Er seufzte.
"Ja, ich verstehe."
Ein kühler Wind blies und er sah noch eine Weile über die Mauer.
"Lass uns weiter gehen. Und erzähl mir noch mehr, mein Sohn."
Er seufzte.
"Ja, ich verstehe."
Ein kühler Wind blies und er sah noch eine Weile über die Mauer.
"Lass uns weiter gehen. Und erzähl mir noch mehr, mein Sohn."
Er seufzte tief.
"Man hatte Euch von dem Untergang des Schiffes erzählt? Dem Piratenüberfall? Oder zumindest, dass das Schiff spurlos verschwunden sei?"
Was mussten sie gelitten haben, oder nicht?
.... Wo er beinahe einen alten, nach vorne gebeugten Mann umrannte, der ihn sanft mit seinem Krügstock anstiess, damit er etwas Obacht gab.
"Diese Jugend! Renn mich doch einfach mal um, junger Mann!"
"Ein erfülltes Leben, mh?"
Er sah weiter auf die Landschaft hinaus, dacht eüber die Worte seines Sohnes nach, wollte darauf aber noch nicht eingehen. Eine andere Frage plagte ihn seit Beginn von dessen Erzählungen.
"Was habt Ihr damals eigentlich gedacht, als ich verschwunden war?"
"Erzähl mir mehr über all das. Über Deine Auenthalte, Dein Leben, einfach alles!"
Interessiert sah er sich die Umgebung an, musste aber, nach Besteigung der Mauer doch ein wenig verschnaufen. Er reckte sich etwas, bereute es bald im Rücken und wünschte sich eine Kiste zum draufsteigen.
"Tz,"
grinste Marcus frech und zwinkerte seinem Sohn zu.
"Sollte nicht eher mir altem Knacker die Kälte in den Gliedern sitzen?
Na komm, mein Junge, führ mich noch ein wenig rum und dann lass uns was Ordentliches Trinken gehen."
"Alter schützt vor Torheit nicht, mein Junge, das solltest Du wissen. Und Alter schützt auch vor Ängsten nicht."
"Mhm,"
er sah nachdenklich zu Boden.
"ICh glaube, ich habe ein wenig Angst davor,"
gestand er.
"Weiss er es schon? Ich meine, dass ich zurück bin?"
Er sah Commodus eigenartig an.
Er zuckte nur mit den Schultern.
"Meinen Lebensabend leben? ICh würde auch gerne meine anderen Söhne wiedersehen und irgendwann auch meine Enkel, wenn ich das noch erleben kann. Dinge vergessen und mich darauf freuen irgendwann Deine Mutter wieder in die Arme schliessen zu dürfen."
Er dachte einen Moment nach.
"Die erste Zeit nicht. Ich wusste nicht, wer ich war und woher ich kam. Aber nachdem ich langsam die vielen kleinen Steinchen zu einem Mosaik zusammentragen konnte, ja, da habe ich es versucht. Mehrmals! Einmal war ich fast am Ziel all meiner Wünsche. Ich hatte es bis recht weit in den Süden geschafft und auf einem Schiff angeheuert, das nach Gallien fuhr. Aber sie haben mich kurz vor der Abfahrt doch noch erwischt."
Er lächelte wieder dieses zymnische Lächeln.
"Danach wusste ich, wie man mit zwei gebrochenen Beinen doch arbeiten und laufen konnte.
Aber das ist schon lange her, sehr lange. Danach haben sie mich lange sehr streng bewacht und wenn ich es dann noch mal versuchte und sie mich recht schnell fanden, dann gab es harmlosere Strafen, aus ihrer Sicht."
"Fang einfach bei dem Ersten an, was Dir in den Sinn kommt, mein Junge. Meist fährt man damit am Besten."
Er lächelte seinen Sohn freundlich an.
"Manchmal merke ich doch, wie alt ich langsam bin,"
lächelte er leicht zynisch.
"Nun frag schon. Ich merke doch, dass Dir noch etwas auf dem Herzen liegt."
"Ja, das war sie. Das war sie."
Er fühlte sich plötzlich wieder so alt.
"Lass uns eine Weile ausruhen, Sohn, bitte."
Er musste sich einen Moment setzen.
"Ein germanischer oder nordischer Name. Er bedeutet wohl die frohe Hüterin oder so."
Er lächelte leicht.
"Ja, das war sie vielleicht.
Und doch hätte sich sie gerne hierher mitgebracht. Sie war es auch, die herausfand, wo Du Dich aufhälst."
Er lachte leise, aber es war ein bitteres Lachen.
"Oh, ich habe oft aufgegeben. Viele viele Male. Ich habe sogar mehrmals versucht allem ein Ende zu bereiten."
Er schwieg eine Weile.
"Aber da war ein kleines Mädchen, Blitgard hiess sie. Sie hat mich immer wie jemand behandelt, nicht wie ein Stück Dreck. Ihr sollte ich sogar heimlich Latein beibringen."
Er entsann sich an die kleine und später die erwachsene Blitgard.
"Ich weiss nicht, was genau sie in mir gesehen hat, aber sie war es, die mir half, als ich einmal mehr sterbenskrank war, zu fliehen. Sie brachte mich mit ihrem Bruder fort. Ich erinnere mich nur, dass ich auf einem Schiff wieder zu mir kam. Langsam wieder am gesunden. Sie hat mich bis Gallien begleitet und wäre wohl auch mit mir bis hierher gekommen, aber ich verlor sie an Mercurius."
Er sah seinen Sohn lange schweigend an, lehnte sich auf seinen Krükstock und sagte leise:
"Entsinnst Du Dich an den Tag, als ich aufbrach, zu einer kleinen Reise, um mir die Möglichkeit von neuen Waren zu erschliessen?
Ja, ich sehe, dass Du Dich entsinnst.
Die Reise sollte damals nur ins nördliche Gallien führen. Ein paar Tage nur sollten wir weg sein. Aber man vergaß zu erwähnen, dass in der Zeit Piraten ihr Unwesen trieben."
Er hielt eine Weile inne, ehe er weitersprach.
"Das Schiff wurde aufgerieben, die Überlebenden als Geiseln genommen. Man konnte sich zunächst nicht einigen, was man mit ihnen tun wollte. Aber man beschloss, dass sie sich sicher an den Riemen und mit der Peitsche im Nacken gut machen würden."
Ein zynisches Lächeln erschien auf dem alten Gesicht.
"Oh ja, man ist gleich bedeutend motivierter."
Er ging einen kleinen Schritt, ehe er sich wieder auf den Stock abstützte.
"Irgendwann kamen wir immer weiter nördlicher, als ein böser Sturm uns erwischte. Das Schiff sank. Ob alle untergegangen sind oder noch andere überlebt haben, weiss ich bis heute nicht. Ich jedenfalls wurde irgendwann an Land gespült. Kaum mehr als Fetzen am Leib, ein halb offener Rücken, durch das Salzwasser nicht gerade heiler als vorher, mehreren Brüchen und anderen Verletzungen.
Irgendwann fand man mich am Strand, angeblich spielende Kinder. Ich weiss aus der Zeit so gut wie nichts mehr."
Er atmete tief durch.
"Ich brauchte lange um mich überhaupt wieder an meinen Namen zu erinnern, den ich immer wieder vergass, weil man mich soweiso nie so nannte, sondern immer nur mit irgendwelchen Tiernamen bedachte, wenn ich Glück hatte. Meist war ich nur das Ding."
Sein Gesicht wirkte plötzlich grau und noch älter als sonst.
Er ging ebenfalls langsam bis zu dem Altar hin und sah sich alles in Ruhe an. Erst dann antwortete er.
"Was denn, mein Sohn?"
"Ah ja,"
sagte er nur und betrachtete das Heiligtum.
"Sag, wann wurde es erbaut?"
"Ja, ja, schon, wobei man das ja dort auch haben konnte, nur nicht... na ja...."
Er dachte einen Moment nach.
"Naja, Met ist halt im Prinzip vergorener Honig. Etwas gewöhnungsbedürftig, aber dann doch recht lecker und süffig."