Apollonius beugte sich mit seinem Ohr ganz nahe an Gabriel, um seine Worte verstehen zu können. Doch das Genuschel war ihm zu sehr Unlatein. Er richtete sich wieder auf und fragte sich für einen Moment, wo Gabriel wohl her kam. Doch dann zuckte er mit der Schulter. Immerhin hatte er jetzt seine Ruhe und konnte endlich zur Tat schreiten. So griff er wieder nach etwas Leinen und tupfte die Wunde vorsichtig ab. Dann nahm er die Nadel und pieckste sicherheitshalber Gabriel ins Ohrläppchen, um zu sehen, ob er nicht nur simulierte.
Anschließend wusch Apollonius seine Hände gründlich und fädelte den Katzendarm durch das Nadelöhr. Mit einer feinen Pinzette machte sich der Medicus ans Werk, wobei er die Haare scheitelte und zwischen den Wurzeln nähte. So würde es weniger Narben geben und die Haare konnten diese durchaus verdecken. Stich für Stich nähte Apollonius mit einer Gelassenheit, die von jahrelanger Übung zeugte. Seine Finger gingen dabei sehr geschwind zu Werke und die Knoten hatte er in eleganten und schnellen Handbewegungen zusammengeführt. Anschließend wusch er die Wundnaht noch einmal und schmierte etwas Paste, die er aus seiner Tasche holte, auf die Wunde. Danach legte er ein Stück Linnen auf die Wunde und band erneut einen Leinenverband um Gabriels Kopf.
"So! Das schlimmste hat er überstanden!" meinte er an den Vigil gewandt. Sorgfältig wusch sich Apollonius die Hände. In dem Moment sah er, dass sie wieder zitterten. Sonst hatte er nie zitternde Hände, außer bei Kälte. Verblüfft starrte er darauf und holte tief Luft. Wieder kamen ihm die Ereignisse von der Strasse in den Sinn. Langsam sank er auf einen Stuhl neben der Liege und er wurde blass. Seine Hände griffen nach dem Linnentuch und er wischte sich übers Gesicht, wo er die angetrocknete Blutspur wegwischte. Seine Augen wanderten über seine blutige Kleidung...