Ordo Senatorius: Unterschied zwischen den Versionen
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− | + | Im Rahmen der gesellschaftlichen Stabilisierung, die Augustus anstrebte, schuf er jedoch mit dem ''ordo senatorius'' einen neuen Stand oberhalb des ''ordo equester'', indem er Gesetze erließ, die nicht nur für die eigentlichen Senatoren selbst, sondern auch ihre Ehefrauen, Kinder und Enkel galten. Ihnen wurde es - wie auch den Senatoren selbst - gestattet, den ''latus clavus'' (breiten Purpurstreifen) auf der [[Tunika]] und die roten Schuhe der Senatoren zu tragen, sowie die vordersten Reihen in [[Theater]]n einzunehmen. Dafür galt auch für sie alle die Beschränkung, keine [[Schauspieler]] oder deren Kinder zu heiraten. Damit wurde der Senatorenstand erblich - soweit die Familie weiterhin fähig war, den [[Census]] von einer Million Sesterzen aufzubringen. | |
− | + | Innerhalb dieses Standes wurde der senatorische Standesethos aus der Republik weiter gepflegt: Männliche Nachkommen hatten als Berufspolitiker den [[Cursus Honorum]] zu beschreiten und damit Ruhm (''gloria'') für sich und ihre Familien zu erwerben, aber auch um die in der [[Kaiserzeit]] immer zahlreicheren lukrativen Ämter besetzen zu können, für die bestimmte Magistraturen Voraussetzung waren ([[Curator]]en, [[Statthalter]], [[Legatus legionis|Militärkommandos]]. Die wirtschaftliche Basis des Standes blieb dabei der Großgrundbesitz, während jedwede Arbeit, die große Zeit in Anspruch nahm - etwa Handwerk oder Handel - verpönt war. Nur der Staatsdienst war geeignet, sein Ansehen und das seiner Familie nach außen hin zu behaupten. | |
− | + | Innerhalb des ''ordo senatorius'' bildete sich allerdings ebenfalls eine Binnen-Rangordnung heraus, die bei politischen Auseinandersetzungen, aber auch im öffentlichen Raum strikt einzuhalten war. An ihrer Spitze stand - nachdem die [[Censor|Censur]] dauerhaft auf den Kaiser übergegangen war - die [[Consular]]e und ihre Familien, die ''nobilitas''. Ihnen folgten die ehemaligen [[Praetor]]en, dann die gewesenen [[Aedil]]e bis hinunter zu den [[Quaestor]]iern, die das niedrigste Ansehen genossen. Auch innerhalb dieser Gruppen wurde wieder nach Seniorität und schließlich dem Ansehen der Familie (bestimmt durch Anzahl und Höhe der bekleideten Ämter ihrer Mitglieder) differenziert. Da die am wenigsten angesehenen Senatoren in der Regel kaum Reden im Senat hielten, sondern lediglich im Sinne ihres [[Clientel|Patrons]] abstimmten, bezeichnete man sie häufig abfällig als ''pedarii''. Trotz dieser strikten Hierarchisierung trat der Senatorenstand nach außen stets geschlossen gegenüber. | |
− | Die | + | Die Zusammensetzung des ''ordo senatorius'' wandelte sich im Laufe der Kaiserzeit ständig. So starben die alten republikanischen Senatorenfamilien bis in die flavische Zeit aus. Grund dafür waren einerseits die zahlreichen Majestätsprozesse unter [[Tiberius]] und seinen Nachfolgern, die zu Vermögenseinziehungen der beteiligten Familien führten, andererseits das frühe Ableben vieler Senatoren aufgrund der starken Belastungen sowie die generelle Verarmung (der der Kaiser bei ihm genehmen Kandidaten häufig finanziell nachhalf). Diese Tendenz blieb die ganze Kaiserzeit bestehen: die flavischen Senatorenfamilien waren unter den Severern weitgehend verschwunden und am Ende des 2. Jahrhunderts konnte nur noch eine einzige Familie auf einen republikanischen [[Consul]] zurückgehen. |
− | + | Die neuen Familien kamen dabei aus dem ''ordo equester'' hinzu. Dies geschah einerseits über die Standeserhebung von Rittersöhnen, die durch den Kaiser den ''latus clavus'' verliehen bekamen, andererseits durch die Ernennung (''adlectio'') verdienter Ritter zu Senatoren, die häufig in die Rangklassen der Aedilizier (''inter aedilicios'') oder Prätorier (''inter praetorios'') geschah. Die regionale Herkunft weitete sich dabei ebenfalls immer weiter aus: Hatte Augustus sich noch stark auf [[Italia|Italiker]] beschränkt, kamen seit [[Claudius]] auch [[Gallier]] in den Senat, später auch [[Baetica|Spanier]] (hier anfangs vor allem Nachkommen römischer Siedler), [[Africa|Afrikaner]] und schließlich [[Hellenismus|Hellenen]] aus den östlichen Provinzen. Neben dem ''census'' existierten allerdings auch weitere Voraussetzungen, etwa freie Geburt oder eine entsprechende Haltung zum römischen Wertekanon. | |
− | + | Seit [[Hadrian]] führten Senatoren den Titel ''vir clarissimus''. | |
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+ | '''Literatur:'''<br> | ||
+ | Walter Eder: Art. ''Adel'', in: DNP.<br> | ||
+ | Hans-Joachim Gehrke/Helmuth Schneider (Hrsg.): ''Geschichte der Antike. Ein Studienbuch'', 2. A., Stuttgart/Weimar 2006.<br> | ||
+ | Wilhelm Kierdorf: Art. ''Senatus'', in: DNP.<br> | ||
+ | Friedrich Vitting: ''Soziale Struktur und Politisches System der hohen römischen Kaiserzeit'', in: ''Historische Zeitschrift'', Bd. 230, H. 1 (Feb., 1980), S. 31-55. |
Aktuelle Version vom 23. Juli 2011, 19:34 Uhr
Der Ordo Senatorius stellte seit Augustus streng abgeschlossene politische Klasse der Senatoren und ihrer Angehörigen dar, aus denen sich der Senat wiederum rekrutierte.
In der Republik hatten die Senatoren sich noch zu den equites gezählt - ein Stand, der lediglich durch ein Mindestvermögen von 400 000 Sesterzen bestimmt war. Erst mit dem Eintritt in den Senat gab der angehende Senator sein Staatspferd, das ihn als eques auszeichnete, ab und verließ den Ritterstand somit. Dennoch hatte sich bereits damals nach und nach Familien, die regelmäßig Senatoren stellten, von der eigentlichen Ritterschaft abgegrenzt, wobei die erfolgreichsten von ihnen - die Nobilitas - den Zugang zum Senat mehr oder minder kontrollierte.
Im Rahmen der gesellschaftlichen Stabilisierung, die Augustus anstrebte, schuf er jedoch mit dem ordo senatorius einen neuen Stand oberhalb des ordo equester, indem er Gesetze erließ, die nicht nur für die eigentlichen Senatoren selbst, sondern auch ihre Ehefrauen, Kinder und Enkel galten. Ihnen wurde es - wie auch den Senatoren selbst - gestattet, den latus clavus (breiten Purpurstreifen) auf der Tunika und die roten Schuhe der Senatoren zu tragen, sowie die vordersten Reihen in Theatern einzunehmen. Dafür galt auch für sie alle die Beschränkung, keine Schauspieler oder deren Kinder zu heiraten. Damit wurde der Senatorenstand erblich - soweit die Familie weiterhin fähig war, den Census von einer Million Sesterzen aufzubringen.
Innerhalb dieses Standes wurde der senatorische Standesethos aus der Republik weiter gepflegt: Männliche Nachkommen hatten als Berufspolitiker den Cursus Honorum zu beschreiten und damit Ruhm (gloria) für sich und ihre Familien zu erwerben, aber auch um die in der Kaiserzeit immer zahlreicheren lukrativen Ämter besetzen zu können, für die bestimmte Magistraturen Voraussetzung waren (Curatoren, Statthalter, Militärkommandos. Die wirtschaftliche Basis des Standes blieb dabei der Großgrundbesitz, während jedwede Arbeit, die große Zeit in Anspruch nahm - etwa Handwerk oder Handel - verpönt war. Nur der Staatsdienst war geeignet, sein Ansehen und das seiner Familie nach außen hin zu behaupten.
Innerhalb des ordo senatorius bildete sich allerdings ebenfalls eine Binnen-Rangordnung heraus, die bei politischen Auseinandersetzungen, aber auch im öffentlichen Raum strikt einzuhalten war. An ihrer Spitze stand - nachdem die Censur dauerhaft auf den Kaiser übergegangen war - die Consulare und ihre Familien, die nobilitas. Ihnen folgten die ehemaligen Praetoren, dann die gewesenen Aedile bis hinunter zu den Quaestoriern, die das niedrigste Ansehen genossen. Auch innerhalb dieser Gruppen wurde wieder nach Seniorität und schließlich dem Ansehen der Familie (bestimmt durch Anzahl und Höhe der bekleideten Ämter ihrer Mitglieder) differenziert. Da die am wenigsten angesehenen Senatoren in der Regel kaum Reden im Senat hielten, sondern lediglich im Sinne ihres Patrons abstimmten, bezeichnete man sie häufig abfällig als pedarii. Trotz dieser strikten Hierarchisierung trat der Senatorenstand nach außen stets geschlossen gegenüber.
Die Zusammensetzung des ordo senatorius wandelte sich im Laufe der Kaiserzeit ständig. So starben die alten republikanischen Senatorenfamilien bis in die flavische Zeit aus. Grund dafür waren einerseits die zahlreichen Majestätsprozesse unter Tiberius und seinen Nachfolgern, die zu Vermögenseinziehungen der beteiligten Familien führten, andererseits das frühe Ableben vieler Senatoren aufgrund der starken Belastungen sowie die generelle Verarmung (der der Kaiser bei ihm genehmen Kandidaten häufig finanziell nachhalf). Diese Tendenz blieb die ganze Kaiserzeit bestehen: die flavischen Senatorenfamilien waren unter den Severern weitgehend verschwunden und am Ende des 2. Jahrhunderts konnte nur noch eine einzige Familie auf einen republikanischen Consul zurückgehen.
Die neuen Familien kamen dabei aus dem ordo equester hinzu. Dies geschah einerseits über die Standeserhebung von Rittersöhnen, die durch den Kaiser den latus clavus verliehen bekamen, andererseits durch die Ernennung (adlectio) verdienter Ritter zu Senatoren, die häufig in die Rangklassen der Aedilizier (inter aedilicios) oder Prätorier (inter praetorios) geschah. Die regionale Herkunft weitete sich dabei ebenfalls immer weiter aus: Hatte Augustus sich noch stark auf Italiker beschränkt, kamen seit Claudius auch Gallier in den Senat, später auch Spanier (hier anfangs vor allem Nachkommen römischer Siedler), Afrikaner und schließlich Hellenen aus den östlichen Provinzen. Neben dem census existierten allerdings auch weitere Voraussetzungen, etwa freie Geburt oder eine entsprechende Haltung zum römischen Wertekanon.
Seit Hadrian führten Senatoren den Titel vir clarissimus.
Literatur:
Walter Eder: Art. Adel, in: DNP.
Hans-Joachim Gehrke/Helmuth Schneider (Hrsg.): Geschichte der Antike. Ein Studienbuch, 2. A., Stuttgart/Weimar 2006.
Wilhelm Kierdorf: Art. Senatus, in: DNP.
Friedrich Vitting: Soziale Struktur und Politisches System der hohen römischen Kaiserzeit, in: Historische Zeitschrift, Bd. 230, H. 1 (Feb., 1980), S. 31-55.