Cunctator betrat die Stallungen, wandte sich an den Stallmeister und
grüßte vorschriftsmäßig.
Probatus Cunctator bittet um die Erlaubnis, nach seinem Pferd, der
Ala Cursorum, sehen zu dürfen. Wie geht es ihr? Macht sie vielleicht
Schwierigkeiten?
Cunctator betrat die Stallungen, wandte sich an den Stallmeister und
grüßte vorschriftsmäßig.
Probatus Cunctator bittet um die Erlaubnis, nach seinem Pferd, der
Ala Cursorum, sehen zu dürfen. Wie geht es ihr? Macht sie vielleicht
Schwierigkeiten?
Geduldig stand Cunctator in der Warteschlange.
Lange konnte s nicht mehr dauern, bis er an die Reihe kam.
Und wieder kam ihm eine der militärischen Tugenden zugute: Er
blickte interessiert nach vorne, schaltete aber inwendig ab und fing
zu grübeln an ...
Hier stand er sich nun die Füße in den Bauch, wo er doch viel lieber
auf dem Rücken seiner Ala Cursorum sitzen und mit seinem Pferde-
mädchen ein wenig ins Gelände reiten würde. Schließlich war er doch bei der Reiterei!
Wohlan denn! Der Zweck heiligt die Mittel und auch der Imperator
hatte nur einmal im Jahr Geburtstag.
Cunctator nahm sich vor, seinem Pferd einen Besuch abzustatten.
Und wieder waren die Kameraden vor ihm weniger geworden ...
Endlich kam das erlösende Kommando PROBATE STATE.
Cunctator spürte seinen rechten Arm nicht mehr.
Wie es schien, war der duplicarius mit den Übungen im Großen und
Ganzen zufrieden.
Aber irgendwie wurde der duplicarius nun unheimlich!
Woher wußte der das von der Arthritis seiner ava? Vielleicht stimmte
das doch, was man ihm zuhause schon erzählt hatte: Offiziere verfügen
eben über einen sechsten Sinn!
Wie dem auch sei! Cunctator war froh, daß nun die theoretische Aus-
bildung angesagt war.
Frohen Mutes machte er sich auf den Weg zur schola.
Cunctator war froh, eine der soldatischen Tugenden, das Warten,
gelernt zu haben.
Endlich kam er an die Reihe.
Vorschriftsmäßig nahm er Haltung an.
Probatus Cunctator meldet sich zum Empfang des Donativums.
Cunctator bemühte sich, die Grundstellung "lehrbuchgemäß", so wie er
es gelernt und vorgeführt hatte, einzunehmen.
Der gladius lag gut in seiner Hand.
Dann legte er los:
ICTUS LATUS - - - ICTUS RECTE
ICTUS SCAEVUS - - - ICTUS RECTE- - - und wieder
ICTUS LATUS - - - ICTUS RECTE . . .
Der rechte Arm wurde immer schwerer.
Nur sich nichts anmerken lassen!
Wann kam wohl der erlösende Befehl des duplicarius, das Üben einzu-
stellen?
Das tat gut!
Mit sich zufrieden und mit dem Gefühl einiger - wenn auch selbst - gut- geschriebener Pluspunkte trat Cunctator in die Reihe zurück.
Jetzt kam ihm erst einmal zum Bewußtsein, wie das der duplicarius mit
den "Damen" überhaupt meinte.
Hätte er damals nur sein loses Mundwerk gehalten statt sich vor dem
duplicarius und den anderen probati zu blamieren!
Deplazierter hätten sein Auftritt zu diesem Thema sowie seine "anwalt-
lichen" - wie recht hatte doch der duplicarius! - Ergüsse gar nicht sein können.
Aber trotz allem: Cunctator hatte dazugelernt.
Wie dozierte noch der PriPi zuhause:
Das Militär ist die Schule der Nation!
Nun kam`s drauf an!
Nur sich keine Blöße geben!
Cunctator erinnerte sich an die Worte von decurio Honorius, daß der
gladius zu einem seiner besten Freunde werden würde. Er erinnerte
sich auch an die Griffe, die er zuhause gelernt hatte.
Cunctator sah den duplicarius an:
Als erstes nehme ich die richtige Grundstellung ein, da ein falscher
Stand tödlich sein kann.
Er drehte den Körper nach rechts, winkelte den linken Fuß leicht nach
vorne an und streckte den rechten Fuß als Stütze nach hinten durch.
Dann sagte er laut die entsprechenden Befehle und führte sie aus:
ICTUS LATUS >>> rechter Schlag auf den Holzpflock,
ICTUS SCAEVUS >>> linker Schlag auf den Holzpflock,
ICTUS RECTE >>> Schlag von oben auf den Holzpflock.
Wieder sah Cuncatator den duplicarius an. Er hoffte, daß seine "Vor-
führung" den Erwartungen des duplicarius entsprach.
Auch Cunctator wiederholte seinen Eid:
IVRANT AVTEM MILITES OMNIA SE STRENVE FACTVROS QVAE
PRAECEPERIT IMPERATOR CAESAR AVGVSTVS, NVMQVAM
DESERTVROS MILITIAM NEC MORTEM RECVSATVROS PRO
ROMANA REPVBLICA
Das hatte Cunctator nun davon:
Hätte er sich zuhause nicht darauf eingelassen, nur mit einem höl-
zernen gladius zu "kämpfen" - sicherheitshalber wie es hieß - müßte
er sich jetzt nicht über den Unterschied zwischen einem hölzernen
und einem "echten" gladius aufklären lassen!
So nahm er vor dem duplicarius Haltung an.
Duplicarius!
Cunctator hatte sich vorgenommen, sich mit Äußerungen jeglicher
Art zurückzuhalten.
Er fühlte, wie ihn der duplicarius beobachtete.
Vielleicht war jetzt die Zeit gekommen, irgendwie Pluspunkte zu
sammeln.
Duplicarius! Zuhause lernte ich mit dem gladius umzugehen. Ich durfte
oft an Übungen der Legionäre teilnehmen - natürlich nur mit einem
hölzernen gladius. Aber den richtigen Schliff brauche ich noch.
Cunctator hatte das leichte Zittern der Halsschlagader des duplicarius
wohl bemerkt.
Er mußte innerlich ein wenig - aber nicht mehr - lächeln.
Na gut! Er war zwar nicht im Kindergarten, sondern in der Armee ...
und dann ein Mädel? Was soll`s!
Weitere Überlegungen hob sich Cunctator für eine andere Gelegenheit
auf.
Aber trotz allem bewunderte er den duplicarius. Irgendwie ließ sich der
nicht aus der Ruhe bringen. Was Cunctator aber auf keinen Fall wollte,
war eine Provokation! Er war fest davon überzeugt, daß der duplicarius
genauso dachte.
Zu den Latrinen wurde er - zumindest jetzt - nicht abkommandiert.
Cunctator fragte sich, ob es der duplicarius bei seiner Rüge belassen
werde oder Strafaktionen folgen lassen wollte.
Etwas kleinlaut schloß er sich seinem Vordermann an, achtete darauf,
nicht dessen Ferse vorwärtszuschieben und ... links, rechts, links, rechts!
Cunctator horchte auf.
Schon wieder hatte der duplicarius dieses spöttische "Damen" gesagt!
Das war zuviel!
Er nahm vor dem duplicarius Haltung an. So, daß es die anderen pro-bati nicht hören konnten, sprach Cunctator den duplicarius an:
Verzeih`, duplicarius Alienus! Aber das muß ich loswerden:
Vorgesetzte, der Du ja auch bist, haben in Pflichterfüllung, Haltung
und vor allem im Umgangston eine Vorbildfunktion. So wurde ich er-
zogen. Und da stellt die Titulierung "Dame" für einen miles, wenn auch
nur probatus, eine verbale Entgleisung dar, die eines Vorgesetzten un-
würdig und für den Betroffenen herabwürdigend ist.
Cunctator war sich im Klaren, daß er den duplicarius mit seiner Meinung
brüskiert hatte. Aber der Kloß im Hals war verschwunden, und nun
wartete er auf den unvermeidlichen Befehl, für einige Zeit zu den La-
trinen abkommandiert zu werden.
War es also doch der duplicarius, der vor Cunctator stand!
Hatte er also doch die 30 Runden ohne Beanstandung hinter sich
gebracht.
Hatte er also doch richtig mitgezählt.
Und dann der erlösende Befehl für die Unterkünfte.
Die Beine wollten zwar nicht mehr gehorchen als Cunctator seine
Liegestatt erreichte.
Die neugierigen Blicke seiner Kameraden nahm er nicht mehr wahr.
Er fiel der Länge nach auf sein Bett ..
und dann sah und hörte Cunctator nichts und niemanden mehr
Bis zur 26. Runde hatte Cunctator mitgezählt.
Der Schweiß rann aus allen Poren.
Die Glieder wurden immer schwerer und das Tempo immer langsamer.
Aber da war irgendetwas, was den einsamen Läufer vorwärtszuschieben
schien. Die 30 Runden mußten geschafft werden.
Cunctator glaubte bei den Büschen neben den drei Birken einen Schat-
ten erkennen zu können. War es vielleicht der duplicarius, der die Pro- dur beobachtete?
Cunctator wurde immer langsamer. Jeder einzelne Schritt fiel ihm schwer. Er kam nicht mehr weiter.
Vor ihm stand eine Gestalt. Ohne zu wissen, wen er vor sich hatte,
nahm er Haltung an und meldete:
Duplicarius! Ich habe die befohlenen 30 Runden gelaufen!
Dann sah und hörte er nichts mehr. Er blieb wie eine Säule stehen.
Ewiger Jupiter! 30 Runden aus dem Stegreif!
Cunctator hatte zuhause zwar mehrmals am Lauftraining der Legionäre
teilgenommen und etliche Geländeläufe einigermaßen wohlbehalten
hinter sich gebracht. Aber das war auch schon wieder einige Zeit her.
Wie hatte doch der Centurio damals so schön gesagt: "Wer einmal reiten will, muß noch besser laufen können!"
Cunctator machte folglich gute Miene zum bösen Spiel,
nahm vor dem Duplicarius Haltung an,
Cunctator meldet sich zu den 30 Runden ab,
machte eine 180 Grad-Wendung,
und begann mit der 1. Runde, wohlwissend, seine Energie dieses Mal
nicht allzu schnell zu verbrauchen.
Cunctator machte sich im Laufschritt auf den Weg zum Übungsplatz.
Schon von weitem sah er die markige Gestalt des duplicarius.
Er nahm korrekt , wie er es gelernt und geübt hatte, seine militärische Grundstellung ein.
Salve duplicarius Alienus! Dank der ewigen Götter konnte ich meine
sehr unangenehmen familiären Schwierigkeiten in Ordnung bringen.
Ich melde mich bei Dir zur weiteren Ausbildung!
Das Gesicht seines Gegenüber verhieß zwar nichts Gutes, aber Cunc- tator blickte trotz allem erwartungsvoll den duplicarius an.
Schweißbedeckt kam Cunctator angesaust.
Das Gesicht des Decurio verhieß nichts Gutes.
Es half alles nichts; das wußte Cunctator.
Er salutierte vorschriftmäßig vor dem Decurio - wenigstens so ver-
suchte er noch einen guten Eindruck zu erwecken -.
Verzeih`, Decurio! Ich habe keine Entschuldigung für meine Nach-
lässigkeit. Aber es kommt bestimmt nicht wieder vor!
Offizielles Ersuchen zur Kontoeröffnung.
Wäre doch gelacht, wenn man sich hier nicht profilieren könnte
Cunctator folgte interessiert den Ausführungen des Decurios.
Dann hob er den Arm.
Decurio! Eine Frage zu den zugekauften und beschlagnahmten Pfer-
den: Wer entscheidet darüber, ob diese Tiere für uns tauglich sind
und wer bildet diese Pferde für uns aus?
Cunctator machte eine Kehrtwendung und sauste los. Auf dem Karren
lagen einige Übungsgladii. Er suchte sich einen aus und machte prüfend
ein paar Schläge durch die Luft. Anschließend meldete er sich wieder
bei seinem Decurio.
Decurio! Ich melde mich zum Waffentraining.