Beiträge von Apollonius von Samothrake

    "Schön austrinken, meine Liebe. Das wird Dir und Deinem Kind gut tun!" sprach Domitia leicht lächelnd. Dabei sah Domitia kurz zu Apollonius, der mit verschränkten Armen und schweigend neben dem Bett stand. Als der Becher leer war, nahm Domitia Valeria das Gefäß wieder ab und stellte ihn zurück. Wieder seufzte Domitia leise und sah nachdenklich auf die geschlossenen Fensterläden. "Ja, sie war eine Germanin! Ihr Name war Edla. Früher war sie ganz anders..." Eine gewisse Trauer war Domitias Gesicht abzulesen. "Sie ist in den letzten Jahren immer verrückter geworden. Ich glaube, sie hat Dich mit der Ehefrau meines Sohnes verwechselt. Sie war letztes Jahr ebenfalls schwanger ehe sie starb!"



    Domitias lächelte erneut, strich Valeria noch mal behutsam über die Wange und stand dann auf. "Aber meine Liebe, zerbrich Dir nicht den Kopf darüber. Seh es als das letzte Zeugnis einer verrückten alten Frau. Vergiß am Besten, was dort geschehen ist. Und jetzt solltest Du etwas schlafen, Dir und Deinem Kind zu liebe! Der Trunk wird Dir dabei helfen." Nachdrücklich waren ihr Worte gesprochen und sie schien auch keinen Widerspruch zu dulden. Sie zog die Decke noch etwas höher über Valeria. Domitia sah zu Apollonius und nickte ihm zu. Apollonius tätschelte noch mal Valerias Hand. "Du solltest wirklich etwas schlafen. Bei Tage sieht alles doch ganz anders aus. Gute Nacht!" Ehe Valeria protestieren konnte, nahm Domitia den Medicus am Arm und dirigierte ihn nach draußen. An der Tür lächelte sie Valeria noch mal an. "Gute Nacht, meine Liebe!" Dann schlos sie die Tür.


    Neben Valeria brannte noch eine einsame Öllampe. Draußen war es vollkommen ruhig und die Dunkelheit hielt weiter viel von dem Zimmer verborgen. Dann waren im Nebenraum leise Stimmen zu hören. Die von Apolllonius und Domitia. Aber nur Wortfetzen drangen herüber. Seid wann...bewegt sich nicht...etwas länger...beobachten...Wehen...Wer die Wortfetzen aussprach, war kaum zu unterscheiden. Dann verstummten die Stimmen auch und es wurde wieder still.

    Prüfend tastete die Frau über Valerias Bauch. Sie fuhr mit sanfter Hand darüber hinweg, drückte jedoch kenntnisreich an der ein oder anderen Stelle. Dabei nickte sie langsam und schließlich beugte sie sich auch über Valerias Bauch und legte ihr Ohr darauf. So blieb sie für einen Moment still ehe sie sich wieder erhob. "Domitia! Das ist mein Name, Valeria!" Wie es denn Anschein hatte trug jene Dame noch die altmodische Namenswahl, wo eine Frau nur nach ihrer Gens benannt war.


    Domitia setzte sich wieder neben Valeria und nahm ihre Hand. "Die Frau? Oh, meine Liebe, das ist eine lange und sehr schreckliche Geschichte. Ein Zeugnis über den Haß, der zwischen uns Römern und den Germanen herrscht. Wobei Du wissen solltest, dass die Germanen nicht ein Volk sind, wie wir es sind!" Domitia seufzte leise, es klang auch sehr traurig. "Wegen all jenem Schrecklichen musste auch meine Stieftochter letztes Jahr sterben. Es war wirklich schauderhaft. Aber mach Dir keine Sorgen, meine Liebe, die alte Frau war verrückt. Sie ist es schon seit vielen Jahren!"


    Domita wandte sich zu einem Tisch und nahm einen Becher, den sie Valeria reichte. "Trink das! Es wird Dich stärken und Dir gut tun. Auch Dein Kind braucht eine Stärkung!"

    Um Valeria herum, war der Raum sehr dunkel. Doch einige wenige Öllampen erhellten ein doch wohlausgestattetes Schlafgemach, das eindeutig von Frauenhand eingerichtet wurde. Das Bett war auch sehr weich und bequem. Sehr besorgt hielt Apollonius Valeria fest, damit sie sich nicht selber noch weh tat. "Valeria!" sagte er fester Stimme zu ihr, aber auch mit einem warmen Unterton, den sie bis jetzt noch nie in dieser Art bei ihm gehört hatte. "Hab keine Angst. Es war nur ein Traum. Die Frau ist weg!" Er strich ihr über die Stirn, war aber ein wenig hilflos in seiner Gestik.


    In dem Moment beugte sich eine alte Frau über Valeria. Doch obwohl für einen Moment sie wie die Hexe wirkte, verschwamm das Bild sofort. Denn die Frau trug eine römische Palla über den Schultern. Ihre weißen Haare waren sorgsam hochgesteckt und ein warmes und freundliches Lächeln war auf ihrem Gesicht. Ihre dunklen, gutmütigen Augen lächelten wie das Lächeln auf ihren Lippen. "Psst!" sie fuhr Valeria in einer natürlichen Geste über die Wange und hatte etwas sehr beruhigendes in ihrer ganzen Art, wie sie sich neben Valeria setzte und kaum etwas sagte. Apollonius warf der Frau einen Blick zu und nahm Valerias Handgelenk, um ihren Puls zu messen. Eindeutig eine hilfose Aktion, die er tat, um seine eigene Unsicherheit zu verbergen.


    Dann sprach die alte Römerin leise und mit dunkler Stimme. "Du musst Dich nicht mehr fürchten. Es tut mir so leid, meine Liebe, dass Du das mit ansehen musstest!" Sie sah auf Valerias Bauch. "Darf ich fühlen?"

    Valeria spürte nur noch, wie zwei starke Arme sie auffingen. Dann glitt die gnädige Bewußtlosigkeit heran und umfing sie mit den sanften Schwingen Morpheus, der sie in die tiefen Ebenen hinabtrug und sie dort behütete. Ihren Geist zumindest....


    ...doch dann sah Valeria drei Gestalten über sie beugen. Grelles Licht war im Hintergrund und ließ die Konturen verschwimmen. Erst nach einer Weile erkannte Valeria drei Frauen. Sie sahen alle aus, wie die alte Frau. Nur war die Eine jung und hübsch, die Zweite sah wie eine Matrone aus und die Dritte wie die alte Frau. Sie starrten Valeria an. "Der Fluch der Drei, die doch Eins sind, wird Dich verfolgen, Römerin!" Valeria verstand die Worte, doch nach Latein klangen sie nicht. Ihre Hände griffen nach Valeria, Klauenhände und sie griffen nach Valerias Bauch. "Schandkind!" schrie die Matrone, "Mörderin! Römerin!" rief die alte Frau, "Verräterin!" schrie die junge Frau dabei.


    "Valeria! Valeria!" ertönte eine drängende Stimme von Valerias Seite. Eine Stimme, die die Frauen mit einem Schlag verschwinden ließ. Doch um sie herum war immer noch Schwärze und Valeria merkte, wie sie aus dem Traum aufwachte. Apollonius beugte sich besorgter Miene über Valeria. Unter ihr war ein Bett und weiches Leinen zu spüren. Doch die Hände der alten Frau an ihrem Bauch ebenso. Apollonius nahm Valerias Hand und strich ihr mit einem feuchten Lappen über die Stirn. "Hörst Du mich?"

    Um Publius Domitius Caesantus' Mundwinkel zuckte es ganz kurz gequält, als Valeria ihn doch relativ vertraulich mit seinem Cognomen ansprach. Doch er verlor darüber kein Wort, sondern lächelte gleich drauf wieder höflich. Der Erwähnung des Leibarztes maß Domitius jedoch kaum Bedeutung zu und so sah er noch nicht mal in Richtung des Medicus, der stumm an Valerias Seite blieb. "Verehrte Decima Valeria, es ist mir eine Freude, Dich in meinem Haus als Gast willlkommen zu heißen!" sprach er, wobei seine Worte ein wenig aalglatt wirkten. Zu höflich und zu freundlich ausgesprochen, gepaart mit einem Lächeln, was seine Augen nicht wirklich erreichte. "Und um Deine Gefolgschaft wird sich schon entsprechend gekümmert werden. Hab da keine Sorge!" fügte er im gleichen Tonfall zu. Er lächelte Valeria an und reichte ihr den Arm. "Meine Verehrteste, wenn Du mich hineinbegleiten möchtest? Ein gutes Mahl und ein angenehme Schlafunterkunft werden Dich erwarten. Desweiteren auch die Möglichkeit eines Bades, sofern Du es wünschst!"


    Er wollte Valeria schon in die Villa führen, als plötzlich aus der Dunkelheit eine Frau auftauchte. Sie war recht alt, trotzdem eine sehr groß gewachsene Frau. Ihre Haare waren nach hinten geflochten und vollkommen weiß. Ihr Gesicht wirkte wettergegerbt und von vielen Falten durchzogen. Doch am auffäligsten war ihr haßerfülltes Gesicht. In einer kehligen Sprache sprechend, kam sie drohend auf Domitius zu. Domitius erstarrte an Valerias Seite und sah die Frau wie einen Geist an. Die Frau sah auch Valeria an und strafte sie mit demselben haßvollen Blick. Hinter den Römern war nur eine atemlose Stille zu vernehmen. Alle Blicke waren auf diese Frau gerichtet, die vor dem Patrizier stehen blieb. Sie knurrte langsam einige Worte hervor und plötzlich hob ihren Blick zum Himmel und schrie etwas in dieser fremdartigen Sprache. Dann zog sie von dem Rücken einen flatternden Vogel hervor. Sie spuckte vor die Füße des Patriziers und dann auch vor Valeria und mit einem Ruck drehte sie dem Vogel den Hals um. Voll der Abscheu für die Römer warf sie den Vogel direkt auf die Füße von Valeria und Domitius. Triumphierend sah die Frau auf die Beiden.


    In dem Moment löste sich die Starre aller, die die Frau scheinbar über die Anwesenden geworfen hatte. Der Patrizier würgte leise. Serpens riss seinen Gladius hervor und sprang auf die Frau zu und bohrte ihr das Schwert von hinten durch den Leib. Die Frau sank auf den Boden, den Blick auf Valeria und Domitius gerichtet und der Triumph stand ihr bis zum Schluss ins Gesicht geschrieben. Dann fiel sie auf den Boden. Ängstliches Geschrei und panisches Flüchten war von hinter Valeria zu hören und in dem Moment sprang auch Marcus an Valerias Seite, um ihr Schutz zu bieten. Dabei griff er auch nach ihrem Arm, sollte sie wanken.

    Von Apollonius quitierte Valeria einen etwas ungläubigen Blick. Apollonius war durchaus Realist und konnte mit der Unhöflichkeit oder Dreistigkeit von Römern eigentlich ganz gut leben. Er wußte ja, dass sie tief im Inneren allessamt Barbaren waren, auch wenn sie sich die griechische Kultur einverleibt haben. Aber sie waren nun mal ein Volk von Soldaten und Bauern und keine Schöngeister. Aber etwas sagen konnte der Medicus dazu auch nicht mehr. Denn Serpens war schon heran getreten.


    Serpens sah Valeria wieder mit einem spöttischen Lächeln an und ließ seine Hand sinken. "Wie Du meinst!" Brüsk wandte er sich von Valeria ab und wartete einige Schritte von den Wägen entfernt, bis Apollonius und Marcus Valeria vom Wagen geholfen haben. Dann erst wandte Serpens wieder seinem Blick Valeria zu. Er nickte ihr kühl zu und ging auf die Villa zu. Dabei ruhten viele Augenpaare der Sklaven und Angestelten auf der Reisegruppe. Unter seinen und Valerias Füßen knirschten leise die Kieswegsteine bei jedem Schritt. Marmorne Statuen säumten auch hier den Weg zu dem Eingang. Eine metallbeschlagene Tür, die in dem Moment auch geöffnet wurde. Der Diener Artis trat hinaus. Hinter ihm kam ein Mann heraus gelaufen. Der Mann war etwas kleiner als Valeria, dafür jedoch mit einen recht drahtigen Körper, so weit man es sehen konnte. Er trug eine lange, blütenweiße Toga mit purpurnem Rand, der bestimmt so teuer war wie diese Villa. An seinen Sandalen konnte man einen kleinen goldenen Halbmond erkennen. Er hatte seine Finger vor seinem Bauch in einander verschränkt und kam lächelnd auf Valeria zu. Als er näher kam, erkannte Valeria auch, dass er dunkelhaarig war, ein etwas rundliches Gesicht und eine leicht gerötete Nase.


    Er streckte seine Hand aus, trat an dem mürrischen Serpens vorbei und ergriff Valerias Hand und ihr Handgelenk. "Die Nichte des Legaten! Es ist mir eine große Freude, Dich in meiner Villa willkommen zu heißen. Oh, ich sehe, Du bist in anderen Umständen. Was für eine Qual muss die Reise für Dich sein. Wenn ich mich vorstellen darf...Publius Domitius Caesantus!" Sein Blick fiel auf die Begleitung von Valeria und dann auf die Wägen. Erstaunt runzelte er die Stirn. "Ist Deine Leibwache nicht mitgekommen?"

    Apollonius, der alles eher ohne eine Miene zu verziehen hinnahm, sah sich mit gerunzelten Augenbrauen um. "Eine gute Frage, Valeria! Aber der Hausherr wird Dich sicherlich mit Respekt behandeln." versuchte er die Schwangere zu überzeugen. Jede Aufregung war nicht gut für die junge Frau. Die Wägen kamen zum Halten als Serpens sein Pferd zügelte und die Hand hob. Mit einer schwungvollen Bewegung sprang er vom Pferd herunter. "Artis!" rief er laut und harsch. Aus der Gruppe löste sich ein hagerer und älterer Mann, der sich tief vor Serpens verneigte. "Ja, Dominus?" fragte er leise. "Artis, lauf hinein und sag Deinem Herren Bescheid, dass eine junge Frau hier ist, die behauptet Decimus Meridius' Nichte zu sein!" Artis nickte, verneigte sich und lief schnell auf die Villa zu.


    Serpens wandte sich seiner Beute zu und zog sie grob vom Pferd herunter. Er sah zu einem der Sklaven. "Du! Bring sie in die Keller!" Der Sklave zögerte, doch die Angst überwog und er ging auf Serpens zu. Vorsichtig nahm er die Frau von ihm ab und schleppte sie weg und in eine andere Richtung. Serpens nickte zweien Männern zu, die ebenfalls gerüstet waren und dem Sklaven folgten. Mit zwei Schritten war Serpens dann am Wagen heran und reichte Valeria grinsend die Hand. "Wenn ich Dir behiflich sein darf?"

    Apollonius nickte langsam. "Immerhin ist er kein Germane!" meinte Apollonius leise. Von Römern hatte er doch eine sehr viel bessere Meinung als von Germanen, die in seinen Augen nur unkultivierte Barabaren waren. Marcus lächelte Valeria kurz an, warf dem Reiter jedoch wieder einen Haß erfüllten Blick zu. Phokas nickte Valeria aufmunternd zu und warf die Decken auf die Ladefläche, was auch erstaundlich war. Bis dahin hatte Phokas nie einen Finger gerührt, was solche Dinge betraf. Apollonius half dann Valeria wieder auf den Wagen. Nach einigen Minuten waren sie dann wieder aufbruchsbereit. Jason trat das Feuer aus und schwang sich als Letzter auf den Kutschbock.


    Serpens nickt schweigend. Die Frau auf seinem Sattel rührte sich schon seit dem Schlag nicht mehr und wahr scheinbar bewußtlos oder sie verstellte sich dementsprechend. Serpens trat seinem Pferd leicht in die Seite und trabte voran. Die Wägen folgten ihm und wieder auf die Strasse zurück. Eisiges Schweigen lastete nun über den Wägen. Keiner der Sklaven wollte wohl etwas sagen und nur ab und an gaben die Maultiere einen Laut von sich. Ansonsten war nur das Stampfen der Tiere, das Poltern der Wägen und die vielen Nachtgeräusche zu hören. Die Zeit verging und der Mond, eine halbe Scheibe, wanderte langsam über die Baumwipfel entlang, dann zügelte Serpens sein Pferd, um die Wägen wieder aufholen zu lassen. Mit seinem Kinn deutete er auf eine Abzweigung, eine schmale und unbebaute Strasse. Er dirigierte sein Pferd auf den Weg und trabte langsam los, so dass er wieder einen kleinen Vorsprung bekam. Die Wägen polterten hinterher und Valeria wurde erst etwas durch geschüttelt. Doch Marcus zügelte dann die Maulesel und fuhr langsamer. Nach einigen weiteren Minuten lichtete sich der Wald und Valeria sah auf ein kleine Talsenke herunter. In den Wald der Senke war eine große Bresche geschlagen worden.


    Felder reihten sich aneinander, düster beleuchtet von dem fahlen Mondlicht. In der Mitte der Felder lag eine römische Villa auf die der Weg zustrebte. Die Wägen folgten dem Weg und kamen an einigen griechischen Statuen vorbei, die den Rand der Strasse säumten und kühl und erhaben auf die Ankommenden herunter starrten. Dann kamen sie zu einer hohen Steinmauer, die das Anwesen umzog und nur Einlass über ein massives Holztor bot. Vor der Mauer stand ein hölzernes Kreuz, an dem ein Mann festgebunden war. Doch er schien schon seit einiger Zeit tot zu sein. Marcus angewiderter Blick blieb daran hängen und er starrte schließlich verschlossen vor sich hin.


    Das Tor wurde vor Serpens aufgerissen und so konnten auch die Wägen mitsamt Valeria und ihrem kleinen Gefolge hineinpoltern. Ein großer Platz war vor der römischen Villa und der Platz wurde von Baraken aus Holz umgeben. Menschen strömten aus den Hütten heraus. Sie waren nicht so sonderlich groß, wie man sich Germanen vorstellen würde, aber hellhaarig und hellhäutig. Desweiteren auch ziemlich mager und sahen herunter gekommen aus. Sie blickten mit großen Augen auf Serpens und die Frau. In manchen der Gesichter war Bestürzung zu sehen. Eine junge Frau, fast noch ein Mädchen, stürzte nach vorne und hängte sich schluchzend an die Frau auf dem Sattel. Wütend knurrend trat Serpens nach ihr, so dass sie mit Wucht wieder nach hinten geschleudert wurde.

    Ärgerlich brummte der Reiter, ignorierte jedoch seinerseits Valerias Wortwahl und nickte leicht. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit der Frau zu, die in Richtung des Reiter blickte und Panik bekam. Verletzt wie sie war und eigentlich nicht mehr fähig zu laufen, kam sie mühsam auf ihre Beine. Sie warf Valeria noch einen verzweifelten und gehetzten Blick zu und wollte losstürmen. Serpens knurrte wütend auf und lenkte sein Pferd in schnellen Sätzen an den Sklaven am Rande der Lichtung vorbei. Schon war er an der Frau dran und beugte sich akrobatisch und gewandt nach vorne. Ohne das Pferd mit den Zügeln zu lenken, packte er die Frau und warf sie sich über den Sattel. Die Frau schrie angstvoll auf, bekam jedoch mit dem Knauf seines Gladius einen wuchtigen Schlag auf den Kopf verpasst. Dann zügelte Serpens wieder sein Pferd und drehte es um.


    Grinsend sah er zu Valeria. "Ich führe Dich über die Strassen zu der Villa. Befehl Deinen Leuten alles zusammen zu packen. Dann können wir los!" Er pfiff wieder leise und sein Hund sprang an seine Seite. Die Sklaven sahen den Reiter voll des Haßes an, hatten jedoch die Aktion des Veteranen nicht verhindern können. Apollonius seufzte auf und nickt Valeria zu. "Packt alles zusammen!" befahl er seinen Sklaven. Die zögerten erst, sahen zu dem Medicus und widerstrebend machten sie sich an die Arbeit. Apollonius stüzte weiter Valeria. Leise flüsterte der Medicus. "Ist Dir der Herr jenes Mannes ein Begriff?"

    Valerias Worte brachten Serpens erneut zum Lachen. Er ließ probeweise seine Schwert herumsausen, was bei den angespannten Sklaven zu abwehrenden Bewegungen führte. "Ich war schon oft genug in Feindesland. Aber Dir soll versichert sein, ein römischer Soldat flieht nicht. Denn wir siegen immer!" sprach er voll der Gewißheit aus. Triefende Arroganz mit römischen Selbstbewußtsein sprach aus den Worten.


    Apollonius zuckte mit der Schulter. "Es wäre schon für Dich besser, wenn Du nicht auf dem Boden schlafen müsstest! Vielleicht sollten wir seiner..." Apollonius zögerte und sah den Römer mißmutig an. "Einladung folgen. Und dem Mädchen können wir wohl kaum helfen!" Bei den Worten, die Apollonius äußerte, erntete er von Phokas einen verächtlichen Blick, der jedoch stumm hinter den anderen Sklaven stehen geblieben war.


    Serpens verfolgte mit hochgezogenen Augenbrauen das Gespräch. "Hör lieber auf den Griechen. Nicht, dass Du Deinem Kind selber schadest, Nichte des Meridius!"

    Serpens schnaubte noch mal verächtlich und schüttelte den Kopf. Dabei musterte er Valeria mißmutig, die Drohung verfehlte jedoch nicht ganz seine Wirkung, denn er schwieg einen Moment. Langsam holte er tief Luft. "Das scheint mir doch eher fadenscheinig zu sein. Aber gut, wenn Du die Nichte des Legaten bist, würde mein Herr Dich bestimmt gerne sehen und Dir seinen Schutz anbieten wollen!"


    Mit einer Kinnbewegung deutete er auf die Sklavin, die schon am Rand der Waldlichtung angekommen war. "Sie ist geflohen. Und ein geflohenes Tier fängt man am Besten mit den Jagdhunden!" Er lachte laut auf und sein Lachen klang häßlich, bosartig und gemein. "Das Mädchen werde ich wieder mitnehmen. Aber vielleicht begleitet Du und Deine Männer mich ebenfalls. Die Villa meines Herren liegt nur eine Stunde von hier entfernt."


    Spöttisch sah er auf das Lager herunter und zog bedeutend die Augenbrauen hoch. "Das wäre für die Nichte..." Seine Stimme triefte dabei vor Spott. "...des Legaten sehr viel passender als in der Wildnis zu kampieren. Meinst Du nicht auch?"

    Argwöhnisch schnaubte Lucius Caninius Serpens. Von oben herab sah er Valeria für einen Moment schweigend an, während sein Hand immer noch das Gladius umgriffen hielt. "So? Du willst die Nichte von Maximus Decimus Meridius sein? Dem Legatus Augusti Pro Praetore und Senator? Dem Triumphator? Das ich nicht lache!" Serpens lachte auch leise und schüttelte den Kopf. "Und warum reist Du dann in Begleitung von einer Handvoll Männer durch Germanien und ohne einen einzigen Soldaten als Schutz? Das wäre doch mehr als Wahnsinn für die Nichte des Legaten!"


    Sein Oberlippe kräuselte sich zu einem verächtlichen Lachen, wobei sein Blick wieder auf die junge Frau fiel, die den Moment der Auseinandersetzung wohl mit einer Flucht nutzen wollte. "Und das ist die Sklavin meines Herren. Es ist das Recht meines Herren, sie wieder zurück zu holen!" Er pfiff leise durch die Zähne und aus der Dunkelheit kam noch einer der dunklen Hunde, der an der Seite seines Herren blieb und in Richtung der Reisenden knurrte, dabei seine Ohren aufrichtete. Die Anwesenheit des Hundes nahm das Pferd des Hauptmannes jedoch gleichmütig hin. Es hatte sich inzwischen auch etwas beruhigt, im Gegensatz zu seinem Herren.




    Edit wegen der elenden Signatur

    Das Pferd des Soldaten tänzelte unruhig hin und her und immer mal wieder riss der Mann grob an den Zügeln. Mißmutig beobachtete er Valeria und ihr Tun, während er jedoch nicht die feindselig drein blickenden Sklaven aus dem Blickfeld ließ. Dabei sah er auch kurz auf den toten Hund zurück und Ärger war in seinem Gesicht abzulesen. Wütend schnaubte er und sah drohend auf Brutus herunter, der am nächsten stand. Brutus blieb jedoch stehen und wich keinen Schritt zurück.


    "Mein Name ist Lucius Caninius Serpens, Veteran der römischen Legion und Hauptmann der Leibgarde des Publius Domitius Caesantus. Und jetzt erklärst Du Dich, Weib! Was machst Du hier im Wald? Wer sind die Männer?" fauchte er wütend. Sein Pferd trippelte weiter hin und her und schnaubte rastlos. Apollonius trat an die Seite von Valeria und auch Marcus blieb bei ihr stehen, um sie vor jeder Widrigkeit zu schützen. Apollonius stützte Valeria, überließ das Reden jedoch der jungen Frau, da er ja kein Römer war.

    Die Frau schrie weiter und versucht sich vom Hund wegzureisen, doch der hatte sich an ihrer Wade festgebissen und knurrte gefährlich. Marcus sprang vor Valeria als diese auf den Hund zu lief. Brutus sah kurz von Valeria zu Apollonius. Dann lief er gewandt auf den Hund zu und ließ seinen Stab auf den Hund herunter sausen. Der Stab traf den Hund am Kopf, der erschrocken aufjaulte und so sein Opfer losließ. Benommen kroch die Frau weiter. Einer der anderen Sklaven, Jason war sein Name, sprang den Hund mit seinem Dolch an und grub diesen tief in die Seite des Hundes, der darauf hin laut aufjaulte und zusammen brach. Blut strömte von dem Hund über die Decken des Medicus, der angewiedert einige Schritte nach hinten zurück wich.


    Die Sklaven hatten jedoch schnell ihre Aufmerksamkeit wieder dem Wald zu gewandt, denn das metallische Klacken kam inner näher und dann erreichte ein Reiter die Lichtung. Ein Mann ritt auf einem großen Pferd an den Lichtkreis heran und zügelte sein Pferd, als er die Sklaven abwehrend vor ihm stehen sah. Der Mann trug ein Kettenhemd und einen langen, dunkelroten Umhang. Auch hatte er einen römischen Helm auf dem Kopf mit einem roten Büschel und in seiner Hand ruhte ein Gladius. Mißtrauischer Miene und auch ein wenig verwundert starrte er auf die Reisegesellschaft. "Wer seid ihr?" fragte er laut und mit unwilligem Tonfall. Sein Blick wanderte über die Lichtung. Ein zufriedenes Lächeln huschte über seine Miene als er die Frau am Boden liegen sah.

    Marcus löste seine Hand von der Frau, die vor Valeria niedergesunken war. Erstaunt sah er Valeria fragend an, ob er sie nicht doch zurück ziehen sollte. Doch Valerias Verhalten sprach wohl dagegen. Trotzdem blieb Marcus mit dem Knüppel wachsam an ihrer Seite und starrte mißtrauisch die Frau an. Als Valeria sprach, zuckte die Frau zusammen. Wieder keimte etwas mehr Angst in ihren blauen Augen auf. Unsicher sah sie kurz zu den Männern auf der Lichtung und vergrub schutzsuchend ihr Gesicht in den Händen, wobei sie kurzerhand Valeria für einen Moment loss ließ. Sie atmete heftig und leicht schluchzend ein und aus.


    Apollonius starrte die Frau befremdet an. Spontane Mitleidsgefühle kamen in ihm wohl nicht auf. "Hmm! Wo kommt die denn her?" sagte er statt dessen. Irgendwie schien es ihm zu wiederstreben sich der Frau auch nur ein wenig zu nähern. "Valeria, pass auf! Vielleicht ist sie gefährlich!" Dabei beäugte er die Frau etwas länger und sah Valeria auch fragend an, als Valeria sich um die Frau kümmerte.


    Als Valeria die Frau am Unterarm berührte, sah die Frau auf und ließ ihre Hände sinken. Sie starrte Valeria groß an und leckte sich über ihre ausgetrockneten und aufgesprungenen Lippen. "Hi...Hil..Hilfe!" brachte sie schließlich auf Latein heraus. Sie sah Valeria flehentlich an und ein wenig Hoffnung keimte in ihrem Gesicht auf. Die Worte schien sie jedoch nicht wirklich verstanden zu haben. Aber der beruhigende Ton schien bei ihr zu wirken, denn ihr angespannter Körper sackte ein wenig zusammen und sie fing an zu zittern. So sah sie Valeria dankbar an als diese die Decke um sie schlang.


    In dem Moment war das Bellen von Hunden in nicht allzu weiter Entfernung zu hören und wieder, wie sich etwas den Weg durch den Wald bahnte, klackend und mit regelmäßigen metallischen Geräuschen. Die Frau starrte entsetzt in die Richtung und gab einen kleinen ängstlichen Aufschrei von sich. Die Decke rutschte wieder von ihr herunter und sie versucht aufzuspringen, doch ihre Beine verweigerten ihr den Dienst und sie fiel wieder auf den Boden. Wimmernd und schluchzend versuchte sie von der Lichtung auf den Knien weg zu rutschen. In dem Moment sprang ein großer, schwarzer Hund durch den Waldrand. Mit einem Satz, den die Sklaven nicht verhindern konnte, war er an Valeria vorbeigesprungen und griff die Frau an. Seine Zähne gruben sich in ihre Wade und die Frau schrie laut vor Schmerzen auf.

    Verwirrter Miene sah Apollonius um und sah in die gezückten Waffen seiner Sklaven. Für einen Moment schossen ihm Horrorszenarien durch den Kopf. Hatten sie sich doch Spartacus als Vorbild genommen? Wollten sie ihren eigenen Herren mitten im Wald von Germanien niederschlagen und gar selber als Sklaven verkaufen? Steckte vielleicht Phokas dahinter? Apollonius misstrauischer Blick fiel auf seinen unliebsamen, aber notwendigen Sklaven, der jedoch ebenfalls in den Wald starrte. Erst dann dämerte es Apollonius, dass er vielleicht doch nicht gemeint war und nahm nun auch das Näherkommen eines Unbekannten war. "Ich weiß es nicht..." murmelte Apollonius und wurde selber etwas blass.


    In dem Moment brach eine Gestalt durch das Unterlaub und taumelte auf die Lichtung. Die Gestallt sah wie ein wildes Tier auf zwei Beinen aus. Erst auf den zweiten Blick war sie als Mensch zu erkennen. Und es war eine Frau, die mit zerzausten Haaren auf die Knie fiel. Sie trug eine zerfetzte Tunika, hatte keine Schuhe an und war an vielen Stellen blutverschmiert. Stöhnend wollte sie sich aufrappeln. Marcus trat nach vorne und hielt einen Knüppel in seiner Hand. "Halt!" meinte der junge Mann mit fester Stimme. Die Frau sah hoch. Blanke Angst lag in ihrem Gesicht geschrieben. Ihr Gesicht war an der einen Hälfte leicht angeschwollen, als ob sie geschlagen wurde. Wie ein gehetztes Tier wollte sie zurück weichen, doch die anderen Männer traten hinter die Frau.


    Wild und verzweifelt schaute sich die Frau um. Hilfesuchend dann und ihr Blick fiel auf Valeria. Mit einem ängstlichen Aufschrei fiel sie Valeria vor die Knie und umschlang ihr Bein, woran sie sich wie an einen Rettungsanker klammerte. Sie wimmerte leise etwas, was jedoch nicht zu verstehen war. Marcus trat schnell an die Frau ran und packte sie an der Schulter, um sie wegzureissen. Apollonius sah überwältigt und verwirrt auf die Frau herunter, die auch recht nahe an ihm dran war.

    Apollonius strich Valeria noch mal über den Rücken und lächelte sie freundlich und aufmunternd an. Das waren wahrlich große Gefühlsausbrüche für Apollonius, der seltenst wirklich lächelte oder solche Mimik zeigte. Er seutzte tief und ein wenig hilflos. Es war immer schwierig die passenden Worte zu finden. Drum kümmerte sich Apollonius um das, worauf er sich verstand. Seine Patienten aufpäppeln. Er zerschnitt das Fleisch auf dem Teller mit dem großen Messer, was Brutus dazu gelegt hatte. Dasselbe tat er beim Käse und dem Brot. Dann nahm er ein Stück des Fleisches. "Hopp! Mund auf Valeria! Brav essen!" befahl er sanft, aber bestimmten Tonfalls. "Jetzt isst Du erst ein paar Bissen, dann sieht die Welt schon besser aus!" Zwar ein dummer Spruch, dass wußte sogar Apollonius, aber ihm fiel nichts Besseres ein. "Und Du bist doch auf dem Weg in ein neues Leben. Und in diesem neuen Leben wirst Du bestimmt glücklich werden. Du wirst als Priesterin dienen können, hast Deine Familie um Dich und wirst schnell viele, neue Freunde finden. Daran zweifel ich wirklich nicht."


    Das meinte Apollonius wirklich ernst. Denn Valeria hatte in ihrem Wesen einen Zug, der ihr das Kennenlernen von fremden und freundlich gesinnten Menschen leicht machte. Schließlich hat sie sogar Apollonius erweichen können, so weit es halt bei ihm geht. Apollonius hielt das Fleischstück vor Valerias Nase und sah sie erwartungsvoll an. Das Feuer knisterte leise und immer mal wieder war das Rascheln von den anderen Männern zu hören. Plötzlich war ein heftiges Keuchen und knacksende Schritte aus dem Wald zu hören. Jemand bahnte sich einen Weg durchs Unterholz und mit sehr hastigen Schritten. Marcus richtete sich alamiert auf, doch auch die Anderen hatten das gehört. Fast alle zogen ihre Waffen, die sie mit Apollonius Erlaubnis auch tragen durften. Es waren jedoch nur Knüppel, Kampfstäbe oder Dolche. Apollonius hatte jedoch die Geräusche nicht gehört, so sehr war er auf Valeria konzentriert.

    Das war eine gute Frage. Apollonius fragte sich das schon seit einiger Zeit und beobachtete deswegen Valeria immer sehr genau. Aber er war nun mal Chirurg und Wundheiler, kein Frauenarzt. Zwar hatte er früher in seiner Ausbildung davon noch etwas mitgenommen und auch in Alexandria blieb das nicht aus, Frauen waren oftmals die besser zahlenden Patienten. Aber das Gesamte überforderte Apollonius ein wenig. Doch die erste Regel eines guten Arztes. Lass nie den Patienten die eigene Unsicherheit merken. So lächelte Apollonius leicht und tätschelte Valerias Schulter.


    "Mach Dir keine Sorgen, Valeria! Wir schaffen es schon ehe Dein Kind kommt. Und wenn Dein Kleines so schnell auf die Welt kommen will, dann suchen wir ein kleines Dorf hier und Du bekommst das Kind wie Tausende Frauen schon vor Dir. Das ist ja keine Krankheit, sondern etwas ganz natürliches. Dein Körper wird schon wissen, was er tun muss!" Apollonius Stimme klang beruhigend und er hörte sich tatsächlich überzeugend an.


    Das Feuer knisterte warm und erleuchtete den Lagerplatz. Die anderen Männer saßen schweigend um das Feuer, während Marcus an einem Baum gelehnt stand und in die Dunkelheit hinein spähte. Ab und zu warf er jedoch Valeria mitfühlende Blicke zu. Apollonius reichte Valeria den Becher, den Marcus gebracht hatte. "Komm, trink das! Das wird Dir gut tun. Und Du solltest auch etwas essen!"

    Apollonius hatte ihre Tränen schon gleich gesehen. Mit einer Hand tastete er deswegen schon nach seinem Taschentuch, was er schon seit Jahren hatte. Es war von einer Frau bestickt worden, die ihm manchmal immer noch durch den Kopf ging. Aber jetzt sah Apollonius Valeria mitfühlend an. Und als sie sich so an den Medicus heranwarf, nahm er sie leise seufzend in den Arm. Dabei strich seine Hand behutsam über ihren Rücken, tatsächlich hielt er Valeria sehr väterlich gerade und beschützend. Die anderen Männer sahen bestürzt auf die weinende Valeria, verbargen das jedoch.


    "Psst!" flüsterte Apollonius leise und auch ein wenig hifllos. Er hatte schon gehört, dass Schwangere wegen dem Säftewechsel und starken Stimmungsschankungen litten, aber so ein Ausbruch überraschte ihn doch. Vielleicht war das doch mehr als bei anderen Schwangerschaften. "Liebe Valeria! Du bist keine Last. Sieh doch, wie sehr Du unsere Tage aufhellst nur mit Deiner Gegenwart. Ich bin sehr froh, dass Du mit uns reist." Wieder strich er ihr sanft über den Rücken und ließ sie auch an seiner Schulter weinen. "Aber ich mache mir schon Vorwürfe. Vielleicht hätten wir lieber warten sollen, bis Du Dein Kind bekommen hast? Aber wir schaffen es bestimmt noch rechtzeitig bis nach Mogontiacum und in die sicheren Hallen der Regia dort."


    Wenigstens hoffte das Apollonius stark. Hier in der Wildniss ein Kind auf die Welt zu bringen, hielt er doch für puren Wahnsinn. Und eine Hebamme wäre schon gut dabei zu haben. Dabei nästelte er sein Taschentuch hervor und reichte es Valeria, denn sein Gewand war schon recht naß von ihren Tränen.

    Apollonius begleitete sie besorgten Blickes zu einem der vorbereiteten Lager. Die Sklaven gaben sich abends wirklich große Mühe, es ihr sehr bequem zu machen. Alle Männer umschwärmten und umsorgten sie so gut es ging. Marcus fuhr immer sehr vorsichtig und versuchte mit Valeria zu schäckern. Phokas, wenn er mit Valeria fuhr, erzählte ihr freimütig über seine Heimat. Über seine verstorbene Frau, die wohl eine sehr energische Frau gewesen sein musste, und über seinen Sohn, der frei gelassen wurde und jetzt in der Legion bei den Hilfstruppen diente. Auch die anderen Männer taten das, was ihnen möglich war. Brachten ihr das beste Essen, sorgten dafür, dass Valeria es immer warm hatte und beschützten sie wie ein rohes Ei. Anscheinend hatte die junge Frau es geschafft, alle Männerherzen dort im Sturm zu erobern.


    Apollonius setzte sich neben Valeria und tastete ihren Puls. Beruhigend lächelnd sah der Medicus sie an. "Hast Du Hunger?" fragte er sie fürsorglich. Wie auf dem Stichpunkt hin, sprang schon Brutus, ein dunkelhaariger und hispanischer Sklave, heran und reichte Valeria etwas zu essen. Dabei stieß er gegen Marcus, der ihr etwas zu trinken bringen wollte. Kopfschüttelnd musterte Apollonius die beiden Männer. Jung und schön müsste man sein? dachte er sich sinnierend. Sein Blick ruhte dabei leicht sehnsüchtig auf Marcus. Doch schnell riss er sich von dem Anblick dieses jungen Mannes fort und musterte statt dessen Valeria.


    "Ich denke, dass wir in zwei Wochen ankommen müssten. Der Weg ist jetzt nicht mehr sonderlich weit!" Dabei bildeten sich einige Stirnfalten auf seinem Gesicht. Hoffentlich kam das Kind nicht während der Reise. Wirklich eine Ahnung mit Geburten hatte Apollonius nicht.