Beiträge von Flavius Prudentius Balbus

    Sie hatte sich verschluckt und krächste anschließend wie ein altes Weib. Ein Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen.


    "Salve, Lucilla. Ich hoffe mein Erscheinen ist kein Grund den Weg über den Styx anzutreten..."


    Ich nickte ihr freundlich zu und grüsste dann auch die anderen Familienmitglieder der Gens Decima. Dann wandte ich mich wieder an Lucilla.


    "Unglaublich wo all diese Menschen herkommen...


    Geht es Dir gut?"

    Ich zwängte mich eher planlos durch die Menschenmenge. In der Zwischenzeit waren es soviele Kinder, Frauen und Männer, dass man sich an den engeren Stellen nurmehr mit Stössen, Schrieben und Drücken vorwärts bewegen konnte. Unglaublich, woher all diese Menschenmassen kamen.


    Ich hoffte, dass die Wachmannschaften noch den Überblick behielten, und dass auch alles mit dem Legats Augusti Pro Praetore gut gehen würde. Ich versuchte die Legionäre ausfindig zu machen, die für ihren Schutz zuständig waren, konnte sie jedoch nicht finden.


    Schon wollte ich vor mich hinfluchen, als ich durch das Gedränge unverhofft vor den Angehörigen der Gens Decima zu stehen kam. Lucilla sah einfach umwerfend aus. Ich musste lächeln, es ging nicht anders...

    Auf meinem Weg zum Forum schaute ich natürlich auch noch schnell auf dem Sklavenmarkt vorbei. Man hatte mir gemeldet, dass heute eine neue Lieferung angekommen war, und so wollte ich mich selbst davon überzeugen, dass alles in Ordnung war.


    Ich schlenderte also über den Markt, redete mit diesem und jenen Händler, wies sie an, dass sie ihre 'Wachhunde' auf alle Fälle zurückhalten sollten, und dass ich, egal was passierte, hier keinen Ärger wollte. Wenn ein Sklave wegläuft, dann ist das unser Fall, pflegte ich zu sagen.


    In der Tat hatten wir auch mehrere Einheiten vor Ort, einige Männer sogar in Zivil und so durfte auch während dieser großen Auktion nichts schief gehen...

    Ich stand in der Menge der Bürger und blickte über den Platz. Es waren schon Unmengen von Menschen zusammengeströmt und es wurden immer mehr. Ich hoffte, dass mein Centurio mit seinen Männern die Masse im Griff behalten würde. Der Gedanke an eine Panik oder Massenhysterie ließ mich nicht gerade ruhiger werden. Was gerade noch fehlte waren zertrampelte Kinder und Frauen.


    Ich blickte zum Himmel. Weit und breit war keine Wolke zu sehen. Wenigstens war und das Wetter hold.


    Unauffällig schob ich mich weiter. Ich hatte mich auf halbem Wege doch noch entschieden den Muskelpanzer zu Hause zu lassen und in der Toga, sprich in Zivil, zu erscheinen. Uniformierte würden heute genug rumrennen, und als verantwortlicher Sicherheitschef wollte ich den Menschen ein Gefühl von Sicherheit vermitteln, das nicht auf Rüstungen angewiesen war.


    Folglich lächelte ich unentwegt und überbot mich beim Grüssen bekannter und unbekannter Gesichter in Heiterkeit.

    Ich überflog das Schreiben hastig und legte es dann auf den Tisch zurück. Wenigstens hatte man mir noch Bescheid gegeben. So konnte ich für die Wache eine Schichtverlängerung anordnen, so dass für den Zeitraum des Einmarsches alle Männer im Einsatz sein würden. Ich ging in einen Nebenraum und legte meine Toga ab. Der Muskelpanzer wäre wohl geeigneter um Eindruck zu schinden. So gerüsstet und mit dem Gladius bewaffnet warf ich mir noch einen Mantel um und machte mich auf den Weg.

    Wir müssen aber auch bedenken, dass im römischen Imperium die unterschiedlichsten Völker zusammentrafen. Jedes Volk hatte wohl seinen eigenen Umgang mit der Sexualität. Der Einfluss der griechischen Philosophie und Moral darf jedoch nicht unterschätzt werden, doch auch nicht überschätzt. Für einen echten Römer werden immer die Tugenden und Moralvorstellungen gegolten haben, die Cato, oder Cicero verkörperten.


    Zu guter Letzt: Doppelmoral war im antiken Rom wohl weiter verbreitet, als zu sonst irgendeiner Zeit der Menschheitsgeschichte. Es soll eine Kaisergemahlin gegeben haben (Messalina) die sich gar in einem Bordell anbot.

    Ich musste mich konzentrieren um ihren Ausführungen folgen zu können. Hin und wieder nickte ich mit dem Kopf. Mit dieser Razzia hatte ich mir echt was eingebrockt, doch so einfach würde ich sie nicht davon kommen lassen.


    "Oh, keine Sorge, versiegelt wird das Haus sowieso. Es wird sogar beschlagnahmt, und das auf unbestimmte Zeit."


    Ich blickte sie an.


    "Ich möchte nicht missverstanden werden, doch ganz gleich, wem dieses Haus gehört..."


    ich sprach langsam und deutlich, so dass sie es verstehen konnte


    "JEDER Betrieb muss zuvor genehmigt werden. Die Genehmigung ist bei der zuständigen Behörde einzuholen. In Rom selber überwacht ein Aedil die Zuständigkeiten, hier in Tarraco ein zuständiger Magistrat."


    Ich unterbrach mich um ihr Zeit zu geben.


    "Des weiteren, diese Socitas, ist das ein religiöser Kult? Wenn es einer ist, dann muss dort einer der Chef sein. Und dieser Chef wird als Priester keine Betriebe führen können. Ist der Chef allerdings ein CIVIS, dann muss auch die Socitas eine civile Gesellschaft sein. Ist das so verstanden worden?"

    Ich war gerade in Gedanken versunken, als eine Frau hinzutrat, welche sich als eine Priesterin ausgab. Ich konnte mich nicht erinnern sie jemals gesehen zu haben, noch wusste ich von welchem Kult sie sprach.


    "Sei gegrüsst..."


    Ich konnte mich nicht entsinnen ob sie ihren Namen genannt hatte. Fragend blickte ich zu meinem Centurio Statorum. Was hatte sie hier zu suchen? Dann baute sie sich auf und sprach etwas von einem priesterlichen Schutz.


    "Tut mir leid, dass wir hier so eingedrungen sind, doch auf unser Klopfen hat niemand geantwortet. Das Gebäude ist weder als Tempel ausgewiesen, noch als Kultort und ich bezweifle stark, dass es überhaupt priesterlicher Eigentum ist. Sollte dieses Postamt - ich denke als solches wurde es deklariert - tatsächlich im Besitz eines Kultes sein, oder gar eines Priesters, so verstösst es gegen das Gesetz. Sollte es sich im Besitz eines Soldaten befinden, verstösst es ebenfalls gegen das Gesetz."


    Ich räusperte mich und wollte der Frau nicht zuviele Schrecken nacheinander einjagen.


    "Das Errichten von Betrieben bedarf einer Lizenz, der Betrieb muss beantragt werden und auf einen Besitzer eingetragen werden. Nach meinen Kenntnissen wurde weder ein Betrieb beantragt, noch ein Besitzer eingetragen, noch das Grundstück für einen Betrieb freigeschalten. Das Postwesen befindet sich zur Zeit noch in staatlichem Monopol, und das Transportieren von Post zu komerziellen Zwecken dürfte auf diesem Wege illegal sein."


    Ich sah die Frau fragend an.


    "Wem gehört dieser Laden?"

    Ich kam wieder im Haus an. Und hatte meine Geduld vollends verloren.


    "Centurio! Durchsuchen!
    Und zwar von unten bis oben!"


    Sollten die Hausdurchsuchungen in Zukunft ähnlich kompliziert ablaufen, beschloss ich das ganze vom Büro aus zu verfolgen, und den Einsatz vor Ort von meinem Centurio erledigen zu lassen.

    Ich hörte mir den Gockel an. Weit und breit kein Wasser, aber er schien das Kommando führen zu wollen. Ich lächelte nur müde.


    "Ich bin mir sicher, dass ich meine Kompetenzen als Regionarius gut einschätzen kann, keine Sorge. Ich wünsche noch einen guten Tag!"


    Ich wartete demonstrativ darauf, dass er sich verziehen würde, drehte mich dann aber um und ging ins Haus zurück. Folgen konnte er mir nicht, da jede Menge Stadtwachen den Eingang in der Zwischenzeit absperrten.

    Ich trat näher an den Gubernator heran, der sich offensichtlich sehr wichtig vorkam. Ich blickte ihn trocken an und antwortete noch trockener:


    "Wer oder was da drinnen möglicherweise ist oder nicht ist, ist mir eigentlich egal, Gubernator. Ich mache hier eine Hausdurchsuchung und dazu habe ich alle Befugnisse. Falls Du Bedenken hast, wende Dich an den Legatus Augusti Pro Praetore oder wähle den Rechtsweg! Soweit alles klar?"


    Ich war etwas sauer, weil das ganze schon nicht so lief, wie ich es mir vorgestellt hatte. Wieder begannen die Leute aus den umliegenden Häusern zu gaffen.


    "Gibt es hier was zu sehen? Nein!
    Also macht, dass ihr wegkommt!"

    Ich merkte, dass draussen irgendetwas vor sich ging. Das war das letzte was ich jetzt noch gebrauchen konnte. Da sich im Haus niemand meldete und das Knarren eine Etage höher wohl Fehlalarm gewesen war, trat ich vor mich hin murrend nach draussen.


    "Was gibt es hier? Was geht hier vor?"


    Ich sah einen Gubernator und erkannte einen Verwandten.

    "Na also. Geht doch!" ( :D )


    Ich blickte die Strasse kurz hoch und dann runter und trat in den Innenhof des Hauses. Weit und breit war niemand zu sehen.


    "Hallo? Ist da jemand?"


    Meine Rufe verhallten ungehört, entweder war zur Zeit niemand da, oder die Herrschaften schliefen noch. Mit einer Handbewegung wies ich ein paar Männer an, dass sie sich an allen strategisch günstigen Positionen postieren sollten.


    "Nun, Centurio, anscheinend ist niemand da.
    Oder doch?"


    Ich hörte wie sich jemand oben fertig machte, zumindest knarrte eine Türe...

    Ich hatte relativ lange Zeit warten lassen. Auf das mehrmalige Klopfen hatte keiner geantwortet, geschweige denn die Türe geöffnet. Dafür gingen schon langsam an anderen Häusern die Fenster und Türen auf und die Bewohner starrten uns neugierig an.


    "Na klasse."


    seufzte ich und trat auf die Strasse.


    "Hier gibt es nichts zu sehen!
    Also macht, dass ihr weg kommt!"


    Ich drehte mich um und überlegte einen Moment.


    "Trete die Türe ein, Maximus!"

    Es war früh am morgen. Ich trat über die Strasse und hielt vor dem Gebäude an. Die Luft war frisch. Noch waren nicht viele Menschen unterwegs, die wenigen, welche uns sahen, suchten das Weite, suchten möglichst dem bevorstehendem Ärger aus dem Weg zu gehen. Auf ein Handzeichen von mir verschwanden acht Mann um das Eck in Richtung Hinterhof. Acht weitere Mann sperrten die Straße ab.


    "Centurio!" Ich nickte meinem Onkel zu.
    Er klopfte an die Türe.


    "Im Namen des Imperators Caesar Augustus!
    Öffnet die Türe!"


    Ich würde ihn dreimal klopfen lassen, beschloss ich, danach würde rohe Gewalt die Türe durchbrechen...