Beiträge von Flavius Prudentius Balbus

    "Ich möchte darauf hinweisen, dass Ärzte im Imperium knapp gesät sind. Jedenfalls knapper als Magistrate, die nicht immer unbedingt etwas leisten müssen. Ärzte hingegen schon. Ich fürchte daher - berechtigterweise - dass 30 oder 50 Sesterzen niemanden bewegen wird."

    Sie hatte selbstverständlich Recht. Wir mussten leise sein. Aber ein wirkliches Problem würde dies nicht darstellen.
    Solange SIE still bliebe.


    "Kein Problem."


    Ich sah sie mit einem Lächeln an. Der Gedanke an das Kommende ließ all mein Blut aus dem Kopf in tiefere Regionen strömen. Oh Venus... ich sollte ihr vielleicht demnächst einmal opfern. So verrucht wie ich zur Zeit lebte... es war schlimmer als zu meinen schlimmsten Zeiten in Rom...

    Entweder sie war ein Geschenk der Götter, oder aber sie war ein Fluch. Vielleicht war sie sogar beides in einer Person. Pandora hätte man sie nennen sollen.


    "Oh in der Tat ein ganz besonderer Reiz. Nur ist das hier die Curie. Wenn der Proconsul durch meine Türe platz hat es sich schnell ausgereizt. Oder willst Du diesen dann auch verführen?"


    Ich packte mit der Rechten nach einer Brust.

    Sie verstand es immer wieder. Ihre Küsse an meinem Hals, das Knabbern und ihre Finger auf meiner Brust. Auch wenn mir nicht wirklich danach war, stieg doch das Verlangen in mir auf. Livilla - was war sie für eine Frau und was trieb sie an?


    "So, Du willst mir die Stunden hier versüßen?"


    Ich lächelte und blickte zur Türe.


    "Hast Du zugemacht? Es könnte jeden Moment ein wunderfitziger Scriba auftauchen. Sie tauchen nie auf, wenn man sie braucht, aber für solche Situationen haben sie ein Gespür..."

    Eine rote Lache Wein breitete sich auf dem Tischchen aus.


    "Du solltest weniger schreckhaft sein, Bruder. Mich wundert, wie Du es zu den Cohortes schaffen konntest..."


    Ich zwinkerte ihm zu und legte eine Serviette auf die Lache.


    "Ich selbst habe sie noch nicht gesehen. Was den Informaten in Corduba betrifft, kann er sich vielleicht irren, aber der Mann von der Stadtwache irrt sich nicht. Messalina war zu lange Statthalter von Tarraco, als dass er sich täuschen könnte.


    Vielleicht solltest Du sie beschatten lassen...
    Nur so als Vorschlag..."

    "Nein, ich habe meine Fühler noch nicht ausgestreckt. Meine zeit reichte gerade um die Unterkunft aufzutreiben..."


    Ich sah meinen Bruder an.


    "Das heißt, halt... Messalina ist wieder in Hispania. Anscheinend hat sie sich in Corduba niedergelassen. Und ein Mann der Stadtwache erkannte sie vor dem Palast des Proconsuls."

    Ich musste nun ebenfalls schmunzeln.


    "Nein, es ist ein wenig anders. Ich erzähl es Dir ein anderes mal."


    Ich atmete aus. Das Essen war vorzüglich gewesen.


    "Sag mal, Du sprachst vorhin von einem Lupanar. Ich kenne eines, ich hab Beziehungen, fantastische Frauen, ich kann Dir die zwei besten vermitteln, wenn Du willst. Such Dir eine aus, oder nimm beide..."

    Ich musste schmunzeln. Caecilius Crassus als einziger Mensch, den man in Rom kannte. Ein bedrohlicher Gedanke.


    "Nunja, eigentlich müsstest Du ja von berufswegen viele Leute kennen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man an dem Riesenpalast zu kurz kommen kann."


    Ich legte mich auf der Kline etwas zurück.


    "Hab ich eigentlich schon erwähnt, dass ich dabei bin, hier in Tarraco einige Fäden zusammenzuführen? Ich hab mir ein paar gute Geschäfte ausgekuckt..."

    Ich leerte meinen Becher und schenkte nach. Fragend sah ich zu meinem Bruder, ob ich ihm auch nachschenken sollte.


    "Caecilius Crassus. Ja, lass mich überlegen. Der Name ist mir noch ein Begriff. Er war ein pflichtbewusster Soldat, hat Befehl gründlich und ohne zu Fragen durchgeführt. Ich glaube der Legatus hatte ihn das eine und andere mal auch mit Sonderaufgaben betraut. Ich hab ihm nie getraut.


    Was ist mit ihm?"

    Ich lachte.


    "Das Siegel werde ich am Haupteingang lassen. Du kannst mit Deinen Männern den Hintereingang benutzen. Wenn ihr die Fensterläden zulasst und Nachts keine Orgien veranstaltet, dürfte kein Mensch mitbekommen, dass ihr überhaupt da seid. Nur lasst es mich wissen, wen ihr zum Verhör wegschleppt, und wer verschwinden soll. Ich will den Kerl nachher nicht suchen müssen."


    Ich nahm einen Schluck von dem Rotwein.


    "Egal was ihr tut, ich muss nachher den Kopf hinhalten. Und wenn ihr es übertreibt, wird Rom einen schönen Brief erhalten. Verwandtschaft hin oder her..."

    Es war schön, dass es meinem Bruder schmeckte. Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, wann wir das letztemal miteinander an einem Tisch gespeist hatten.


    "Mmm, ja, ich hab etwas passendes gefunden..."


    Ich kaute, schluckte den Bissen runter und fuhr dann fort.


    "Es dürfte perfekt sein. Eine Insula gleich in der Nähe zum Forum in einer Seitenstrasse. Ich hatte dort vor ein paar Monaten eine Razzia gegen das organisierte Verbrechen. Es gab Tote und Verwundete, das übliche, ich habe das Gebäude versiegeln lassen, es wohnt dort kein Mensch mehr, die andere Hälfte ist Lagerraum und der Keller ist ziemlich massiv. Falls Du also jemanden verschwinden lassen musst..."

    "Greif einfach zu."


    Ich überreichte ihm einen Becher und schenkte ihm ein.


    "Du warst also bei den Flaviern. Und wie war es? Das Haus steht leer, wie ich mich entsinne. Nunja, weitgehend leer. Erst neulich war jemand bei mir, der mich bat, hin und wieder nach dem Anwesen zu sehen, bevor es jemand Stein für Stein abträgt und auf dem Forum verkauft..."


    Ich lachte.


    "Hast Du etwas herausgefunden?"

    "Sicher."


    Ich nickte mit dem Kopf, gab die Türe frei und ging in Richtung Triclinium zurück.


    "Hast Du schon gegessen? Ich hab einen Auflauf von der Hausverwalterin. Dazu einen guten Rotwein. Wenn Du magst kannst Du abhaben..."


    Ich wartete nicht auf eine Antwort, nahm Platz und wartete darauf, dass er es ebenso halten würde.

    Ich saß gerade im Triclinium und aß genüßlich an einem Auflauf, den die Hausverwalterin zubereitet hatte, als es an der Türe klopfte. Ich erwartete eigentlich niemanden mehr und wollte auch nicht öffnen, als ich mir in Erinnerung rief, dass es jederzeit wichtig sein konnte. Schon oft hatten Männer der Stadtwache einen wichtigen Vorfall zu melden, der meine Anwesenheit erforderte. Ich stellte also den Becher Wein ab, hoffte, dass es nicht lange dauern würde und begab mich schnellen Schrittes zu der Türe. Ich öffnete.


    Es war mein Bruder.

    Ich hatte mit fast jedem gerechnet nur nicht mit Livilla. Was wollte sie hier? Ich sah sie fragend an und wra mir nicht ganz sicher. Sie schien gut gelaunt, oder täuschte ich mich? Hatte sie Probleme mit einem Kunden gehabt? Vorsichtshalber fragte ich.


    "Ja, es lässt sich angenehm arbeiten. Doch was machst Du hier?
    Gab es irgendwelche Probleme? Ärger mit einem Kunden?
    Wurdest Du bestohlen?"


    Ich legte das Schreibzeug bei Seite.

    Es klopfte an die Türe. Hatte sich mein Scriba endlich zu mir her verirrt? Ich hoffte es für ihn und schrieb weiter an dem Dokument.


    "Herein!"


    Irgendwie dachte ich, sollte er schreiben und nicht ich. Ein gewisser Missmut stieg in mir auf, doch ich wollte mir nichts anmerken lassen. Ich war ja schließlich froh, dass man mir überhaupt einen Scriba zugestellt hatte.


    Mir fiel ein, mit welcher Aufgabe ich ihn zuerst betrauen würde...

    Ich nickte mit dem Kopf. Ich hatte einiges vor, doch das gehörte jetzt zu diesem Zeitpunkt alles nicht hierher. Die Pläne waren noch nicht ganz reif.


    "Ja, ich möchte mir ein weiteres Standbein schaffen."


    Ich schmunzelte.


    "Gut, ich danke Dir für Deine Gastfreundschaft, doch ich muss bereits wieder los. Ich wünsche Dir noch einen schönen Tag, Patron."


    Ich erhob mich.