem Ton. Diskret zog er sich jedoch wieder zurück.


    In dem Moment sah Medeia, die noch auf der anderen Seite des Innenhofes sich mit einem Mann, einem älteren Griechen unterhalten hatte, ihren Kollegen. Ein sehr erfreutes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Sofort ging sie auf Vitamalacus zu. An jenem Abend trug sie eine lange, dunkelgrüne Stola, die schon fast schwarz war. Ihre Haare waren bis zum Hinterkopf in Zöpfen hochgesteckt, fielen dann aber weich und locker über ihren Rücken hinunter und bildeten einen warmen Kontrast zu dem dunklen Gewand. Um ihre schlanke Taille trug Medeia wieder goldene Bänder gebunden und an ihren Füßen helle Sandalen.


    "Salve, werter Kollege! Es freut mich sehr, daß Du die Zeit erübrigen konntest für dieses kleine Fest. Ah, wie ich sehe, wurde Dir schon Mulsum gereicht? Ich hoffe, Du magst ihn überhaupt. Oder wäre Dir Wein lieber? Unverdünnt?" Medeia schmunzelte bei der Frage.

    "Civis? Oh, das tut mir natürlich leid für Dich!" Medeia sah von der Rednertribüne hinunter und lächelte milde. "Dann viel Glück auf deinen weiteren Wegen, Annaeus Metellus!" gab Medeia ihm noch auf den Weg. Doch ohne sich lange von diesem Intermezzo beeindrucken zu lassen, wandte sich Medeia wieder den anderen Interessierten und Zuhörern zu. Dabei rauschte ihre Stola, die extra für jenen Tag gehärtet und mit viel Kalk geweißt worden war. Fast wirkte sie wie eine Statuen die von einem der vielen Tempeln herunter gestiegen war. Ernst, dabei jedoch freundlich wirkend, sah sie zu den Menschen, die sich um sie herum versammelt hatten und wartete auf Fragen oder begrüßte lächelnd neu ankommende Bekannte und auch Unbekannte.